Nachtrag: 3 Stunden Dunkelheit am 2. Weihnachtstag

  • servus zusammen,


    jetzt ist ja fast Neumond, also schlechtes Wetter, und da hab ich Zeit gefunden, meine Beobachtung am 26.12. in einen kleinen Bericht zu fassen.
    Am 26. Dezember waren 3 Stunden zwischen Dämmerungsende (18.15 Uhr) und Mondaufgang (21:20 Uhr). Da die höheren Plätze alle wegen Schnee und Glatteis unzugänglich waren, bin ich ans Hocheck (890m) gefahren. Dort habe ich prinzipiell zwei Aufbauorte: ein kleiner Feldweg, der auf eine freie Wiese führt und sich dort nach etwa 100m verliert, mit brauchbarem Südblick bis -25° Deklination; und am Rand einer unbefestigten Straße mit besserem Südblick, aber dem Nachteil, dass 1-2 Autos in der Nacht vorbeifahren können.
    Als ich in den „Wiesenplatz“ einbiegen wollte, sah ich, dass der Waldbauer mir meine Entscheidung bereits abgenommen hatte: in der Zufahrt lagen etwa 20 große gefällte und entastete Fichten: da war wohl kein Durchkommen. Also gut 400m weiter gefahren und dort aufgebaut. Es lag auf der Wiese am Straßenrand etwa 3-4 cm harter Schnee, der aber kaum störte, und auch den Teleskopspiegel sehr schnell auf Betriebstemperatur abkühlte (die Ausrüstung war bereits mehr als eine halbe Stunde zum Abkühlen im Freien gewesen.


    Nachdem die Flatfield aufgebaut war und die erste Aufnahmeserie lief, konnte ich mich der visuellen Beobachtung zuwenden. Ich wollte wieder einige Lücken schließen und ein paar Dinge überprüfen, die mir komisch vorgekommen waren.
    Als erstes schwenkte ich in den Perseus Galaxienhaufen. Der ist vom hellen Stern Algol nur etwas östlich gelegen und nicht schwer zu finden.
    Erstes Objekt: NGC 1224. Die ist mit ihrer visuellen Helligkeit von 13.m7 nicht gerade der Brüller als Einstieg. Tatsächlich war sie nicht leicht zu sehen: ziemlich schwach und klein, länglich, nahe einem schwachen Doppelstern.
    Dann schwenkte ich an den westlichen Rand des Galaxienhaufens. Ich wollte nicht alle Galaxien dort beobachten und verifizieren (das hätte mehrere Stunden gedauert), sondern nur ein NGC-Objekt, das sich mir bisher vorenthalten hatte, sowie ein paar schwächere nicht-NGC-Galaxien auf dem Weg dorthin.

    Los ging’s mit UGC 2619. Die ist mit einer fotografischen Helligkeit von 16.m1 schon grenzwertig, aber: da war sie! Ziemlich schwach, recht klein, rund, mit einem leicht aufgehellten Kern.

    Dagegen war NGC 1250 einfacher: schwach, recht klein, rund, mit recht hellem Kern
    Weiter im Osten kam IC 310. Trotz der großen Ausdehnung auf der DSS-Aufnahme oben war sie ziemlich schwach und klein, rund, leicht hell im Zentrum, mit einem Stern 11m 3‘ westlich gelegen.
    Als nächstes kam dann eine Herausforderung: UGC 2626. Die ist zwar 15.m3 hell, aber sehr klein und dünn. Visuell war sie sehr schwach, ziemlich klein, aber als länglich erkennbar, mit einem sehr schwachen Doppelstern knapp westlich.
    Und dann kam das Objekt, weswegen ich eigentlich in den Galaxienhaufen gegangen bin: NGC 1259. Die hat sich bei allen Beobachtungen bisher nie gezeigt. Diesmal war alles bestens: sehr gute Transparenz, dunkler Himmel (ich hatte zur besseren Beobachtung noch eine Stoffhülle um den Tubus geschlungen, um Streulicht von der Schneeoberfläche abzublocken, und vor allem sehr gutes Seeing, sodass die kleinen Galaxien sich von den Sternen unterschieden. Und da war sie: ziemlich klein und schwach, rund, leicht helles Zentrum. Die daneben liegende NGC 1260 war nicht viel heller, aber etwas größer, rund, und ebenfalls in der Mitte aufgehellt. Und dann kam noch eine dritte dazu: MCG 7-7-48: ziemlich schwach und klein, rund. Für die drei Galaxien benötigte ich das 5mm Nagler mit 340x Vergrößerung.


    Ein Stück südlich waren dann noch IC 309 und UGC 2617: IC 309 war sehr schwach und klein, und stand zwischen 2 Sternen. Noch schwächer war UGC 2617: extrem schwach, sehr klein, und rund; von der Spiralform der DSS-Aufnahme war nichts zu erkennen.


    Nun war die erste Aufnahme der Nacht fertig: M 36 im Fuhrmann, 46x 1min belichtet.

    Optik: FFC 190/760mm f/4
    Kamera: Canon EOS 6D (mod) (==>)ISO 2.500


    ... und die Flatfield schwenkte Richtung M 37 im Fuhrmann.


    Visuell ging es dann weiter: NGC 970, die mit den beiden NGC 969 und NGC 974 ein hübsches Trio bildete. NGC 970 hatte ich bisher auch noch nicht gesehen: sehr schwach und klein, rund, 2‘ nördlich von NGC 969, und 1‘ südlich eines Sterns 9m stehend.
    In der Uranometria ist auch NGC 971 als Galaxie eingetragen, aber hier handelt es sich um eine Fehlbeobachtung: an der Stelle ist nur ein schwaches Sternchen.


    Als nächstes: ein Abstecher in den Walfisch zu NGC 880, die ich bislang ebenfalls nicht gesehen hatte.
    Bestimmt 10 min hab ich an der Stelle, an der sie in der Uranometria eingetragen war, bei 104x und 284x gesucht. Bis ich dann die Koordinaten in meinem NGC (die eine sehr verlässliche Datenbasis sind) und den Sternkarteneintrag verglich: ahaaaaa, da liegt das Problem! In der Uranometria war die Galaxie 10‘ zu weit südlich eingetragen, was bei 284x fast ein ganzer Okulardurchmesser ist. Wenn ich die Sternkartenposition in die Mitte des Gesichtsfeldes stellte, war die Galaxie somit außerhalb. Erst mit der exakten Position war sie zu sehen: sehr schwach, extrem klein, fast sternförmig, mit einem sehr hellen Kern; ein Stern 9m steht 7‘ nördlich, und ein gleichheller Stern ebensoweit südlich.
    Immer noch im Eridanus, aber in seinen nördlichsten Gefilden, die fast bis an 0° Deklination heranreichen, befindet sich eine hübsche Gruppe aus schwachen Galaxien.

    Gesehen habe ich NGC 1611, NGC 1613, NGC 1612, NGC 1607, und NGC 1609, sowie NGC 1599. Alle ausnahmslos ziemlich schwach, meist auch recht klein und rund, nur NGC 1611 war deutlich länglich. Das hellste Zentrum hatte NGC 1609. Eine spannende Galaxienkette, mit 4 Galaxien im Gesichtsfeld.


    Die zweite Aufnahme war fertig: M 37, leider nur 25x 1min belichtet, da der Stecker für die Stromversrogung locker wurde, und mittendrin die Montierung ohne Nachführung lies.

    Rest der Aufnahmedaten wie oben.


    Die Flatfield zielte als nächstes auf M 35. Hier habe ich etwas Zeit gebraucht, um den besten Himmelsausschnitt sowie einen geeigneten Leitstern zu finden: es gab so viele dicht beieinander stehende Sterne, dass die Kalibrierung nicht gleich gelingen wollte. Daher verblieb nur mehr wenig Zeit bis zum Mondaufgang. Diese wollte ich nutzen, um eine Begleitgalaxie von NGC 2366 zu beobachten.
    Auf dem Weg zu der Galaxie kam ich an NGC 2337 „vorbei“, und sah mal wieder: gar nichts. Diesmal kontrollierte ich die Koordinaten sofort, und siehe da: auch hier gab es einen Positionsfehler in der Uranometria, die die Galaxie 5‘ zuweit westlich angegeben hatte. An der richtigen Stelle war sie dann sofort zu sehen: zwar schwach und recht klein, aber leicht länglich, etwas aufgehelltes Zentrum.
    Dann kam ich bei NGC 2366 an. Diese große, aber sehr flächenschwachen Galaxie hatte ich früher schon beobachtet, die dicht dran stehende NGC 2363 aber bislang nie sehen können.
    Die große irreguläre Galaxie war gar nicht einfach zu sehen: ziemlich schwach, recht groß, sehr länglich. Am Südende der Galaxie war ein kleines diffuses, kreisrundes Objekt im Halo zu sehen, das viel heller war als das umgebende Galaxienhalo. Dicht daneben war ein kleines Sternchen. War das NGC 2363? Leider hatte ich keine Fotografie zur Hand, sodass ich das Rätsel am Fernrohr nicht lösen konnte. Erst daheim sah ich: NGC 2363 ist ein schwaches Fleckchen knapp westlich des hellen Knotens – dieses hatte ich aber nicht bewusst wahrgenommen. Also muss ich da nochmal vorbeischauen.


    M 35 wurde fertig: 46x 1min belichtet.


    Pünktlich um 21.20 Uhr ging der Mond auf, und ich konnte mit 3 Aufnahmeserien, und visuell 12 Erstsichtungen abbauen und heim in die warme Stube gehen.


    CDS
    Stefan

    visuell:

    ICS Dobson 14.5" f/4.7


    fotografisch:

    Lichtenknecker FFC 190/760mm f/4

    Galaxy RC 10" f/8

  • Hallo Stefan,


    da hattest du ja wieder eine Menge kleine Eierchen drin ! Der Gedanke ist immer wieder faszinierend, dass diese Fuzzel gerne auch mal 500 Millionen bis eine Milliarde Jahre Lichtjahre entfernt sind [8D]. Der Perseus-Galaxienhaufen gehört auch schon lange zu meinen Herbst-Favoriten, da geht schon im 10-Zöller viel, und mit dem 120mm Refraktor konnte ich die 11,6 mag helle NGC 1275 schon ausmachen. Toll wieder deine Sternhaufen-Bilder; NGC 2158 (bei M35) ist im 16-Zöller umwerfend mit seinem Sternreichtum, und M37 ist ohnehin erste Sahne für jedes Fernrohr ab 3-Zoll Öffnung.


    Ja, mit dem ganzen Schnee drumherum braucht es schon einen gescheiten Lichtschutz. Das viele Streulicht vor einem Jahr im Winter am Ammersattel war der Auslöser, dass mein Fünfling jetzt so richtig eingepackt ist [:)].


    Servus
    Ben

  • Hallo Stefan,


    ich bin nochmal zu deinem Bericht zurückgekehrt, zum interessanten Thema NGC 2366/2363:


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"> Dann kam ich bei NGC 2366 an ... Am Südende der Galaxie war ein kleines diffuses, kreisrundes Objekt im Halo zu sehen, das viel heller war als das umgebende Galaxienhalo. Dicht daneben war ein kleines Sternchen. War das NGC 2363? ... NGC 2363 ist ein schwaches Fleckchen knapp westlich des hellen Knotens – dieses hatte ich aber nicht bewusst wahrgenommen. <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Ich habe das Objekt auch schon öfters eingestellt, und den kleinen hellen Knoten immer für NGC 2363 gehalten. Als enorm heller Emissionsnebel wird er von seiner Art her auch mit dem Tarantelnebel verglichen, und oft war der das einzige, was ich von der Galaxie erkannt habe. Tatsächlich findet man die Zuordnung zu NGC 2363 auch in wissenschaftlichen Quellen:


    https://www.researchgate.net/f…of-NGC-2366_fig1_23419471


    Oder in Wikipedia:


    https://de.wikipedia.org/wiki/NGC_2363


    Deine Interpretation dürfte aber die korrekte sein, wie z.B. Steve Gottlieb und Harold G. Corwin bestätigen:


    http://martingermano.com/N2366_1024.htm


    Demnach soll NGC 2363 sogar eine eigene Galaxie sein, und nicht nur ein außen gelegener Teil von NGC 2366. Hier ein Link auf zwei Fotos mit den vermutlich richtigen Bezeichnungen:


    https://cseligman.com/text/atlas/ngc23a.htm


    Das trübe Wetter eignet sich zum Detektivspielen, nebenbei läuft im Fernsehen die Vierschanzentournee.


    Servus
    Ben

  • hallo Ben,


    ich denke auch, dass meine Zuordnung - NGC 2363 ist nicht der Knoten, sondern das schwache Objekt knapp westlich - richtig ist.
    Schaut man sich die Beschreibungen im Original-NGC an, so steht bei:
    NGC 2366: vF; pL; mbM; vS*inv; curved tails; bedeutet sehr schwach, recht groß, sehr helles Zentrum; ein sehr schwacher Stern im Nebel eingebettet; abknickende Enden.
    Und bei NGC 2363: Neb* or vF; vS; 2366 sf; nebliges Sternchen oder sehr schwacher, sehr kleiner [Nebel]; NGC 2366 steht südöstlich.


    Diese beiden Beschreibungen passen auf die längliche große Galaxie NGC 2366 mit ihrem fast sternförmigen Gasnebel im Südende, und auf den Nebelklecks westlich des Gasknotens.


    Also: für mich bedeutet es, dort nochmal vorbeizuschauen.


    CDS
    Stefan

    visuell:

    ICS Dobson 14.5" f/4.7


    fotografisch:

    Lichtenknecker FFC 190/760mm f/4

    Galaxy RC 10" f/8

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