Hallo zusammen,
gestern abend war es Zeit für das Deep-Sky-First Light mit dem Doppelzehner (zum Teleskop selbst siehe hier) - bei solchen Wetteraussichten gibt es auch unter der Woche keine Ausrede! Der Abend war dann zwar eher kurz, aber hat sich gelohnt... der kurze Beobachtungsbericht lautet einfach: phänomenal, gigantisch, bombastisch, unglaublich - ich bin immer noch ganz begeistert...
Ich machte mich um 21 Uhr auf zu meinem Beobachtungsplatz auf der Alb auf 550 m Höhe - das erste Mal mit neuer Ausrüstung draußen ist immer spannend: hab ich alle Utensilien dabei, funktioniert alles? Die Sorgen waren aber unbegründet, der Aufbau im Dunkeln ohne Schwierigkeiten und erfreulicherweise kann auch eine Autofahrt der Justage des Teleskops nichts anhaben - außer Feinkorrektur an den Umlenkspiegeln war keine Justage erforderlich. Schütteltest bestanden!
Dann also der Test an Deep Sky: als erstes Objekt hatte ich mir den Lagunennebel rausgesucht. Das ArgoNavis funktioniert tadellos und ist eine große Hilfe - einen Sucher für Rückwärtsbeobachtung müsste man erst mal konstruieren, und obwohl es reichen würde, ein Auge aufs Übersichtsokular umzustöpseln, ist es mir doch recht, wenn ich nicht das nicht machen muss. Zumal im Vergleich zu früher mit jetzt einem Spiegel mehr im Strahlengang plötzlich alles seitenverkehrt ist, das Starhopping geht nicht mehr wie gewohnt.
Der Lagunennebel steht gleich im Gesichtsfeld und knallt mit den OIII-Filtern richtig rein - sofort sehr auffällig sind die Dunkelstrukturen, die sich sich westlich des Sternhaufens drüberziehen. Überhaupt ist das die Erfahrung des Abends: mit zwei Augen werden bei den Nebeln die dunkleren Stellen sehr plastisch und sofort greifbar - kein mühsames Rumsuchen und Festhalten wie mit einem Auge. Dafür ist mit indirektem beidäugigem Sehen auch nicht mehr so viel extra drin.
Ich stochere mit H-Beta-Filtern noch ein bisschen östlich des Lagunennebels rum, aber da fehlt mir die Geduld, um die Nebelchen rauszuarbeiten. Als zweites weiter zum Schwanennebel - auch hier die Dunkelwolke in der Halsbeuge sehr auffällig und plastisch, die "Heckwelle" wird als großer geschwungener Bogen sichtbar.
Mit weiterhin 6 mm AP und 42facher Vergrößerung geht es zum Nordamerikanebel auf ca. 80° Höhe - da muss ich erst mal den Astrostuhl zur Trittleiter umfunktionieren, was zum Glück problemlos geht. Eigentlich wollte ich dafür noch einen Hocker einpacken, aber den hatte ich doch zu Hause vergessen. Das Navi führt mich direkt nach Mexiko, die OIII-Filter sind noch drin und es leuchtet nur so im Okular. Ein kurzer Test: mit zwei Augen ist Mexiko auch ohne Filter problemlos sichtbar. Mit Filtern wiederum zieht sich ein dunkleres Band vom Golf nach Nordmexiko rein, das hatte ich so noch nie gesehen.
Der Pelikankopf leuchtet hell, Schnabel, Flügel und Füße sind auf der Ostseite als Ausbuchtungen zu erkennen. Der Cygnusbogen komplettiert das Bild, wobei der 10"er hier doch eine Nummer zu groß ist, um einen schönen Gesamteindruck zu liefern.
Danach gibt es zur Abwechslung Planeten - Jupiter und Saturn sind aufgrund des schlechten Seeings bei der niedrigen Höhe eher eine Enttäuschung. Jupiter ist zwar schön symmetrisch gestreift, aber die Cassiniteilung beim Saturn mag sich nicht zeigen. Beidäugig ist es bei den Planeten auch eher mühsam, ich vermute, dass bei schlechtem Seeing die Planetenscheibchen zu sehr gegeneinander wabern. Bei ruhigeren Bedingungen war das deutlich angenehmer. Wie ich feststelle, hat das 9mm Morpheus hat auch ganz schön Farbe, dafür kann man es problemlos gleich als ADC mitnutzen. Ich weiß aber noch nicht, ob ich das gut finden soll.
Nach den Nebeln der Test an Galaxien: M82 steht bei 141fach im Okular und auch hier sind die Dunkelstrukturen sehr präsent - das zentrale Staubband nagt die Galaxie von einer Seite förmlich an, zwei weitere schräge Streifen sind sofort sichtbar. M101 steht eigentlich zu tief, aber auch hier sind die Arme bei 141fach greifbar.
Es geht Richtung Mitternacht und es fehlt als weitere Deep-Sky-Kategorie noch ein Kugelsternhaufen. Also auf zu M13, auch bei 141fach. Erst mal mit nur einem Auge: Einzelsterne vor einem eher nebligen Hintergrund, je nachdem, wohin man blickt, tauchen sie mehr oder weniger auf. Mit zwei Augen verschwindet der neblige Hintergrund plötzlich, M13 wirkt nicht mehr flächig, sondern wirklich wie ein Haufen, und die Sterne sind überall klar zu sehen. Ein Unterschied wie Tag und Nacht.
Mars nehme ich ganz zum Schluss noch mit, um ihn für diese Saison zu begrüßen - die Polkappe blitzt ab und zu auf, aber das war es dann auch.
Beim Abbauen und Zusammenpacken noch eine Idee: könnte doch sein, dass Stativ und Montierung einfach am Stück in den Kofferraum passen - geht tatsächlich! Dann müssen die Newtons zwar beide auf den Rücksitz, aber die Auf- und Abbauzeit sinkt auf zukünftig unter 5 Minuten.
So, ich hoffe, ich habe niemand gelangweilt mit dem dauernden "plastisch, sofort greifbar, steht einfach da" - seht's mir nach. Ein Astrokollege schrieb mir: "einmal Bino, immer Bino", jetzt verstehe ich sehr gut, warum.
Ich hoffe, ihr konntet diesen tollen Abend auch gut nutzen! Ich werde als nächstes das Bino mal an schwachen/grenzwertigen Objekten testen.
Viele Grüße
Holger