Widrigkeiten einer geplanten Beobachtungsnacht angemessen aber auch entschieden begegnen

  • Hallo zusammen,


    Nachdem ich immer über meinen Farbwerfer, einer 17 Euro China Barlow 3x, geschimpft habe und aus diesem Grund meine Mondaufnahmen stets entsättigen mußte, war meine Frau entnervt oder auch einfach nur aufmerksam und hat mir eine neue TS-Barlow 3x unter den diesjährigen Gabentisch gelegt. Eine gute Taktik also, die ich mir merken muß. Der Wert dieser Barlow übersteigt zwar den Wert meines Teleskops, aber ich habe mir ja auch schon ein Baader Hyperion Mark IV Zoom Okular gegönnt.


    Für den 14.01.2022 hat das Wolkenradar für drei Stunden eine Wolkenlücke für meinen Standort prognostiziert. Als Vorbereitung für den ersten Einsatz meiner Super Barlow habe ich über Virtual Moon Beobachtungsobjekte am Terminator für diese Nacht geplant. Erfolgsversprechend waren Aristarchus-Herodotus-Vallis-Schröteri und Gassendi-Rimae-Mersenius. Lange stand auch Kopernikus auf meiner Liste, aber hier wäre der beste Zeitpunkt bereits am 12.01.2022 gewesen, trotzdem habe ich mir vorgenommen einen Versuch zu wagen.


    Nachdem die letzten Wochen viele grauen Tage hatten, war Zeit genug, sich noch einmal einer genauen Justage zu widmen, zumal die letzte Justage schon zwei Jahre zurück liegt und sich mein Auge, beim geraden Einblick in den OAZ, nicht mehr ganz genau in der Mittemarkierung befunden hat obwohl die Kontrolle mit dem Justierlaser keinerlei Auffälligkeiten zeigte. Bei dieser Gelegenheit habe ich dann gleich den China Spiegel gegen den original Bresser Venus Hauptspiegel getauscht. Ich kann nicht sagen warum, aber beim Betrachten der beiden Spiegel machte der Orginal Bresser Hauptspiegel einen wertigeren und auch harmonischeren Eindruck, wahrscheinlich Einbildung, aber warum nicht mal eine neue Erfahrung machen, wenn der Spiegel schon vorhanden ist.


    Für die Beobachtungsnacht am 14.01.2022 war ich also bestens vorbereitet und dann zog pünktlich um 18:00 Uhr, wie häufig in meiner Gegend, Hochnebel auf. Also habe ich nochmals die eingangs erwähnte Taktik mit dem Schimpfen angewandt, aber gegen Hochnebel war auch meine Frau machtlos. Deswegen habe ich mich entschlossen ca. 15 Kilometer aus meinem Kessel raus aufs Land zu fahren und wurde dafür mit einem wolken und nebellosen, klaren Nachthimmel belohnt.


    Tiefgefroren und mit zwei leeren Smartphone Akkus, dafür aber mit 40 Videos, im Gepäck habe ich nach zwei Stunden die Heimreise angetreten. Um die Möglichkeit eines Mondmosaiks als Option zu haben, nehme ich immer noch ohne Barlow auf und versuche alle Regionen zu erwischen.


    Bevor ich nun die Ergebnisse zeige, hier noch kurz ein paar Hinweise zur Entstehung der Aufnahmen. Meine Aufnahmen sind “Handgestreichelt” sowohl während der Aufnahme als auch bei der nachfolgenden Bearbeitung. Nachdem es bei AsiCap@Android keine Pausenfunktion gibt, lasse ich die Aufnahme so ca. 20 sec laufen und beende die Aufnahme, bervor das Objekt aus dem Sichtfeld wandert, um dann ein neues Video in der gleichen Weise aufzunehmen. Dann füge ich die Videos mit AviDemux zu längeren Videos zusammen und zentriere und debayer (GRBG) die Videos im Anschluss mit PIPP. Als nächster Schritt wird das Video über Giotto in Einzelbilder zerlegt, was, je nach Länge und brauchbarem Material, so ungefähr 200 bis 500 Einzelbilder ergibt. Diese Einzelbilder sichte ich mit großer Bildvorschau in einem Ordner und sortiere schlechte Aufnahmen aus, bevor ich die Einzelbilder aus dem Verzeichnis mit AS3 stacke. Als Basis für die Weiterverarbeitung unter Gimp benutze ich die geschärften “conv” Bilder von AS3. Nachdem Registax schnell zuviel schärft und die Ergebnisse der Schärfefunktion von GIMP meist ausreichend sind, verzichte ich auf Registax und andere Programme. Ein wenig spiele ich noch mit den Farbwerten, Helligkeit und Kontrast und versuche evtl. eine Verbesserung durch einen Hochpassfilter.


    Von den o.g. 40 Videos schrumpft die brauchbare Ausbeute dann auf 5 bis 10 Bilder. Das Histogram der Bilder schaut sehr ausgewogen aus weshalb ich Bilder weitgehend im Urzustand belassen und nicht zu einem Graustufenbild entsättigen habe.


    Mein Fazit dieser Nacht:

    Ein kleines Torpedo braucht optimale Bedingungen um sich zu entfalten, nichts tuned eine Teleskop mehr als ein Hügel unter dunklem Landhimmel. Die ersten Mondbilder entstanden in meiner Dachfenster Sternwarte, das war ohne Barlow ganz brauchbar aber bereits bei einer 2fach Barlow ging das Gewabbere los. Eine deutliche Verbesserung war dann die Verlegung des Beobachtungsortes auf die heimische Terasse, aber eine Offenbarung war der Hügel unter einem dunklen Landhimmel.


    Teleskop: Bresser Venus 76/700 (Tchibo Torpedo)

    Zwischenlinse: TS-Barlow 3x

    Kamera: Zwo Asi 120 MC

    Aufnahmesoftware: AsiCap@Android

    Aufnahmeformat: 1280 x 960 AVI

    Aufnahmedatum: 14.01.2022, ab 19:00:00

    Ausrüstung: DIY Mini-Dobson auf DIY Polhöhenwiege auf DIY Stativ

    Umgebung: Hügel unter dunklem Landhimmel


    Aristarchus, Herodotus und Vallis-Schröteri

    astrotreff.de/index.php?attachment/16765/


    Gassendi, Mersenius und Rimae

    astrotreff.de/index.php?attachment/16768/


    Auch wenn zwei Tage zu spät für eine optimale Aufnahme, hier noch Kopernikus

    astrotreff.de/index.php?attachment/16767/


    Das obligatorische Mondmosaik bastle ich gerade zusammen.


    Grüße


    Peter

  • Hallo Peter ...

    wie ich " sehe " bist Du auf dem richtigen Weg.

    Auf Details der " Aus und Aufbereitung " gehe ich hier nicht ein.

    Was ich meine ist ...


    - Du bleibst am Ball

    - Du fährst in's kalte " outer rim " :)

    - Du probierst aus

    - Du lernst

    ... Du hast Erfolg.

    Nur so geht es !

    Toll ... nicht nur die Fotos :thumbup:

    Gruss

    Marco

  • Hallo Peter,


    nicht schlecht die Bilder. Warum machst Du das stacking nicht mit Austostakkert?


    CS

    Frank

  • Moin Peter,

    Ich , das heißt -jetzt meine Tochter .. hat noch diesen tollen Newton und ich muss sagen daß diese Torpedos klasse Bilder - so wie Deine machen . Diese Newtons machen Spaß und sind völlig unkompliziert. Mega !!!

    Grüße und cs

    Markus

  • Du bleibst am Ball

    Hallo Marco, ich drück mich nur erfolgreich vor Deepsky, außerdem wollte ich jetzt etwas planmäßiger vorgehen und mich auf erfolgsversprechende Objekte konzentrieren. Ich plane meine Beobachtungsnächte mit Stellarium und Virtual Moon, schau auf den Wolkenradar und was an diesem Tag
    in der Nähe des Terminators ist. Außerdem kann ich jetzt, nach Exkursion mit der 10 Euro PC Kamera endlich wieder meine ZwoAsi 120 MC benutzen.

    Warum machst Du das stacking nicht mit Austostakkert?

    Hallo Frank, wie geschrieben führe ich händisch nach, in der Praxis laufen die Objekte auch bei meinem zarten Händchen trotzdem aus dem Bild.
    Zuerst probiere ich natürlich aus Faulheit auch meine zusammengeklebten Videos mit AS3 zu stacken, das kann zu folgenden Effekten führen.

    astrotreff.de/index.php?attachment/16783/


    astrotreff.de/index.php?attachment/16782/

    dann ist eben Handarbeit, wie oben beschrieben angesagt.

    Diese Newtons machen Spaß und sind völlig unkompliziert

    Hallo Markus, ja das machen sie, immer wenn ich denke meine Reise mit dem Tchibo geht jetzt aber endgültig zu Ende und ich kauf mir jetzt ein Teleskop für Erwachsene, hat das Tchibo die Meßlatte schon hoch gehängt. Aber es hilft mir auch, eine Vorstellung darüber zu gewinnen, wie meine Wunschausrüstung aussehen soll.


    und ich muss sagen daß diese Torpedos klasse Bilder..... (ergänzt) machen.

    Her damit, gerne würde ich auch mal Bilder mit kleinen Optiken sehen. Ich habe mir schon mal gedacht einen Threat mit dem Thema "Zeigt her eure Bilder mit kleinen Optiken und Kaufhausteleskopen" aufzumachen.


    Grüße


    Peter

  • Hallo Peter,

    ein toller Bericht und prima Bilder! Das mit dem Schimpfen kennt meine Frau auch - ich tendiere manchmal zusätzlich noch zum HB-Männchen-Shuffle! :saint:


    Weiter so, irgendwann wird Dich auch das Deepsky-Fieber packen - da bin ich mir ganz sicher!


    Viel Erfolg & CS,

    Jochen

  • Hallo Peter,


    Vielen Dank für diesen wieder einmal sehr gelungenen Beitrag. Deine Beschreibungen, Erklärungen und Bilder holen mich immer wieder echt ab.


    Ich empfinde deine Vorgehensweise erfrischend anders. Mit den gegebenen Mitteln das Maximale zu erreichen anstatt mit maximalen Mitteln ein adäquates Ergebnis zu erzielen, ist aus meiner Sicht ein Ansatz, der gern gebietsübergreifend verfolgt werden dürfte😉


    Ich freue mich auf weiteres Material aus dem Tchibo Torpedo😅


    CS

    Marco

  • Hallo Peter,


    spannender Bericht! Kann es gut nachvollziehen, da ich auch manchmal mit kleinem Instrumentarium unterwegs bin.


    Zur Verwendung von Autostakkert möchte ich darauf hinweisen, dass ich die Erfahrung gemacht habe, dass jeder AP einem definiertem Detail zugeordnet sein muss. Mit Detail meine ich einen kleinen Krater, Bergspitzen, Rillen usw.

    Wird ein AP in eine strukturlose Fläche gesetzt, kann es zu den hier gezeigten Erscheinungen führen, dass größere verwaschene Flecken im gestackten Bild vorkommen.

    Die AP solten auch in jedem Einzelbild enthalten sein, worauf bei der ungleichmäßigen Nachführung geachtet werden muss.

    Kann ein AP auf einigen Bildern nicht zugeordnet werden, kann es auch zu doppelten Details führen.

    Ich selbst nutze AS2, wie sich AS3 hier verhält kann ich nicht sagen, wahrscheinlich aber gleich.


    Viele Grüße,


    Micha

  • Danke für euren Zuspruch, bin schon wieder zwei Zentimeter größer und paß durch keine Tür.

    irgendwann wird Dich auch das Deepsky-Fieber packen

    Hallo Jochen, hat es schon, hatte gestern meine erste frustrierende Deepsky Nacht, ich heule mich demnächst hier aus. Eigentlich will ich die Sache ja angehen wie ich meine Planetenaufnahmen angegangen bin. Zuerst viel lesen und viel Theorie um dann zu erfahren, Praxis ist der beste Lehrmeister.

    Deswegen gehe ich derzeit auch frei von jeder Erwartung auf die Terasse und erwarte nix, aber daß es dann absolut gar nix wird, erschüttert mein Selbstvertrauen. Vielleicht sollte man die Zielgruppe von Stellina und dem eVscope noch auf DS-Daus wie mich erweitern.

    wieder einmal sehr gelungenen Beitrag

    Hallo Marco, danke für deine Antwort. Nachdem ich bei meinen Deepsky Bemühungen derezeit noch kläglich scheitere brauch ich dann wieder das Forum um mich und meine Moral für die neuen Herausforderung hinsichlich DS aufzubauen.


    Kann ein AP auf einigen Bildern nicht zugeordnet werden, kann es auch zu doppelten Details führen

    Hallo Micha, habe gestern mehrere Versuche mit dem Video gemacht und den Anchor Punkt unter AS3, auf ein relativ mittiges Objekt, dann genau auf die Mitte und auch noch um das Zentrum herum probiert, das Ergebniss war immer das gleiche. Deshalb wende ich in solchen Fällen dann meine Zerlegung in Einzelbilder an, denn AS3 kann auch Einzelbilder in einem Verzeichnis stacken.


    Grüße


    Peter

  • hatte gestern meine erste frustrierende Deepsky Nacht, ich heule mich demnächst hier aus.

    Moin Peter,

    lass Dich nur nicht entmutigen - das wird schon. Auch ohne Stellina und eVscope! :)

    Bin auf Deinen Bericht gespannt - evt. erfahren wir ja, woran es gescheitert ist und können mit ein paar Tipps aushelfen!


    Viele Grüße, Jochen

  • Hallo Peter,


    es liest sich für mich so, dass du nur einen Anker Punkt setzt. Dann kann natürlich nichts Vernünftiges rauskommen. Es müssen viele Punkte auf die Fläche verteilt sein! Ich habe auch schon erfolgreich ein Video gestackt, dass ich freihändig mit dem Smartphone am Okular aufgenomen habe.

    Vielleicht kannst du das Video auch mal zum Download bereitstellen?


    Viele Grüße,

    M

  • ... -1- Praxis ist der beste Lehrmeister.


    ... - 2 - gehe ich derzeit auch frei von jeder Erwartung auf die Terasse und erwarte nix, aber daß es dann absolut gar nix wird, erschüttert mein Selbstvertrauen....

    Hallo Peter ...

    - 1 - ... exakt so schaut es aus , also am " Ball " bleiben !

    - 2 - ... auch wird ein " es lernen wollen " aus Zitat 1 dann zum Erfolg führen, keine Frage.


    Ich hatte wohl schon mal irgendwo geschrieben, Astrofotos anfertigen zu wollen ist ( " auch " ) eine Sache, Erfahrung eigener Leidensfähigkeit bzw. immer wieder den inneren Schweinehund zu besiegen ;)


    Gruss

    Marco

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