Politur 1,20m f/2.7

  • Hallo Michael,


    nein, die Kraftvektoren oben und unten zeigen ein Stück weit hinter (=links in der Skizze) den COG.
    Alpha = 4.5°


    Ich muss allerdings diese Formeln noch konsolidieren, jeder Autor legt da sein Koordinatensystem irgendwo hin.
    Es ist schon ein Erfolg, daß in Summe das richtige Moment (6,672Nm) raus kommt.[:)]


    Viele Grüße
    Kai

  • Hallo Kai,


    die Spiegellagerung ist offensichtlich recht verzwickt, dir wird nichts geschenkt, doch Herausforderungen liebst du doch, oder?


    Noch ein anderer Aspekt.



    So wie Schwesinger die Rechnung für die laterale Lagerung analytisch durchgeführt hat, also die Kräftverteilung rund um den Spiegel, sieht es erst mal wie bei einem Planspiegel aus. Beim Meniskus kommt es zu so einer unangenehmen Kopplung von lateralen und axialen Kräften. Da ein dünner Spiegel axial sehr viel leichter als lateral zu deformieren ist, scheint es mir wichtig, dass durch die laterale Lagerung keine Kraftkomponte am Rand des Spiegel senkrecht zu seiner Oberfläche wirkt bzw. dass die Kombination von lateralen und axialen Kräften sich so verteilt, dass der Spiegel in jeder Lage möglichst wenig deformiert wird.


    Im Szenario A hat man unabhängig von der Problematik, dass die Schwerpunktlinie nicht durch den Spiegelrand geht eine Kraftkomponente senkrecht zur Spiegeloberfläche. Die senkrechte Kraftkomponente ist beim Meniskus am Rand durch das Verhältnis vom halben Spiegeldurchmesser und Radius gegeben, also etwas 10%, und damit vermutlich sogar größer als die Kraft die sich aus dem Drehmoment ergibt und sich auf 6 der 8 Auflagepunkte verteilt. Damit am Rand durch die laterale Halterung keine Kraft senkrecht auf die Spiegeloberfläche wirkt sollte der Winkel alpha durch arcsin D/4F gegeben sein, also etwa 5 Grad betragen, dazu kommt dann noch die Korrektur durch das Drehmoment. Ich bin mal gespannt, ob das 'Formelwerk' das du oben erwähntest diesen Aspekt berücksichtigt.


    beste Grüße


    Thomas


    p.s. Schwesinger hat mehrere Arbeiten zu verschiedenen Aspekten verfasst. Um zu der weiter oben von dir gezeigte Kräfteverteilung zu gelangen, nach welcher Arbeit bist du vorgegangen, gehen die kompletten Parameter des Meniskus wie Krümmungsradius, Dicke des Spiegels, Gewicht, Elastiziätsmodul, usw. ein?

  • Hallo Kai,


    du schreibst, der Schwerpunkt sei 4mm vom unteren Spiegelrand entfernt.Das ist wenig.Man könnte somit bei der 90° Anordnung bleiben, (wie Seite 3 dokumentiert) und den Spiegel ins labile Gleichgewicht bekommen, wenn man bei den beiden Auflagepunkten eine Metallplatte ankleben würde mit etwas Ueberhang nach hinten.


    Wie brutal diese axialen Kräfte sind hat mir das folgende Experiment gezeigt:


    Spiegel 400/25/f:4.5: Es wurde eine Zugleine, ein Faden an der Stirnseite des Spiegels angebracht.Eine Zugkraft von wenigen Gramm (sorry für die Einheit) genügte bereits, um den künstlichen Stern zu einer Brennlinie zu verzerren.


    Wenn der Spiegel nicht exakt auf der Schwerelinie positioniert war, also oben pendelt zwischen Fallschutzhaken und Wand, konnte man überhaupt keine Messungen machen.


    Gruss Emil


    Hier nur kurz skizziert, wie ich vorgehen würde:
    90° Auflage verfeinern, damit Spiegel exakt auf Schwerelinie liegt. Hinten 18Pt. Plop-Auflage machen. Tester an der Decke montieren (wie Beamer). Spiegel kann dann um 14° gekippt werden, bei einer Zimmerhöhe von 2.5m. Damit greift das Plop bereits.


    Die Zeiss-Schwesinger Lösung ist vermutlich gut im Teleskop, als Teststand sehr aufwändig, erst machen, wenn alle andern Stricke reissen!

  • Hallo Thomas,


    der betreffende Artikel heißt:
    G. Schwesinger (1991) Lateral Support of Very Large Telescope
    Mirrors by Edge Forces Only, Journal of Modern Optics, 38:8, 1507-1516


    Ich kann Dir die Artikel gerne zuschicken, zusammen mit weiteren zu dem Thema.
    Bitte PM an mich. (Gilt auch für andere Interessenten, bitte um etwas Gelduld)


    In dem Artikel steht nicht viel drin, im Prinzip nur, daß es mit einer speziellen Kräfteverteilung möglich ist einen Meniskus gerade zu ziehen. Dafür gibt es Formeln mit freien Aparametern, die optimiert werden müssen.


    Es steht nicht drin, wie man die Kräfte für einen beliebigen Meniskus aus den konkreten geometrischen Daten berechnet.




    Hallo Emil,


    natürlich bekomme ich den Spiegel auf dem +/-45° Teststand ins Gleichgewicht.
    Aber nur insofern, daß der Spiegel zum Betrachter hin geneigt ist.
    Dann ist er oben an der Sicherheits-Klammer kräftefrei.
    Theoretisch könnte man diese Teststand-Verbiegung herausrechnen.
    Praktisch stimmen die Verhältnisse nicht.


    Wenn man keine Briefwaage hat, kann man sich theoretisch auch auf die Personenwaage stellen.
    Einmal mit Brief und dann ohne. Die Differenz ist dann das Briefgewicht.[:D]


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Die Zeiss-Schwesinger Lösung ist vermutlich gut im Teleskop, als Teststand sehr aufwändig, erst machen, wenn alle andern Stricke reissen! <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Die Stricke sind leider schon gerissen. [;)]
    Natürlich werde ich einen Teststand ausprobieren, da die "Turm-Lösung" räumlich zu weit weg ist und damit für den regulären Testbetrieb zu umständlich ist.


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Spiegel kann dann um 14° gekippt werden<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Ja, aber COS(14°) = 0.97 [xx(]
    Das bedeutet, daß immer noch 97% vom Gewicht durch die laterale Lagerung abgefangen werden.


    Viele Grüße
    Kai

  • So, jetzt gibt es wieder etwas praktisch-handwerkliches zu dem Thema.
    Bau des Dummy-Spiegels, oder auf gut deutsch: Attrappe


    Die Frage war: flacher Rücken oder Meniskus?


    Da die Attrappe später auch zum Bau des Teleskops gebraucht wird ist ein Meniskus besser.
    Damit kann die axiale und laterale Lagerung genauer eingerichtet werden.
    Diesen Punkt hatte ich beim Grobschliff des Spiegels nicht bedacht.


    Am einfachten, aber auch gefährlichsten, ist der "Abguß" auf dem Spiegel selbst.
    Material: Glafaser, Epoxidharz und ein Kern aus Styrodur


    Der Spiegel sieht auf den Fotos immer sehr flach aus, aber das stimmt nicht, die "Schüssel" hat eine Tiefe von knapp 28mm.
    Bei einem Handlaminat fließt das Epoxidharz immer wieder in die Mitte zurück.
    Deshalb wird die Form während des Aushärtens rotiert.
    Eine Art "Spin-casting".
    Die passende Geschwindigkeit wird zunächst mit einer Gummi-Kugel bestimmt. Diese muss in etwa liegen bleiben und darf nicht nach innen rollen.




    Dann wird Trennmittel aufgebracht, danach noch vier Lagen Frischhaltefolie.




    Nach den getänkten Glasfaser-Schichten kommt der Styrodur-Kern, geschnitten aus 18mm dicken und 80mm breiten Streifen.



    Die Mitte wird beschwert. Von der Form am besten passt eines der Schleiftools (D=65cm). Dann noch 20kg obendrauf.
    Ein Vakuum-Laminat ist mir hier zu heikel.



    Entformt wird vielleicht am Dienstag. Braucht im Moment wegen der kälteren Temperaturen etwas länger zum Aushärten.


    Viele Grüße
    Kai

  • Hallo Kai,


    vielen Dank für die Infos zu dem Schwesinger Artikel.

    Falls du den Artikel nicht schon kennst, hier ein Link zu einer Studie für dem M2 Meniskusspiegel des geplanten TMT Teleskops



    http://citeseerx.ist.psu.edu/v…31.3082&rep=rep1&type=pdf


    dort wird sehr ausführlich die laterale Lagerung vorgestellt und alle Komponenten der Kräfte (Tabelle 4 und Figure 4) sind angegeben. Die Kraftkomponten parallel zur optischen Achse, also nicht senkrecht zum Meniskusrand sind beträchtlich, bis zu 25 %, der Spiegel ist noch stärker gekrümmt als deiner. Ich denke die Zahlen sprechen dafür, dass die Kraftkomponenten senkrecht zur Spiegeloberfläche an dessen Rand minimiert werden müssen. Vielleicht hilft das Beispiel deine Rechnungen zu prüfen.

    Beste Grüße


    Thomas

  • Danke Thomas,


    für dieses wichtige Fundstück! [:)]


    Wenn ich die Daten in mein Formelwerk eintrage, kommen sehr ähnliche Werte wie in Tabelle (Table 4) heraus.
    Bei den Kräften liegt die Abweichung unter 1%, bei den Winkeln liege ich etwas unter den angegebenen Werten.
    Scheint insgesamt plausibel.


    Werde die Tage noch mal auf Fehlersuche gehen, solche Vergleichsbeispiele sind hervorragend dafür geeignet.


    Viele Grüße
    Kai

  • Hallo Kai,


    schön zu hören, dass du deine Rechungen bestätigt siehst und ihnen voll vertrauen kannst.


    Dann kann es ja weiter gehen, hoffentlich nach Plan ohne weitere unerwünschte Überraschungen.


    beste Grüße


    Thomas

  • Guten Abend,


    die Attrappe ist entformt. Ging problemlos vom Spiegel runter.
    Insgesamt ganz gut geworden, nur der Rand muss etwas nachgespachtelt werden.
    Wiegt 7,4kg. Sehr nützliches Teil[:)]



    Inzwischen steht der Spiegel wieder im Teststand No.1, rückseitig wurde er mit einem Koordinatensystem versehen.
    Das hilft bei der Zonen-Politur und gleichzeitig bei Ankleben der Aufhänge-Klötzchen.


    Es sollen nun 16 Klötzchen werden. Acht waren mir nach einigen Überschlagsrechungen zu wenig.
    Da die Lage kritisch ist, wurden die genauen Abstände am Rand mit ca 0.5mm Teilungsgenauigkeit markiert und unverrückbar als Kerben ins Glas gefeilt.


    Bei der Gelegenheit wurde die Masse und der aktuelle ROC bestimmt.
    Im Moment reichen meine genau abgemessenen Holzleisten aus.


    ROC = 6452mm (Brennweite = 3226mm)


    Masse:


    49,9kg (gemessen) und 49,85kg (berechnet aus Dicke und Durchmesser)



    Wie geht es jetzt weiter?
    Vermutlich langsam...


    Da der Spiegel vermutlich stark überkorrigiert ist, müsste jetzt schon der Offner-Korrektor zum Einsatz kommen.
    Diese Baustelle war eigentlich später vorgesehen.


    Als Teststand kommt über den Winter nur eine Lösung mit waagerechter Messstrecke in Frage.
    Da bleiben Polierzimmer und Messraum in einer Etage und der Weg ist kurz.


    Die senkrechte Variante kann ich mal für Frühjahr/Sommer vorbreiten - dann wird dort auch gleich poliert.
    Anders überlebt der Spiegel das nicht. Es ist jetzt schon grenzwertig was ich einer optischen Fläche bei dem Hin- und Hergewürge zumuten muss.
    Egal, hauptsache kein Bruch. [;)]


    Viele Grüße
    Kai

  • Hallo Kai,


    1.) diesen Gefallen würde ich dem Spiegel nicht antun, er kommt dir ja auch nicht unbedingt immer entgegen. Nur so viel Test-Aufwand machen, dass Fehler herausrechenbar sind und ab Monat Mai letzte Feinretouchen draussen horizontal machen.


    Die Gefahr ist die grosse Menge der Fehlerquellen. Wie z.B, austarieren? Winkel ändern oder Kräfte und welche genau, wenn der Spiegel dann nicht ganz senkrecht steht?


    Da kommt mehr Arbeit auf dich zu als beim VLT. Die haben die ganze Aufhängung nur einmal machen müssen, hier wäre es das Doppelte, Teststand und dann im Teleskop!


    2).Ich würde versuchen, den Spiegel in der Schwerelinie zu belasten, dann kannst du die Winkel etwas vergessen und kannst wie Schwesinger-Zeiss dich mehr um die Kräfte kümmern.
    Nur der liebe Gott weiss bis anhin, ob der Spiegel zurechtgebogen werden muss mit schräger Krafteinleitung, die Option besteht, dass er die Aufhängung im Schwerpunkt verkraftet wie die vorgängigen Dünnlinge, die du gemacht hast.


    3.) Durch Rechnung findet man, dass der COG die Rückseite des Spiegels bei r= 55,4cm durchstösst. Man könnte dort also 16 dünnwandige Rondellen ankleben. Dann hätte man die Krafteinleitung im COG und hätte die Fehlerquelle Winkel ausgeschaltet.


    Die Belastung wäre bei 16 Rondellen je zwischen 1.5 - 4,5kg. Nicht viel. Das gäbe wenig lokale Verzerrung. Aber die Lagerung wäre nicht mehr so genau, wie bei einer Kräfteeinleitung am Spiegelrand, gerechnet nach Schwesinger. Wie korrigieren?


    Falls du schon am Realisieren auf Kurs bist, dann vergiss bitte diese Zeilen, sie wären dann nur eine unnötige Bremse.


    Gruss Emil

  • Hallo Kai,
    wow.
    Hab endlich den Tread gelesen und na ja nicht viel verstanden. Bei dir klingt das aber plausiebel und machbar.
    Ich drück dir die Daumen. Also meine für dich. Deine wirst du brauchen [:D]
    Lass das Spiegelchen nur nicht los. Die Scherben bekommst du nie wieder weg[:I]
    Also viel Erfolg. Ich schaue mir das fertige Teil dann gerne an.
    Gruß Andreas

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!