Die Nacht vom 2 auf den 3. August 2021: Novae, Sternhaufen und Wolken

  • Servus beinand,


    nachdem ich jetzt mit den Nachbearbeitungen der Fotos erstmal fertig bin, möchte ich von meiner letzten Beobachtungsnacht berichten. Nacht ist wohl übertrieben, denn es kamen rasch Wolken auf, aber man konnte doch ein bisserl was sehen.


    Da Meteoblue schon sagte, dass es zuziehen wird, habe ich mein Teleskop daheim gelassen und "nur" Fernglas, Montierung, Kamera, Teleobjektiv, Laptop, Beistelltisch und bequemen Gartenstuhl mitgenommen. Wenn man schon so eine Montierung hat, dann kann man sie ja auch für die Kamera nutzen. Bisher hatte ich ja mir der Omegon Mini Track LX3 gearbeitet, da ist die iOptron CEM40G im Vergleich mehr als überproportioniert. Zum Glück ist meine Kamera plus Objektiv und doppeltem Akkufach schwer genug, dass mit meinem 5kg-Gewicht das auszutarieren ist (hatte da schon Sorge, ich bräuchte ein 2,5 kg-Teil, aber der Hebelarm ist kurz genug).


    Ich hatte ja schon von meinen ersten Problemen berichtet, die ich hatte (als Einsteiger). Jetzt fluppt es besser. Da ich bisher nur visuell mit dem Teleskop tätig war, habe ich den Autoguider noch nicht getestet. Das geht auch (als Test) mit der Kamera, dachte ich... Also alles aufgebaut, Kamera per Adapterschiene montiert, alles gewichtstechnisch austariert, dann Montierung eingenordet... Das geht schon schneller und recht mühelos. Es braucht halt seine Zeit. Zum Glück gaben die Wolken Polaris rechtzeitig frei, dass ich kurz vor zwölf loslegen konnte/wollte. Also PHP2 gestartet (Voreinstellungen und Programm Kennenlernen hatte ich als Trockenübung am PC gemacht) und hoffnungsvoll gewartet, bis die lapidare Meldung kam, dass die Firmware der Montierung zu alt sei und ein Update nötig sei.


    Na super... Also kein Autoguiding. Macht ja nichts, 200 mm Brennweite schafft die Montierung auch so nachzuführen. Ich wählte 30 Sekunden pro Light, da ich so eine gute Ausleuchtung erhielt - und nicht so viele Satelliten oder Flugzeuge.


    Erst habe ich die Nova Vulpecula 2021 fotografiert (habe ich bereits in einem anders Thread vorgestellt) und dabei noch die Sternhaufen nebenan (NGC 6885 und NGC 6894, wobei letzterer richtig schön ist).

    Während die Kamera vor sich hin werkelte und der Motor summte, nahm ich im Gartenstuhl platz und bewunderte endlich mal wieder den Sternenhimmel. Erstmal Jupiter im Fernglas – drei Monde waren zu erkennen, weil sich zwei zu nahe standen, um getrennt zu werden, Jupiter als kleines Scheibchen war gut zu sehen (20 x Vergrößerung).

    Der Schütze war von Wolken beeinträchtigt, aber der Rest des Himmels war noch fast frei (bis auf den Westen). Also mal eben den Hantelnebel M27 bewundert und langsam das Auge dunkeladaptiert. Der Motor surrte noch, alles lief gut. Natürlich auch den Coat Hanger – "nur" ein Asterismus, aber ein dermaßen hübscher... und ein kleiner, echter Haufen ist ja auch enthalten. Natürlich auch Sagitta mit dem Kugelsternhaufen, der wie ein offener aussieht – M 71 – angeschaut. Dann rüber zum Cirrusnebel im Schwan. Die Knochenhand mit der Sichel (NGC 6992/6995) bzw. die Sichel selbst war schön und sofort erkennbar, auch bei direktem Sehen. NGC 6979 war bei indirektem Sehen ebenfalls erkennbar (glaube ich jedenfalls - schwer zu sagen, aber ich meinte, da einen gewissen schwachen Nebel erkennen/erahnen zu können, bei direktem Sehen aber nicht). NGC 6960 bei 52 Cygni war wieder nicht zu erkennen (ich hatte es schonmal versucht). Auf Fotos erscheint es sofort, aber visuell per Fernglas habe ich Pech (20 x 70).

    Natürlich schaut man dann auch NGC 6940 an – wissend, dass ich sden Haufen zusammen mit der Nova Vulpecula gerade fotografiere. Dass daneben auch mit NGC 6894 ein schöner Planetarischer Nebel zu finden ist, wusste ich nicht. Den Kringel habe ich erst später auf dem Foto entdeckt. So ergänzt sich das Fotografieren und das Fernglasspechteln. Der PN dürfte mit 0,7 Bogenminuten aber ein bisserl zu klein sein. 12,3 mag sind auch nicht sooo hell. Aber mit dem Teleskop werde ich ihn mal direkt anschauen. Leider war seitdem immer nur bewölkt bzw. Regen und Gewitter.


    Nach einem Meridianflip für die Kamera zogen dann die Wolken immer mehr von Westen auf. Also noch die letzten Minuten für die Nova Cassiopeia 2021 genutzt. Beziehungsweise nutzen wollen... Vielleicht etwas peinlich, aber so kann man plötzlich mehr entdecken... Ich habe nämlich per GoTo M 52 angesteuert, weil dann die Nova passend im Bild ist. Auf dem Kameradisplay habe ich aber nur einen Sternhaufen bei dem ersten Testfoto erkannt. Und das war NGC 7789, der am Bildrand mit drauf war. M 52 war auch nicht mittig, sondern am Bildrand, aber ich hatte gar nicht an NGC 7789 gedacht – ich mag diesen Haufen sehr gerne, aber der ist ja "ganz woanders" – 200 mm hat aber eben doch noch ein recht großes Beobachtungsfeld. Nun, ich habe dann auf NGC 7789 zentriert. Dadurch war dann die Nova aus dem Bild.


    Hier das Testfoto mit Nova, M 52 und NGC 7789:



    Bei diesem Einzelfoto zu 30 Sekunden ist nicht viel zu sehen, es zeigt aber, wie hell die Nova Cas 2021 noch bzw. wieder ist.


    Also habe ich NGC 7789 fotografiert. Leider zog es dann so schnell zu, dass ich nur sehr kurz belichten konnte (in der Galerie ist das Foto größer zu sehen):



    So schön sehe ich ihn nicht mit dem Fernglas, wohl aber später auf meinem Bildschirm daheim. Es ist auch was anderes, das eigene Foto von genau der Nacht anzuschauen, als Bilder von ihm zu googeln und die dann anzuschauen (Diskussion rund um "was ist besser, visuell oder fotografisch beobachten?"). Ich finde, beides hat was, das direkte visuelle Beobachten und das Foto. Und hier war es gleichzeitig: visuell per Fernglas und per Foto später. Im Fernglas erkennt man einen Nebelfleck, der deutlich körnig erscheint, da doch Einzelsterne zu erkennen sind?! Die meisten hellen Sterne sind so 11 mag hell, wenige heller. Die 15.000 Sterne insgesamt machen den Nebelfleck sehr hell (6m7). So hell, dass die Sterne nicht hell rausblinken, sondern alles körnig aussieht. Die Beschreibung ist vielleicht sehr oberflächlich, aber so sah es für mich jedenfalls aus.


    Das Bild ist ein Ausschnitt aus dem Originalfoto. Hier beschriftet mit zwei weiteren Objekten:



    Stock 19 ist zu klein und dicht, um hier als Offener Haufen zu wirken. Und Abell 82 sieht man nur als feine Nebelspur auf dem Tiff - bei nur 11 Minuten Beleichtungszeit ist das schon ein Wunder.


    Was mich aber so richtig geflasht hat: Ich habe auf dem Foto die Zwerggalaxie IC 10 erkennen können. Die habe ich mir auf meine Wunschliste für Fotos per Teleskop gesetzt. Aber mit 11 Minuten Belichtung nur mit Kamera plus Teleobjektiv? Aber zuerst ein Übersichtsbild, was in der Nähe von Caph (beta Cas) noch alles ist:



    Hier IC 10 als Auschnitt (einmal hochgepusht, einmal nicht, aber umkringelt):



    Es ist eine irreguläre Zwerggalaxie, die ein Begleiter des Andromedanebels ist, also quasi die "Kleine Magellansche Wolke von M 31". Ob irgendwelche Aliens im Andromedanebel sich gerade freuen, auf einem Foto unsere Kl. Magellansche Wolke entdeckt zu haben?

    Wie auch immer. Es ist noch mehr zu erahnen/erkennen. Ich muss die Region mal länger belichten. Hier noch ein paar der Objekte größer:


    Da am Bildrand sich befindend, sieht man verzogene Sterne. Eigentlich wollte ich diese Kette von Offenen Haufen zusammen mit M 52 und der Nova Cas 2021 ablichten (und dann nicht am Bildrand, aber dann hätte ich IC 10 wohl nicht gesehen...).


    King 20 ist irgendwie nett, finde ich. O.k., viel macht er nicht her, aber irgendwie hat er was. Ist halt sehr subjektiv. Er ist nur 1900 Lichtjahre entfernt (im Vergleich zu den 8000 Lichtjahren des viel größeren und helleren NGC 7789 ist das schon sehr nah. Das zeigt, wie "putzig und klein" er ist.


    SAI 149 ist gerade noch zu erkennen – einige schwache Einzelsterne. Er ist 2370 Lichtjahre entfernt. Zu FSR 0448 habe ich nichts finden können. Vielleicht sehe ich auch nur Vordergrundsterne und der Haufen selbst ist zu schwach, um erkennbar zu sein (manche der FSR-Objekte sind um die 20. Größenklasse). Die Position passt zumindest. Da wäre er, wenn er erkennbar wäre bzw. da ist er, falls die Sterne dazu gehören.


    Während die Fotos gemacht wurden, habe ich ein bisserl in der Cassiopeia und im Cepheus fernglasgespechtelt (und dafür den Stuhl natürlich gedreht...). Bis dann Wolken allem den garaus machten. Es war auch mal wieder äußerst luftfeucht. Dennoch war es ein Abend zum Genießen. Von kurz vor zwölf bis 20 nach 1 konnte ich beobachten und fotografieren, dann zog es komplett zu. Also alles eingepackt und ab nach Hause.


    Auch kurze Lücken können entzücken...


    Danke, dass ihr virtuell mit dabei wart,

    Liebe Grüße und klare Nächte,

    Christoph

    Mein Verein: Astronomische Gesellschaft Buchloe e.V.

    Meine Ausrüstung:

    Teleskope: 22" (560 mm)  f/3.5 Dobson (Martini / Oldham Optical)  –  Omegon Ritchey-Chretien Pro RC 203/1624; Montierung: iOptron CEM40G  –  Ferngläser (8 x 42, 20 x 60)

    Kamera: Canon EOS 6D Mark II (Vollformat, unmodifiziert); Kameraobjektiv: meist Canon EF-200 mm f/2.8 Teleobjektiv

    Einmal editiert, zuletzt von Lucifugus ()

  • Servus Peter,


    sehr gerne. Und danke für das Lob :saint:


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Mein Verein: Astronomische Gesellschaft Buchloe e.V.

    Meine Ausrüstung:

    Teleskope: 22" (560 mm)  f/3.5 Dobson (Martini / Oldham Optical)  –  Omegon Ritchey-Chretien Pro RC 203/1624; Montierung: iOptron CEM40G  –  Ferngläser (8 x 42, 20 x 60)

    Kamera: Canon EOS 6D Mark II (Vollformat, unmodifiziert); Kameraobjektiv: meist Canon EF-200 mm f/2.8 Teleobjektiv

  • Hallo Christoph!


    Eine tolle Dokumentation - da steckt viel Arbeit drin!

    Gefällt mir sehr gut ! :thumbup: :thumbup: :thumbup:


    Gruß, Jochen

  • Hallo Christoph,


    wieder ein schöner Bericht ! Und deine interessanten Sternfeld-Aufnahmen wecken bei mir wieder Erinnerungen an ein paar eigene Beobachtungen:


    Mit dem 9,5"-Zoll Fünfling letzten November im Graswangtal: "Das Licht der Galaxie IC 10 musste sich erst durch unsere eigene Milchstraße durchwühlen, um stark gedimmt an meinem Okular anzukommen. Mit indirektem Sehen konnte ich mit 100x blickweise ein schwaches Leuchten ausmachen, in einem sehr sternreichen Feld."


    Und mit dem 120mm Refraktor am Alpenrand: "... dem insgesamt 6,6 mag hellen Haufen NGC 7789. Der ist enorm sternreich, und schon bei 29x blitzen einige Einzelsterne wie feinster Puderzucker auf, mit höherer Vergrößerung werden es immer mehr - ein wirklich spektakuläres Objekt ! In der Kette von kleinen Haufen, die gut zwei Grad nordwestlich von Beta Cas liegt - jenseits von WZ Cas, dem sehr reizvollen Farbkontrast-Doppelstern - gefiel mir der längliche NGC 7788 am besten: Auf der einen Seite ein aufgelöstes Sterndreieck, auf der anderen ein unaufgelöster Nebel."


    Servus

    Ben

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