Widefieldfotografie bei starker Lichtverschmutzung

  • Hallo Gemeinde,


    Hintergrund, ich bin aktuell dabei, die wenigen Wolkenlosen Nächte zu nutzen, mich mit dem Staradventurer vertraut zu machen (als GoTo-verwöhnter User muss man da doch einiges "mehr" können, sprich, wenigstens die einfachen Dinge am Himmel zu erkennen). Da ich in wenigen Wochen für einen Kurzurlaub ins Engadin fahre und mich dort nicht mit Kleinigkeiten rumärgern möchte (ich erwarte doch -10 bis -15°C), geh ich aktuell also auch trotz Weihnachtsbeleuchtung und Vollmond auf die Terasse. So wieder gestern Abend.


    Verwendet wurde als Kamera die EOS6D von Canon, als Nachführung der Star Adventurer von Skywatcher. Der SA wurde auf Polaris ausgerichtet und ohne Autoguiding betrieben, als Objekt habe ich die allseits beliebte (und leicht zu findende) Andromeda-Galaxie ausgewählt. Die Bedingungen waren wie bereits angesprochen wenig erfolgsversprechend, der Mond laut Stellarium zu 99.7% ausgeleuchtet, die Fichte vor dem Gartem vom Nachbarn mit Glühbirnen geschmückt, und ja, mea culpa, auch in meinem Garten leuchtet der eine oder andere Baum. Es war also reichlich künstliches und natürliches Streulicht vorhanden.
    Egal, man übt des Übens willen, also nach dem einordnen mal eine Bildserie eingestellt:


    40 x 2'30"
    ISO 500
    Blende auf 3.2 (verwendetes Objektiv: Canon 100mm f2.8 USM Makro)
    10 Darkframes
    10 Flatframes


    Nachdem ich alles eingestellt habe, bin ich in die warme Stube und hab den Hobbit geschaut.


    Nach dem Film dann erstmal die Ernüchterung, die Lights waren alle mehr oder weniger komplett weiss auf dem Bildschirm der EOS. Naja, egal, trotzdem mal in DSS eingelesen, sah da gar nicht so schlimm aus. Nächste Ernüchterung, die Flats waren aufgrund zu kurzer Belichtung völlig unbrauchbar. Da die Kamera noch exakt so aufgestellt war wie ich sie gestern verlassen habe, heute nochmals Flats aufgenommen, mit manueller Belichtung.


    Was ich also plötzlich hatte, waren Bilder unter grauseligen Bedingungen aufgenommen, und Flats die wohl keine Flats waren. Da habe ich mir gedacht, warum nicht einfach das beste daraus machen, und einen kleinen Test starten.


    "Kann ich auch unter schlechten Bedingungen einigermassen anständige Widefield-Aufnahmen machen?"
    Nun, für mich muss ich sagen, JA, warum auch nicht?


    Was sagt ihr dazu?


    Anbei die Bilder, gerne dürft ihr euch selber ein Urteil bilden:


    Erstmal ein Einzelframe (Lightframe): Ich habe wie gesagt 40 Bilder a 2.5 Minuten aufgenommen, jedoch nur 16 Lightframes verwendet (irgendwann ging nämlich noch das Licht auf der Terasse an, diese Bilder wollte ich dann doch nicht verwenden...).



    https://astrosho.files.wordpre…015/01/light_05012015.jpg


    Das Lightframe war eines mit einem durschnittlen Score von den verwendeten Bildern, das Frame wurde als RAW aufgenommen und mittels Adobe Lightroom in ein JPG umgewandelt (keine Bearbeitung).


    Dann die Flats, zuerst das schlechte Flat, zu kurz belichtet.

    https://astrosho.files.wordpre…/01/flat_bad_05012015.jpg


    Sowie das Flat mit manueller Belichtung.

    https://astrosho.files.wordpre…5/01/flat_ok_05012015.jpg


    Nachdem ich das erste Bild mit dem schlechten Flat gestacked habe, habe ich versucht, ob es besser ist, kein Flat zu verwenden als ein schlechtes Flat einzusetzen (das Ergebniss war in beiden Fällen mies). Also habe ich das gute Flat aufgenommen, und dann wollte ich es genau wissen. Ich habe drei Bilder erstellt, einmal mit dem schlechten Flat, einmal ohne Flat, und einmal mit dem guten Flat. Bei der Bearbeitung habe ich darauf geachtet, die Bilder mehr oder weniger gleich zu bearbeiten.
    Sprich;


    Stacken (gleiche Anzahl Bilder)


    Stretchen:
    - Hingergrund ebnen (die automatische Funktion "Hintergrund ebnen Sterne" in Fitswork)
    - Histogram anpassen (stretchen)
    - Farbwerte anpassen (Weiss- / Grauwert setzen, evtl Farbbalance anpassen)
    - Nochmals das Histogram leicht bearbeitet (leicht nachgestretched)


    Resultate:


    Bild mit gutem Flat

    https://astrosho.files.wordpre…romeda_2014_01_04_003.jpg


    Bild mit schlechtem Flat

    https://astrosho.files.wordpre…romeda_2014_01_04_001.jpg


    Bild ohne Flat

    https://astrosho.files.wordpre…romeda_2014_01_04_002.jpg



    Ich persönlich muss sagen, als relativ unerfahrener Anfänger bin ich doch erstaunt darüber, was man mit einer relativ einfachen EBV aus einem aus meiner ersten Sicht völlig überbelichtetem Bild herausholen kann. Hätte ich so nicht erwartet.
    Klar, Andromeda ist sicher ein dankbares Objekt, trotzdem sind da einige Sterne mit drauf, bei denen ich eigentlich gedacht habe, dass die völlig überstrahlt hätten sein müssen.


    Das einzige was mich stört ist, dass bei dem Bild mit dem vermeintlich guten Flat trotzdem im Finalen Bild unten Links noch diese seltsamen horizontalen Balken leicht sichtbar sind, welche beim schlechten Flat extrem deutlich hervortreten. Ich weiss auch wirklich nicht, woher dieses "muster" kommt. Verwendet habe ich zum erstellen der Flats eine Flatfield-Folie von Gerd Neumann (Aurora Flatfield Panel).




    /Edit: Dank einem freundlichen Hinweis von Christian habe ich mit einer einfachen Methode das "gute" Bild nochmals geebnet ("Zeilen gleich hell"). Somit sind diese komischen Striche weg.



    https://astrosho.files.wordpre…meda_2014_01_04_003_2.jpg

  • Hi Alex, danke für deinen Beitrag. Ich habe gestern noch die Region um die Plejaden mit dem Kalifornianebel aufgenommen (dank Vollformat haben beide mit 100mm auf dem Chip Platz gefunden). Die Bildbearbeitung war da aber bereits ein deutliches Stück aufwändiger als noch bei Andromeda, leider hatte ich auch zu wenig Zeit für genügend Einzelbilder, weshalb da doch einiges an Rauschen auf dem Chip war, zumal ich bei der Hälfte der Bilder nochmals mit dem ISO hoch bin.


    10x 2'30" bei ISO 500
    10x 2'30" bei ISO 1250
    Flats, Darks und Offset.



    https://astrosho.files.wordpre…1/plejaden_2015_01_06.jpg


    Da bin ich doch ein bisschen an meine Grenzen gestossen.

  • So, ich nutze den Thread hier einfach mal weiter, um noch ein bisschen Ergebnisse zu zeigen.


    Ich habe aktuell das Vergnügen, mit einem Canon 70-200 1/2.8 L IS II USM fotografieren zu können (Vater sei dank). Natürlich wollte ich das gestern gleich benutzen, und habe, ja langsam wird es langweilig, wieder Andromeda angepeilt.


    50 Lights, 2'30", ISO 1000, auf 200mm gezoomed bei offener Blende (2.8)
    10x Flat
    10x Dark
    10x Offset


    Beim Stacken ist mir dann aber aufgefallen, dass ab einer gewissen Zeit die Bilder unscharf wurden. Wieso kann ich nicht sagen, meine Vermutung war erstmal, da das Objektiv doch recht schwer ist und nahezu senkrecht nach oben gerichtet war wegen der Lage von Andromeda, ob sich da evtl mit dem Zeit der Fokus verschoben hat (Gravitation und so). Das führte dazu, dass ich leider nur 26 der 50 Lightframes nutzen konnte (wobei das noch grosszügig war, ich hätte mehr aussortieren können).


    Dieses mal habe ich auch die Bildbearbeitung leicht anders gemacht und das Histogramm nicht zu stark beschnitten, das Bild ist zwar heller, aber irgendwie auch besser, da das Rauschen nicht so gross verstärkt wurde.
    Was mir aber aufgefallen ist, ist dass das Objektiv so gut wie kein Komafehler hat. Trotz vollständig geöffneter Blende keine Verzogenen Sterne durch den Koma Effekt wie ich das beurteilen kann (die leichten Spuren an den Rändern kommen eher von der nicht gescheinerten Montierung).



    https://astrosho.files.wordpre…/andromeda_2015_01_07.jpg

  • Hallo Sho,


    interessanter Bericht den Du hier verfasst hast. Besonders für mich, da ich selbst auch nur mit DSLR und Objektiv den Nachthimmel ablichte - so gut es geht. Das 100er Makro wäre evtl. auch für mich interessant. Was mir aber aufgefallen ist - bei den Bildern mit dem Makro scheint der Fokus nicht ganz zu passen. Die schwachen Hintergrundsterne sind deutliche Scheibchen. Daher die Frage: Wie hast Du fokussiert? Oder kommt das Makro garnicht sauber in den unendlich Fokus?
    Btw.: Die Fokusdrift kann auch temperaturbedingt gewesen sein - meist kommt man eben doch nicht drumrum nach 15-30min Belichtungszeit nochmals per Liveview den Fokus zu checken und ggf. anzupassen. Andernfalls kannst Du der mechanischen Drift evtl. mit einem kleinen Stückchen Tape entgegenwirken.


    Hoffe noch ein paar weitere Ergebnisse zu sehen...


    Grüße + CS!
    Robert

  • Hallo Robert,


    ja mit dem Fokussieren hatte ich tatsächlich so ein bisschen Probleme, aber das liegt nicht am Objektiv, das kommt ohne Probleme in den Fokus. Ich hab den Fokus über den Sucher eingestellt, und aufgrund von einem Mangel an Referenzsternen war das nicht so einfach, der Fokus war quasi Blind eingestellt, dann ein paar Sekunden belichtet und anschliessend geschaut ob das Ergebnis ok ist. Auf die Idee mit dem Livebild bin ich ehrlich gesagt gar nicht gekommen, mal schauen ob das besser geht.


    Das Makro gefällt mir ganz gut, ich habe aber das normale und nicht das aus der L Serie. Beim Makro habe ich auch eine leichte Koma, evtl. bildet das gleiche Objektiv der L Serie besser ab.


    An einen Temperaturbedingten Drift beim Tele-Zoom habe ich nicht gedacht ehrlich gesagt, das könnte schon auch mit ein Grund sein. Es wurde im Laufe der Aufnahme auch ein bisschen dunstig, das habe ich aber leider erst gegen Ende bemerkt (sieht man auch an den Sternhöfen).


    Ja ich hoffe auch noch ein paar Ergebnisse zu liefern, aber laut Wetterprognose wird das diese Woche wohl nix mehr.


    Danke und Grüsse

  • Oh, grad gesehen - Hallo Matthias!


    DAs beruhigt mich zu hören, dass das Makro keine Probleme im Unendlichen hat. Dann werde ich besagtes Objektiv nochmal genauer anschauen.


    Scharfe Sterne über den Sucher einstellen ist natürlich sportlich ;) Über Liveview mit Bildschirmlupe an einem nicht allzu hellen Stern fokussieren macht sich dagegen super. Gerade Deine 6D ist ja schön empfindlich und sollte Dir mit dieser Methodik scharfe Sterne liefern. Das gibt nochmal einen ordentlichen Sprung in der Bildqualität.


    Bin auch mal gespannt ob die fast "2-monatige Wolken-Regen-Dunst-Suppe" endlich ein Ende hat damit wir die Kameras gen HImmel richten können. Q2 Lovejoy wäre ja ne feine Sache... aber wenn ich mir die Wetterprognose so ansehe .... ich habe noch nie so viele Regenwolkenpiktogramme hintereinander gesehn -.-
    Hoffentlich hat Petrus noch ein Einsehen mit uns.


    Danke für Deine Infos^^


    Grüße und clear skies!
    Robert

  • Hallo Zusammen,


    habe gestern nochmals einen Wolkenlosen Abend genutzt. Angepeilt wurde die Region in Perseus mit dem Doppelhaufen Chi Persei und den beiden Nebeln (Herz und Seele). Für die Nebel hat es aber leider nicht gereicht, wobei ich nicht weiss, ob die Belichtung zu kurz war oder das Streulicht die Nebel überstrahlt hat. Evtl. kann jemand mit Erfahrung was dazu sagen.



    https://astrosho.files.wordpre…chi_persei_2015_01_18.jpg
    39 x 3'50" bei ISO 400, 100mm f2.8
    (Ansatzweise lassen sich die Nebel erkennen)

  • Hi,


    ja, das mit dem IR Filter ist so eine Sache. Aktuell hoffe ich auf einige klare Nächte am Wochenende, da ich dieses in den Alpen verbringen werde. Dann werde ich die Gelegenheit nutzen, und das selbe Bild versuchen unter dunklem Himmel aufzunehmen.

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