Hallo zusammen,
am letzten Donnerstag hatte ich endlich mal wieder klaren Himmel und konnte über 3 Stunden lang am Stück visuell beobachten. Sowas hatte ich vorher monatelang nicht erlebt. Bei meinen seltenen und kurzen Beobachtungsaktionen im Sommer hatte sich das kaum gelohnt. An dem Abend fuhr ich auf einen 860 m hohen Hügel, der den Vorteil hatte, aus dem Nebel herauszuragen, der sich im Laufe der Nacht bildete. Bei der Rückfahrt gegen 23:30 war es oben 7°C warm und unten im Tal (etwa 200 m tiefer) neblig bei 3°C. Der Platz neben einem Zufahrtsweg zu einer aktuell nicht genutzten Skihütte hat den Vorteil, dass er gut erreichbar ist, aber normalerweise auch nicht häufig frequentiert wird. Sollte man denken...
Hatte den 20" Dobson dabei, um einige OdM nachzuholen und beobachtete einiges, wovon ich in letzter Zeit gelesen hatte oder was mir zufällig auf Sternkarten auffiel.
Gegen Ende der Abenddämmerng beobachtete ich zuerst den Kometen C/2017K2 (PanSTARRS), der noch über ein Jahr vom Perihel entfernt ist aber sich schon recht ordentlich entwickelt hat. Aber ist ja kein Deep Sky.
Weiter ging es mit dem Objekt des Monats 09/2021, dem Blinkenden Planetarischen Nebel NGC 6826. Beschreibung und Skizze siehe dort.
Auf Cartes du Ciel fiel mir ganz in der Nähe von NGC 6826 ein Galaxienpaar auf, zu dem ich ein bisschen recherchierte:
3C402 (bestehend aus den Galaxien UGC 11465 und PGC 63534)
UGC 11465 (Cygnus, 13.1 mag, 1.3' x 1.3', Typ E-S0, 7185 km/s Fluchtgeschwindigkeit)
PGC 63534 (Cygnus, 13.8 mag, 0.8' x 0.7', 7603 km/s)
Bei den Helligkeiten wundert es mich, dass es diese beiden Galaxien nicht in den NGC-Katalog geschafft haben.
Sie befinden sich wenige Bogenminuten nördlich des Doppelsterns 16 Cyg, ein halbes Grad westlich von NGC 6826 und damit recht nah an der Milchstraßenebene in etwa 340 Millionen Lichtjahren Entfernung. Im 20“ Dobson bei 256x Vergrößerung haben beide Galaxien eine ähnliche Struktur mit einem stellaren Zentralbereich und einem runden diffusen Halo. Der Name 3C402 deutet darauf hin, dass es sich um eine Radioquelle handelt. Tatsächlich sieht das Galaxienpaar im Radiowellenlängenbereich sehr interessant aus, siehe Abbildung in diesem Link:
Und hier meine Skizze:
Simeis 57
Ebenso im Sternbild Schwan befindet sich der Emissionsnebel Simeis 57, bestehend aus den Komponenten DWB 111 und DWB 119. DWB steht fürDickel-Wendker-Bieritz. Die Autoren haben einen Katalog von HII-Regionen in der Cygnus X Region bei gamma Cygni erstellt. Aufgrund seiner Form wird Simeis 57 auch als Propellernebel oder Gartensprinklernebel bezeichnet.
Dieser Emissionsnebel befindet sich etwa 4° nordwestlich von gamma Cyg und wird wegen seiner Form auch als Propeller-Nebel oder Gartensprinkler-Nebel bezeichnet. Im 20“ Dobson bei 128x Vergrößerung und H-beta Filter konnte ich diesen Namen gut nachvollziehen. Der nördliche Teil (DWB 119) erschien etwas heller als der südliche Teil (DWB 111). Ich sah zwei diffuse, aber deutliche längliche schmale Nebelschleier, die zur Mitte hin etwas gebogen aussahen und in der Mitte unterbrochen waren. Südlich der Mitte und wenige Bogenminuten westlich eines auffälligen Dreiecks aus 8 mag Sternen sah ich einen weiteren, aber schwächeren kleinen gebogenen Nebelfetzen.
Dann folgte NGC 6888, das Objekt des Monats 07/2021 (endlich nachgeholt ), Beschreibung und Skizze siehe dort.
Als ich gerade mit dem Zeichnen von NGC 6888 fertig war, hörte ich einen LKW den Weg entlang fahren und sah aus dem Augenwinkel irgendwo ein helles Licht. Mist, der bog dann direkt ein und fuhr auf mich zu... Ich drehte mich also weg und schloss meine Augen, um die Dunkeladaption nicht zu beeinträchtigen. Langsam quälte er sich den Weg entlang an mir vorbei. Zum Glück habe ich das Teleskop ein Stück neben dem Weg aufgebaut. Beobachtete also weiter. Irgendwas haben die dann drüben an der Skihütte gemacht und fuhren später wieder zurück. Also musste ich die Prozedur wiederholen. Nur diesmal machte der Fahrer das Fenster herunter und fragte, was ich da denn mache. Ich erklärte, dass ich den Sternenhimmel mit meinem Teleskop beobachte und deswegen meine Augen zumache und mich wegdrehe, weil ich nicht geblendet werden möchte. "Ach das kommt dann schon wieder", antwortete er und fuhr zum Glück weg... Ich war froh, dass die dann weg waren und hatte noch ein paar Schimpfwörter hinterhergemurmelt...
Also konnte es weitergehen. Im letzten Astronomie-Magazin war ein interessanter Artikel von Anne Keller über einige Objekte in den Sternbildern Pisces und Cetus. Darunter einige, die ich noch nie beobachtet habe.
Auf dem Weg dahin kam ich beim Ausrichten des Teleskops an Mirach vorbei. Also war es Zeit, mal wieder Mirachs Geist anzuschauen:
NGC 404 (And, 10.3 mag, 4,3' x 3.9', Typ E-S0, -52 km/s bewegt sich auf uns zu)
Die Galaxie ist ja mit nur 10 Millionen Lichtjahren Entfernung ganz schön nah bei uns.
Im 20“ Dobson beobachtete ich sie bei 419x Vergrößerung zunächst zusammen mit Mirach im Gesichtsfeld. Dabei störte Mirach ziemlich die Beobachtung, aber es war interessant, einen derart hellen Stern zusammen mit einer Galaxie zu sehen. Für eine detailliertere Beobachtung positionierte ich Mirach außerhalb des Gesichtsfelds. Ich sah einen stellaren Kern, umgeben von einem helleren inneren Halo und einem schwächeren äußeren Halo.
Doch nun zu den Galaxien aus dem Artikel aus dem Astronomie-Magazin:
Arp 331
Diese Galaxiengruppe bezeichnet man auch als Pisces-Galaxienkette. Sie hat eine Länge von etwa 15 Bogenminuten. Im 20“ Dobson beobachtete ich sie zunächst mit 256x Vergrößerung und anschließend den Bereich um NGC 383 nochmals mit 419x Vergrößerung. Folgende Galaxien habe ich beobachtet: NGC 373, 375, 379, 380, 382, 383, 384, 385, 386, 387, UGC 679 und PGC 197570. NGC 383 ist die größte und hellste dieser Galaxien. Sie hat einen hellen flächigen Zentralbereich, umgeben von einem runden Halo. Die schwache PGC 197570 konnte ich nur bei genauerem Hinsehen bei 419x erkennen.
NGC 100 (Psc, 13.3 mag, 5.7' x 0.6', Sc, 838 km/s)
Eine Superthin-Galaxie, lang, schmal und in Kantenlage.
Im 20“ Dobson bei 256x Vergrößerung sah ich einen „Strich in der Landschaft“ mit recht geringer Flächenhelligkeit. In der Mitte heller, zu den Ränder hin schwächer werdend.
Es folgte das aktuelle Objekt des Monats November 2021, das Galaxienpaar NGC 7332 und 7339. Beschreibung und Skizze im dortigen Thread.
Anschließend beobachtete ich noch den Komet 29P/Schwassmann-Wachmann, der neulich einen Ausbruch erlitten hatte, und unseren Planeten Uranus. Bei 419x Vergrößerung waren die 4 Monde Titania, Ariel, Umbriel und Oberon einfach zu sehen, entlang einer Reihe neben Uranus.
Das war meine produktivste Beobachtungs-Session seit langem. Aber trotzdem Zeit heimzufahren und schlafenzugehen.
Clear skies
Robin