Hallo Allerseits,
heute zeige ich Möglichkeiten auf, die nicht justierbaren Skywatcher-Objektive der achromatischen Refraktoren zu optimieren um ihr volles Potenzial zu nutzen. Ich besitze ja den Startravel 120/600, das ist ein beliebter Richfielder. Aber ich möchte auch mal gerne in einen Sternhaufen oder planetarischen Nebel hineinzoomen. Vergößerungen bis mindestens 150-fach sind da schon nützlich.
Die Ursache für die oft flaue Abbildung dieser Low-Budget-Refraktoren bei höheren Vergößerungen ist nämlich gar nicht dem Farbfehler der achromatischen Objektive zuzuschreiben, wie oft vermutet wird. Dieser ist sicher ein ästhetisches Problem, aber die Detailauflösung sollte eigentlich nahe dem durch die Öffnung gegebenen Potenzial entsprechen. Durch die Optimierung konnte ich den nutzbaren Vergrößerungsbereich auf 180 - 200-fach erhöhen, und die Optimierung wirkte sich auch positiv auf Vergößerungen weit unter 100-fach aus. Doppelsterne lassen sich sogar jetzt bis 270-fach sehr schön trennen.
Die Machart der nicht justierbaren Objektive der dürfte in den meisten Fällen sehr sehr ähnlich bzw. identisch sein. Die Linsen liegen einfach in einer zylindrischen (Alu-)Fassung, gehalten von einem Gummiring, einem Kuststoffring und dem Objektiv-Verschlussring. Einfacher - und billiger - geht es nicht.
Die Ursache für schlechte Abbildungseigenschaften ist in verspannten Linsen, einer nicht optimalen Lage beider Linsen zueinander sowie der Ausrichtung auf den Okularauszug zu finden. Diese Probleme habe ich versucht zu lösen.
Dabei gibt es drei Stufen der Optimierung, je nachdem was man sich handwerklich zutraut.
Zur Beurteilung der optischen Qualität benutze ich eine Kugellagerkugel, die mit einem möglichst punktförmigen Strahler aus ca. 1 m Entfernung beleuchtet wird (z.B. LED-Taschenlampe mit nur einer einer LED oder Halogen-Birnchen 10W ohne Strahlerspiegel). Die Kugel wird aus 6 - 15 m Entfernung beobachtet.
Die Spiegelung der Lichtquelle muss natürlich vom Teleskop aus beobachtbar sein, also nicht zu seitlich anstrahlen! Auch muß der verwendete Zenitspiegel frei von Astigmatismus sein. Eventuell nimmt man auch ein Glasprisma, da ist das Risiko von Astigmatismus geringer.
Zum Zenitspiegel hier noch ein paar Anmerkungen:
http://www.astrotreff.de/topic.asp?TOPIC_ID=169547
Und los gehts!
Optimierung Stufe 1:
Diese Stufe der Optimierung ist völlig ohne Hilfsmittel zu erreichen.
Zunächst ist die Rohrschelle, die den Tubus festhält am vorderen Ende locker einzustellen.
Es besteht die Gefahr, dass der Tubus unrund gedrückt wird und diese Kräfte werden dann in das Objektiv eingeleitet. Daher einfach die vordere Rändelschraube der Rohrschelle ganz locker einstellen.
Weiterhin besteht die Gefahr, dass die Objektivfassung sich verzieht, wenn diese zu stramm auf den Tubus aufgeschraubt ist. Man schraubt daher die ganze Objektiv-Fassung links herum vom Tubus los, bis sie sich leicht auf dem Tubusrohr drehen läßt. Dann dreht man sie wieder ganz leicht an. Dabei darf man praktisch gar keine Kraft aufwenden.
Dann ist die Taukappe mit einem Filz versehen, der so dick ist, dass die Kappe recht stramm auf dem Objektiv sitzt. Es besteht die Möglichkeit, dass das Objektiv verzogen wird, wenn die Taukappe aufgeschoben wird. Also wird die Kappe von nun an verkehrt herum auf dem Objektiv aufgesteckt. Wenn das etwas zu locker ist, kann man mit Klebeband etwas auffüttern. Die Kappe muss absolut leichtgängig aufzustecken sein.
Damit sind alle Verspannungen, die man ohne Lösen des Objektivringes beeinflussen kann minimiert.
Nun kann es sein, dass das Objektiv nicht genau auf den Okularauszug zeigt. Nun kommt ein Trick. Da das Gewinde des Objektivs auf dem Tubus etwas Spiel hat, kann man dies nutzen, um das Objektiv etwas hängen zu lassen. Wenn man das Objektiv immer weiter abschraubt, wird es immer mehr hängen.
Man probiert nun verschiedene Lagen (sagen wir mal alle 60 Grad) des Tubus in den Rohrschellen aus und dreht das Objektiv jeweils bis zu 2 Umdrehungen vom Tubusrohr ab. Das ganze testet man Nachts am Stern in ca. 45° Höhe. Man wird eine beste Einstellung finden. Diese wird von nun an verwendet. Am besten fokussiert man dazu etwas extrafokal, dann muss der Grün-Halo symmetrisch zum roten Fokus-Punkt in der Mitte liegen.
Damit ist Optimierungsstufe 1 erledigt. Damit erreichte ich bereits eine sehr gute Abbildung, die eine Vergößerung bis 200-fach ermöglichte. Das muss aber nicht unbedingt der Fall sein, wenn die Ursache in einem zu stramm festgezogenen Objektivring oder schlecht zentrierten Linsen besteht.
Aber man kann ja noch mehr machen!
Optimierung Stufe 2:
Für die Optimierung der Stufe 2 benötigt man ein Werkzeug, mit dem man den Objektivring lösen kann. Jetzt geht es nämlich um die Verspannung der Linsen und die Lage der Linsen zueinander. In diesem Optimierungsschritt werden die Linsen nicht aus der Fassung entnommen, was erstens relativ sicher ist, da die Linsen nicht aus der Hand fallen können und zweitens verstauben die Linsen nicht, so dass man nicht reinigen muss. Man kann praktisch nichts falschmachen, außer natürlich die Linsen zu verkratzen. Sorgfalt ist daher auf jeden Fall auch geboten.
Man braucht dazu ein Holzbrett mit den Maßen von etwa 20 mm x 80 mm x 200 mm, am besten etwas härteres Holz, z.B. Buche. Nun schlägt man Nägel mit 1,5 oder 1,6 mm Durchmesser in das Holzbrett. Den Abstand mißt man einfach am Objektivring aus, in meinem Fall 124 mm. Die Nägel schlägt man so weit ein, daß ca. 10mm herausstehen bleiben. Die Köpfe kneift man ab oder schleift man ab. Wenn es noch nicht 100%ig passt hilft nachträglich etwas seitliches zurechtklopfen.
Nun muss ein Helfer das Objektiv fest halten und man kann den Objektivring mit einem kräftigen Linksdreh lösen, aber bitte noch nicht abschrauben.
Das Fernrohr wird nun in der Montierung senkrecht mit dem Objektiv nach oben ausgerichtet. Jetzt kann der Objektivring komplett herausgenommen werden. Unterhalb des Objektivrings sitzt ein Plastikring, der sich etwas im Gewinde verbeissen kann. Den muss man herausbefördern, z.B.mit einer Spitzzange. Darunter sitzt ein O-Ring aus Gummi, der ebenfalls herausgenommen wird. Der klebt auch etwas im Gewinde und auf der Linse. Nun liegen die Linsen frei. Damit der O-Ring in Zukunft nicht so im Gewinde klemmt habe ich ihn etwas gekürzt (ca. 1cm). Auch der Plastikring wurde außen etwas abgefeilt, damit er nicht im Gewinde klemmt. Etwa 0,5 mm wurden umlaufend abgefeilt (rotierende Schleifscheibe ist hilfreich). Der Ring muss danach locker einzulegen sein. Nun wird der O-Ring und der Plastikring wieder eingelegt und der Objektivring wieder aufgeschraubt.
Aber er wird jetzt nur ganz leicht angezogen, gerade so, dass die Linsen nicht klappern bzw. dass der O-Ring minimal gedrückt wird. Nun geht man wieder zu Optimierungsschritt 1 und schaut, ob sich eine Verbesserung ergeben hat.
Man kann jetzt auch ausprobieren, die vordere Linse zu verdrehen. Dazu den Objektivring etwas lösen bis er klappert, die Linse mit der bloßen Hand um ca. 45 Grad verdrehen und den Objektivring wieder leicht andrehen. Nach jedem 45-Grad-Schritt muss die Optimierung nach Schritt 1 durchgeführt werden. Zum Verdrehen verwende ich Einmal-Handschuhe aus Latex oder Vinyl, die ich nach dem Anziehen nochmal mit Seife abwasche. Dadurch, dass man die Linsen verdreht, ergibt sich auch eine immer neue zufällige Lage beider Linsen zueinander hinsichtlich der optischen Achse. Es ist nämlich so, dass die vordere Linse relativ viel Spiel in der Fassung hat, mehr als die hintere Linse. Durch Drehen ergibt sich jedesmal eine andere Lage, nicht nur was den Verdrehwinkel angeht, sondern auch bezüglich der Zentrierung.
Erreicht man nun zufällig ein gutes Ergebnis, bleibt man einfach dabei. Der Objektivring wird nun leicht handwarm angezogen, so daß die Linsen dauerhaft nicht klappern. Keinesfalls darf man stramm zuknallen.
Damit ist Optimierungsschritt 2 vollzogen. Damit muss ein Ergebnis möglich sein, dass den Anlieferungszustand weit hinter sich läßt. So war es jedenfalls bei mir.
Es geht aber noch besser!
Optimierung Stufe 3: (dafür braucht man schon einen ganzen Nachmittag!)
Bei dieser Optimierungsstufe werden wir die Bohrmaschine ansetzen und Einstellschrauben anbringen. Es ist ja so, dass die vordere Linse - es ist eine Bikonvexlinse aus Kronglas (BK7) - relativ viel Spiel in der Fassung hat. Und zwar wie gesagt mehr als die hintere Flint-Glas-Linse.
Was liegt näher, als diese Linse mit Schrauben in die richtige Position zu schieben?
Dazu bringt man das Teleskop wieder in die vertikale Lage und entfernt den Objektivspannring, den Kunststoffring und den Gummiring. Nun kippt man das Teleskop etwa waagerecht (bzw. leicht nach unten - Hand davor) und nimmt die Bikonvex-Linse mit der Hand entgegen (Einmalhandschuhe anziehen).
Die hintere Linse verbleibt zunächst in der Fassung. Es gibt zwischen den Linsen einen feinen Distanzring aus Kunststoff, der ebenfalls herausgenommen wird.
Nun erkennt man, dass die Bikonvexlinse etwa 4 - 5 mm am Rand dick ist. In der Position, wo die Linse in der Fassung sitzt kann man nun 3 um 120 Grad versetzte Bohrungen an der Objektivfassung anbringen. Natürlich muss man vorher auch die hintere Linse aus der Fassung entnehmen. Dazu hält man mit der Hand die Linse fest und schwenkt das Teleskop auf Kopf. Die Linse kann nun aus der Fassung entnommen werden. Sie neigt aber zum Klemmen, was man durch entsprechendes Gegendrücken (die Seite die am meisten herausgekommen ist muss man wieder etwas hineindrücken) kontrollieren kann.
Die Linsendurchmesser habe ich hier mal dokumentiert. Die Bikonvexlinse ist kleiner, damit im Fall der Fälle, wenn bei besonders tiefen Temperaturen doch mal das Objektiv klemmt auf jeden Fall die dicke hintere Linse geklemmt wird und nicht die empfindlichere vordere Linse. Der Spalt reicht gem. meinen Berechnungen übrigens für bis zu -20 Grad C aus.
Jetzt kann man die Bohrungen anzeichnen. Es ist anzustreben, 2 Bohrungen unten links und unten rechts anzubringen und eine in der Mitte oben (wenn das Teleskop waagerecht ausgerichtet ist). Den Abstand kann man leicht bestimmen, die Schrauben sollen ja in der Mitte der Bikonvexlinse drücken. Bei meinem Startravel 120/600 sind es 14,5 mm.
Man bohrt mit 3,2 mm vor. Dabei ist darauf zu achten, dass der Bohrer nicht wegläuft, sonst ist die Bohrung nicht da wo sie sein soll. Evtl. mit einem spitzen Gegenstand ankörnen und mit 1,5 mm vorbohren.
Nun schneidet man mit einem 4 mm Gewindeschneider ein M4-Gewinde hinein (Gewindeschneider gut einölen). Die spanende Bearbeitung muss man mit dem Objektiv nach unten durchführen, sonst fallen alle Späne ins Teleskop. Späne aus dem frischen Gewinde sind mit dem gereinigtem ölfreien Gewindeschneider zu entfernen. Nachdem restliche Späne aus dem Objektiv mit einem Pinsel entfernt wurden (kontrollieren, dass die Fassung 100%-ig Späne-frei ist !) kann man die Linsen wieder einsetzen, dabei die dicke Linse nicht von oben hineinfallen lassen sondern wieder von unten einführen, mit der "planen" Seite nach oben (wie auf dem Bild oben gezeigt, nur eben rückwärts arbeiten) und dann das Teleskop nach oben schwenken. Den Distanzring einlegen und die Bikonvexlinse einbauen (stärker gewölbte Seite nach innen), wobei dies bei etwa waagerechtem Teleskop erfolgt. Bikonvexlinse unten in die Fassung einsetzen und gegen die hintere Linse einkippen. Gummiring einsetzen, KST-Ring einsetzen, Objektivring einschrauben.
Das folgende Bild zeigt nach dem Einsetzen der hinteren Flintglas-Linse wo die Gewindebohrung herauskommt: genau oberhalb der hinteren Linse: so drückt sie dann die Bikonvexlinse genau am Rand.
Als Justierschrauben dürfen keine Metallschrauben verwendet werden !
Man besorgt sich Polyamid-Kunststoffschrauben bei Conrad oder wo auch immer.
Die Einstellung macht man wieder an einem hellen Stern am Himmel, wobei die Grobeinstellung am künstlichen Stern vorgenommen werden kann.
Bezüglich der Lage des Objektivs auf dem Tubusrohr: Ich hab das Objektiv ganz auf das Tubusrohr aufgeschraubt, so dass es gerade anfing Widerstand zu leisten. D.h. ich habe in nicht-hängendem Zustand kollimiert.
Man dreht den Objektivring nun etwas lose, so dass der O-Ring nur noch ganz leicht angedrückt ist. Die Linse soll sich ja leicht "horizontal" verschieben lassen. Nun dreht man mit der bloßen Hand oder Schraubendreher an den Schrauben und schaut, wie sich die Abbildung verändert. So lernt man schnell, in welche Richtung es besser wird. Läßt sich keine optimale Einstellung finden, kann man auch die vordere Linse von Hand etwas verdrehen (wie bei Optimierungsschritt 2) und schauen ob es noch besser wird. Geprüft habe ich immer in leicht extrafokaler Einstellung, so daß ein rötlicher Fokuspunkt und ein grüner Halo sichtbar wird. Manchmal sieht man, dass der rote Punkt nicht zentriert ist und ein zweiter blauer Punkt daneben auftaucht. In dem Fall ist die Einstellung noch nicht gut. Auch im Fokus muss der Stern leicht grünlich leuchten mit einem zarten roten Rand. Dieser rote Rand muss umlaufend sein. Ist er es nicht, ist die Einstellung auch noch nicht optimal. Immer in Okularsehfeldmitte beobachten.
Die folgenden Bilder zeigen die Bilder des künstlichen Sterns, leider sind sie auf dem Foto nicht so scharf wie in Wirklichkeit im Okular.
Beispiel intrafokal:
Beispiel im Fokus:
Beispiel extrafokal:
Ist eine gute Einstellung gefunden, zieht man den Objektivring "handwarm" an und entfernt KST-Schrauben. Sie dürfen nicht im Objektiv verbleiben, denn die Objektivfassung zieht sich ja bei tiefen Temperaturen gegenüber dem Glas etwas zusammen, so dass die Schrauben Druck auf die Linse ausüben würden, was schädlich ist.
Fertig!
Viel Spaß beim Basteln und schreibt doch mal, ob diese Tricks hier was bei Euch gebracht haben.
Wenn sich die Kollimation durch Temperaturzyklen im Lauf der Zeit verstellt, was wegen des Spiels der Linsen in der Fassung eigentlich unvermeidlich ist, muss man von nun an nur noch den Frontring lösen, die Linsen sacken lassen und dann die vordere Linse mit den Schrauben neu einstellen. Ein Verdrehen der Linsen ist nicht mehr erforderlich.
Alles ist natürlich ohne Gewähr und auf eigene Verantwortung. Vor allem beim Aubau der Linsen sollte man den Fußboden schön dick und weitläufig mit Decken und Teppich auslegen, falls einem doch mal eine Linse aus der Hand fällt.
Ach so, wenn die Linsen verstauben oder sonstwie verschmutzt sind, muss man sie reinigen. Mach ich immer in einem (sauberen!) Eimer mit lauwarmen Wasser und dann mit den behandschuhten Händen (Einmalhandschuhe) mit etwas Spülmittel. Spülmittel gut verreiben und mit den Fingern durchaus gründlich unter Wasser (im Eimer) wieder abreiben. In einem zweiten Eimer bzw. Schüssel mit dest. Wasser nochmal nachsäubern und Linse dann gaaanz langsam hochkant aus dem Wasser ziehen, so dass keine Wassertropfen auf der Linse haften bleiben. Falls doch mal was haften bleibt, anschließend mit einem neuen Mikrofasertuch Wassertropfen aufsaugen (nicht wischen!). Dann kann die Linse sofort eingebaut werden.
beste Grüße
Johannes