Seeing: Erfahrung mit Maximalvergrößerung Deep Sky

  • Hallo liebe Forenmitglieder,


    bei meinen Beobachtungs-Exkursionen im süddeutschen Raum (Stuttgart und nähere Umgebung) kämpfe ich gegen die doch immense Lichtverschmutzung.
    Wenn ich es anhand der Bortle Skala einschätze, würde ich diese auf Bortle 8-9 setzen, obwohl ich einige km außerhalb von Stuttgart - schon eher auf dem Land - wohne, aber eingeklemmtzwischen Flughafen, Stuttgart und Esslingen.
    Daher flüchte ich, wenn es die Zeit erlaubt, in die Randzone der schwäbischen Alb, wo ich sicher in guten Nächten auf Bortle 3 vorstoße.
    Dies ist mit einigem Aufwand und viel Zeit verbunden und ist daher eine seltene Außnahmen. Mit ca. 45min Anfahrtszeit und entsprechender Rückfahrt ist dies unter der Woche nach einem Arbeitstag und dem dann kommenden ein Event, dessen Umsetzung man sich doch mehrmals überlegt.


    Ich beobachte mit einen 10" f/5 Dobson. Maximal kommt bisher angesichts meiner doch sehr bescheidenen Himmelsqualität gerade noch ein 9,4mm Spers Waler zum Einsatz. Mehr dann aber auch nicht mehr. Dies ist für mich etwas frustrierend, da sich auch noch etwas mehr gehen sollte (--> Kugelsternhaufen und planetarische Nebel).


    Welche Erfahrungen habt Ihr in Bezug auf Maximalvergrößerung im Deep Sky-Bereich?

  • Hallo Patrik,


    Meine Erfahrungen sind so:


    - Kugelhaufen sollten so hoch vergrößert werden, dass die Sterne noch punktförmig sind, aber nicht darüber. Also ca. 1mm AP. Ein guter Spiegel zeigt dann wunderschön das Sternengewusel, in dem immer wieder Stellen schwarzen Raumes auftauchen. KEIN Foto kann das richtig wiedergeben! Ich erreiche bei 1mm AP die maximale stellare Grenzgröße, bei starker Lichtverschmutzung könnte dass aber anders sein.


    - Bei PN hängt alles von Flächenhelligkeit und Durchmesser ab. Kompakte, helle PN wie Eskimo oder NGC 6210 sehen bei Hochvergrößerung spektakulär aus - das geht bis unter 0,4mm AP! Der Kontrastumfang ist teilweise viel größer als bei Planeten.


    - Bei schwachen Nebeln und Galaxien kommt es drauf an, genau die richtige Vergrößerung zu finden: Das Objekt muss groß genug sein, damit das Auge die minimale Aufhellung wahrnimmt, andererseits darf es nicht zuviel des Gesichtsfeldes ausfüllen, weil das Auge eine Referenz, also schwarzen Hintergrund braucht. Bei zu hoher Vergrößerung sind solche Objekte einfach weg. IMHO lohnt es sich, mit verschiedenen Vergrößerungen zu experimentieren.


    Ich verwende einen 12" f/5 Dobs, u.A. mit Speers 13,4 und 9,4, letteres oft mit 2x-Barlow.
    Kann freilich sein, dass erfahrenere Astronomen noch ganz andere Beobachtungstechniken beherrschen.


    Gruß Gil


    P.S.: Interessantes Thema, bin gespannt, was noch für Antworten kommen.

  • Danke Dir Gil, interessant für mich wie weit Du gehen kannst mit derAP. Klasse dass Du noch Dein Teleskop sowie entsprechendes Okular/AP angegeben hast.
    Welche Himmelsqualität herrscht bei Dir?


    (==>) an alle Tread-Teilnehmer: gebt bitte noch Eure Teleskop, Okular/Brennweite/AP und Himmelsqualität an.

  • Hallo Patrick,


    Ich wohne im östlichen Sachsen zwischen zwei Dörfern; "brauchbarer Landhimmel" beschreibt es wohl am besten. Wenn alles stimmt (kein Mond, Straßenlampen auf der Verbindungsstraße nach Mitternacht ausgeschaltet) geht es bis über 6mag rauf.
    Aber Du hattest ja nach dem Seeing gefragt. Ich sehe da bei Deep-Sky eine deutlich geringere Abhängigkeit als bei Planeten. Ausnahmen sind eben diese feinen Strukturen in PN, die man nur bei Hochvergrößerung sieht, und Zentralsterne, die bei starker Luftunruhe schnell mit dem Hintergrund verschwimmen. Strukturen in Galaxien sind in meinen Augen ziemlich seeingresistent.


    Gruß
    Gil

  • Hallo Patrick
    Ich komme aus Heiningen bei Göppingen, das ist von den Fildern nicht so weit weg. Ich wohne da auf ca 450 müNN. Das Seeing ist, wenn es mal nicht regnet echt brauchbar. Nebel eher selten und Bortle 3-4 fast immer. Meine Ausrüstung möchte ich jetzt nicht hier reinschreiben, aber wenn Du willst, kannst du gerne mal mit deinem Equippement vorbeikommen.So ne Spechtelnacht machen. Ich fotografiere fast ausschließlich, aber durch 3 Teleskope kann ja auch nicht auf einmal schauen[;)]

  • Hallo,


    erreichbare Grenzgröße (Transparenz der Atmosphäre) und Luft(un)ruhe (Seeing) sind zwei verschiedene Beobachtungsbedingungen, die generell voneinander unabhängig sind. Ich beobachte seit Jahren am Stadtrand von Saarbrücken, kann mit meinem 12,5" f/4.8-Dobson aber oft bis V=300-fach gehen. Die Qualität des Spiegels spielt sicherlich neben der Luftunruhe die Hauptrolle, wie hoch sinnvoll vergrößert werden kann. Bei einer AP von 1mm nimmt man etwa 95% der theoretisch möglichen Auflösung wahr. Auch die Öffnung spielt eine Rolle: Eine große Apertur reagiert auf Luftunruhe empfindlicher als eine kleine. Oft sind gerade die (bezüglich der Grenzgröße) nicht so klaren Nächte mit sehr guter Luftruhe verbunden und erlauben klasse Planetenbeobachtungen oder Beobachtungen heller Planetarischer Nebel mit sehr hohen Vergrößerungen unter einer AP von 1mm.


    Grüße, Volker.

    Deep Sky visuell, Mond und Sonne im Weißlicht mit 10" f/5 Dobson auf Selbstbau Birke-Multiplex  :dizzy:

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">
    bei meinen Beobachtungs-Exkursionen im süddeutschen Raum (Stuttgart und nähere Umgebung) kämpfe ich gegen die doch immense Lichtverschmutzung.
    Wenn ich es anhand der Bortle Skala einschätze, würde ich diese auf Bortle 8-9 setzen, obwohl ich einige km außerhalb von Stuttgart - schon eher auf dem Land - wohne, aber eingeklemmtzwischen Flughafen, Stuttgart und Esslingen.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    ...und das wird in der Zukunft noch viel viel schlimmer werden - auch dank der EU und dem Zwang "moderne Leuchtmittel" (aka Breitband-LEDs) einzusetzen.

  • Hallo,
    habe hier einen Ordner vorliegen, in dem ich mir viele Kopien aus den Astroforen abgelegt habe.
    Z.B. aus Astronomie.de: der genaue Link lautete http://www.astronomie.de/bibli…er/grenzgroesse/index.htm


    Weiter wird gesagt: es gibt eine Vergr., ab der das Beugungsscheibchen selbst im Okular sichtbar ist.Diese Vergr. wird bei 0,7 AP erreicht (bei meinem 12,5" Dobson wären das 492fach.
    Nehme mal an, daß der Link noch funktioniert. Max-Vergr.kann ich hier z.B. selten nutzen (brauche ich eigentlich auch kaum fürs Beobachten an Veränderlichen Sternen).
    Das vielleicht als Hinweis für weitere Überlegungen.


    Gruß
    Guenther

  • Hallo Patrick,


    ich wohne in Ostfildern und kenne Dein Problem daher sehr genau. :(
    Gestern war wieder so ein Abend, wo ich, ob der unklaren Wetterlage, nur auf dem Balkon beobachtet habe. Die Transparenz war OK, aber das Seeing doch sehr miserabel und die Lichtverschmutzung groß. Die Grenzgröße lag um 23 Uhr, als ich Schluss gemacht habe, bei 5,0 im kleinen Wagen.


    Ich habe 2h mit einem 18mm Okular bei 130x beobachtet und damit hat es schon ziemlich geflimmert, so dass Epsilon Lyrae nicht in jedem Moment zu trennen war. Für Deep Sky war es aber, den Bedingungen entsprechend, OK. Am Ende der Session habe ich dann aus Spaß mein neues 4,7mm ES Okular rein gemacht. Damit komme ich bei 2350mm Brennweite genau auf 500x. Wie zu erwarten, hat Epsilon Lyrae bei der Vergrößerung doch sehr stark geflimmert, so dass sogar die Trennung bei 130x einfacher war. Beim Ringnebel als flächigem Objekt hat sich das Seeing aber nicht so ausgewirkt, so dass er sogar mit 500x im Anblick noch gewonnen hat. Da war mehr die Größe und der dunklere Himmelshintergrund entscheidend.
    Das hat mich selbst überrascht.


    Ich werde, je nach Objekt, wohl auch bei nicht perfektem Seeing zukünftig mal hohe Vergrößerungen ausprobieren.


    Viele Grüße
    Ludger

  • Hallo Miteinander


    ich habe neulich ebenfalls an meinem C8 sehr lange auf Epsilon Lyrae (dem double double) geschaut, bei 182x in einem Nagler-11mm-Okular. Es war interessant zu beobachten, wie sich das Bild im Ganzen bewegte und wie es sich änderte. Für einige Sekunden stand das Bild fast still und es zeigten sich saubere Beugungsbilder der Sterne mit gut definiertem ersten Beugungsring, während das Bild sich zwischenzeitlich flimmernd förmlich zersetzte. Um aber aufs Thema Vergrößerung zu sprechen zu kommen. Hier in der Stadt lag die Grenzgröße grob bei 2.5m. Es bringt in der Tat eine Menge, mit der Vergrößerung rauf zu gehen, denn dadurch wir ja bekanntlich der Himmelshintergrund dunkler, während immer mehr Sterne zum Vorschein kommen. Grenzgrößenjagt ist nur bei hohen und höchsten Vergrößerungen angesagt. So ergibt sich trotz extremer Lichtverschmutzung bei mir hier im Zenit beispielsweise an M29 ein schöner Anblick mit vielen sehr schwachen Sternchen um die recht hellen Hauptsterne des offenen Sternhaufens.



    Viele Grüße,
    Christian

  • Hallo Patrick


    sprichst Du von Grenzgröße oder tatsächlichem Seeing?


    Für DS fahre ich in den Taunus. Ein Hügel ca 400-450 über NN, Feldrand und mit Abstand dann Wald. Die Bedingungen sind meist so, das M13 mit bloßem Auge sichtbar ist, in schlechten Nächten sehr hart indirekt und in Topnächten direkt.
    Mit dem 12,5" f/5 Dob geht dort selbst horizontnah 150fach quasi immer. Hoch am Himmel kann ich an Brennweiten
    8mm eigentlich immer, 6 mm meistens und 4,7 mm oft einsetzen. In guten Nächten geht auch 3,5 mm und ab und auch 2,5 mm, was dann 638-fach und 0,5 mm Ap entspricht.


    Wenn DU ab und an rausfährst, kennst Du den Wert von dunklem Himmel. Wenn das nicht geht suche Dir einen Standort, der seeingunanfälig ist. D.h. z.B. Untergrund möglichst kein Beton. Ebenso die Umgebung, um Wärmeabstrahlung zu vermeiden. Und dazu sollte der Platz "bissi" Schatten bieten. Das bringt nochmal ein wenig. Und dann natürlich die Objektwahl beachten. Schlechte Bedingungen sind der Killer von Galaxien und optisch ähnlich erscheinenden Objekten.
    cs

  • Hallo Patrick,


    wohin fährst Du denn, wenn Du Richtung Alb rausfährst?


    Von mir am schnellsten zu erreichen ist der Breitenstein, wo am 18.10. Astronomie-Live stattfindet.
    Ich war auch schon mal am Rosberg, der auch sehr gute Bedingungen bot. Aber auf Grund einer Party in der Nähe war in der Nacht viel Verkehr, der dann doch sehr gestört hat. Ist auch etwas länger zu fahren von mir aus. Aber für einen Freund aus Reutlingen einfacher zu erreichen.


    Viele Grüße
    Ludger

  • Hallo,
    habe es schon einmal an anderer Stelle geschrieben: Bockenem liegt auf 125 m ü. N.N. Beonders bei Inversionswetterlagen fahre ich in den Oberharz. Von hier aus gut 50 Min. "PKW-Fahrt". bin dann auf 821 m Höhe (Torfhaus). Der Unterschied bringt mir bei den Veränderlichen Sternen (nur BINO-Beobachtung 25x100/Stativ) + 1 mag Größenklassengewinn.
    Hier konnte ich auch schon die "Wintermilchstraße" deutlich erkennen (Sichtung gen Süden). Das war hier in Bockenem noch nie der Fall !!


    Die absolute Grenzgröße im Dobson hier in B. liegt z. Zt. mit 304fach Vergr. bei 15,3mag.


    Damit kann man zufrieden sein. Bei den Beob. prüfe ich auch immer die Reichweite mit bloßem Auge im "Kleinen Bären". Größen von 5mag und schwächer sind selten, obwohl ich am Stadtrand wohne und im Garten beobachte, mit wenig Fremdlichteinwirkung.


    Gruß
    Guenther

  • Hallo Patrick,
    lese u.a., daß du gern Teleskop-Größe, Okular usw. "wünscht", "gg".
    Was soll die Frage ? bzw. wen interesssiert das letzten Endes ?


    Ich hätte z.B. noch anzubieten: Vario 8-30x50 Bino, 30x80 Bino, Russentonne MTO.


    Schreibe mir mal bitte hier einen "Dreizeiler", nichts für ungut...


    Gruß
    Guenther

  • Hallo Patrick,


    im Großen und Ganzen kann ich dem Vorherbenannten zustimmen.


    Wenn Du mal das Glück hast, auf einen Berg zu kommen, kannst du öfter gutes Seeing erleben, welches Vergrößerungen erlaubt, die im tiefland eher selten funktionieren. So kann ich am 12" f/5,3 auf ca. 2000 m Höhe regelmäßig per 340 fach beobachten (4,7 mm-Oku). Es gab auch häufiger ruhige Luft, wo ich noch deutlich höher vergrößern hätte wollen. Das sind aber Ausnahmestandorte und -Nächte. Einmal hätte ich in diesem Jahr locker auf 6oofach gehen können, der Schärfe bei 340fach nach zu urteilen.


    Am besten ist man gerüstet, wenn man immer eine Vergrößerung parat hat, welche das Doppelte der Öffnung in Millimetern hergibt. Alles darunter wäre schade, wenn die Bedingungen passen und alles darüber meist Geld in den Sand gesetzt.


    Für Deepsky wie schöne helle PN ist auch 600fach am 12er sinnvoll möglich, aber da muss man auch beachten, ob man da manuell nachgeführt durch die Verwacklung und kurze Beobachtunszeit wirklich mehr sieht, als bei niedrigerer V.


    Nicht zuletzt ist die Vergrößerung Geschmacksache! Mehr Einzelsterne im Kugelhaufen zu sehen heißt nicht zwingend, dass der Anblick schöner ist! Mir gefallen z. B. Kugelhaufen am besten bei so 150-200fach herum bei 300 mm Öffnung. Aber es hat auch schon Spaß gemacht, mit 340fach durch nen dicken KS zu fliegen.


    Kurze Formel: wenn Du das maximale an Details herauskitzeln willst, ist auch bei Deepsky (PN und schwache kleine Galaxien) Maximalvergrößerung sinnvoll. Wenn es Dir mehr um Ästhetik geht, reicht für Deepsky die förderliche Vergrößerung dicke (V = mm der Öffnung).



    CS


    Norman

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