Alte Montierung (EDIT: Badener Montierung)

  • Ich hab mich durch ein paar Nachrüstbeiträge im Forum durchgelesen.


    Grundsätzlich gibt es 3 unterschiedliche Möglichkeiten einen Motor an ein Schneckengetriebe zu koppeln.


    a) Direkt über eine Kupplung

    b) Indirekt über Zahnradsatz

    c) Indirekt über Riemenantrieb


    Die Variante c) scheint sehr beliebt zu sein. Gibt es da einen grundsätzlichen Vorteil oder auch Nachteil?

    Spontan hätte ich a) gewählt, das scheint aber die am wenigsten gebräuchliche Methode zu sein? (Nachtrag: Ausser bei EQ-Platformen)


    CS Konrad

  • Hi Konrad,

    bei Direktanschluss muss der Motor elektronisch auf die richtige Drehzahl eingestellt werden koennen. Wenn Du also einen guenstigen Steuerungssatz wie den von mir Erwaehnten verwendest, wuerde das nicht hinhauen, weil der Motor zu langsam dreht - er ist halt fuer 144 Zaehne ausgelegt, nicht fuer 180. Wenn Du in der Lage bist, Dir selber eine Schrittmotorsteuerung zu bauen (ich bin dazu ausserstande und nehme deswegen eine kaeufliche Loesung), dann hat der Direktanschluss den Vorteil, dass die Verzahnungsfehler eines Vorgeleges nicht die Laufruhe beeinflussen koennen.


    Mit zwei Zahnraedern arbeiten die meisten Montierungen. Hier ist der Vorteil, dass durch Variation der Zaehnezahl eine existierende Steuerung auch andere Schneckenraeder mit unterschiedlicher Zaehnezahl betreiben kann. Die Zahnraeder sollten eine gute Qualitaet besitzen und passgenau auf den Wellen fluchten, damit sie keine periodischen Fehler machen, die die Nachfuehrgeschwindigkeit negativ beeinflussen.

    Der Riementrieb ist analog zu den zwei Zahnraedern, nur dass die beiden Riemenzahnraeder (die eine andere Form als normale Zahnraeder haben) ueber den Zahnriemen miteinander wechselwirken. Im Unterschied zu den zwei Zahnraedern aendert sich hier die Drehrichtung nicht. Riementrieben wird eine hoehere Laufruhe nachgesagt, da nicht nur die wenigen aktuell kontaktierenden Flanken zweier Zahnraeder die Drehgeschwindigkeit definieren, sondern das Mittel aus allen Zaehnen, die gerade Kontakt zum Zahnriemen haben. Das ist etwa die Haelfte aller Zahne auf jedem Rad. Ein lokaler Verzahnungsfehler oder andere Fehlstellen (Beschaedigung eines Zahnes oder Dreck im Getriebe) werden so herausgemittelt, was eine hoehere Laufruhe mit sich bringt. Gerade Autoguider kommen besser mit einer sich langsam aendernden Nachfuehrgeschwindigkeit klar, als mit einer Nachfuehrung, die sporadisch "springt". Die alte EQ6 (heute nicht mehr im Handel - schwarz, hiess zuletzt EQ6 classic und hatte nur eine 16x-Zweiachssteuerung) war notorisch fuer eine springende und unruhige Nachfuehrung. Das Vorgelege war aus Plastik und ungeeignet. Hier hat Sky-Watcher spaeter mit der EQ6 pro signifikant nachgebessert. Die neuere EQ6R vom gleichen Hersteller hat einen Zahnriementrieb.


    Es gibt noch eine vierte Antriebsoption: Den getriebelosen Antrieb, beim dem spezielle Motoren mit einem extrem hohen Dynamikbereich direkt auf der Achse sitzen. Dies ist hauptsaeclich im professionellen Teleskopbau zu finden, da diese Technik sehr teuer ist. Ein Beispiel sind sogenannte Torque-Motoren, wie sie Zeiss Oberkochen in ihren Teleskopen einsetzte (Calar Alto, oder das 2.2m auf La Silla). Vergleichbares gibt es auch fuer kleinere Instrumente, z.B. Astelco hat eine Montierung im Programm, wo sich das Teleskop auf Wunsch extrem schnell verfahren laesst. Die Anwendung macht z.B. beim Satellitentracking Sinn. Fuer den "normalen" Amateurastronomen ist diese Technik jedoch kaum erschwinglich.

  • Hallo Zusammen


    Die Montierung ist jetzt im Haus, grösser als von den Fotos erwartet und extrem massiv gebaut.

    Hab paar Detailfotos gemacht für eventuelle spätere Fragen.


    Feintrieb mit Arretierung


    Drehrad direkt befestigt an der Schneckenwelle und Motor


    Schneckengetriebe mit Motor



    An der Stundenachse ist keine Arretierung zu finden. Wenn man am blauen Knauf dreht, bewegt sich die Stundenachse in beide Richtungen.


    Gibt man etwas Druck von Hand auf die Stundenachse, bewegt sich diese mit etwas Widerstand, während das Schneckenrad steht.


    Es ist also vermutlich eine dieser Rutschkupplungen verbaut.


    Gleich eine Frage zum Motor, der besteht aus 2 Teilen. Der Untere sieht aus, wie ein alter Plattenspieler Motor.

    Von Aussen ist kein Typenschild zu finden, vielleicht ist es auf der Innenseite?

    Ist der weisse Teil eine Art Getriebe?


    CS Konrad

  • Hi Konrad,


    das erste Bild zeigt die Deklinationsfeinverstellung per Tangentialtrieb, und die Schraube rechts ist die Klemmung.

    Das weite Bild zeigt einen manuellen Verstellknauf fuer die Stundenachse (Rektaszension). Der Motor ist per Rutschkupplung daran befestigt, und die kleine Klemmschraube am Knauf stellt sicher, dass der Motor einerseits sicher nachfuehrt, andererseits aber beim manuellen Verstellen durchrutschen kann.

    Das dritte Bild zeigt oben eine silberne, geschlitzte Buchse, die am Schneckenrad anliegt. Dies ist entweder die Klemmung (wenn der Schlitz durch eine Schraube enger gestellt werden kann), oder eine Rutschkupplung. Im Prinzip ist diese Art Klemmung, wenn nicht fest angedonnert, automatisch eine Rutschkupplung, die ein Grobverstellen in Stunde ermoeglicht.

    Synchronmotore laufen mit Wechselstrom, wobei die Rotationsgeschwindigkeit des Ankers der Stromfrequenz entspricht. In Europa sind das meist 50Hz, die Frequenz der Netzspannung. Das ist natuerlich fuer unserer Belange viel zu schnell. Ein starkes Untersetzungsgetriebe sorgt deswegen dafuer, diese Geschwindigkeit stark zu drosseln und gleichzeitig das Drehmoment des Motors zu erhoehen. Das ist das Getriebe, das Du am Motor siehst. Dann gibt es noch eine Kraftumlenkung um 90 Grad (entweder ein kleines Schneckengetriebe oder Kegelraeder) zur Schnecke.

  • Das mit der Kleinen Schraube am blauen Griff leuchtet mir mechanisch noch nicht ein, muss das genauer anschauen.


    Hier noch ein Detail von der Klemmung der Rektaszension.

    Der äussere, einfach geschlitzte Flansch ist mit drei Schrauben am sich drehenden Teil befestigt und mit einer Schraube über den Schlitz geklemmt.

    Der innere Flansch hat 4 Schlitze und dreht sich auch mit, ohne zu verrutschen.

    Wenn ich die Position von Hand verstelle, dreht sich alles mit bis auf das grosse Messing Zahnrad.


    CS Konrad

  • Das sieht mir dann sehr nach Rutschkupplung aus. Saubere Sache und Glueckwunsch zu so einer schoenen Montierung!


    PS: Der Schlitz unten duerfte eine tangentiale Schraube haben, die von der Seite sichbar sein sollte. Damit kannst Du die Reibung der Rutschkupplung einstellen.


    Der Aufbau ist vergleichbar mit Werkzeughaltern z.B. fuer Fraesmaschinen, wo auch geschlitzte Huelsen als Federn eingesetzt werden. Die Zentriergenauigkeit ist recht hoch. Vielleicht weiss hier ja jemand, wie die Teile auf deutsch heissen. Im Englischen heissen die "Collet" bzw. "Collet Spring". BEOLINGUS saecht: Klemmbuchse, Spannzange, Fraeserhuelse.

  • Schwer zu sagen. Die Leistungsaufnahme von diesen Synchronmotoren ist sehr klein, typischerweise unter 10 Watt. Aber der Trafo muss Wechselstrom liefern, und Du musst Dir bei der Spannung sicher sein.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!