Hallo zusammen,
die Ankunft auf La Palma begann so wie es sich die meisten Urlauber wünschen, Sonnenschein und sommerlich warmes Wetter, so dass meine Frau und ich später, abends im T-Shirt in Santa Cruz nahe am Meer bei Salat und Tapas spanischem Rotwein genießen durften.
Hinter uns lagen einige Überraschungen, nach der Pleite von Germania mussten wir bei Easy-Jet neue Tickets kaufen und zu allem Überfluss litt das Taxi, das uns von einem Ende in Berlin zum Flughafen Schönefeld am anderen Ende bringen sollte an Ölmangel und wir mussten mit Koffern und Taschen in Übergröße auf ein anderes Taxi umsatteln. Dann nach einigen Stunden, beim Anflug auf La Palma zeigte sich östlich Teneriffa mit dem hohen Vulkankegel des Tides, doch während die Maschine sich dem Boden zur Landung näherte versank auch der Tide im Dunst. Mal wieder Calima, eigentlich ein seltenes Wetterphänomen mit heißem Wind und häufig auch Sand aus der Sahara, der uns den warmen Abend bescherte, doch für die Astrogemeinde eher ein Schreckgespenst ist. Nun, wegen der Germania-Insolvenz 'mussten' wir den Urlaub auf zweieinhalb Wochen ausdehnen - es gab keine anderen passenden Flüge - da sollen ein paar Tage dunstiger Himmel doch nicht stören.
Santa Cruz de La Palma am Morgen nach der Ankunft, Blick Richtung Hafen
Auf der Beobachtungsliste ganz oben standen Galaxien, der Frühlingshimmel, doch passte April und Mai bei mir zeitlich nicht, so dass wir zur nach kanarischen Maßstäben kältesten Zeit, im Februar in den Norden der Insel fuhren. In Llano Negro nahe Punta Gorda hat sich die Casa Colmenero auf 1030 m Höhe zu einem beliebten Quartier für die Freunde klarer, dunkler Nächte entwickelt, der Bücherschrank quillt mit Astroliteratur auf Polnisch, Deutsch, Spanisch und Englisch über. Vor vier Jahren waren wir schon einmal dort, Norman (NormanG) hatte einen seiner tollen, sehr inspirierenden Beobachtungsbericht von dem Aufenthalt in dieser netten Finca verfasst.
Von 17 Tagen auf der Insel habe ich 12 beobachtet, meist 2-4 Stunden. Als ich die Reise im Herbst plante, hatte ich die in erster Linie die galaxienreiche Leo- und Virgo-Region im Visier, die zwischen 2 und 4 Uhr morgens im Süden stand, aus praktischer Sicht nicht gerade die beste Zeit. Stehen Stativ und Montierung jedoch direkt hinter dem Haus aufgebaut sodass nur doch noch das Teleskop in die Gabel gehoben werden muss, ist dies verglichen mit dem Aufwand den man sonst treiben muss echter Luxus. Die Ausrüstung bestand aus einem 160 mm Doppelrefraktor mit 85 bzw. 100 Grad Okularen für 32, 65, 100 und 175x Vergrößerung, OIII; UHC und H-beta Filtern, dem Interstellerum Deep-Sky Atlas und Guide, dem Beobachtungssatlas für Kurzentschlossene, BfK, sowie einem 8x25 und 10x42 Fernglas. Das Teleskop, Stativ, und die Montierung waren mit anderen Dingen auf einen Koffer und eine Tasche als Sperrgepäck verteilt, die beiden ölgefügten Triplett-Linsen und EMS Spiegelsysteme im Handgepäck.
Llano Negro auf 1030 m Höhe, Blick Südwesten Richtung Puntagorda
Am ersten Abend im Norden bot sich dann ein überwältigender Anblick auf Orion und die Wintermilchstraße, trotz nicht perfekter Bedingungen wegen Rest-Staub vom Calima. Ich wunderte mich erst über Lichtverschmutzung im Westen, über dem Meer bis mir dämmerte dass, es sich um das Zodiaklicht handelte. Die ersten Nächte waren ganz dem Winterhimmel gewidmet, das passte perfekt, dann der Aufgang des abnehmenden Mondes verschob sich von Mitternacht bis in die Morgenstunden. Der Orionnebel ist immer ein Highlight, doch so schön habe ich die Region noch nie gesehen, an den ersten Abenden habe ich ihn jedes mal wieder angesteuert, alle Vergrößerung von 32 x bis 175x durchgespielt, Filter verwendet und wieder raus genommen. Bei jeder Vergrößerung extrem eindrucksvoll, natürlich bringen Filter mehr Details doch unter den tollen Bedingungen gefiel mir die Region ohne Filter deutlich besser. Besonders schön der Eindruck bei 65x, die Ränder leicht rötlich, der zentrale Teil mit einem grünlichen Schimmer, im Norden M43 und im Süden NGC 1980 mit vielen sehr hellen Stern, ein echtes Kleinod. M42 nimmt eine fast runde, ringförmige Form an mit einer großen Dunkelwolke im südlichen Teil. NGC 1980 verträgt auch sehr gut hohe Vergrößerung, bei 105x sind die vielen Mehrfachstern eindrucksvoll.
Blick vom Roques de los Muchachos, Hintergrund Teneriffa mit dem Tide
Kurz vor dem Urlaub erzählte mir ein ungarischer Kollege dem ich von der geplanten Reise erzählte, dass er begonnen habe den Himmel zu fotografieren, man sehe viel mehr, auch deutlich mehr als mit einem großen Teleskop, warum ich den nicht auch eine Astrokamera mitnähme. Beim Anblick von M42 und NGC 1980 ist mir klar geworden, wo ein besondere Reiz der visuellen Beobachtung liegt. Die überragende Dynamik, ein gedrucktes Foto hat bestenfalls eine Dynamik von 250. Am Okular, hier konkret bei 100x Vergrößerung liegt die Dynamik zwischen den dunkelsten Bereichen und den hellsten Sternen mit 3. bis 4. Größenklasse bei geschätzten 10^6. Das Auge kann das vermutlich auch nicht adäquat umsetzen, doch man spürt den extrem Helligkeitsunterschied, die hellsten Sterne leuchten grell, sind farbig, weil neben den Stäbchen auch die Zäpfchen angesprochen werden. Wikisky ist sicher ein tolles, fotobasiertes Tool, doch NGC 1980 erscheint dort völlig belanglos, im passenden Teleskop dagegen visuell wirklich eindrucksvoll.
Natürlich habe ich auch viele andere Objekte am Winterhimmel angeschaut, die hellen Sternhaufen M46, M47, NGC 2423 in Auriga, M41 im Großen Hund, selbst im 8x25 Fernglas schön, Thor's Helmet (NGC 2359) mit O III Filtern und den Rosettennebel (NGC2244), viele weitere Haufen und Sterngruppen in Orion und dem Großen Hund. Der Rosettennebel als Nebel war für mich eine Premiere, den Sternhaufen hatte ich in der Brandenburger Region schon mehrfach gesehen. Unter den guten Bedingungen war der Nebel bei 32x bereits ohne Filter sehr auffällig wie ein Schleier, vor allem im Nordwesten. Bei 65x, besonders mit OIII Filtern zeigte sich dann die ganze Pracht, der Sternhaufen wie in einem Rauchkringel eingebettet, der eine Menge Struktur aufweist. Mit Filtern schien mir die Helligkeitsverteilung des Nebels deutlich symmetrischer als ohne. Bei 105x waren die dunklen Schläuche angedeutet, doch insgesamt gefiel mir 65x besser.
Auch schwierige Objekte haben ihren Reiz und ich hatte vor der Reise noch einen H-Beta Filter besorgt, aus Neugier, was er bringt aber in erster Linie um den Pferdekopf Nebel (B33) zu sehen. Die ersten Versuche, immerhin bestimmt mehr als eine Stunden liefen schief. Weder mit UHC auf einem Auge und H-Beta auf dem Anderen, oder zwei UHC Filter konnte ich B33 entdecken, weder bei 32x mit 5 mm Austrittspupille noch 65x. Der Flammennebel (NGC 2024) als Reflexionsnebel war dagegen mit dieser Kombination super gut zu sehen, und beim Vergleich mit der Zeichnung im Deep Sky Guide war gar nicht zu verstehen, wieso ich IC434 und damit auch B33 nicht sah. Beim nächsten Anlauf am folgenden Abend wählte ich einen anderen Weg, nämlich orthoskopische Okulare mit kleinem Gesichtsfeld (eher zufällig hatte ich ein Paar 18 mm Baader Classic dabei) und wählte als Ausgangspunkt die trapezförmige Anordnung der Sterngruppe mit Beta 1052 Orionis im linken unteren Ecke, so dass Alnitak - als Magnitude 2 Stern mich offensichtlich bisher geblendet oder abgelenkt hatte – außerhalb des Gesichtsfeld blieb. Dann, mit H-Beta links und UHC rechts, war IC 434 kein Problem mehr und bei 32x auch B33 als dunkle Einbuchtung zu erkennen. Das funktionierte dann auch mit zwei UHC Filtern, den besonders schmalbandigen Filtern von DGM, und zu meiner Überraschung auch ganz ohne Filter. Einmal gesehen, habe ich dann deutlich höhere Vergrößerung versucht, bei 105 x (ohne Filter, Alnitak auch außerhalb des Gesichtsfeldes) war B33 auch zu sehen, wenn auch sehr schwach aber die Form war bei der höheren Vergrößerung klarer.
Das Wetter war immer ein zentrales Thema. Lösen sich die Zirren auf? Auf welcher Höhe finden sich die Passatwolken?
Ein paar Worte zu den Bedingungen, in den ersten Tagen wurde der Himmel von Tag zu Tag klarer, tagsüber war er um die Sonne deutlich aufgehellt, Zirren bildeten sich, doch gegen Abend lösten sie sich meist auf. Nach dem Ende der Dämmerung zeigt das SQM (ohne Linse) 21.4, bis 21.5 magarcsec^2 und sank dann bis Mitternacht auf 21. 6- 21.7 magarcsec^2. Die Veränderung mag teilweise durch die Abnahme des Zodiaklichts und die Verschiebung der Wintermilchstraße aus dem Zenitbereich bedingt sein. Es wehte immer ein frischer, leider lästiger Wind und es war so trocken, dass zu keinem Zeitpunkt die Optik oder Okulare beschlugen.
Beim Schreiben merke ich jetzt, dass ich den Bericht teilen sollte, die Fortsetzung mit den Galaxien folgt später.
Viel Spaß beim Lesen
Thomas