Servus beinand,
ich stelle hier drei wenig bekannte, aber leicht zu beobachtende bzw. zu fotografierende Offene Sternhaufen im Großen Hund vor. Der Beitrag richtet sich also vor allem (aber nicht nur) an diejenigen, die sich auch Offene Sternhaufen ansehen. Da es ein Bericht über die drei Haufen ist und kein reines Fotovorzeigen, habe ich es hier in die Kategorie "Beobachterforum" gestellt. Der Beitrag kann aber gerne auch woanders hinein kommen. Für Beobachter soll er zur Anregung dienen, sich diese Objekte gerne mal selber anzusehen.
Wikipedia gibt für das Sternbild Großer Hund an: „Im Großen Hund befinden sich vier offene Sternhaufen und ein Gasnebel.“ Was, nur vier Offene Sternhaufen und nur ein Gasnebel, obwohl die Milchstraße durch das Sternbild zieht? Die Aussage mit den vier Offenen Sternhaufen ist natürlich Unsinn. Gemeint sind vermutlich „vier auffallend helle“. Ich werde die Aussage bei Gelegenheit in Wikipedia überarbeiten.
M 41 zieht im Großen Hund natürlich sofort alle Blicke auf sich, ein so großer und heller Haufen unterhalb von Sirius. Am 15.11.2020 habe ich deshalb eine Übersichtsaufnahme gemacht, um mit meinem 200 mm-Teleobjektiv M 41 einzufangen. 6 Minuten 24 Sekunden waren ausreichend. Sirius ist außerhalb des Bildes, aber er scheint noch etwas hinein. M 41 ist etwas „unrund“ und sternenreich:
15.11.2020, 02:44–02:55 Uhr MEZ, 96 x 4 Sekunden, 200 mm Tele-Objektiv auf Omegon Mini-Track LX3
Auf dem Bild ist mir aber bereits aufgefallen, dass da weitere Sternhaufen zu finden sind. Östlich von M 41 finden sich die wenig bekannten Tombaugh 1, Tombaugh 2 und Ruprecht 10. Tombaugh 1 ist mit 10‘ Durchmesser relativ groß und seine Sterne beginnen bei 14 mag (hellere sind Vordergrundsterne):
Das Foto ist durch das Runterrechnen etwas unscharf geworden – ich hoffe, man kann den Text trotzdem lesen. Der große Haufen ist immer noch M 41, links von recht snach links sind Tombaugh 1, Tombaugh 2 und Ruprecht 10 markiert.
Natürlich habe ich auch ein bisserl über die drei Haufen recherchiert… Spannend ist bereits ihre Lage. Sie befinden sich nördlich von der erst 2033 entdeckten, uns am nächsten gelegenen „Canis Major-Zwerggalaxie“. Diese befindet sich in nur ca. 25000 Lichtjahren Entfernung von uns in Blickrichtung weg vom galaktischen Zentrum, aber innerhalb der Milchstraße selbst. Erst war unklar, ob es sich um eine atpyische, große Sternverdichtung unserer Milchstraße handelt oder um eine Galaxie, die gerade durch unsere Milchstraße durchfliegt. Hierbei hat sich letzteres als wahrscheinlicher herausgestellt. Tombaugh 1 wurde zwischendurch als Teil dieser Galaxie diskutiert, Tombaugh 2 scheint wirklich von ihr zu stammen (bzw. ein Teil des Haufens), während Ruprecht 10 nicht mit der Zwerggalaxie zusammenhängt.
Tombaugh 1:
Es gibt hier eine recht aktuelle Studie aus dem Jahr 2015:
Sales Silva J.V. et al. (2015): Properties oft he Open Cluster Tombaugh 1 from high-resolution spectroscopy and uvby CaH β photometry. The Astronomical Journal 151:6 (21pp). doi: 10.3847/0004-6256/151/1/6
Tombaugh 1 befindet sich demnach ca. 1000 bis 1300 Lichtjahre unterhalb der galaktischen Scheibe der Milchstraße, ist zwischen 6500 und 9800 Lichtjahren von uns entfernt und mit 950 Millionen Jahren schon etwas älter. Früher ging man davon aus, dass mit XZ CMa ein Cepheid im Haufen enthalten sei. Dies hat sich aber nach Sales Silva et al. (2015) als inkorrekt herausgestellt. ZX CMa gehört nicht zum Haufen, weshalb er nicht für eine Entfernungsbestimmung verwendet werden kann. Der Haufen ist auch gerötet und durch interstellares Medium bzw. Staubwolken etwas abgeschwächt. Mit der Canis Major-Zwerggalaxie hat Tombaugh 1 nichts zu tun und ist dafür auch recht weit von ihr entfernt bzw. ist uns viel zu nah dafür.
Ich habe Tombaugh 1 am 9.2.2022 mit meinem 8-Zöller fotografiert. Der Mond stand schon hoch am Himmel und war zu etwas 65% ausgeleuchtet, was das Fotografieren erschwerte. Hier das Ergebnis:
9.2.2022, 8" RC (siehe Signatur), 282 x 10 s (20 darks), also 47 Minuten Bleichtungszeit. Gestackt und erste Bearbeitung mit APP, nachbearbeitet mit PS.
Hier nochmal, nur mit einem Kringel um den Sternhaufen und mit einem markierten Stern, auf den ich gleich nochmal eingehen werde:
Auf meinem Foto von Tombaugh 1 erkenne ich einen „dunklen Schlauch“, der sich mitten durch den Haufen zieht. Ich habe ihn mal markiert. Ich vermute, dass hier eine Dunkelwolke den Haufen strukturiert:
Auf dem Foto mit meinem 8-Zöller habe ich neben dem Haufen noch einen extrem roten Stern entdeckt. Auch sowas finde ich spannend. Ich habe nichts über ihn finden können außer der Bezeichnung: IRAS 06582-2038 – das ist natürlich nicht wirklich spannend, sondern nur eine sperrige Katalogbezeichnung. Es ist aber bezeichnend, dass IRAS ein Infrarotkatalog ist. Auch bei 2MASS wurde er katalogisiert. Wikisky nennt nur eine USNOA2-Nummer und schreibt „15 mag“. So tiefrot, wie er ist, verbirgt sich dahinter sicher ein faszinierendes Objekt.
Tombaugh 2:
Auch hier gibt es eine (recht) aktuelle Studie:
Frinchaboy P.M. et al. (2008): Tombaugh 2: the first open cluster with a significant abundance spread or embedded in a cold stellar stream? Mon. Not. R. Astron. Soc. 391, 39–51. doi:10.1111/j.1365-2966.2008.13875.x