Billigschrott für Einsteiger...muss das sein?

  • Hallo zusammen,


    nachdem die Wogen schon deutlich höher gehen, möchte ich einmal einige Punkte zum "Nachdenken" in den Raum, respektive zur Diskussion stellen:


    - ein Händler betreibt sein Unternehmen mit der Absicht der Gewinnerzielung; davon geht auch das Finanzamt aus; wenn er dies dauerhaft nicht schafft, muss er den Laden dicht machen; er macht dies auch nicht aus Langeweile, sondern weil er seinen Lebensunterhalt damit bestreiten möchte;
    - die Mehrzahl der Menschen kaufen keine Produkte, sondern Rabatte/Schnäppchen, etc.
    - was sich am Anfang als "gute Ausrüstung" darstellt, muss mit sich verändernden Ansprüchen nicht mehr gut sein
    - der Rat von Personen aus der Gruppe "der kennt sich aus, frag den mal" muss nicht zwangsläufig besser sein, als ein Rat eines Händlers; nebenbei: womit kennen sich denn die Personen aus dieser Gruppe aus ?
    ich habe schon öfter amüsiert zugeschaut, wenn "Auskenner" einem Neuling den Spiegel dejustiert haben;
    - für viele Menschen spielt es (immer noch) eine Rolle, dass das betreffende Gerät einen klangvollen Namen hat, möglichst gross ist, etc.; Ähnlichkeiten mit Kartenspielen aus der Kindheit (ihr wisst schon, diese "Quartett-Spiele")) sind durchaus gegegben; "dick und lang" stechen meistens; einem Amateurfotografen gegenüber habe ich einmal die ketzerische Aussage gemacht, dass die Frage nach "Leica" oder "Nikon" unerheblich ist, wenn die Kamera sowieso nur im Schrank steht;
    - damit kommen wir zu der Frage: was möchte jemand mit seinem Teleskop machen ? ein Anfänger kann diese Aussage im Normalfall nie ernsthaft beantworten; wenn ich mir dazu dann die Masse an Teleskopen der Reihe "dick und lang" mit ihren "Benutzern" anschaue (ich nenne sie liebevoll "Bierflaschen-Astronomen"), kann ich mir ein Grinsen nicht verkneifen;


    ABER: in der Summe ist zu sagen: alle haben ihre Freude daran und darauf kommt es uns doch an ... oder nicht ?
    Daher ist aus meiner Sicht die Diskussion über "Billigschrott" oder "hochwertige Optik" genauso wertfrei, wie die Diskussion, ob ein Essen bei Lafer besser als ein Essen bei BurgerKing ist.


    Grüsse,
    Radioman

  • Hallo Radiomann,


    wenn du den Thread gelesen hättest wüsstest du, dass es hier um Werbetexte geht, die nicht den Tatsachen entsprechen und um Werbeformulierungen, die aus meiner Sicht dem Unerfahrenen etwas vorgaukeln, was nicht ist und geeignet sind diesen Personenkreis über den Tisch zu ziehen. Was kann man tun, um von sogenannten Fachleuten nicht angelogen zu werden? Bei ausgemachten Schrottartikeln liest man zuweilen wahre Lobeshymnen über die exzellenten Eigenschaften des Gegenstands. Sind das Erscheinungen, mit denen man sich abfinden muss?


    Grüße


    Kurt

  • Hallo Kurt,


    Ich darf Dich beruhigen, ich bin des Lesens mächtig und habe mir auch die Zeit genommen, den Thread zu lesen.
    Ich hoffe, Du fühlst Dich in meinem Beitrag nirgendwo angesprochen.


    Was ist der Unterschied zwischen "Werbetexten, die nicht den Tatsachen entsprechen" und gut gemeinten, aber subjektiv geprägten Ratschlägen von "Auskennern" ? Einzig die Gewinnerzielungsabsicht ? Und ist eine subjektive Aussage bei fehlender Gewinnerzielungsabsicht automatisch ohne schädigende Wirkung ?


    Enthält ein Werbetext nachweisbare Fehler, ist die Lage klar. Aber bitte daran denken, dass Bewertungen wie "bestens geeignet für", "erstklassiges System" u.ä. nicht juristisch belastbar sind. Man könnte auch sagen, sie sind "Geschmackssache".
    Ein Gerätepreis ist immer mit Kompromissen verbunden. Je niedriger der Preis, desto mehr Kompromisse sind darin enthalten. Warum soll ein Niedrigpreisgerät mit den Worten beworben werden: "unbefriedigende Abbildungsleistung, chromatische Fehler sind deutlich sichtbar, die mitgelieferte Montierung ist bewegungsfreudig" ? Es soll verkauft werden. In einem Werbetext für einen Newton sind die systembedingten Abbildungsfehler auch nicht explizit aufgeführt !


    Es geht mir doch nicht darum, irgendjemandem auf die Zehen zu treten. Irgendwo hab ich einmal gelesen, "jedes Teleskop hat seinen Himmel". Gilt das nicht (mehr), war dies Teil eines Werbetextes oder ... ?
    Ob ein Gerät ein "Schrottgerät" ist, kann eigentlich nur der neue Eigentümer beurteilen. Wenn er seine Freude daran hat, dass es schön sauber in der Schrankwand "Eiche-Rustikal" steht, ist es doch ok. Wenn er es zur Beobachtung von Kugelsternhaufen verwenden will und die Ergebnisse mit den Aufnahmen von Hubble oder ESO vergleicht, wird er zum Denken angeregt: warum ist der Unterschied so, was will ich eigentlich, u.s.w. ?



    Nebenbei:
    Mein erstes Teleskop war von Quelle. Ich hatte als kleiner Junge einen Riesenspass damit. Mehr als den Mond konnte man nicht damit beobachten, es war billig und damit als "Testinstrument" (macht es dem "Kleinen" Spass oder nicht ?) ideal. Ich habe die Werbeaussagen von damals natürlich nicht mehr zur Hand. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie heute in diesem Thread auch unter der Rubrik "Werbetexte, die nicht den Tatsachen entsprechen" laufen würden. Aber es ist kein Schaden entstanden !


    Um nochmal auf Deine abschliessende Frage zu kommen: Wenn eine Flasche Wasser verkauft wird, die gemäss Werbeaussage einen Liter Mineralwasser enthalten soll, aber in Realität mit einem halben Liter bräunlicher "Bachbrühe" gefüllt ist, muss man dies nicht hinnehmen. Wenn ich der Meinung bin, dass das Mineralwasser von bescheidener Qualität ist und ekelhaft schmeckt, muss ich es hinnehmen, dass es im Werbetext als wohlschmeckt angepriesen wird (solange es sich tatsächlich um Mineralwasser handelt, aber dies ist messbar !).


    Unaufgeregte Grüsse,
    Radioman

  • Gerade aus aktuellem Anlass zum Thema "Fachhaendler" und die beratenden Spezialisten.


    Vor einigen Wochen las ich auf Ebay UK eine Anzeige ueber einen 114/1000er Catadiopt von Towa/Tanzutsu. Da mir der in der Klassikersammlung noch fehlt, hatte ich Interesse (und ich weiss, dass das Ding nicht viel taugt). Mit Erstaunen las ich in der Anleitung, dass der Verkaeufer (selbst kein Hobbyastronom) sich bei einem englischen Haendler Rat gesucht habe, und das sei wahrscheinlich ein Maksutov-Cassegrain. Nun, "Schmidt Newton" haette ich als Fehlklassifikation ja noch durchgehen lassen (der Unterschied von Schmidtplatte zur Planglasscheibe ist visuell so gut wie nicht erkennbar), aber eine Maksutovplatte ist stark gekruemmt und -hoppla- ein Cassegrain mit Einblick oben seitlich ? Ein anderer Ebay-User hat den Verkaeufer schon darauf hingewiesen, dass das wohl etwas Anderes sein koennte. Er waere also zu seinem Fachhaendler zurueckgekommen, der ihm versicherte, dass es ein Maksutov-Cassegrain sein muesse!


    Der Laden hat gestern dichtgemacht.


    Wie auch ein (inzwischen aufgegebener) deutscher Laden im Berliner Raum vor einigen Jahren, dessen Fachberater Dinge sagten wie "Der Meade-SC ist deshalb so gut, weil der Spiegel Pyrex-geschliffen ist ...". Also sorry, ganz ohne Kompetenz geht es nicht.


    Wenn Haendler, die von einfachsten Konzepten der Astrooptik keine Ahnung haben, Einsteigern etwas verticken, dann kann das nur in die Hose gehen. Zum Glueck schlaegt hier meist die Evolution zu.

  • Hallo Andreas,


    ich verstehe die Argumentation jetzt nicht ganz. Ich habe das jetzt hier irgendwie so mitbekommen, daß man als Anfänger die verschiedenen Angebote nicht einordnen kann, weil nach Ansicht etlicher Forenmitglieder die Werbung irreführend ist. Dem könnte man ja abhelfen - z.B. indem Forenmitglieder jede Woche öffentlich über die irreführenste Werbung abstimmen, und dann in einer Tabelle aufführen, welche Firma wie oft "gewonnen" hat.
    Du bietest jetzt als Erklährung den "Raubtierkapitalismus" an. Das verstehe ich nicht. In wie weit siehst Du in unserer Branche die Kriterien für "Raubtierkapitalismus" gegeben? Gibt es für unserer Branche Ausnahmen, die aus der sozialen Marktwirtschaft in Deutschland in unserem Bereich einen Raubtierkapitalismus machen? Wenn ja, was wäre die Lösung? Gibt/Gab es in einem Staat mit differierendem Marktmodell (z.B. Sozialismus/Kommunismus) einen besseren/schnelleren Zugang zu astronomischen Gerätschaften für Amateure, den man übernehmen könnte? Wenn ja, in welchem Preisbereich liegt/lag ein Teleskop in diesem Staat (in % des Durchschnittsgehalts)? Wie können wir das auf uns übertragen?


    Neugierige Grüße und clear skies


    Tassilo

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