Hallo,
angeregt durch Harald's Thread hier
http://www.astrotreff.de/topic.asp?TOPIC_ID=245686
moechte ich auch mal meinen Schaerrefraktor vorstellen. Ich kam zu ihm wie die Jungfrau zum Kind, nachdem auf Facebook ein ziemlich traurig aussehendes Trumm von einem Astroverein angeboten wurde. Erbstueck, zu sperrig zur Nutzung, nimmt Platz weg. Keiner wollte es haben. Ich habe dann zum Glueck einen Sternfreund mit einem dicken Auto gefunden, in den die Hardware so gerade reinpasste, und die Tour ging los. Gegen eine Spende gehoerte das Teil mir, und ich wusste nicht, ob ich eine grosse Menge Schrott oder ein brauchbares Instrument erstanden hatte.
Ich wurde gewarnt, dass die Optik wahrscheinlich nicht gut sei. Sie hat eine interessante Herkunft, stammt sie doch aus dem Periskop eines U-Bootes. Solche Linsen wurden vor Jahrzehnten fuer um die 50 englische Pfund von der Navy verkauft, und sie waren fuer die Beobachtung von einem schaukligen U-Boot bestimmt, also bei geringer Vergroesserung. Dazu ist es ein verkitteter Achromat. Allerdings soll die Linse von Luton Optics, die bis in die 1970er Jahre taetig waren, nachpoliert worden sein. Es bestand also eine Chance, keine Gurke erwischt zu haben. In unserem Planetarium (Wynyard Planetarium, Stockton on Tees, Nordostengland) hatten wir jahrelang einen von Optikgenius David Sinden (Ex-Grubb Parsons, leider 2007 verstorben) nachpolierten "Periskoprefraktor" erfolgreich im Einsatz gehabt.
Der Erstaufbau brachte eine merkwuerdige Linse im Okularauszug zum Vorschein, die die Brennweite auf ca. 4m brachte. Mit 2"-Diagonal kam ich nicht in den Fokus. Ohne die Linse wanderte der Fokus 20cm weiter raus, aber der alte Auszug hat nur 30mm Verstellung!
Ich fand dann auf Ebay ein Auspuffrohr fuer ein Auto (unbenutztes Ersatzteil), rostfreier Stahl, genau die Innen- und Aussendurchmesser, die ich brauchte. Innen habe ich es geschwaerzt (bei einem Gebrauchtteil waere das schon schwarz gewesen), und einen Posauenauszug realisiert. Grobverstellung durch Schieben mit Klemmung, fein dann Zahntrieb 30mm.
In der Zwischenzeit konnte ich den Refraktor visuell testen. Ich war erstaunt, wie gut die Optik war, obwohl ich den 2"-Zenitspiegel in der Luft hielt! Auch stellte sich heraus, dass die Brennweite stolze 5 Meter ist! Vom Farbfehler bei f/25 keine Spur.
Die Montierung ist ein Beispiel, wie man eine Montierung nicht bauen sollte. Der Polblock wird durch zwei Metallplatten mit einer durchgesteckten Schraube gebildet. Oeffnet man das, fallen ca. 50kg Teleskop zu einer Seite. Die "Klemmungen" sind 1/4"-20-Fotogewindemadenschrauben mit Plastikspitze, die auf die 38.1mm-Achsen (1.5 Zoll) druecken. Voellig ineffizient. Nimmt man das Okular raus, bewegt sich das Fernrohr. Komplett umgearbeitet auf Tangentialklemmungen. Die Montierung umfassend versteift. Sie wackelt noch immer, aber laesst sich zumindest benutzen.
Optisch ist das Geraet erste Sahne. Kein Farbfehler zu sehen, super Kontrast am Mond und Doppelsterne bis zu einer Bogensekunde getrennt (52 Ori, zweimal 6mag, easy). Da muss ich nochmal engere Paerchen suchen.
Hier mal ein paar Bilder von dem Geraet wie es jetzt aussieht. Inklusive versteifender Hargreavestrebe, die vom Gegengewicht zum vorderen Tubus fuehrt. Die "kastenfoermigen" Erweiterungen des Rektaszensions- und Deklinationskorpus habe ich selbst angebaut, um die Flexibilitaet des U-Profils, auf dem die Lagerboecke sitzen, zu reduzieren. Die Polhoehe hat zwei M20-Gewindestangen zur Versteifung, die eine Feinverstellung erlauben. Das Instrument sitzt auf einer alten Wasserpumpe - der Fahrer des dicken Autos, der mir geholfen hat, das Fernrohr zu adoptieren, arbeitet bei den Wasserwerken und hat Zugriff auf den Schrottcontainer. Ich machte eine primitive Azimutverstellung (nicht huebsch, aber muss nur einmal gemacht werden, da stationaer). Die Schneckenraeder mit 480 und 360 Zaehnen sind aus einer Aluminiumplatte gefraest. Ich werde sie mit einer Skywatcher-Zweiachssteuerung ausstatten, da ich die Elektronik fuer die originalen Schrittmotoren nicht mehr habe.
Der Sucher ist uebrigens ein TAL 8x50, den ich noch hatte.
Das Geraet wird hauptsaechlich visuell eingesetzt, plus fuer Fotos von Mond und Planeten.