Seid gegrüßt,
der Titel ist etwas weiter her geholt, ich hätte auch schreiben können:
"Herstellung und Prüfung eines Cassegrain-Sekundärspiegels"
Genau das habe ich nun mit meinem angefangenen 1,20m vor. Diese Geschichte von M1 gibt es hier:
http://www.astrotreff.de/topic.asp?TOPIC_ID=230104
Bitte verzeiht, wenn ich zu jedem Spiegel einzeln einen Thread aufmache.
Das ganze soll einmal so aussehen, und der Umlenk-Planspiegel M3 wird nicht einzeln dokumentiert, versprochen.
Anderseits interessiere ich mich zunehmend für Technik-Geschichte, wobei die Jahre nach 1900 bis vielleicht 1930 eine ganz besondere Fundgrube sind.
Wenn sich die Chance ergibt, großartige Erfindungen dieser Zeit nachzuvollziehen, dann muss man das einfach tun.[:)]
Was haben Schwarzschild, der eigentliche Erfinder des RC-Teleskops, und Schmidt als Erfinder der gleichnamiden Schmidt-Platte mit der Herstellung eines Cassegrain Sekundärspiegels zu tun?
Zunächst zu Karl Schwarzschild.
Hier gibt es einen ausgezeichneten Überblick seines Wirkens:
https://www.univerlag.uni-goet…/3/isbn-978-3-86395-295-2
Darin ist unter anderem zu lesen, daß es schon damals in den Internet-Foren einen Streit zwischen der Linsen- und Spiegelfraktion gegeben haben muss. So würde ich das zumindest interpretieren[;)]
Auf Seite 84 wird Schwarzschild wie folgt zitiert:
<i>”In dem Wettkampf zwischen Refraktoren und
Reflektoren gewinnen zur Zeit die Reflektoren wieder an Boden. Mannigfache frühere Bedenken
in Bezug auf Exaktheit und Stabilität grosser Spiegel sind durch technische Fortschritte
neueren Datums beseitigt.“</i>
Fakt ist, Karl Schwarzschilds Formeln von 1905 enthalten die gesamte Theorie der Zwei-Spiegel-Syteme.
Insbesondere die Möglichkeit den Bildfehler Koma zu beseitigen, der bei einem Newton nicht behebbar ist.
Nun gibt es heute den Paracorr, aber hier geht's erst mal um das Prinzip.
Und das Prinzip sagt, im Sessel sitzen ist besser als zum Paracorr hochklettern[:D]
Wie groß ist nun der Unterschied zwischen einem Cassegrain und einem RC-System?
Bei meinem geplanten Öffnungverhältnis von circa f/10 bei einem M1 mit f/2.7 und dem vollen Feld eines 41mm Panopic bei 290x sieht das so aus.
Das Cassegrain (oben) unterscheidet sich schon etwas vom RC (darunter).
Es reletiviert sich etwas im Verhältnis zum Seeing, da der kleine Kreis jeweils das Beugungsscheibchen symbolisiert.
Das ist bei 1,20m Öffnung etwa 0,21" im Durchmesser.
Deshalb ist auch noch nicht ganz klar, für welches der beiden ich mich entscheide.
Da tröste ich mich derweil mit den Franzosen, denen wird die Entscheidung zwischen Chretien und Cassegrain ungleich schwieriger gemacht. Die Amerikaner haben's da einfacher, die würde sicher die Lösung von Ritchey favorisieren.
Wie auch immer, der Unterschied für M1 besteht in einer CC von -1.000 zu -1.045
Bei M2 ist es ähnlich, CC etwa -3 zu -3.5
Am meisten stört dabei die Tatsache, daß ein M1 mit CC=-1.045 im Newton-Fokus kein scharfes Bild erzeugt.
Nächste Baustelle ist die Frage, wie so ein M2 Spiegel (D=318mm, effektiv ca 285mm) getestet werden kann.
Die erste Lösung ist der sogenannte Schmadel-Test.
Von hinten durch die Brust ins Auge.
Man schaut also von der Rückseite von M2 auf die zu messende Fläche mit zB CC=-3.5
Das setzt zwei Dinge vorraus:
- die rückseitige Fläche bekommt einen genau vorrausberechneten Radius.
- die so entstandene "Linse" ist homogen mit genau bekanntem Brechungsindex
So einen Rohling habe ich zwar zur Verfügung, er besteht aus Quarzglas, aber die Randdicke würde bei 7mm liegen.
So ganz gefällt mir das nicht, vorallem weil mir die komplizierte Herstellung noch als dicker Brocken im Magen lag.
Dazu ist folgendes zu polieren, eine Art "Graben" von gut 8µm Tiefe:
Sieht nicht nur gespenstig aus, auch die Zahlen sind heftig.
Vergleichbar mit einer D=300mm f/3.3 Fläche in die reichlich 3x hintereinander eine Parabel rein muss!
Oder anders ausgedrückt, in bezug auf die poliertechnische Schwierigkeit: eine Parabel mit 300mm f/2.2
Das war lange Zeit *der* Punkt, der dem Newton System einen ausreichenden Entscheidungsvorteil gab.
Ein M1 mit f/2.7 bekommt herstellungsbedingt sicher ein paar enge Zonen, also eine mehr oder weniger wellige Oberfläche.
Da ist es nicht gut, wenn M2 auch noch wellig daherkommt. Ein großer Newton Fangspiegel hat dieses Problem nicht.
Das ganze ist also neben der messtechnischen Herausforderung auch ein Herstellungs-Problem.
Und hier kommt Berhard Schmidt ins Spiel.
Wenn man die letzte Abbildung und die vielen Mikrometer oft genug auf sich wirken lässt, dann kommt einem eine Idee:
Ist das nicht.... Moment mal! .... das Profil einer Schmidtplatte?[:)]
Ja - ist es!
Die Idee ist ziemlich gut, das muss deutlich gesagt werden. [8D]
Aber da Eigenlob bekanntlich stinkt ist es sinnvoll zu prüfen, ob jemand anderes eben solche Ideen hatte.
Sollte da nichts zu finden sein, ist das nicht unbedingt ein Zeichen eigener Genialität.
Das kann auch bedeuten, daß diese Idee in der Praxis gar nicht funktioniert[:D]
So gesehen war es mir ganz recht, diese Idee nach einiger Suche in einem Buch von Gerhard Lemaitre zu finden.
"Astronomical Optics and Elasticity Theory"
Im Prinzip geht das so. Wird aber nur bei kleineren, und damit dünnen(!) Sekunderspiegeln so gemacht, denn die Schmidtplatten Herstellung funktioniert nur mit dünnen Glas. Sonst Bruch ---> ab in die Tonne[xx(]
Dünnes Glas ist meine Spezialität.
Genau deshalb habe ich den Quarzglas Rohling mittlerweile nicht als Linse sondern als Meniskus vorgeschliffen.
Am Ande dürfte eine Dicke von 13-14mm übrigbleiben.
Das verlangt nach Schmidt einen Differenzdruck von ca 0.6bar - sollte machbar sein!
Die relativ warmen Tage der letzten Woche habe ich mit den Grobschliff nutzen können.
Der Anfang ist gemacht. Die 20kg Schleifgewicht sind ausschließlich für den Grobschliff mit K80 vorgesehen.
Anders wird das mit dem Quarzglas nichts. Böse hartes Zeugs!
Wie die Schmitplatten-Herstellung in meinem speziellen Fall zu berechnen ist, das stelle ich in Kürze hier vor.
Ohne ein paar Skizzen geht das leider nicht.
Schönen Abend
Kai