Liebe Sternfreunde,
ich bin Ben noch ein Versprechen schuldig und möchte es heute, da der Schwan langsam wieder gut beobachtbar im Zenit zeigt, einlösen.
Letztes Jahr sollte ich für Christophers Recherchen zu Sternassoziationen die Cygnus-Wolke mit meinen mittleren Öffnungen durchpflügen. Dafür eignet sich hervorragend die Detailkarte 1 im isDSA (nein, ich bekomme kein Geld von Ronald [;)]).
Beim Blick auf die Objektbezeichnungen - überwiegend Dolidze-Haufen – stellte sich bei mir zu Beginn etwas Widerwillen ein. Dolidze-Sternhaufen sind dafür bekannt, dass deren Mitglieder sich kaum vom Umfeld abheben und nur mit viel Phantasie als Sternhaufen erkannt werden können. So war es auch. Aber daran waren sicher meine verwendeten Öffnungen von 8" und 12" Schuld, kleinere Teleskope sind hier sicherlich förderlicher. Dennoch beobachtete ich die Region in zwei Nächten mit wachsender Begeisterung und möchte Euch hier die Objekte vorstellen, die mich am meisten beeindruckt haben (Bildquellen jeweils: Aladin lite / DSS2):
<font color="orange">NGC 6910</font id="orange">
Sternhaufen / R.A. 20h23m08s / Dekl. +40°46'30" / Größe 8'x 8' / Entfernung 5.000 Lj. / 50 Mitglieder
Seinerzeit der Ausgangspunkt meiner Reise. Der Sternhaufen ist sicher kein Exot, aber ganz eindeutig ein Hidden Champion.
In Aufsuchvergrößerung fiel mir eine gebogene Linie feiner Sterne zwischen zwei hellen Sternen auf. Bei 70-fach wurde der Haufen interessanter, 11 schwächere Sterne standen so um die beiden helleren, dass der Eindruck eines Schaukelpferdchens auf zwei Rädern entstand. Und da hat´s bei mir geklingelt! Mathias hatte den Rocking Horse Cluster nämlich ein paar Wochen vorher mal empfohlen, aber ohne die NGC-Nummer zu nennen.
<font color="orange">Feibelmann 1</font id="orange">
Sternhaufen / R.A. 20h17m47s / Dekl. +38°02'00" / Größe 5'x 5'
Feibelmann 1 ist ein interessanter Sternhaufen (oder Sternmuster?), der sich im Glanz des 4m9 hellen Sterns P Cyg versteckt. P Cyg ist ein eruptiv-veränderlicher blauer Hyperriese vom Spektraltyp B2 und einer der hellsten Sterne unserer Milchstraße.
Mit 12" und 70-fach sah ich ein eigenartiges asymmetrisches und nicht so recht greifbares Glimmen ähnlich einem schwachen Reflexionsnebel um diesen Stern. Ab 240x traten erste kleine Lichtpünktchen im Osten und Süden aus dem Hintergrund hervor. Mir hat das Versteckspiel gut gefallen.
<font color="orange">Barnard 145</font id="orange">
Dunkelnebel / R.A. 20h02m48s / Dekl. +37°40'00" / Größe 35'x 6'
Der Nebel wirkt auf Fotos recht unscheinbar, ich fand ihn aber sehr auffällig mit 8" und 12" mit gut sichtbaren Rändern. Im Nebel selbst soll sich ein Dolidze-Haufen verstecken. Den habe ich wohl übersehen
<font color="orange">Dolidze 1a</font id="orange">
Sternhaufen / R.A. 20h09m43s / Dekl. +36°30'10" / Größe 4'x 4'
Hey, juhu, hat es doch ein Dolidze-Haufen unter die Top 5 geschafft
Der in unmittelbarer Nachbarschaft stehende Dolidze 1 war schon ein Burner unter den Haufen dieses Katalogs, der Haufencharakter war ausnahmsweise recht schnell erkennbar, bei Dolidze 1a hatte ich dann eigentlich nichts erwartet, deutet das „a“-Anhängsel doch meist auf etwas noch Schwächeres hin. Aber weit gefehlt.
Mit 12“ und bei 70-fach bildeten 5 Sterne eine Ostwest gezogenen und nach Norden gebogene Kette. Im Osten bilden gut 5 Sterne eine Art Pfeilspitze, ich sah also einen geschwungenen Pfeil. Bei 110-fach kamen noch einige schwächere Vertreter hinzu. Der mit Abstand auffälligste Dolidze und visuell deutlich markanter, als auf dem DSS-Bild zu erkennen. Ach was, DSS habe ich weg gelassen, weil man ihn da eigentlich nicht erkennt.
<font color="orange">Teutsch 8 </font id="orange">
Sternhaufen / R.A. 20h02m26s / Dekl. +35°18'34" / Größe 1'x 1' / 8 Mitglieder
Zeichnung: Mathias Sawo mit 10" und 357-fach, Norden ist oben, Osten links
Ganz am Ende der Nacht und nach dem vergeblichen Versuch, den Tulpennebel Sh 2-101 zu erhaschen, schwenkte ich zu diesem Haufen, der zum Highlight der beiden Nächte wurde. Mit 8" bildeten vier gleichhelle Sterne eine "Box". Beim Höhervergrößern hatte der Haufen eine kleine Überraschung für mich parat. Dann bildete sich westlich nämlich ein leichter nebliger kurzer Schweif. Ich vermute in der ersten Nacht 2 bis 3 schwächere Sterne, die ich aber nicht auflösen konnte. In der zweiten Nacht mit 12" und 240-fach wurden westlich dann tatsächlich drei ganz schwache Sterne sichtbar, die eine gerade Kette nach Südwesten bildeten. Robert hat mit 8" in der Box natürlich sofort einen Zweifachstern erkannt. Das habe ich leider total übersehen. Aber wie gesagt, der Schwan ist wieder im Kommen …
Hier noch eine Gesamtübersicht:
Beste Grüße
Rene
PS: Wer mehr über die Cygnus-Sternwolke erfahren möchte, dem empfehle ich einen Blick auf die <u>Seite von Johannes</u>