Beobachtungen mit Schülerteleskopen

  • Hallo Astrogemeinde,


    dies ist mein erster Beobachtungsbericht.
    Will bei der Gelegenheit mal eine Lanze für die Schülerteleskope brechen und beschreiben, was ich in diversen Nächten mit solchen Instrumenten beobachtet habe.
    Ich möchte damit einen Anreiz geben, nach eventuellen ersten Mißerfolgen mit einem solchen Gerät, dieses nicht sofort in die Ecke zu schmeißen und sich für viel Geld ein High-end-Teleskop zu kaufen. Möglicherweise unterschätzt man die Schwierigkeit des Auffindens z.B. kleinerer oder lichtschwächerer Objekte, obwohl solche auch mit Kleinstteleskopen gesehen werden können.
    Da ich selber relativer Neuling auf dem Gebiet der Astronomie bin, kann ich hier aus eigener Erfahrung berichten. Auch ich kaufte mir, nach frustrierenden Nächten mit zwei „Billigteleskopen“, ein größeres (zugegebenermaßen aber auch noch preiswertes) Teleskop, habe aber seit dem fast ausschließlich mit den beiden Kleinen beobachtet. Damit konnte ich einfach spontaner „mal eben rausgehen“.
    Will nicht sagen, daß die Anschaffung des Größeren (einem 130/650er Newton) umsonst war, aber tatsächlich habe ich mit meinen Schülerteleskopen dann doch noch Objekte gesehen, die mir allenfalls Lust auf mehr Öffnung machten.


    Hier geht es um folgende Instrumente:


    - Einem 76/700er Newton (einem sogenannten „Tchiboskop“) und
    - einem 60/700er FH („Visiomar Astroskop“, vermutlich baugleich mit dem Aldi-Refraktor)
    - Zubehör: 12er und 6er Super-Plössel, UHC-Filter


    ZU DEN SICHTUNGEN (Ort: Ruhrgebiets-Vorstadt, Hinterhof)


    Eines der Highlights im 60ER REFRAKTOR war z.B. der ORIONNEBEL M42, den ich bei sehr guter Durchsicht (habe es nicht überprüft, aber ich schätze über 5m) aus dem offenen Zimmerfenster (!) am 19.10.04 beobachtet habe. Bei 35x konnte ich die Dunkelwolken erkennen die einen guten Kontrast zu dem übrigen Nebel bildeten. Das war ein echtes Aha-Erlebnis!


    Am 12.12.04 sah ich mit dem gleichen Instrument die Cassini-Teilung des Saturn bei ca. 116x mit einem 6mm Super-Plössel-Okular. Saturn lag deutlich und wie gemalt vor dem schwarzen Hintergrund. Seeing fast Null.


    Schwierig - aber möglich - waren meine ersten Deep-Sky-Sichtungen mit diesem Instrument: Dabei handelte es sich um M81 im Sternbild GROSSER BÄR, die ich mit dem ESKIMONEBEL NGC 2392 im Zwilling (2. Anlauf) am 31.03.05 sah. Dabei war M81 so diffus, daß ich sie beim Darüberfahren nicht entdeckte. Ich musste mit Star-Hopping und Gradeinschätzung die vermeintliche Stelle anvisieren und mich dann auf das Feld konzentrieren. Irgendwann sah ich sie indirekt, und später auch direkt. Mit 56x und einem 12,5er Huygens-Okular. Ich konnte die offene Lage erkennen, aber die Verdichtung zur Zentralregion ging in diesem diffusen Wattebällchen unter.


    Der ESIMONEBEL war etwas einfacher zu finden und auch leichter zu sehen. Bei 35x und einem 20er Huygens-Okular habe ich ihn zuerst für einen Stern gehalten. Aufgrund der Sternenkarte vergrößerte ich aber die Region auf 116x und ein verschwommenes Fleckchen wurde erkennbar!
    Für beide Objekte - M81 und NGC 2392...o.k. und nochmal kurz Saturn, mit Ringschatten auf Oberfläche(!) - habe ich knapp 2 Stunden benötigt. Wobei mir Saturn eine Zeit lang die Orientierung nahm, weil ich auch ihn für einen Stern gehalten habe (Anfänger halt...).


    Mit dem 76/700ER NEWTON schaute ich mir M81 und NGC 2392 in der Nacht vom 01. zum 02.04.05 nochmal an. Grenzgröße ca. 4,5m. Hatte mir inzwischen auch ein 12er Super-Plössel-Okular besorgt, was ein größeres Sehfeld bringt.
    Aufgrund dessen sah ich diesmal nicht nur M81, sondern auch M82 (die aus Helligkeitsgründen im 60er Refraktor nicht zu sehen war). Beide standen in EINEM Feld (super Anblick!) und diesmal war bei M81 auch eine Verdichtung zur Zentralregion zu erkennen. Und wenn ich es mir nicht eingebildet habe, wage ich zu sagen, daß ich bei M82 indirekt dunkele Strukturen erkennen konnte. Die verschiedenen Öffnungen der Galaxien waren erkennbar.


    Desweiteren sah ich in dieser Nacht den Kugelsternhaufen M13 im HERKULES. Mit 6er Super-Plössel-Okular (ca. 116x) war der schon relativ groß zu sehen, wenn auch nicht aufzulösen. Eventuell sah ich eine Granulation, bin mir aber nicht sicher. Vielleicht hat ja jemand Vergleichsbeobachtungen mit dem Tchiboskop gemacht?!


    Der RINGNEBEL M57 in der Leier war im 76er Newton deutlich zu sehen. Ich benutzte dafür einen UHC-Filter und mit indirektem Sehen erkannte ich sogar die Ringöffnung bei ca 58x (SP 12mm)! Mit 6er SP waren wieder weniger Details zu erkennen.


    FAZIT


    Will nicht sagen, daß dies entspanntes Beobachten war (glotzte mir ziemlich die Augen raus, und irgendwann fing auch der dunkle Hintergrund an zu granulieren) aber ich habe diese Objekte gesehen. Und das mit Ausrüstung für ca. 250 Euro. Allerdings hat es etwa ein Jahr gedauert, bis ich mich mit den Größen- und Lichtverhältnissen am Himmel angefreundet hatte. Schätzte Sternbilder immer zu klein und Deep-Sky-Objekte als zu deutlich ein. Wichtig ist auch zu wissen, wie groß die entsprechenden scheinbaren Gesichtsfelder der Okulare sind. Das hat mir sehr geholfen.


    So, das reicht jetzt auch für heute. Bleibt mir nur noch eins zu sagen:
    Wichtiger als Öffnung finde ich es, die Sichtbarkeit von Objekten einschätzen zu können. Also an alle Schülerteleskop-Besitzer: Nicht aufgeben!

  • Hallo Carsten,


    ein sehr schöner Bericht, der zeigt, dass jedes Teleskop seinen Himmel hat! Hat jedenfalls viel Spaß gemacht, deinen Beobachtungsbericht zu lesen! Mehr davon!



    Gruß und CS
    Peter

  • Hi Carsten!


    Schöner Bericht, muss ich sagen!
    Finde ich gut, dass Du die Möglichkeiten darstellst, die auch mit kleineren Teleskopen machbar sind. Vor allem kann man mit den Kleinen einige Erfahrungen sammeln, was das Auffinden von Objekten angeht usw. Ähnlich ging es auch mir. Gestartet mit dem Lidl, bin ich jetzt stolzer Besitzer eines 8" Dobson. Das schöne dabei ist ja, dass man bestimmte Objekte (Aha-Erlebnis war bei mir M13) erst im kleinen Lidl und dann im 8" sieht. Bei dem Anblick war mir klar, dass ich nicht einen Cent bereuen würde, den ich in den Dobson investiert habe.


    Gruß
    Michael

  • Hi, Carsten!


    Ein klasse Bericht, den du da abgeliefert hast! Das macht Einsteigern mit einfachen Geräten doch Mut! Ich habe neulich erst wieder gestaunt, was der Lidl Refraktor mit einem 10er SP (70x) am Jupiter doch zeigt...
    Man soll den Spass eben nicht unterschätzen, ein Deepsky-Objekt erstmals "entdeckt" zu haben trotz schwieriger Bedingungen. Der BeobachtungsGENUSS stellt sich natürlich erst bei größerer Öffnung ein.
    M42 und M13 z.B. waren mit 8 Zoll gegenüber 4,5 Zoll für mich eine Offenbarung! Aber wie habe ich mich auch gefreut, als ich nach anfänglichem Misserfolg erstmals M27 auffand mit meinem 114er Newton! Man soll nie vergessen: jedes Teleskop hat seinen Himmel!


    CS!
    Rainer

  • Hallo, Carsten,
    toller BB den du Verfasst hast.
    Kann mich Michaels Stellungnahme nur anschliesen.
    Habe mit einem Astroscan begonnen (4" Kugeldob) und inzwieschen einen 14,5" der aber nur auf den Treffen raus darf.sonst beobachte ich mit einem 8" Galaxy Dobsen.
    Gruß Bernhard

  • Hallo Carsten,
    herzlichen Dank für Deinen Bericht auch von mir. Ich habe ein 114/900 Newton und habe damit in den letzten Tagen mehrfach den Eskimonebel angesteuert. Er ist im Moment ja leicht zu finden, da Saturn dicht dabeisteht (1.1° südlich). Ich habe ebenfalls nur ein diffuses Scheibchen sehen können, allerdings war es leichter zu finden. Deine Schilderung hat mir erspart, selbst die Frage ans Forum zu stellen, ob mit einem solchen Einsteigerteleskop tatsächlich keine Struktur im Eskimonebel zu erkennen ist (kein Kern, kein Ring, keine "Kapuze"). Auch der Einsatz des neu erstandenen UHC-Filters von Baader hat nichts gebracht, außer daß der Hintergrund dunkler wurde. Allerdings habe ich in meinem Garten mit Straßenlaternen und Lichtern aus den Fenstern der Nachbarn zu kämpfen, d.h. die Dunkeladaption gelingt nicht wirklich. Wenn sich die Gelegenheit bietet, will ich es mal auf dem freien Feld versuchen. Bei Erfolg berichte ich vielleicht ebenfalls.


    Viel Erfolg und klare, dunkle Nächte wünscht Michael.

  • Hallo Michael,


    wie hoch hast du für den Eskimonebel vergrößert? Der verträgt nämlich schon hohe Vergrößerungen, am besten über 100fach. Mit meinem 8"-Dobson kann ich ein blaugrünes Scheibchen mit hellem Kern ausmachen. UHC bringt bei mir mehr Kontrast, aber keine weiteren Details.
    Für Kapuze und Eisbärzähne-Halskette brauchts dann aber schon einen ausgewachsenen Lichteimer [;)]


    Gruß und CS
    Peter

  • Hallo Peter,
    vielen Dank für Deine Antwort. Ich habe am 1.4. und am 3.4. nach dem Eskimonebel geschaut. Am 3.4. war er deutlich besser zu sehen. Ich habe mir notiert V=100, erinnere mich aber, daß ich auch höhere V versucht habe. Hat aber nicht mehr gebracht. Das liegt aber möglicherweise an der schlechten Dunkeladaption in meinem Laternen-erleuchteten Garten. Trotzdem weiß ich jetzt, daß es sich lohnt, mal aufs Feld zu gehen, um es nochmal zu versuchen. Ein bißchen was könnte noch gehen. Einen Spechtelplatz in der Nähe außerhalb des Orts habe ich schon gefunden. Mal sehen, wie der sich bewährt.


    Die blaugrüne Färbung hatte ich mir übrigens auch notiert. Geht also!


    Danke und ebenfalls (möglichst bald wieder) CS, Michael

  • Hallo Astrotreffer,


    vielen Dank für Eure positven Rückmeldungen und vergleichenden Beobachtungen. So kann ich direkt sehen, was mein Equipment im Vergleich zur "nächsten Klasse" bringt. Habe bisher z.B. von LIDL-Refraktor überwiegend Gutes gehört und auch der 114er Newton soll DAS Einstergerät sein.


    AN RAINER


    Ich werde auch mal den HANTELNEBEL M27 versuchen. Der ist ja immerhin fast 9x größer als der ESKIMONEBEL (bin gespannt...). Allerdings werde ich dafür wohl noch etwas warten müssen, oder ich bemühe mich (wie in der Nacht vom 01. zum 02.04.05) nochmal sehr spät raus.


    AN MICHAEL55PLUS


    Ich habe auch den Baader UHC-S Filter und habe am M57 (ebenfalls ein Ringnebel wie der ESKIMONEBEL...oder?) ähnlich mangelhafte Kontrastverstärkung beobachtet. Liegt das am Spektrum von Ringnebeln? Und wenn, ja, welche Objekte kämen für diesen Filter in Frage?
    Ach ja: Auch ich habe vom Hinterhof aus beobachtet. War allerdings so spät draußen (2.40 - 4.00 Uhr)daß mich die Nachbarn nicht mehr gestört haben (nur noch eine Laterne). Spät beobachten lohnt sich in diesem Fall (wenn man am nächsten Tag nicht früh raus muß).
    Bin gespannt, ob Du vom Feld aus mehr Strukturen im ESKIMO sehen kannst...


    Nochmals danke an alle.

  • Hallo Carsten,
    schau mal bei Binoviewer nach: http://www.binoviewer.at/testberichte/nebelfilter.htm.
    Das ist ein Vergleich von verschiedenen Filtertypen, darunter drei UHC-Filter, leider nicht der UHC-S von Baader. Die Vergleiche werden unter Stadt- und Landbedingungen gemacht an verschiedenen Objekten, unter anderem dem Hantelnebel und dem Ringnebel (paßt doch [:D] ).
    Die Teleskope gehören alle in die Einsteigerklasse. Danke an dieser Stelle an Binoviewer, von dessen Seiten ich viel gelernt habe. Ich entnehme dem Test, daß die Schmalbandfilter wie der UHC sehr wohl was bringen können, aber nicht an allen Nebeln gleich. Das hängt wohl auch sehr von dem emitierten Spektrum des jeweiligen Nebels ab. Beim Eskimonebel bringt der Filter wohl nicht so rasend viel, wie Peter schon schrieb. Generell darf man wohl keine Wow!-Effekte erwarten. Eher kommen ein paar feine zusätzliche Details heraus, was zu erkennen aber wohl Beobachtungserfahrung voraussetzt, die ich noch nicht habe. Außerdem natürlich eine gute Dunkeladaption[8D], die bei mir im Garten leider auch fehlt. Vielleicht kannst Du ja Binoviewers Ergebnisse an den beiden Nebeln bestätigen oder ergänzen. Ein Bericht Deinerseits würde mich interessieren.


    Darauf zu warten, daß die Nachbarn pennen, bringt bei mir nicht viel. Mein Haus steht auf einem Eckgrundstück und wird direkt von zwei Laternen beschienen, weiter weg von drei zusätzlichen Funzeln erreicht und die streunenden Katzen sorgen auch immer wieder für minutenlange Beleuchungsorgien von diversen Hauseingangsbeleuchtungen. Davor ist man leider auf dem Land sowenig sicher wie in der Stadt. Der dunkelste Platz ist auf der Terasse, aber die ist aus Holzplanken und das wackelt![V] Generell geht es aber schon, die Planeten, den Mond, und schöne Sternenhaufen wie zum Beispiel Präsepe im Krebs (wunder-,wunderschön) oder die Plejaden (auch super) zu genießen. Auch Saturn mit zwei seiner Monde (Titan und Rhea) und einem Hauch -eher Häuchchen- von einem Wolkenband ging schon (am 03.04.), sowie ein Prachtsjupiter. Und tags geht natürlich die Sonne.


    Auf den Test im freien Feld werde ich wohl noch ein Weilchen warten müssen. Die Sonne guckt zwar ab und zu schon durch, aber die Voraussage ist leider anders.


    Beste Grüße und viel Freude und Erfolg beim Spechteln wünscht Michael


    P.S.: Hier habe ich noch einen Testbericht zum UHC-S von Baader gefunden: http://www.geocities.com/lotharsinger/Berichte/BB_220804.htm

  • Gruezi Michael,


    schönen Dank für die beiden Verlinkungen. Bei LOTHAR SINGER kommt der Filter ja ganz gut weg (habe mein Geld vielleicht doch richtig investiert). Den BINOVIEWER-Test muß ich mir noch zur Brust nehmen, werde Dir aber (sobald sich die Wolken dazu entschließen zu verschwinden und ich bis 3.00 Uhr durchhalte) meine Erfahrungen mit dem HANTELNEMBEL M27 mitteilen und auch noch mal einen Blick auf den RINGNEBEL M57 werfen (vielleicht sehe ich die Öffnung ja mal deutlicher).

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