Ein Himmel voller Kugeln – eine Tour durch den Wolf, Skorpion und Schlangenträger

  • Servus beinand,


    ein paar klare Nächte musste ich leider auslassen. Erst legte mich Corona lahm, immerhin für einen Monat, bis ich wieder richtig auf den Beinen war und dann kam Familienzuwachs in Form eines Welpen, der rund um die Uhr betreut sein will bzw. nicht will, sondern muss. Gestern Nacht war es dann soweit, ich konnte wieder raus zum Spechteln.


    Aufgrund der Entzugserscheinungen habe ich einen rein visuellen Abend geplant, denn ich wollte mehrere Objekte genießen und vergleichen. Hauptziel waren Kugelsternhaufen. Allein im Schlangenträger gibt es ja Unmengen davon, aber auch der Skorpion und der Wolf waren Ziele meiner Begierde. Ich stand etwas unter Zeitdruck, denn laut Wettervorhersage sollte es in der Nacht zuziehen, was dann schlussendlich auch passierte.


    Als Einstieg wählte ich M 4 im Skorpion aus. Mit 5m4 ist er ein sehr heller Kugelsternhaufen und mit nur 7200 Lichtjahren Entfernung ist er direkt um die Ecke. Dementsprechend groß erscheint er uns mit seinen 36‘ Durchmesser. Es ist der uns am nächsten gelegene Kugelsternhaufen. Und ich finde ihn auch dementsprechend spektakulär. Seine hellsten Mitgliedssterne liegen bei 11 mag. Folgendes habe ich in der Nacht notiert: Schon bei 43× in erste Einzelsterne aufgelöst, der "Balken", die Kette aus besonders hellen Sternen, die scheinbar vor dem Haufen verläuft (aber dazu gehört) ist als helles Band erkennbar. Bei 80× ist der "Balken" in sehr viele Einzelsterne aufgelöst und sieht grandios aus. Zudem bildet der Balken mit einer weiteren Sternkette eine Art von V. Man sieht weitere Sternenketten vor einem hellen, auffälligen Nebelhintergrund und der Haufen ist bei 80× formatfüllend, daher habe ich nicht weiter hochvergrößert. Einer der auffälligsten Kugelsternhaufen durch die Sternketten und vor allem den Balken!


    Der Himmel war noch nicht ganz dunkel, es war noch kurz vor 23 Uhr. Trotzdem war der Anblick wirklich toll. Ich mag diesen Kugelsternhaufen einfach. Und durch das Sternenband ist er leicht wiederzuerkennen.


    Gleich ums Eck steht NGC 6144. Mit 9m1 ist er deutlich lichtschwächer und mit 7,4‘ Durchmesser ist er viel kleiner. Mit 27700 Lichtjahren Entfernung ist er auch deutlich weiter entfernt. Und zwischen ihm und uns liegen ja viele Staubwolken. Bei 43× nur ein schwacher Nebelfleck neben einem helleren Stern (10m8) – Antares ist außerhalb des Sichtfeldes. Bei 80× sind noch keine Einzelsterne erkennbar, der Fleck wird aber schon etwas grieselig. Bei 200× heben sich nun doch einige Sterne von dem Nebelhintergrund ab, es sind ca. 20 Sterne indirekt zu erkennen, aber auch mehrere direkt zu sehen. Ich schätze mal, dass sie so ab 13m hell sein dürften.


    Natürlich muss man dann auch noch M 80 besuchen. Mit 7m3 ist er helligkeitstechnisch ungefähr in der Mitte zwischen den beiden vorher besuchten. 33000 Lichtjahre entfernt von uns und trotzdem heller als NGC 6144 – er steht oberhalb der Dunkelwolken?! Wie auch immer, auch er lohnt sich, denn hier konnte ich bereits Einzelsterne erkennen. Ganz dunkel war es immer noch nicht: Ein sehr kompakter Kugelsternhaufen mit auffallend hellem Zentrum. Erst bei 200x sind erste Einzelsterne zu erkennen, da der Nebelhintergrund sehr hell ist. Die Sterne sind nur im Randbereich erkennbar.


    Beflügelt von den schönen Anblicken habe ich mich jetzt an einen der Hidden Treasures herangetraut: NGC 5986 alias Hidden Treasure 77. Dieser Kugelsternhaufen steht bei mir nur knapp über dem Horizont, ist dennoch aufgrund seiner großen Helligkeit schon bei 43× direkt zu sehen. Bei 80× ist das Zentrum als etwas heller abgesetzt erkennbar und der Nebel wirkt schon körnig-grieselig. Die Sicht ist aber wegen der Horizontnähe erschwert, weshalb ich nicht auf 200× ging. Es dürfte ein ausgesprochen schöner Kugelsternhaufen sein, wenn er höher am Himmel stehen würde, was der Eintrag im Hidden Treasure-Katalog bestätigt. Es war spannend, einen Kugelsternhaufen mit einer Deklination von -37°47‘ zu beobachten. Und siehe da, es geht!


    NGC 5824, ebenfalls im Wolf, an der Grenze zum Centaurus, klappte nicht mehr. Er ist mit 9m1 lichtschwächer und war schon zu weit im Osten, denn er ist mit „nur „ -33° eigentlich besser beobachtbar. Ich wollte ihn „sehen“, denn er ist mi 110000 Lichtjahren wirklich sehr weit von uns entfernt. Der Nebelfleck hätte dadurch einen besonderen „Touch“ gehabt. Mit 7,4‘ Durchmesser bei der Entfernung ist er eigentlich auch ziemlich groß. Aber es hat nicht sollen sein. Ich bin zu spät dran. Im Südsüdosten macht sich bei mir zu sehr Schongau mit seiner Lichtglocke bemerkbar, da säuft so ein schwacher Kugelsternhaufen knapp über dem Horizont zu sehr ab. NGC 5694 im Centaurus habe ich dann gar nicht mehr probiert, denn mit 10m1 ist er noch lichtschwächer. NGC 5986 merke ich mir aber – das wird nicht der letzte Besuch gewesen sein. Und wenn man mal Urlaub etwas weiter südlich macht, klappt der bestimmt noch viel besser.


    Jetzt bin ich weiter in den Osten in den Schlangenträger gegangen. Das war das Hauptziel des Abends und mittlerweile war es auch dunkel. Die Milchstraße kam immer besser hervor, sie reichte fast bis zum Horizont bzw. erreicht später, als der Skorpion fast ganz zu sehen war, den Stachel.


    Als erstes stand M 107 auf der Liste. Knapp 21000 Lichtjahre entfernt und 7m1 hell, mit 13‘ trotz der Distanz recht groß. Bei 43× sieht es so aus, als würde der Nebelfleck in einer Art Kreuz des Südens aus ca. 10m bis 11m hellen Sternen stehen, wobei am langen Ende des Kreuzes weitere Sterne eine kleine Kette bilden, wodurch das Muster wie ein Drache aussieht, der am Ende ein Band hat, das im Wind weht. Auf Wikisky sieht man das Muster nicht, da der Kugelsternhaufen insgesamt so groß ist, dass das Muster teils in ihm untergeht. Visuell ist aber nur der helle Kernbereich als Nebel zu sehen. Einzelsterne waren nur bei 200× auszumachen, wobei einige immer wieder aufblitzen und nur wenige indirekt zu halten sind. Die hellsten Einzelsterne dürften so bei 12 mag liegen, der helle Nebelhintergrund erschwert aber die Sichtung. Ist sicher ein gutes Fotoobjekt.


    Weiter zu M 12. Er ist nur 16000 Lichtjahre entfernt und auch mit 6m1 entsprechend heller. Das ist fast so hell wie M 13 und nach M 4 der hellste Kugelsternhaufen dieses Abends. Ein sehr großer, sehr auffälliger, heller Kugelsternhaufen! Schon bei 43× sieht man sehr viele Einzelsterne. Bei 80× wirkt er fast dreidimensional durch den zur Mitte hin immer heller werdenden Nebelfleck und die zahlreichen Einzelsterne. Der Haufen zeigt selbst im Zentrum Einzelsterne, ein toller Anblick. Er steht M 13 kaum nach, finde ich. Grandios!


    NGC 6235 war der nächste Kandidat. Jetzt war es Mitternacht, also schon der 31.5.2022. Mit 8m9 natürlich viel schwächer, nur 5‘ im Durchmesser und 37500 Lichtjahre von uns entfernt. Der Nebelfleck ist schon bei 43× gut zu sehen. Er wirkt diffus ohne auffallendes Zentrum. Bei 80× ist der Fleck sehr deutlich zu sehen, bleibt aber diffus und ist nicht grieselig. Er ist in der Mitte eines kleinen Sterndreiecks aus ca. 11m bis 12m hellen Sternen, was nett aussieht. Auch bei 200× bleibt der Fleck nur diffus, kompakt, aber ohne helleres Zentrum, ist nicht als Kugelsternhaufen erkennbar. Keine Körnigkeit, keine Einzelsterne, obwohl die hellsten bei ca. 14 mag beginnen sollen. Der Fleck ist vermutlich zu klein, was bei 8m9 eine große Flächenhelligkeit bedingt, die ein Auflösen erschwert. Die Deklination von -22° macht es nicht leichter, aber eigentlich sollte er hoch genug stehen, um 14m erkennen zu lassen. Daher denke ich, dass es am Nebelhintergrund liegt, dass es nicht klappt.


    M 10 kam nun ins Okular, wieder einer der sehr hellen mit einer Helligkeit von 6m6 und einem Durchmesser von 20‘. Er ist auch nur 14300 Lichtjahre von uns entfernt. Ich kann nur sagen: gradios! Bei 80× ist der Haufen bis ins Zentrum aufgelöst und er zeigt einige, schöne Sternketten aus ziemlich hellen Sternen (so ab ca. 12m). Der sehr helle Nebelfleck zeigt viele, nadelfeine Sterne, ein toller Anblick. Sight Seeing sozusagen.


    Und das nächste Messier-Objekt war an der Reihe: M 62. 6m4 klingt hell, aber er ist auch weit im Süden. 22500 Lichtjahre entfernt und 14‘ groß´war dennoch viel zu erwarten: Schon bei 43× hell, klein und kompakt. Bei 80× wirkt er grieselig, aber aufgrund des hellen Hintergrunds (oder meiner Ungeduld) waren noch keine Einzelsterne erkennbar. Bei 200× blitzen aber Sterne am Rand hervor und ein paar wenige sind indirekt dann auch zu halten. Der Nebel wirkt aber sehr grieselig-körnig, dann die hervorblitzenden Sterne, das wirkt dann schon sehr hübsch. Er steht mit -33° schon sehr tief, was das Auflösen eben erschwert. Stünde er höher am Himmel, müsste er auch mit einem Achtzöller ein Erlebnis sein.


    Und noch ein Messier-Objekt: M 19. Mit 7m5 schon schwächer, aber auch 14‘ im Durchmesser bei 28000 Lichtjahren Entfernung. Im Vergleich mit M 62 ist dieser Kugelsternhaufen sehr viel diffuser und deutlich lichtschwächer. Ich habe direkt bei 200x per Goto von M 62 zu M 19 gewechselt. Der Nebelfleck ist wie gesagt viel diffuser, dafür sieht man sofort und auch direkt Einzelsterne. Drei sind direkt sauber zu halten, indirekt sind es ca. 10 Sterne. Mit -26° steht er nur etwas höher als M 62, weshalb ich vermute, dass der viel schwächere Nebelhintergrund hier hilft, dass die Sterne besser zu sehen sind. So ein direkter Vergleich zweier nahe am Himmel stehenden Kugelsternhaufen ist faszinierend. Ein genaues GoTo hilft hier ungemein.


    NGC 6284 war das nächste Ziel auf der Liste, die ich vorbereitet hatte. Mit 6,2‘ Durchmesser ist er recht kompakt, ist aber nur 9m3 hell, obwohl er „nur“ 28000 Lichtjahre entfernt ist. Damit hat er den gleichen Abstand zu uns wie M 19, ist aber deutlich kleiner und kompakter. Mit -24° ist er auch ziemlich weit unten im Süden, aber bei 200× lösen sich hier zumindest indirekt beobachtet erste Sterne vom Nebelhintergrund ab bzw. sind am Rand des Nebels erkennbar. Jetzt ist die Frage, ob das nicht doch Vordergrundsterne sind, denn der Nebel an sich wirkt noch nicht wirklich körnig und der Sternhaufen befindet sich eben in einer sternenreichen Gegend.


    Nächstes Objekt: NGC 6287. Dieser Haufen ist mit 9m3 noch etwas lichtschwächer. Er ist nur 4,8‘ groß und 30300 Lichtjahre entfernt. Im Vergleich mit NGC 6284 ist dieser Kugelsternhaufen gut erkennbar schwächer, obwohl es nur 0,4 Größenklassen Unterschied sind und NGC 6287 durch seine geringere Größe dies in der Flächenhelligkeit kompensieren müsste. Ich habe bei NGC 6287 kein helleres Zentrum erkennen können, sondern nur einen relativ einheitlichen Nebelfleck. Der Haufen steht direkt neben einem Sternmuster, das mich an eine stilisierte, fliegende Möwe erinnert, welches sich aber bei Wikisky nicht von Sterngewusel der Milchstraße abhebt. Visuell war das Muster aber auffällig, was den Anblick des Haufens deutlich aufwertet.


    NGC 6293 ist mit 8m3 nun deutlich heller. Mit 29300 Lichtjahren ist er nur etwas näher als NGC 6287, aber eben heller und zudem mit 8,2‘ Durchmesser knapp doppelt so groß (also scheinbar am Himmel, und wegen des fast gleichen Abstandes auch real). Dieser Kugelsternhaufen wirkt etwas kompakter als NGC 6287, obwohl er eigentlich größer ist. Die Helligkeit ist hier aber typisch für einen Kugelsternhaufen verteilt, zur Mitte hin heller werdend mit hellerem Zentrum eben. Vermutlich fallen die Randbereiche nicht auf und das Auge registriert erstmal nur die Kernregion, weshalb er erstmal nicht klar größer, sondern kompakter und heller wirkt. Es ist ja auch immerhin eine Größenklasse Unterschied zwischen den beiden Haufen. Einzelsterne konnte ich aber nicht herauskitzeln oder ich habe sie nicht von den Vordergrundsternen der Milchstraße unterscheiden können. Erschwerend kommt dazu, dass mittlerweile der Fangspiegel beschlagen sein könnte, was ich erst beim nächsten Objekt bemerkt habe…


    NGC 6366, der „Ophiuchus Ghost Globular“. Der eigentliche Geisterkugelsternhaufen befindet sich in der Waage. Dieser Geist hier ist mit 9m5 lichtschwächer als das „Original“. Er ist aber nur 11500 Lichtjahre von uns entfernt, müsste also eigentlich als Kugelsternhaufen sehr hell erstrahlen. Tut er aber nicht. Seine hellsten Einzelsterne sind 13m5 bis 14m0 hell, müssten also eigentlich problemlos gesehen werden. Ich hatte einen schwachen Nebelfleck mit diesen feinen Sternen erwartet, eher an einen offenen Sternhaufen erinnernd. Nun, die 9m5 verteilen sich auf einen Durchmesser von 13‘, aber wenn keinen Nebel, dann die hellsten Sterne? Folgendes habe ich in mein Beobachtungstagebuch geschrieben: Der Geisterkugelsternhaufen des Schlangenträgers (wird im Englischen eben als Ophiuchus Ghost Globlar bezeichnet) wird durch interstellaren Staub deutlich abgeschwächt und ist sternarm und nur locker aufgebaut, ohne besondere Sternverdichtung zum Zentrum hin, weshalb er nur schwach leuchtet. Daher der Name Geist. Er ist leicht zu finden, denn mit HD 157950 ist ein 4m5 heller Stern in direkter Nähe. Man muss nur östlich davon zwei 10m5 helle Sterne finden, die auch sofort auffallen und direkt neben denen ist der Geist zu sehen, wenn der Himmelshintergrund passt. Ich hatte zumindest den Anblick eines schwachen, Offenen Sternhaufens erwartet, da die hellsten Sterne bei 13m5 bis 14m anfangen und daher eigentlich gut gehen müssten, zumal der Haufen nahe des Himmeläquators steht und somit relativ hoch am Himmel ist. Da die Milchstraße noch bis zum Stachel des Skorpions sichtbar war, müsste es vom Himmel her eigentlich gehen, aber ich habe gar nichts erkennen können. Kein Geist, nichts, nur die besagten Sterne. Mein Verdacht, dass da irgendwas nicht ganz o.k. ist, hat sich dann bestätigt: ein Blick in den Tubus mit Rotlicht und siehe da, der Fangspiegel ist beschlagen. Ich muss den Geist also ein andermal suchen.


    Was tun? Nun, dann kann man kurz noch ein bisserl Sightseeing betreiben und dann abbauen. Mittlwereile war es 1:30 Uhr und mit 5°C ist es frisch geworden. Mein Notizbüchlein ist richtig nass am Einband, das Abkühlen hat den Taupunkt erreichen lassen und es wurde sehr feucht. Der Rest kommt daher in Kurzform, zumal die Beobachtungen nicht sauber sind, da eben der Spiegel nicht mehr optimal reflektiert. Es geht aber immer noch mehr, als ich dachte:


    M 6 (Schmetterlingshaufen) im Skorpion: klassische, eine Augenweide (jedesmal wieder, ob Fernglas oder Teleskop). Steht halt weit im Süden, oberhalb des Stachels des Skorpions.


    M 7 (Ptolemaeus‘ Haufen) im Skorpion: Größer und noch auffälliger als M 6, ein Muss beim Sightseeing! Sehr sternreich, grandios! Mit -34°47' aber schon sehr weit südlich.


    M 11 (Wildentenhaufen) im Schild: Sehr dicht, sehr sternreich, toller Anblick!


    M 22 im Schützen: Viele Einzelsterne, wegen des beschlagenen Fangspiegels aber nicht so funkelnd wie erwartet. Muss ohne Tau beobachtet werden.



    Jetzt noch schnell, bevor es gar nicht mehr geht, zu einem Kometen: C/2017 K2… Sehr deutlich schon bei 43×, bei 80× sieht man klar den hellen Kernbereich, der asymmetrisch in der diffusen Wolke liegt (oder blitzt da ein Stern durch?); da der helle Bereich aber nicht punktfein erscheint, sondern minimal flächig, dürfte es sich um den hellen Bereich rund um den Kern handeln und ein sehr kurzer Schweifansatz ist zu erahnen. Der Komet ist ziemlich hell und im Vergleich mit den heute Nacht beobachteten Kugelsternhaufen sind 8m5 realistisch (grob geschätzt – aber wie gesagt: Fangspiegel mit Tau…)


    M 8 (Lagunennebel) im Schützen: Da der Fangspiegel beschlagen ist, ist der Nebel sicher schwächer, als er sein könnte. Sieht trotzdem toll aus, v.a. mit NGC 6530, dem Offenen Sternhaufen im Nebel, der wie verrückt funkelt.


    M 17 (Omeganebel): Trotz beschlagenen Fangspiegels ist die Form des Nebels gut erkennbar. Sollte bei besseren Bedingungen erneut besucht werden.


    M 20 (Trifidnebel): Wegen des beschlagenen Fangspiegels nur sehr schwach zu erkennen. Die Dunkelwolken im Vordergrund treten kaum hervor.


    Und zum Schluss wollte ich noch ein Hidden Treasure bewundern, den Offenen Sternhaufen IC 4665 im Ophiuchus. Mit 4m2 ist er sehr hell und mit 70‘ auch noch sehr groß. Trotzdem hat er weder im Messier- noch im NGC-Katalog einen Platz gefunden. Er läuft als Hidden Treasure 89 und wird im Englischen als Summer Beehive bezeichnet, also die Praesepe des Sommers. Der Name passt und ist Programm. Ein wunderschöner Anblick. Bei 43× passt er gerade so noch ins Gesichtsfeld bzw. ein paar Sterne dürften schon außerhalb liegen. Viele Sterne sind auffallend gleich hell und sind wohl Blaue Riesen, da der Haufen erst 40 Millionen Jahre jung ist. Sehr hübsch, auch mit beschlagenem Fangspiegel.


    Die Kugelsternhaufentour hat richtig Spaß gemacht. Ich höre immer wieder, das sei langweilig, weil die alle gleich aussehen. Beschäftigt man sich mal eine Nacht (fast) nur mit ihnen, dann kann man das nicht bestätigen. Bei den ganz großen finde ich es vor allem spannend, wenn ich Sternketten sehen kann oder das Aussehen durch Gezeitenkräfte etwas zerzaust ist. Bei den schwächeren ist es einfach toll, wie sich plötzlich bei längerem Beobachten die ersten Sternchen aus dem Nebel herausschälen und immer präsenter werden. Leider kam ich nicht ganz durch – ich wollte auch noch NGC 6426, NGC 6517 und NGC 6539 im Ophiuchus besuchen und als Abschluss NGC 6535 in Serpens Cauda, damit ich mich dann später mal auf die Kugelsternhaufen im Schützen und der südlichen Krone (NGC 6723) stürzen kann. Die Hidden Treasures von James O’Meara haben mich bisher in keinem Fall enttäuscht. Die zwei, die ich in dieser Nacht aufgesucht habe, sind beide sehr lohnenswert gewesen. Ich bin eh sehr froh, dass ich bis runter in den Wolf, früher im Jahr in den Zentauren oder später in die Südliche Krone schauen und beobachten kann. Wenn kein Saharastaub im Weg ist und die Luft klar ist, geht das gar nicht so schlecht.


    Ach ja, zum Himmel an sich. Es war eine typische nahezu-Sommernacht, also lange im Dämmerlicht und auch danach nie so komplett dunkel, wie man es vom Winter kennt. Dank ein paar Zirren hat München im Nordosten doch Licht rübergeschickt, das aber im Süden nicht stört. Die Luftfeuchtigkeit hat aber etwas Transparenz gekostet. M 13 war zwar sofort und ohne Probleme mit bloßem Auge zu erkennen, aber in der Jungfrau kam ich nur bis 5m8, im Zenit denke ich, bis knapp über 6m0. Im Kleinen Bären konnte ich meinen 6m4-Referenzstern nahe Polaris nicht sehen. Ich gehe daher von fst 6m0 aus, als es dunkel war. Das Seeing war besser, als ich gedacht hätte. Meteoblue sagte etwas mehr als 1“ (meist bin ich bei 0,7“ bis 0,9“), da der Jetstream stören sollte, das habe ich aber nicht bemerkt. Ich fand das Seeing richtig gut, nur die Transparenz war nicht ganz optimal, dafür war die Luft zu feucht.


    Nach IC 4665 habe ich dann begonnen abzubauen und währenddessen zog es dann erstaunlich schnell zu. Um halb drei war alles wieder im Auto und ich konnte heimfahren. Um 3 Uhr dann wie üblich mit dem Welpen nochmal raus und dann bis 7 Uhr schlafen, da dann der Welpe wieder raus muss. Ist stressig, geht aber nicht anders. Umso schöner war die Ruhe der Nacht draußen am Teleskop. Einfach zum Genießen, wenn es auch etwas wärmer hätte sein können. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau.


    Liebe Grüße,
    Christoph

    Mein Verein: Astronomische Gesellschaft Buchloe e.V.

    Meine Ausrüstung:

    Teleskope: 22" (560 mm)  f/3.5 Dobson (Martini / Oldham Optical)  –  Omegon Ritchey-Chretien Pro RC 203/1624; Montierung: iOptron CEM40G  –  Ferngläser (8 x 42, 20 x 60)

    Kamera: Canon EOS 6D Mark II (Vollformat, unmodifiziert); Kameraobjektiv: meist Canon EF-200 mm f/2.8 Teleobjektiv

  • Hallo Christoph,


    gratuliere zu dieser tollen Kugelhaufentour nach der langen Corona-Zwangspause ! Ja, der Himmel zeigte gestern auch in der VSW-Abendführung eine ziemlich gute Durchsicht, da hatte ich schon zu meinem Vereinskollegen Martin gemeint, dass man da eigentlich zum Spechteln gehen könnte - mei, aber wenn die Pflicht ruft ...


    Du hast die Objekte wieder wie gewohnt akribisch nach Details durchforstet. Einige deiner NGC-Kugelhaufen habe ich bewusst noch nie beobachtet, aber die Messierhaufen natürlich alle - sonst geht ja kein Marathon; M19 hab ich als besonders ungewöhnlich in Erinnerung, weil auffällig länglich.


    Ja, M4 finde ich auch grandios ! Und die beiden Kugelhaufen M10 und M12 sind für mich bisserl wie Zwillinge, wobei M12 ja besonders locker und leicht aufzulösen ist. Wobei ich den Vergleich mit M13 schon etwas anders sehe: Die hellsten Einzelsterne sind zwar ähnlich hell, M13 ist aber viel größer und insgesamt doch deutlich heller; bei dem Wert 6,1 mag für M12 bin ich skeptisch, Werte um 6,8 mag (wie im "Deep Sky Field Guide" oder im englischen Wikipedia-Eintrag) erscheinen mir selber plausibler.


    Deine Highlights zum Schluss werden bei nicht beschlagenem Fangspiegel sicher ganz anders herauskommen. Ich weiß jetzt nicht, ob du sie alle schon bei guten Bedingungen gesehen hast - falls nicht: Du wirst begeistert sein :P 8).


    Servus

    Ben

  • Guten Abend Christoph,


    sehr schöner und ausführlicher Bericht, vielen Dank!


    Zu M11 (eines meiner Lieblingsobjekte!): verträgt sehr viel Vergrößerung. Ab ca. 40x im 5" ganz gut aufgelöst.

    Ab ca. 150-200x wird es richtig spannend, einige Doppelsterne im Haufen... (gestern Nacht, im 5"-Triplet... ).


    Die anderen beschriebenen Objekte werde ich demnächst auch checken... ;). M5, M13, M92 und die KSH im Schlangenträger sind derzeit auch gute Objekte...


    CS Chris

  • Moin Christoph,

    Dein Beobachtungsbericht ist wie immer sehr lesenswert und informativ. Normalerweise finde ich auch immer Anregungen zum Nachbeobachten. Diesmal ist es jedoch etwas anders, da viele der beschriebenen Objekte für mich als Nordlicht auf dem 54. Breitengrad schlicht nicht mehr machbar sind. M4 und M22 gehen zwar noch, an Details ist da aber nicht mehr zu denken. Hinzu kommt, dass ich mich bei meinem Dobson so kurz über der Grasnarbe ganz schön verrenken muss, um überhaupt durchs Okular sehen zu können. Dennoch kann ich Deine Begeisterung für z. B. M6 und M7 gut nachvollziehen. Anlässlich eines Urlaubes auf der Emberger Alm in Kärnten haben mich die beiden auch schier vom Hocker gehauen.


    Viele Grüße aus Schleswig-Holstein

    Wolfgang

  • Servus Ben

    Du hast die Objekte wieder wie gewohnt akribisch nach Details durchforstet. Einige deiner NGC-Kugelhaufen habe ich bewusst noch nie beobachtet, aber die Messierhaufen natürlich alle - sonst geht ja kein Marathon; M19 hab ich als besonders ungewöhnlich in Erinnerung, weil auffällig länglich.

    Daran erkennt man, dass die Akribie dann scheitert, wenn man nicht genau weiß, worauf man achten soll. Das Längliche ist mir bei M 19 nicht aufgefallen. Wenn man nicht weiß, dass auch das vorkommen kann, schaut man mehr auf die ersten Einzelsterne und darauf, ob ein hellerer Kern vorhanden ist, übersieht aber so etwas deutliches. Das kenne ich von meinem Haupthobby, der Mykologie. Das zeigt auch wieder, dass Zeichnen nie verkehrt ist, denn dann erkennt man auch solche "Abweichungen von der Norm". Da ich gestern aber für mich entscheiden hatte, einfach mal die Kugelsternhaufen "durchzuscreenen", fehlt dann die Detailtreue. Jetzt freue ich mich aber besonders, nochmal M 19 aufzusuchen und zu prüfen, ob er auch im Achtzöller länglich verzogen erscheint.



    Und die beiden Kugelhaufen M10 und M12 sind für mich bisserl wie Zwillinge, wobei M12 ja besonders locker und leicht aufzulösen ist. Wobei ich den Vergleich mit M13 schon etwas anders sehe: Die hellsten Einzelsterne sind zwar ähnlich hell, M13 ist aber viel größer und insgesamt doch deutlich heller; bei dem Wert 6,1 mag für M12 bin ich skeptisch, Werte um 6,8 mag (wie im "Deep Sky Field Guide" oder im englischen Wikipedia-Eintrag) erscheinen mir selber plausibler.

    Ich hatte M 13 nicht als Vergleich aufgesucht. Ich meinte es eher völlig subjektiv, dass für mich M 12 in seiner Schönheit M 13 nicht nachsteht. Stimmt aber, ein Hin- und Herswitchen zwischen M 12 und M 13 wäre eine Idee. Dann kann ich auch mal subjektiv die Helligkeit schätzen. Die 6m1 habe ich von der deutschen Wikipedia übernommen. 6m8 wäre schon deutlich schwächer. Dann ist aber wohl auch M 10 zu hell in der deutschen Wiki?! Ich denke, es ist eh schwer, bei einem Kugelsternhaufen, der einerseits hell nebelig ist, andererseits bereits viele, ziemlich helle Einzelsterne zeigt, eine genaue Helligkeitsangabe zu machen. Bei Kometen kommen ja auch teil deutlich unterschiedliche Helligkeitsschätzungen heraus. Ist aber auf alle Fälle was zum Nachrecherchieren. ;)


    Deine Highlights zum Schluss werden bei nicht beschlagenem Fangspiegel sicher ganz anders herauskommen. Ich weiß jetzt nicht, ob du sie alle schon bei guten Bedingungen gesehen hast - falls nicht: Du wirst begeistert sein :P 8).

    Ich habe mein Teleskop ja erst seit letztem Sommer und da war der Himmel ewig lang mies. Deshalb kenne ich diese Highlights nur von früher (80er Jahre) bzw. aktuell vom Fernglasspechteln der letzten zwei Jahre. Ich bin auch gespannt, wie sich die bei klarem Fangspiegel machen. Anfang Juni, also jetzt, sollte die Fangspiegelheizug endlich geliefert werden. Dann kann mich nichts mehr aufhalten *hihi


    Liebe Grüße und Danke für deinen Input,

    Christoph

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  • Servus Chris


    Zu M11 (eines meiner Lieblingsobjekte!): verträgt sehr viel Vergrößerung. Ab ca. 40x im 5" ganz gut aufgelöst.

    Ab ca. 150-200x wird es richtig spannend, einige Doppelsterne im Haufen... (gestern Nacht, im 5"-Triplet... ).


    das kann ich mir sehr gut vorstellen. Ich hatte M 11 nur kurz angesteuert, bevor ich abbauen wollte. Und mit beschlagenem Spiegel lohnt das Hochvergrößern kaum. Wird aber beizeiten nachgeholt.


    Übrigens (ist aber bekannt): Kugelsternhaufen "vertragen" sehr hohe Vergrößerungen, ähnlich Planeten. Bei gutem seeing und guter Optik sind locker >1,5x D [mm] möglich...

    Völlig d'accord. Im Moment ist ein 8mm-Okular aber das kleinste, das ich habe. Damit komme ich auf 200x, das ist die Grenze, also 1×D in mm ;)


    Und danke für die Karte rund um M 57. 14m1 müsste ich locker schaffen, werde das als Testobjekt mit aufnehmen. Mein "Rekord" (in Bezug auf einen Stern) steht bei 15m1, wenn man immer wieder mal aufblitzend zählen lässt. 14m9 habe ich auch mal indirekt halten können, 14m5 geht meist bequem (wenn es entsprechend transparent ist). Die 15m1 waren bei fst 6m4. Dein "Testfels" rund um M 57 ist aber ideal. 14m7 ist auch dabei und durch den 13m0-Stern lösst sich das Ganze auch leicht merken (also in welcher Richtung was zu sehen sein müsste). Den Zentralstern habe ich bisher nicht geschafft, werde das aber im Zenit mal probieren. Ich fürchte, dass der Nebel das in meinem Achtzöller überdeckt und er nicht machbar ist.


    Liebe Grüße,

    Christoph

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  • Servus Wolfgang,


    stimmt, in S-H wird's schwierig. Vom Wolf kannst du da nur träumen. M 4 ist bei mir komfortabel hoch am Himmel (für diese südlichen Objekte). Es freut mich aber, dass die Berichte sonst für dich hilfreich sind. Ich fand das Horizontabklappern ganz gemütlich, weil ich da bequem im Stehen spechteln kann. Ich schaue ja bei meinem RC hinten mit Zenitspiegel rein. Bei Objekten im Zenit bin ich da bodennah, was unbequem ist (mein Stuhl ist da etwas zu hoch und auf dem Boden zu hocken etwas zu niedrig. Muss mal nen "Zenitschemel" mitnehmen.


    Liebe Grüße in den Hohen Norden mit den Weißen Nächten,

    Christoph

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  • Hallo Christoph,


    man vermutet, dass die längliche Form von M19 dadurch begünstigt wurde, dass der Haufen relativ nahe zum Zentrum unserer Milchstraße liegt.


    Stimmt aber, ein Hin- und Herswitchen zwischen M 12 und M 13 wäre eine Idee. Dann kann ich auch mal subjektiv die Helligkeit schätzen.

    Ich finde auch schon den direkten Vergleich über Wikisky recht instruktiv, gerade was die Größe betrifft: Man wechselt oben im Suchfeld einfach zwischen den Bezeichnungen der Objekte, die bleiben ja jeweils zentriert. Man muss beim Suchergebnis nur darauf achtgeben, ob sich der Maßstab auf der Skala nicht vielleicht um eine Stufe verändert hat.


    Servus

    Ben

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