Rund um Kembles Kaskade: NGC 1502, NGC 1501, NGC 1569, Tombaugh 5, Czernik 17 - was man aus einem 200 mm Tele rausholen kann...

  • Servus beinand,


    das furchtbare Wetter hilft dabei, alte Fotos zu reaktivieren bzw. neu zu bearbeiten. Als ich 2020 wieder in das Hobby eingestiegen bin, waren meine Bearbeitungsskills gelinde gesagt unterirdisch. Ich war ja auch noch nicht hier im Forum ;-). Jedenfalls habe ich mir eine Aufnahme von Kembles Kaskade nochmal geschnappt. Ich hatte die damals mit DSS gestackt und habe einfach mal das damalige Ergebnis nochmal mit Photoshop überarbeitet.


    Ich hatte 94 Lights zu je 4 Sekunden gestackt, also nur 6 Minuten 12 Sekunden investiert. Und das hat sich dennoch gelohnt, wie ich einfach mal vorzeigen möchte. Die Lights hatte ich am 28.7.2020 aufgenommen. Hier die gesamte Aufnahme (verkleinert):



    Kemble 1 und Umgebung


    Kembles Kaskade aka Kemble 1 ist ein sehr bekannter und auffälliger Asterismus. Ich finde, es ist ein Erlebnis, diese Sternenkette mit einem Fernglas entlangzugleiten, um am Ende die Gabelung zu sehen (in Richtung UC Camelopardalis und auf der anderen Seite in Richtung NGC 1502). Der Jolly Roger-Haufen, NGC 1502, ist dabei ein besonderes Zuckerle im großen Fernglas, aber auch im Teleskop. UV Camelopardalis selber ist ein Carbinstern, der tief rot leuchtet (ich muss die Lights irgendwann nochmal mit APP stacken und die Sternfarben kalibrieren, dann dürfte das besser herauskommen).


    Hier die Kaskade mit NGC 1502 und UV Cam als größerer Ausschnitt:

    Kemble 1 und NGC 1502


    Und NGC 1502 einzeln:


    NGC 1502 - Jolly Roger-Haufen



    Zum Vergleich mit meinem 8-Zöller (20 Minuten, aber bei Mondschein, daher mit wenig Tiefe und auch noch suboptimal bearbeitet, muss ich auch nochmal ran und mehr rausholen):


    NGC 1502 – Jolly Roger-Haufen


    (6.9.2021, ich glaube, es waren 80x15 s als Lights, hab's gerade nicht zur Hand). Die Aufnahmen mit dem Tele und dem RC 8" sind, was die Tiefe angeht, sehr ähnlich. Nur sind die Sterne beim 8-Zöller natürlich viel kleiner und die Vergrößerung deutlich stärker.


    Auf dem Foto mit dem Teleobjektiv tauchen aber noch andere Objekte auf. Besonders hat mich das Kamelauge gewundert. Dass man es deutlich als kleines, türkisfarbiges Scheibchen erkennen kann, war mir schon klar - trotz der kurzen Integrationszeit. Dass man aber sogar den Zentralstern erahnen kann...:


    NGC 1501 – das Kamelauge



    Bei der Vergrößerung oben rechts im Eck kann man den Zentralstern, finde ich, wirklich gut erahnen. Natürlich muss ich hier mit dem 8-Zöller nachlegen.


    Besonders freut mich aber ein spezieller Offener Sternhaufen. Tombaugh, der Entdecker des Ex-Planeten Pluto hatte 5 Offene Haufen während seiner Pluto-Suche auf den Fotoplatten entdeckt, die er bearbeitet hat. Er hat diese dann als Tombaugh 1 bis 5 beschrieben. Ich kam erst auf seine Offenen Haufen, als ich vor kurzem im Großen Hund Tombaugh 1 uns 2 auf einer Sternkarte gefunden habe und sie daraufhin auch mit dem 8-Zöller fotografieren "musste". Daraus wurde dann nur Tombaugh 1. Nr. 2 wird nachgeholt. Dass ich jetzt auf diesem alten Foto am Bildrand Tombaugh 5 entdeckt hatte, hat mich da natürlich extrem gefreut. Aber leider am Bildrand, was die Sterne etwas verzieht. Aber es geht. Hier als Auschschnitt aus dem Übersichtsfoto:


    Tombaugh 5


    Auch hier muss ich unbedingt nachlegen. Der Sommer bzw. Herbst kommt ja noch. Vielleicht geht es auch noch jetzt so halbwegs, wenn es mal sternenklar sein sollte und ohne Mond und am Wochenende...


    Und ein weiterer Haufen ist auf dem Foto, der aber "mit bloßem Auge" nicht wirklich auf dem Übersichtsfoto zu sehen ist: Czernik 17. Ich hatte Czernik 20 als Beifang beim Objekt des Monats Januar vorgestellt. Czernik hat die Palomar-Platten nach Offenen Haufen abgesucht. Sie sind also ein Bisserl das Pendant zum Palomar-Katalog, was Kugelsternhaufen angeht. Czernik 20 in der Auriga ist dementsprechend schwierig, aber in meinem 8-Zöller bereits als schwache Aufhellung zu sehen. Dass ich jetzt auch noch Czernik 17 zumindest "nachweisen" konnte, bei nur knapp über 6 Minuten mit nem 200er Tele, wundert mich dann doch. Der Haufen scheint aber winzig zu sein. Ich werde auch da mal mit 8 Zoll draufgehen müssen:


    Czernik 17


    Wie gesagt: winzig. Ich glaube nicht, dass die Sterne an sich dazu gehören, die man sehen kann, denn die sind einfach zu hell dafür, denke ich. Die Position des kleinen Nebelflecks passt auch zu den Angaben. Ich habe hier ganz stark gestretcht, damit man den Nebelfleck noch erkennen kann. Visuell dürfte da mit dem 8-Zöller nichts gehen, wohl aber fotografisch. Hat zufällig schonmal jemand hier Czernik 17 beobachtet? (z. B. BenN  NormanG  Robin  mikel_at_night ...)


    Abschließen will ich mit dem zugegebnermaßen bescheidenen Nachweis der Starburst-Galaxie NGC 1569 – eine irreguläre Zwerggalaxie aus unserer Nachbarschaft (11 Millionen Lichtjahre entfernt, quasi gleich ums Eck). Sie gehört zur Maffei-Gruppe rund um IC 342 und ist visuell immerhin 11m2 hell. Es gibt tolle Hubble-Aufnahmen. Dagegen ist das hier eher ein Fliegenschiss... äh... -klecks:


    NGC 1569


    Aber man sieht sie.


    So, damit ist mein nostalgischer Rückblick in die Giraffe beendet. Es ist zwar jetzt keine optimale Giraffenzeit, aber vielleicht dient es als Anregung für den nächsten Sommer/Herbst.


    Daten zusammengefasst:


    Optik: Canon 200 mm f/2,8-Tele bei Offenblende

    Nachführung; Omegon Mini Track LX3

    93 x 4 s = 6 min 12 s

    20 darks

    Aufnahmeort: Skihügel südlich von Landsberied ("Filzhügel"), westlich von Fürstenfeldbruck (damals hatte ich noch in Mammendorf gewohnt)

    Datum: 28.7.2020

    Gestackt mit DeepSkyStacker, bearbeitet und gestrecht mit PS, Kringel mit Paint gemalt


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Mein Verein: Astronomische Gesellschaft Buchloe e.V.

    Meine Ausrüstung:

    Teleskope: 22" (560 mm)  f/3.5 Dobson (Martini / Oldham Optical)  –  Omegon Ritchey-Chretien Pro RC 203/1624; Montierung: iOptron CEM40G  –  Ferngläser (8 x 42, 20 x 60)

    Kamera: Canon EOS 6D Mark II (Vollformat, unmodifiziert); Kameraobjektiv: meist Canon EF-200 mm f/2.8 Teleobjektiv

    4 Mal editiert, zuletzt von Lucifugus ()

  • P.S.: UV Camelopardalis ist ein Carbonstern und RW Camelopardalis ein klassischer Cepheid. Auf dem Übersichtsfoto ist am unteren Bildrand rechts auch noch mit RX Camelopardalis ein weiterer Cepheid und unsichtbar ist LL Camelopardalis in der Nähe von Tombaugh 5, ein Mirastern. Und einen hatte ich ganz vergessen, zu erwähnen und zu markieren: ZZ Camelopardalis, ein Veränderlicher mit langer Periode. Das hole ich nach einer weiteren Bearbeitung mit APP und kalibrierten Sternfarben nach.


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Mein Verein: Astronomische Gesellschaft Buchloe e.V.

    Meine Ausrüstung:

    Teleskope: 22" (560 mm)  f/3.5 Dobson (Martini / Oldham Optical)  –  Omegon Ritchey-Chretien Pro RC 203/1624; Montierung: iOptron CEM40G  –  Ferngläser (8 x 42, 20 x 60)

    Kamera: Canon EOS 6D Mark II (Vollformat, unmodifiziert); Kameraobjektiv: meist Canon EF-200 mm f/2.8 Teleobjektiv

    Einmal editiert, zuletzt von Lucifugus ()

  • Jetzt habe ich doch noch schnell ZZ Camelopardalis nachbeschriftet ;)


    Hier ist der Bildausschnitt:



    So, das war's jetzt aber erstmal aus dem Kamelopard, dem Mischwesen aus Kamel und Leopard ;-), also der Giraffe.


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Mein Verein: Astronomische Gesellschaft Buchloe e.V.

    Meine Ausrüstung:

    Teleskope: 22" (560 mm)  f/3.5 Dobson (Martini / Oldham Optical)  –  Omegon Ritchey-Chretien Pro RC 203/1624; Montierung: iOptron CEM40G  –  Ferngläser (8 x 42, 20 x 60)

    Kamera: Canon EOS 6D Mark II (Vollformat, unmodifiziert); Kameraobjektiv: meist Canon EF-200 mm f/2.8 Teleobjektiv

  • Hi Chritoph


    Beeindruckend wie viele Details du da mit 6min und einem 200mm Tele eingefangen hast! Einfach toll!

    Es lohnt sich definitiv alte Daten immer wieder mal anzuschauen!


    CS, Seraphin

  • Servus Seraphin, Christian und Peter,


    danke für eure netten Reaktionen! Damals wollte ich eigentlich nur die Kaskade fotografieren, um den Anblick im Fernglas halbwegs zu dokumentieren. Deshalb nur so kurz - hat aber gereicht, um doch genug im Nachhinein rauszuarbeiten.


    Kembles Kaskade finde ich generell nett, auch mit bloßem Auge. Man sieht da die helleren, wenigen Sterne, die die Kaskade als Linie kreuzen (die sieht man sofort). In sehr klaren Nächten bei sehr dunklem Himmel kann man aber auch die Kaskade an sich sehen, auch wenn die Einzelsterne zu lichtschwach sind. Jedenfalls habe ich den Eindruck (kann auch sein, dass der Wunsch Vater des Gedanken ist). Mit dem Fernglas aber ist die Sternenkette sehr hübsch.


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Mein Verein: Astronomische Gesellschaft Buchloe e.V.

    Meine Ausrüstung:

    Teleskope: 22" (560 mm)  f/3.5 Dobson (Martini / Oldham Optical)  –  Omegon Ritchey-Chretien Pro RC 203/1624; Montierung: iOptron CEM40G  –  Ferngläser (8 x 42, 20 x 60)

    Kamera: Canon EOS 6D Mark II (Vollformat, unmodifiziert); Kameraobjektiv: meist Canon EF-200 mm f/2.8 Teleobjektiv

  • Hallo Christoph,


    Auch von mir ein Dankeschön für den fundierten Artikel. Als (Wieder-)Anfänger schaue ich mir gern dramatische Nebelaufnahmen an; Einsichten wie von Dir erinnern mich dann aber auch wieder, wie vielseitig die Astronomie doch ist und dass auch Sternhaufen spannende Objekte sind.


    CS, Boris

  • Hallo Christoph,


    das ist wieder ein sehr interessanter Beitrag ! Die helleren Objekte wie NGC 1501, 1502 oder 1569 schätze ich visuell sehr, aber hier ...

    Hat zufällig schonmal jemand hier Czernik 17 beobachtet? (z. B. BenN NormanG Robin mikel_at_night ...)

    ... muss ich passen.


    Ich hätt dafür noch folgende Anregung, denn neben dem von dir vorgestellten roten UV Cam gibt es in der Gegend noch einen richtigen "Blutstropfen", U Cam - ich hab dein Bild genommen und ihn noch mit gekennzeichnet:



    Er war im Tirion noch eingezeichnet, in der Uranometria oder dem Deep Sky Atlas aber nicht mehr. Ein Veränderlicher so um 7-9 mag, nach der alten Klassifizierung Spektraltyp N5 - also gscheit rot.


    Servus

    Ben

  • Servus Jens, Boris und Ben,


    danke für eure Rückmeldungen!


    Als (Wieder-)Anfänger schaue ich mir gern dramatische Nebelaufnahmen an; Einsichten wie von Dir erinnern mich dann aber auch wieder, wie vielseitig die Astronomie doch ist und dass auch Sternhaufen spannende Objekte sind.

    Allerdings, Boris, ganz deiner Meinung. Die Vielfalt im Universum ist riesig. Dramatische Nebelaufnahmen haben natürlich was, aber mich persönlich reizen sie nicht so sehr. Ich liebe dafür die Details umso mehr, also von Nebeln Detailaufnahmen, auf denen man dann wieder interessante Strukturen sieht – oder eben Planetarische Nebel und ihre Feinheiten, Galaxien, Sternhaufen. Vielleicht liegt das daran, dass ich neben der Astronomie sehr viel mikroskopiere und da auch versteckte Details rauskitzeln will. Widefieldaufnahmen suche ich dann meist auch nach Details ab, selbst nach kleinen Galaxien, die versteckt sind. So wird jeder auf seine Art und Weise glücklich bei der Hobbyastronomie. :)


    das ist wieder ein sehr interessanter Beitrag ! Die helleren Objekte wie NGC 1501, 1502 oder 1569 schätze ich visuell sehr, aber hier ...

    ... muss ich passen.

    Sehr gerne, Ben. Dass du NGC 1501, 1502 und 1569 schon angeschaut hast, dachte ich mir natürlich bzw. wusste es bei NGC 1502 ja auch schon. Ich hätte dir aber glatt auch die faint fuzzies des Czernik-Katalogs zugetraut. ;) Es gibt halt sooo viele Objekte und die hellen lenken einen immer so ab ;)


    Ich hätt dafür noch folgende Anregung, denn neben dem von dir vorgestellten roten UV Cam gibt es in der Gegend noch einen richtigen "Blutstropfen", U Cam - ich hab dein Bild genommen und ihn noch mit gekennzeichnet:


    [...]


    Er war im Tirion noch eingezeichnet, in der Uranometria oder dem Deep Sky Atlas aber nicht mehr. Ein Veränderlicher so um 7-9 mag, nach der alten Klassifizierung Spektraltyp N5 - also gscheit rot.

    Stimmt, U Cam ist da ja auch noch. Vielen Dank für die Ergänzung! Diese Blutstropfen haben was, so tief rot... Danke für's Ergänzen und Einzeichnen.


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Mein Verein: Astronomische Gesellschaft Buchloe e.V.

    Meine Ausrüstung:

    Teleskope: 22" (560 mm)  f/3.5 Dobson (Martini / Oldham Optical)  –  Omegon Ritchey-Chretien Pro RC 203/1624; Montierung: iOptron CEM40G  –  Ferngläser (8 x 42, 20 x 60)

    Kamera: Canon EOS 6D Mark II (Vollformat, unmodifiziert); Kameraobjektiv: meist Canon EF-200 mm f/2.8 Teleobjektiv

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!