TS 102 als Zweitgerät?

  • Hallo zusammen.
    Es juckt mal wieder, ich hab schon seit geraumer Zeit Lust auf ein neues/anderes Teleskop. Bisher beobachte ich mit dem 8" Newton und habe da auch erste Foto-Erfahrungen gesammelt.
    Nun habe ich die Idee, meine Foto-Ambitionen auf ein Zweitgerät abzugeben, da mir das am Newton-Fokus immer etwas mühsam ist. Außerdem möchte ich es mit etwas weniger Brennweite zu versuchen. Das sollte etwas gutmütiger auf kleinere Nachführungenauigkeiten reagieren, und auch ein größeres Feld abbilden können.
    Lange hin und her überlegt, aber auf einen kleineren Spiegel habe ich eigentlich keine Lust. Daher hat nun ein TS 102/714 ED "APO" (2-Linser) mein Interesse geweckt, der angeblich gerade bei diversen Händlern im Angebot ist (ist das wirklich ein Angebot, oder nur ein Lockmittel?).
    Was haltet ihr von dem Gerät? Mir ist klar, daß das kein High-End ist, aber das brauche ich auch gar nicht. Mir geht es nur darum, das Forografieren weiter zu üben (kein Sonnensystem...!) und vielleicht auch visuell den ein oder anderen Blick zu riskieren. Und das am Besten mit einem solide verarbeiteten, leicht handhabbaren Teleskop mit brauchbarer Optik.
    Was würdet Ihr an Filtern raten für jemanden in einem recht aufgehellten (lichtverseuchten) Dorf? Jaja ich weiß, ich sollte an einen besseeren Beobachtungsort fahren, aber dafür fehlt(e) mir mit dem Newton-Bottich meist der Elan... vielleicht wird das mit `nem kleineren Refraktor nun auch besser...!


    Danke für eure Kommentare und Anregungen!
    Simon

  • Hallo Simon,
    ich mache nur Planetenfotos, schaue mir aber Deepskyfotos an. Bei solchen Fotos ist ja meist eine möglichst farbreine Abbildung gewünscht. Von daher würde ich möglichst farbreine Refraktoren als wünschenswert sehen. Bei einem 4" f/7 würde ich bei einem Zweilinser mindestens auf Fpl53 mit Lanthan gehen. Es gibt aber auch noch relativ günstige 90/600 Dreilinser APOs mit FPl53.
    Oder 4" f/7 Dreilinser.
    Servus,
    Roland

  • Hallo Simon,


    wie Roland schon anmerkte, ist es ja so, dass gerade bei fotografischem Einsatz der Farbfehler einer Linsenoptik besonders ins Auge fällt. Kameras sind im Blauen wesentlich sensitiver als das menschliche Auge, weshalb Blausäume, die visuell nur schwach erscheinen auf einem Foto dann doch als deutlich störend auffallen können. Um eine Vorstellung davon zu bekommen, wie stark sich das konkret an einem hellen Stern auswirken kann, hat T. Nawratil bei teleskop-austria eine Vergleichsübersicht zusammengestellt, für die er durch verschiedene Refraktoren mit ein und derselben Kamera die Wega in der Leier für jeweils eine Sekunde bei ich glaube ISO 800 belichtet hat:


    https://teleskop-austria.at/su…estphotos_apochromats.jpg


    Leider enthält der Vergleich keine ganz aktuellen Modelle, aber doch genügend bekannte Konstruktionen, die man als typische Vertreter einer bestimmten optischen Leistungsklasse betrachten kann: der Volksapo von Skywatcher 80/600 BD z.B. ist dabei, Modelle der bekannten Esprit-Serie, die als fotografisch farbrein gelten darf, oder der ebenfalls anerkannt gute ED 100/900 als Vertreter der besten Zweilinser, die als visuell nahezu farbrein eingestuft werden, oder ein klassischer F15 Fraunhofer, usw. Ich vermute, dass das von Dir anvisierte Gerät ein nur geringfügig besseres Korrekturniveau aufweist, wie es der dort aufgeführte und seinerzeit ebenso günstig angebotene Astro Professional 102/714 ED zeigte. Das hieße, dass das Gerät optisch eher am unteren Ende des Leistungsspektrums angesiedelt sein dürfte, und ganz sicher nicht farbrein abbilden wird, bzw. auch visuell noch Restfarbe zeigen dürfte. Wenn Dir dieses Niveau nicht reicht, Du aber nicht mehr Geld ausgeben möchtest, wärst Du vermutlich mit weniger Öffnung besser beraten, z.B. einem aktuellen 80mm f/7 Lanthan-ED-Apo, oder dem auch heute noch empfehlenswerten Skywatcher Volksapo, der auch öfter mal gebraucht relativ günstig zu haben ist. Diese Geräte haben zudem eine vorteilhaft geringere Brennweite unterhalb 700mm, was fotografisch gutmütiger nachzuführen ist und außerdem auch mit einem APS-C Sensor noch genügend große Bildfelder ergibt, wenn man anfangs zum Üben die Paradeobjekte wie z.B. mal die Andromeda, Orionnebel usw. aufnehmen möchte.


    Generell sind kleinere Öffnungen im Refraktorformat auch als visuelle Schnellspechtelgeräte nicht zu unterschätzen - und mancher ertappt sich später dabei, dass der Kleine zwar mal als vermeintliches "Zweitgerät" angeschafft, dann aber zunehmend öfter genutzt wurde und so unmerklich zum heimlichen Erstgerät anvancierte... :)


    Gruß,
    Mathias

  • Hallo Simon,
    interessante Refraktoren, die sowohl zum Schnellspechteln wie zum fotographieren geeignet sind:
    https://teleskop-austria.at/La…tfield-APO-2-2-Linsen-mit
    (Zweilinser mit sehr farbreiner Linsenkombination. Ein passender Flattener ist auch dabei)


    https://www.teleskop-express.d…-5--Zahntrieb-Auszug.html
    (Zweilinser mit sehr farbreiner Linsenkombination, Flattener braucht man zusätzlich)


    Beide sollten auf relativ hohem Niveau farbrein sein, sind sehr kompakt mit schneller Temperaturanpassung, da Zweilinser mit wenig Öffnung.


    Der kompakte 90ger APO wäre auch eine Option:
    https://www.teleskop-express.d…---2-5--Okularauszug.html
    Der kostet aber entsprechend mehr. Flattener ist da noch nicht dabei.


    Servus,
    Roland

  • Hallo Mathias,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Ich vermute, dass das von Dir anvisierte Gerät ein nur geringfügig besseres Korrekturniveau aufweist, wie es der dort aufgeführte und seinerzeit ebenso günstig angebotene Astro Professional 102/714 ED zeigte.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    das muss nicht sein.
    In diesem Test hier zeigt der TS jedenfalls eine recht ordentliche Farbkorrektur.


    http://www.photoinfos.com/astr…Line-ED102-F7-Dublet.html



    Grüße Gerd

  • Hallo Gerd!


    Da Simon nur die Bezeichnung "TS 102/714" nannte und von einem Lockmittel bei diversen Händlern sprach, ging ich davon aus, er hätte dieses mit 600 Euro ausgesprochen günstige Angebot im Sinn:
    https://www.teleskop-express.d…-5--R-P-Okularauszug.html


    Ob dieses Modell ein vergleichbar hohes optisches Korrekturniveau hat, wie das der teureren bei TS explizit als "Photoline" bezeichneten Serie? Zwar wird zur Zeit auch diese Photoline-Serie zu ermäßigten Preisen angeboten, aber für den aktuellen 102er sind da immer noch 1000 Euro fällig, während für das Photoline-Modell, das Tom (sindbad) voriges Jahr getestet und als sehr gut befunden hat, damals offenbar weniger als 800 Euro aufgerufen wurden - mit allerdings schlichterem OAZ. Wobei unklar ist, ob es sich damals auch schon um eine Lanthan-Variante handelte, nur mit FPL-51 statt FPL-53, die vielleicht nur noch nicht so beworben wurde? Die Farbkorrektur finde ich nach Toms Bildern zu urteilen jedenfalls sehr beachtlich... Welchen RC-Wert würdest Du nach Deiner Erfahrung dafür schätzen? Ich hatte bei den Photoline-Modellen aus theoretischen Gründen auf RC-Werte um ca. 1,7 (?) getippt, und hätte aufgrund dessen etwas mehr Farbsäume erwartet...


    Gruß,
    Mathias

  • Hallo Gerd,
    ein bisserl Farbfehler glaub ich auf dem Bild zu sehen (Nachtrag: wobei die Farbkorrektur tatsächlich erstaunlich gut ist. Dazu unten mehr). Wie auch immer. Der Photolinerefraktor ist eine andere Version wie
    https://www.teleskop-express.d…-5--R-P-Okularauszug.html
    Der günstige ED mag fürs Beobachten visuell gut und farbrein genug sein. Wenn jemand extra für ein Gerät für Deepsky Fotos fragt, wäre ich vorsichtig. Ich hab da schon Erinnerungen an Bilder mit Farbfehler und komischer Einfärbung. Ich würde auf jeden Fall mindestens auf die Version mit FPL53 und Lanthan gehen und lieber eine Spur farbreiner als wie zu wenig farbrein. Die von mir vorgeschlagenen Refraktoren sollten das Potential haben mit der kleineren Öffnung sogar noch farbreiner zu sein, sind noch relativ preiswert und als kleine Zweilinser auch als super transportables Schnellspechtelgerät geeignet, das zum visuell schauen mit kleiner Montierung auskommt.
    Wenn aber Deepskyfotographen etwas anderes empfehlen, möcht ich mich da zurücknehmen. Ich bin im Fotobereich nur Mond- und Planetenfilmer und Deepskyfotobetrachter ;)
    Servus,
    Roland
    Nachtrag:
    Ich hab jetzt ein bisserl auf der Seite, die der Gerd vorgeschlagen hat herumgeschaut.
    Der Acuter ED 90/900 ist da mit einem brillanten farbreinen Bild drin
    http://www.photoinfos.com/astr…her-Acuter-ED90-900mm.htm
    Leider gibt es den nicht mehr und weiters ist er mit f/10 für Deepsky nicht so ideal.
    Das Bild vom Lacertag wirkt auf dem Test nicht so perfekt wie der Acuter. Eventuell liegt das am Seeing und anderen Lichtverhätlnissen:
    http://www.photoinfos.com/astronomie/Lacerta-72-ED.htm
    Es sollte aber eigentlich in der selben Farbreinheit liegen, da es ja von der Glaspaarung NBM51/FPL-53 eigentlich besser ist.
    Der Test auf der folgenden Seite liest sich auch gut.
    http://interferometrie.blogspo…pl-53.html?view=timeslide
    Der 80mm f/7 mit Fpl53 und Lanthan sollte auch in ähnlichen Farbreinheit unterwegs sein. Dazu find ich leider keinen Test.

  • Hallo Mathias,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Wobei unklar ist, ob es sich damals auch schon um eine Lanthan-Variante handelte, nur mit FPL-51 statt FPL-53, die vielleicht nur noch nicht so beworben wurde?<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    ja genau das ist die Frage.
    In jedem Fall war der getestete Photoline einer mit FPL51 und kostete 800
    Der aktuelle TS ED102F7 Photoline der um die 1000 kostet hat ja FPL53.
    Der Günstige TS ED102F7 kostete ja auch mal 762 und wurde erst Anfang des Jahres auf 599 runter gesetzt.
    Ich denke dass der getestete TS ED102F7 Photoline mit FPL51 auch Lanthan drin haben dürfte sonst wäre er nicht so farbrein.
    Ob auch im jetzt angebotennen TS102 für 599 dieses Optik drin steckt ist die Frage.
    Eventuell müsste man das mal bei TS erfragen.
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Die Farbkorrektur finde ich nach Toms Bildern zu urteilen jedenfalls sehr beachtlich... Welchen RC-Wert würdest Du nach Deiner Erfahrung dafür schätzen? Ich hatte bei den Photoline-Modellen aus theoretischen Gründen auf RC-Werte um ca. 1,7 (?) getippt, und hätte aufgrund dessen etwas mehr Farbsäume erwartet... <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Ja die Farbkorrektur ist für diese Eckdaten und in anbetracht das ja FPL51 drin sein soll wirklich gut.
    Mit Lanthan wäre ein sekundäres Spektrum der Glaspaarung von f/7400 drin.
    Dann ergibt sich bei den Eckdaten ein RC Wert von 1,8.
    Das ist durchaus ordentlich und liegt nahezu auf dem Level des SW ED100 der auf RC 1,7 kommt.


    http://astro-foren.com/index.p…006-skywatcher-ed-100-900


    Der SW ED100 ist aufgrund des schlechteren Partnerglases trotz FPL53 und F9 also auch nicht nennenswert farbreiner.


    Grüße Gerd

  • Hallo Roland,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">ein bisserl Farbfehler glaub ich auf dem Bild zu sehen (Nachtrag: wobei die Farbkorrektur tatsächlich erstaunlich gut ist. Dazu unten mehr). Wie auch immer. Der Photolinerefraktor ist eine andere Version wie
    https://www.teleskop-express.d…-5--R-P-Okularauszug.html
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    ja ein kleiner Restfehler ist erkennbar aber doch recht moderat, damit sollte man gut leben können.
    Ob nun im getesteten ED102 Photoline mit FPL51 die gleiche Optik wie im ED102 mit FPL51 in deinem Linkt steckt müsste man einmal klären.


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Das Bild vom Lacertag wirkt auf dem Test nicht so ideal wie der Acuter:
    http://www.photoinfos.com/astronomie/Lacerta-72-ED.htm
    Es sollte aber eigentlich in der selben Farbreinheit liegen, da es ja von der Glaspaarung NBM51/FPL-53 eigentlich besser wirkt.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Bei den Eckdaten des ED72 muss man leider auf andere Partnergläser zurückgreifen mit denen sich dann ein größeres sekundäres Spektrum der Glaspaarung ergibt.
    Sonst wird das Design zu angespannt und die SA höherer Ordnung lässt sich nicht mehr vernünftig korrigieren.
    So ist auch das sekundäres Spektrum der Glaspaarung NBM51/FPL-53 etwas größer.
    Dafür ist das Design dank des NBM51 entspannter und damit besser beherrschbar und der Gaußfehler ist gut korrigiert.
    Aufgrund der kleinen Öffnung ergibt sich eine gute Farbkorrektur bei diesem ED72.


    Grüße Gerd

  • Herzlichen Dank für die vielen und sehr ausführlichen Antworten. Es scheint, wie ich es insgeheim auch schon geahnt habe, der von mir oben erwähnte TS (NICHT Photoline, sondern der andere) ist wohl nicht das 100% geeignete Gerät für meine Wünsche. Ich tendiere nun eher zu ein paar mm weniger Öffnung und besserer Optik bei +/- gleichem Budget.


    Grüße, Simon


    Anmerkung: Ich finde es toll von euch, daß ihr immer wieder euer Wissen und eure Erfahrung hier einbringt, um mir (zwar kein blutiger Anfänger mehr, aber trotzdem oft ratlos und hilfsbedürftig) und den unzweifelhaft vorhandenen vielen, vielen stillen Mitlesern das Beobachterleben zu erleichtern und den Spaß an unserem ziemlich und beliebig komplexen Hobby zu fördern!
    Mit Sicherheit ist viel schon gefragt und beantwortet worden und schlummert nun tief im Forum verborgen, aber dennoch nehmt ihr euch die Zeit, dafür Danke!

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