Nachdem ich nun fast eine ganze Woche damit verbracht habe, die Bilder von einer Canon 5D-Mark4 mit DeepSkyStacker zu verarbeiten, habe ich den Workflow schriftlich festgehalten. In Kurzform: Es geht, wenn man einiges beachtet.
Gruß
Michael
P.S. Die zweite Version ist aktueller, siehe nächster Beitrag vom 11.5.18
Code
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Beschreibung des Workflows für Deep-Sky-Aufnahmen mit DSLR,
unter Verwendung von
-- Canon 6D oder 5D-Mark4
-- Canon Digital Photo Professional 4
-- DeepSkyStacker 4.1.1
-- Fitswork 4.4.7
-- Adobe Digital Negative Converter 10.3.0.933
-- FastPictureViewer Codec Pack 3.8
-- IrfanView 4.44 - 64bit
Michael Koch, 10. Mai 2018
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1. Es werden folgende Aufnahmen gemacht (alle in RAW Format):
-- Viele (>100) Lights, Belichtungszeit typisch 10-30sec, ISO 1600-6400
-- Mindestens 20 Darks, Belichtungsdaten wie bei den Lights
-- Einige Bias, Belichtungszeit 1/100sec, ISO wie bei den Lights und Darks
Bei der Canon 5D-Mark4 kann man auf Bias verzichten, weil deren Inhalt ohnehin
fast null ist.
-- Mindestens 20 Flats gegen den Himmel in der Dämmerung, Blende wie bei den Lights,
(entweder M oder AV, keine Programmautomatik!), Entfernung auf unendlich,
verschiedene Stellen am Himmel, eventuelle Helligkeits-Gradienten werden
herausgemittelt durch unterschiedliche Drehrichtungen der Kamera (d.h. die Kamera
ist nicht auf einem Stativ, sondern wird frei gehalten und verdreht.
Kamera während der Belichtung bewegen, um zu vermeiden dass Sterne oder Vögel
scharf abgebildet werden.
Die Flatfield-Korrektur in DSS funktioniert besser, wenn die Flats
2-3 Blendenstufen überbelichtet sind. Aber logischwerweise nicht soweit
überbelichten, dass im Histogramm schon Pixel in die Sättigung gehen.
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2. Alle Bilder in einen Ordner kopieren und mit IrfanView sichten.
Alle unbrauchbaren Aufnahmen löschen (Flugzeuge, Satelliten, Nachführfehler,
unscharfe Bilder, Bilder mit abweichenden Belichtungsdaten, Testaufnahmen auf denen
der Bildausschnitt noch nicht stimmt).
Die Dateinummern-Bereiche der Lights, Darks, Bias und Flats aufschreiben.
Es ist hilfreich, wenn man im Windows-Explorer die Vorschau-Bilder und
Belichtungsdaten (Belichtungszeit, Blendenzahl, ISO-Filmempfindlichkeit) sehen kann.
Für ältere Kameras genügt das kostenlose Microsoft-Kamera-Codec-Paket:
https://www.microsoft.com/de-de/download/details.aspx?id=26829
Falls dieses Paket die Daten von neueren Kameras (z.B. Canon 5D-Mark4) nicht
anzeigen kann, benötigt man z.B. das FastPictureViewer Codec Pack welches ca. 10 EUR
kostet:
https://www.fastpictureviewer.com/codecs/
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3. Falls DeepSkyStacker die CR2 Dateien problemlos lesen kann (z.B. von der Canon 6D),
dann direkt weiter mit Punkt 4.
Wenn man versucht die CR2 Dateien von der Canon 5D-Mark4 mit DSS 4.1.1 zu stacken,
tritt zunächst das Problem auf, dass bei der Einstellung des Sternerkennungs-
Schwellwertes zwar genug Sterne gefunden werden, aber später bei der Registrierung
werden keine Sterne mehr gefunden.
Dieses Problem verschwindet, wenn man die Bias-Bilder weglässt. Möglichwerweise hat
DSS 4.1.1 ein Problem mit Bias-Bildern, die einen sehr niedrigen Schwarzpegel
(nahe null) haben.
Obwohl DSS 4.1.1 dann scheinbar korrekt läuft und die CR2 Bilder stackt, ist das
Ergebnis-Bild stark farbstichig und ziemlich unbrauchbar.
Daher müssen die CR2 Bilder von der Canon 5D-Mark4 in ein anderes Format konvertiert
werden, bevor sie mit DSS 4.1.1 gestackt werden können.
Es gibt mehrere Möglichkeiten:
a) Adobe DNG (Digital Negativ) ist eine interessante Alternative. Der kostenlose
Konverter wandelt CR2 Dateien verlustlos in DNG Dateien um, die dadurch sogar etwas
kleiner werden.
DSS 4.1.1 kann die DNG Bilder von der 5D-Mark4 stacken, wenn keine Bias-Bilder
verwendet werden. Wenn man Bias-Bilder verwendet, tritt das gleiche Problen auf
wie bei der Verwendung von CR2 Dateien: Bei der Registrierung werden keine Sterne
gefunden, obwohl zuvor bei der Einstellung des Sternerkennungs-Schwellwertes noch
welche da waren.
Nachteil dieser Methode: Es können keine Bias-Bilder verwendet werden (jedenfalls
nicht mit DSS 4.1.1 und wenn die Bilder von einer Canon 5D-Mark4 kommen).
Da der Bias-Wert bei der Canon 5D-Mark4 jedoch fast null ist, ist dies kein
wirklicher Nachteil.
b) Umwandlung in 16-bit TIFF mit Canon's "Digital Photo Professional 4":
Das erste Bild wird ausgewählt, dann auf "Bild bearbeiten" klicken und folgende
Änderugen vornehmen:
-- Bildart "Neutral"
-- Gamma-Einstellung Häkchen bei "linear" setzen. Ich habe überprüft dass die
Konvertierung tatsächlich linear ist.
-- Häkchen bei "Schärfe" löschen
Dann Bearbeiten / Rezept_kopieren.
Dann alle Bilder auswählen und Rechtsklick / Rezept_einfügen.
Dann Datei / Batch-Verarbeitung, als Zielformat 16-bit TIFF einstellen und Ausführen.
Man kann das "Rezept" auch in einer Datei speichern. Damit reicht es, die
Einstellungen einmal vorzunehmen und dann über einen Rechtsklick auf das
richtig bearbeitete Bild abzuspeichern. Für die Zukunft können dann alle
nötigen Bilder markiert werden und das Rezept aus der Datei angewendet
werden über den Kontextmenüpunkt "Rezept lesen und einfügen aus Datei...".
Nachteil dieser Methode: Die Konvertierung dauert sehr lange und die TIFF Dateien
sind sehr groß.
Ich empfehle die Methode a)
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4. DeepSkyStacker wird gestartet.
-- Alle Light's, Dark's, Flat's und Bias in die Dateiliste eintragen.
-- Auf "Alle auswählen" klicken
-- Wichtig: Dateiliste abspeichern, im gleichen Ordner wo die Bilder liegen.
-- Unter Einstellungen / Registrierungs-Einstellungen den Sternerkennungs-Schwellwert
so einstellen, dass mindetens 20 Sterne gefunden werden.
Schieber nach links bewirkt dass mehr Sterne gefunden werden.
Das Häkchen bei "Medianfilter" kann gesetzt sein.
-- Unter Einstellungen / Stacking-Einstellungen folgende Einträge machen bzw. prüfen:
-- Für alle Unterseiten: Häkchen bei "Alle verfügbaren Prozessoren verwenden" setzen
-- Ergebnis
-- Schnittmengen-Modus
-- Bei "Temporärer Dateiordner" ein Laufwerk auswählen, auf dem mehr als
50GB frei sind.
-- Komet
-- Standard-Stacking, wenn kein Komet im Bild ist
-- Light
-- Kappa-Sigma Clipping
-- Kappa: 2
-- Anzahl der Wiederholungen: 5
-- Wichtig: "RGB Kanäle Hintergrund" muss dort stehen
Wenn man da draufklickt, und dann auf "Optionen" klickt, wird eingestellt:
-- Rational (ist nach meinen Tests besser als "Linear")
-- Mittel (ist nach meinen Tests besser als "Minimum" oder "Maximum")
-- Dark
-- Median Kappa-Sigma Clipping
-- Kappa: 2
-- Anzahl der Wiederholungen: 5
-- Flat
-- Median Kappa-Sigma Clipping
-- Kappa: 2
-- Anzahl der Wiederholungen: 5
-- Bias/Offset
-- Median Kappa-Sigma Clipping
-- Kappa: 2
-- Anzahl der Wiederholungen: 5
-- Ausrichtung
-- Automatisch
-- Zwischenbilder
-- Zwischenbilder als TIFF-Datei speichern
-- Kosmetik
-- nichts auswählen
-- Ausgabe
-- Häkchen bei "Ausgabedatei erstellen"
-- Autosave.tif
-- Häkchen bei "Nummerieren um Überschreiben der Datei zu vermeiden"
-- Auf "Ausgewählte Bilder Registrieren" klicken
-- Häkchen bei "Registrieren bereits registrierter Bilder" nur dann setzen,
wenn Bilder verändert wurden.
-- Häkchen setzen bei "Nach der Registrierung stacken"
-- Den Prozentwert eintragen, je nachdem wieviele Bilder vermutlich gut genug sind.
-- Dann auf OK klicken.
-- Abwarten, bis das Bild fertig gestackt ist.
-- Dann DSS beenden. Die weitere Bearbeitung in DSS ist nicht empfehlenswert.
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5. Man kann optional eine bessere Flatfield-Korrektur erreichen, indem man das farbige
Masterflat in ein s/w Masterflat umwandelt. Das geht so:
-- DSS wie oben beschrieben starten und solange laufen lassen, bis das Masterflat
gespeichert wurde.
-- Dann DSS abbrechen, entweder durch klicken auf den "Stop" Button (der eine relativ
lange Reaktionszeit haben kann), oder falls dies nicht gelingt den ganzen Prozess
mit dem Task-Manager (Control-Alt-Entfernen) abbrechen.
-- Das soeben erzeugte Masterflat wird in Fitswork geladen.
-- Bearbeiten / Farb-Bild in 3 s/w Bilder aufteilen
-- Die rot und grün Bilder werden nicht benötigt und können geschlossen werden.
-- Das farbige Original-Bild kann ebenfalls schon geschlossen werden.
-- Das blau Bild wird ausgewählt (Blau war bei meinen Tests besser geeignet als rot
oder grün, was vermutlich daran liegt dass die Flats gegen den blauen Himmel gemacht
wurden)
-- Bearbeiten / Bild nach RGB erweitern
-- Datei / Speichern unter / "Masterflat_blau.tif"
-- Fitswork schließen
-- DSS wieder öffnen. Falls DSS neu gestartet wurde, die Dateiliste einlesen.
-- Alle Flats in der Liste markieren, Rechtsklick, "Von der Liste entfernen"
-- Stattdessen wird das neue Masterflat_blau.tif in die Liste eingetragen.
-- Auf "Ausgewählte Bilder Registrieren" klicken
-- Häkchen bei "Registrieren bereits registrierter Bilder" nur dann setzen,
wenn Bilder verändert wurden.
-- Häkchen setzen bei "Nach der Registrierung stacken"
-- Den Prozentwert eintragen, je nachdem wieviele Bilder vermutlich gut genug sind.
-- Dann auf OK klicken.
-- Abwarten, bis das Bild fertig gestackt ist.
-- Dann DSS beenden. Die weitere Bearbeitung in DSS ist nicht empfehlenswert.
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6. Die Datei Autosave.tif in Fitswork öffnen.
Histogramm anzeigen und die Schieber so einstellen, dass die Gleichmässigkeit des
Hintergrunds beurteilt werden kann. Das Bild sollte jetzt eigentlich schon einen
relativ ebenen grauen Hintergrund haben.
Falls der Hintergrund noch nicht eben genug ist (d.h. falls noch ein Gradient oder
dunkle Ecken sichtbar sind, dann wie folgt vorgehen:
-- Bearbeiten / Ebnen / Hintergrund ebnen variabel
-- Den "Ebnen Radius" auf 10 stellen
-- Den Schieber "Helle Bereiche maskieren" ungefähr in die Mitte stellen
-- Auf "Berechnen" klicken.
-- Falls das Ergebnis noch nicht gut aussieht, die Schieber verstellen und nochmal
berechnen.
-- Wenn das Ergebnis gut aussieht, auf "OK" klicken.
Durch das Ebnen des Hintergrunds kann es sein, dass der Hintergrund jetzt nicht
mehr neutral grau ist. Das erkennt man auch im Histogramm daran, dass die Maxima bei
R, G und B nicht genau an der gleichen Stelle liegen.
Dies kann wie folgt korrigiert werden:
-- Mit der Maus einen kleinen rechteckigen Bereich markieren, der keine Sterne enthält.
-- Rechtsklick auf diesen Bereich, "Statistik für den Bereich anzeigen"
-- Die Mittelwerte für R, G und B notieren. Beispiel: 591.1, 603.4, 644.0
-- Rechtsklick auf den markierten Bereich, "Markierung ausblenden"
-- Bearbeiten / Pixelarithmetik / Wert_addieren und dann die Werte so wählen,
dass R, G und B gleich groß werden. Beispiel: -91.1, -103.4, -144.0
(Der Dezimaltrenner ist ein Punkt, kein Komma)
Nun die Schieber im Histogramm so einstellen, dass möglichst viele Details im Bild
sichtbar sind. Mit dem Schieber unter dem Histogramm kann die Gamma-Korrektur
eingestellt werden. Wenn das Bild gleichzeitig helle und sehr schwache Objekte enthält,
ist ein hoher Gamma-Wert vorteilhaft.
Fertiges Bild als 16-bit TIFF und als JPG abspeichern.
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