Hallo Freunde der Nacht,
hier ein kleiner Bericht über eine sehr schöne Beobachtungsnacht vom 28.02 auf den 01.03.22 im nördlichen Landkreis Passau:
Leider finde ich oft viele Gründe, warum ich meinen 16er Dobson heute eigentlich nicht aufbauen sollte: Sicht nicht gut genug, Cirrus im Anmarsch, zu müde, zu kalt, zu viel Pollen, keine Lust alleine zu beobachten und und und... Gestern habe ich aber alle Einwände ignoriert und hab meinen Explore Scientific 16" Stangendobson schon am Abend in der Garage kalt gestellt. Der Himmel war zwar noch etwas bedeckt, aber das Satellitenbild versprach eine klare Nacht. Jetzt oder nie! Um halb 10 gings los.
Vorweg muss ich mich für meine unausgeglichene Objektauswahl entschuldigen. Ich liebe Galaxien! Auch wenn es oft nur milchige und verwaschene Flecken sind, aber sie faszinieren mich zu tiefst. Aus diesem Grund ist auch das Frühjahr meine liebste Beobachtungszeit.
Der Himmel war sternenklar, die Luft knochentrocken, -5°C und ein eisiger Ostwind. Um den schweren Spiegelkasten nicht soweit schleppen zu müssen, hab ich das Teleskop gleich hinter dem Kofferraum aufgebaut. Da ich meinen Campingtisch nicht mitgenommen habe, ließ ich die Heckklappe offen und hab den Kofferraum als Ablage für meine Karten und Atlanten benutzt. Im Laufe der Nacht habe ich die geöffnete Heckklappe sehr zu schätzen gelernt; sie bot mir etwas Schutz vor dem eisigen Ostwind.
In dieser wunderbaren Nacht, die bis 1 Uhr morgens dauerte habe ich viele Galaxien beobachtet; zu viele um sie hier alle aufzuzählen. Ich möchte aber über meine Highlights hier kurz berichten: Der absolute Hammer war natürlich M51 in den Jagdhunden. Im 12,5mm Morpheus Okular waren die Spiralarme deutlich zu sehen. Ein absoluter Wahnsinn. So eine schöne Galaxie! An diesem Anblick habe ich mein Herz mehrfach in dieser Nacht erwärmt. Der Rest von mir fror langsam ein.
Auch M81 und M82 im großen Wagen war wunderschön! Im 24mm (82°) ES Okular passten beide Galaxien gerade noch zusammen ins Bildfeld. Ein herrlicher Anblick! In der Einzelwertung war aber M82 im 6,7mm ES Okular überwältigend. Die Galaxien zeigte deutliche Strukturen. An solchen Bildern kann man sich einfach nicht satt sehen.
Etwas abseits der Trampelpfade habe ich mir HCG44 vorgenommen. Dieser einfach zu findende und selbst mit 10" gut zu beobachtende Galaxienhaufen befindet sich im Kopf des Löwen. Im 16er war der Anblick jedoch schon ganz ansehnlich. Vier schöne kleine Galaxien (NGC 3193/3190/3187/3185). Galaxien alleine sind schon faszinierend, Galaxienhaufen setzen dem ganzen aber die Krone auf. Vor allem wenn alle Mitglieder auf einmal im Gesichtsfeld sind.
Die größte Herausforderung war HCG 61 ("The Box") im Sternbild Coma. Das war eine ziemliche Anpirschaktion. Ausgehend von Stern Gamma Comae hab ich mich durchgehangelt bis zum Zielgebiet. Nachdem das Zielgebiet gefunden war, hab ich die Vergrößerung hochgeschraubt und tatsächlich: die Box war zu sehen. Zwar nur schwach, er sie war da! Ich muss sagen, dass mir das Starhopping fast noch mehr Spaß bereitet hat als das Beobachten selbst
Nach dieser etwas diffizilen Angelegenheit habe ich mir eine Photonendusche im Virgo-Haufen gegönnt. Mit dem 24er Okular könnte man nach herzenslust am Himmel rumrühren: überall Galaxien!!! Von Markarians-Galaxienkette ausgehend, habe ich alle Vertreter, die im Deep-Sky-Reiseatlas aufgelistet sind, besucht. Das war ein riesen Spaß!
M64 ("BlackEye") und NGC 4565 mussten natürlich aus ausgiebig beobachtet werden. NGC 4565 war im 6,7mm ES gesichtsfeldfüllend mit einem wunderschönem Staubband. Ein Wahnsinn!
Eines der beeindruckensten Objekte am Frühjahrshimmel ist aber der Quasar 3c273 in der Jungfrau. Der ist nicht schwer zu finden. Man startet bei den NGC´s 4527 und 4336 und hangelt sich nach rechts rüber. Es ist zwar nur ein kleiner Lichtpunkt, von einem Stern nicht zu unterscheiden (daher auch der Name "Quasar"), aber wenn man weiß, dass dieses Pünktchen ein aktiver galaktischer Kern mit einem gewaltigen schwarzen Loch ist, das 300x heller ist als unsere gesamte Milchstraße, dann ist das schon überwältigend. Die Photonen, die da durch Okular ins Auge gehen sind seit 2,4 Mrd. Jahren unterwegs. Da kriegt man schon Gänsehaut. Dieser Quasar geht übrigens auch schon mit 8".
Um 1 Uhr morgens kam die letzte große Herausforderung: mit gefrorenen und tauben Fingern den Dobson wieder zerlegen. Gefrorenen Finger und kaltes Metall mögen sich nicht. Obwohl meine Finger taub waren, hat es trotzdem richtig weh getan. Gott sei Dank hat meine Frau im Ofen noch nachgelegt, so dass das Kaminrohr noch schön warm war. Das war eine Wohltat.
Trotz der Kälte war es eine wunderschöne Nacht, die in den nächsten Wochen bei hoffentlich milderen Temperaturen eine Fortsetzung findet
Viele Grüße
Thomas