Hallo,
Nachdem ich mehrere Anleitungen zum Scheinern aus dem Internet durchgearbeitet habe, und mit keiner wirklichnauf Anhieb gut zurecht gekommen bin, habe ich einfach eine eigene verfasst. Ich habe versucht nur das hinein zu schreiben, was mir am Anfang wichtig gewesen wäre .
Mich würde interessieren, ob diese Anleitung noch sachliche Fehler enthält und ob ihr sie als anfängertauglich einschätzt.
Viele Grüße
Andreas
1. Vorbemerkung
Wer als Neueinsteiger in die Astrofotografie eine präzisere Nachführung benötigt, wird sich bald auch für das Einscheinern seiner Montierung interessieren. Das scheint zunächst kompliziert, schwer verständlich und nur mühsam durchführbar zu sein. Zwar gibt es einige Anleitungen im Internet - aber genau das ist das nächste Problem. Es gibt so viele, dass eine Auswahl schwer fällt und meist doch nach den ersten Versuchen praktische Fragen ungeklärt bleiben.
Ziel dieser Anleitung ist es, möglichst leicht verständlich die wesentlichen notwendigen Handgriffe zu beschreiben und dabei die wichtigsten räumlichen Zusammenhänge zu verdeutlichen. Dabei wird von einem Teleskop ausgegangen, bei dessen Blick durch das Okular oben und unten sowie rechts und links gegenüber dem Himmelsanblick vertauscht erscheinen. Dies wird am häufigsten der Fall sein. Die Übertragung auf andere Abbildungsverhältnisse sollte kein grundsätzliches Problem darstellen.
Ausgegangen wird von einem Einsteiger in die Astrofotografie, der aber grundsätzliche Kenntnisse im Umgang mit seinem Teleskop bereits erworben hat. Davor wird sich die Notwendigkeit des Einscheinerns kaum stellen. Was ein Polsucher ist und wie mit diesem die Montierung auszurichten ist, sollte also bekannt sein. Die hierbei erzielbare Genauigkeit wird für das visuelle Beobachten ausreichend und ein Erlernen des Scheinerns - ohne sich zuvor im Umgang mit einem Polsucher vertraut gemacht zu haben - kaum sinnvoll sein.
2. Vorbereitende Maßnahmen
Die notwendigen Vorbereitungen werden dementsprechend lediglich stichpunktartig angeführt:
- Waagerechte Ausrichtung des Stativ (Dies ist zwar nicht zwingend notwendig, liefert aber in der nächsten Beobachtungsnacht eine wesentliche bessere Ausgangsposition bei wiederum waagerechter Ausrichtung und spart somit viel Zeit.).
- Montierung über Polsucher auf den Himmelspol ausrichten (dabei die Abweichung von Polaris einbeziehen)
- Das Rohr so befestigen, dass es beim Schwenken nach Süden auf der Westseite des Stativs hängt und das Okular leicht einsehbar ist.
- Das Rohr gut ausbalancieren (mit leichtem Zug in östliche Richtung, also entgegen des Nachführmotors an der Rektaszensionsachse, damit dieser immer gegen minimalen Widerstand gleichmäßiger läuft).
- Im Okularauszug ein beleuchtetes Fadenkreuzokular einsetzen
3. Ausrichten der Polrichtung
Zunächst sucht man sich einen Stern möglichst genau im Süden und möglichst nahe des Himmelsäquators, also mit Deklination nahe 0º. Diesen Stern bringt man in die Mitte des Fadenkreuzes.
Anschließend dreht man das Fadenkreuz so lange, bis der Stern bei ausgeschalteter Nachführung genau auf dem waagerechten Strich von rechts nach links wandert. Nun schaltet man die Nachführung wieder ein und bringt den Stern wieder genau in die Mitte des Fadenkreuzes.
Trotz aller möglichen und richtigen Erklärungsmöglichkeiten, halte ich den folgenden Zusammenhang für am schnellsten einsichtig:
Das Fadenkreuz markiert jetzt (mit dem Stern mitlaufend) über den senkrechten Strich den Längengrad und über den waagerechten Strich den Breitengrad des Himmels, auf dem der Stern sich gerade befindet. Der waagerechte Strich ist quasi der Himmels-Äquator (je nach Deklination des Stern etwas darüber oder darunter), auf dem der Stern bei abgeschalteter Nachführung wegen der spiegelbildlichen Darstellung im Okular gegenüber dem Himmelsanblich anders herum, also von rechts nach links wandert. Dies ist der direkteste Zusammenhang, um sich die räumlichen Relationen klar zu machen. Da ein Stern in Meridiannähe am Himmel fast keine Bewegung nach oben oder unten (Nordenen oder Süden) macht, wirkt sich hier die mit einer falschen Polrichtung verbundene Abwanderung des Sterns nach oben oder unten am deutlichsten aus. Grob gesagt führt eine azimutale, also auf die Erdkoordinaten bezogene Verdrehung der Montierung hinsichtlich der Ausrichtung der Drehachsen der Montierung auf den Himmelspol zu einer schräg nach oben oder unten gerichteten Abweichung. An dem nach oben oder nach unten gerichteten Anteil lässt sich ablesen, ob eine Verschiebung nach Osten oder Westen vorliegt, die dementsprechend korrigiert werden muss.
Auffallend ist, dass die Abwanderung schräg erfolgt, obwohl viele Anleitungen immer eine Abweichung nur nach oben oder unten veranschaulichen. Es kann schon verwirrend sein, wenn man beim ersten Scheinern-Versuch im Fadenkreuzokular etwas anderes als die genau nach oben oder unten erfolgende Abwanderung des Sterns aus den entsprechenden Anleitungsbildern beobachtet. Das erfolgt so nur, wenn man die seitliche Abweichung über die Rektaszensionstaste ständig wegkorrigiert. Das kann man durchaus, man muss es aber nicht. Das scheinbar vielen Anleitungen widersprechende schräge Abwandern des Sterns ohne Korrektur der Rektaszension muss einen also keinesfalls beunruhigen - etwa in der Hinsicht, dass auch die Polhöhe völlig falsch eingestellt wäre oder die Nachführung extrem ungenau oder der Schneckenfehler gigantisch wäre. Es ist ganz normal und es spielen viele Faktoren gleichzeitig eine Rolle, die eine eindeutige Schlussfolgerung nicht ermöglichen. Oft wird die seitliche Abweichung sogar aufgrund des Schneckenfehlers pendeln.
Man lässt nun die Nachführung 10-20 min laufen (je nachdem, wie schnell er seine Position noch verändert, jedenfalls aber bevor er aus dem Fadenkreuz-Okular heraus zu wandern droht) und beobachtet seine Abweichung. In dieser Zeit kann man die Rektaszensionsabweichung korrigieren, aber keinesfalls die in Deklinationsrichtung, da man diese ja gerade für einen längeren Zeitraum feststellen und und durch eine Justierung der Polrichtung ausgleichen möchte. Diese Korrektur erfolgt an den Azimut-Schrauben der Montierung, rechts und links des Stativstifts, auf dem die Montierung aufgesetzt wird.
Bei diesen Korrekturen kann es sehr hilfreich sein, gleichzeitig durch den Polsucher zu schauen. Manchmal verschiebt ein Drehen an den Schrauben gar nicht wirklich die Montierung, dann aber wieder ganz feinfühlig sowie massiv. Schaut man durch den Polsucher, so sieht man unmittelbar, ob und wieviel Effekt das Drehen an den Schrauben hat. Zudem lässt sich beurteilen, ob die Richtung stimmt.
Das praktisch entscheidende lässt sich (wen es genauer interessiert aus den unten aufgeführten Fotos) ableiten:
Wandert der Stern nach unten, so muss das Nordende der Montierung nach Osten verschoben werden.
An den meisten Teleskopen wird dies hinter dem Teleskop stehend mit Blick nach Norden die rechte Schraube sein, die reingedreht werden muss (nach einem leichten Lockern der linken). Diese zieht quasi die Montierung nach rechts, in dieser Blickrichtung also nach Osten.
Wandert der Stern dagegen nach oben, so muss durch Reindrehen der (in nördlicher Blickrichtung) linken Schraube das Nordende der Montierung nach Westen verschoben werden.
Anfangs kann es sehr irritierend sein kann, das die Korrektur an der richtigen Schraube den Stern keineswegs zurück in die Fadenkreuzmitte bringt! Auch davon darf man sich nicht beunruhigen lassen. Bevor erneut beobachtet wird, ob der Stern immer noch nach oben oder unten abweicht, muss er also wieder in die Fadenkreuzmitte gebracht werden.
Diese Korrektur wird nun so lange wiederholt, bis der Stern nicht mehr nach oben oder unten abweicht, sondern 10-20 min (je nach gewünschter Präzision für lange oder kurze Belichtungszeiten) auf der waagerechten Linie bleibt. Auch die für einen Verbleib in der Fadenkreuzmitte noch notwendigen Korrekturen in Rektaszensionsrichtung sollten deutlich geringer geworden sein.
4. Ausrichtung der Polhöhe
Hat man zuvor das Rohr so montiert, dass es auf der Westseite des Teleskop liegend nach Süden gerichtet war, so kann man es jetzt mit einer Bewegung an der Rekaszensionsachse nach Osten kippen. An der Deklinationsachse wird man nur noch etwas mehr Höhe benötigen. Das Fadenkreuz muss unbedingt so belassen werden.
Nun stellt man einen Stern möglichst nahe im Osten etwa in einer Höhe von 20º in die Mitte des Fadenkreuzes ein. Dieses liegt jetzt schräg wie ein Kreuz und darf keinesfalls verstellt werden. Es verdeutlicht auch hier die Längen- und Breitengrade des eingestellten Sterns am Himmel. Bei abgeschalteter Nachführung sollte der Stern genau auf der jetzt schräg stehenden Linie von rechts oben nach links unten laufen (am Himmel wandert er ja - der spiegelbildlichen Darstellung im Okular entsprechend - genau anders herum von links unten nach rechts oben).
Nun wird wiederum beobachtet, ob der Stern in der anderen Richtung, also nach links oben oder nach rechts unten abweicht.
a) Wandert er nach links oben, so ist die Polhöhe zu erhöhen. An den meisten Montierungen werden die entsprechenden Schrauben hinter dem Teleskop mit Blick nach Norden stehend im Uhrzeigersinn zu verdrehen sein. Oft ist es günstig, beide Schrauben gleichzeitig zu bewegen und die abschließende Feinjustierung sowie das Festziehen mit der hinteren Schraube vorzunehmen.
b) Wandert der Stern dagegen nach rechts unten, so muss die Polhöhe verringert werden.
Also müssen beide Schrauben entgegen des Uhrzeigersinn verdreht werden.
Danach bringt man den Stern wieder in die Mitte des Fadenkreuzokulars und wiederholt diese Korrekturen so lange, bis der Stern 10-20 min in der Mitte des Kreuzes verbleibt.
Möglicherweise und je nach gewünschter Präzision muss noch einmal die Polrichtung sowie anschließend nochmals die Polhöhe nachkorrigiert werden, bis der Stern in der gewünschten Länge in der Fadenkreuzmitte verbleibt.
5. Nachtrag zur Verdeutlichung der Folgen einer azimutalen Verschiebung
Wen es genauer interessiert, welche räumlichen Folgen eine azimutale Verdrehung der Montierung bezüglich der Abweichung des Südsterns im Fadenkreuzokular nach oben oder unten hat, der kann sich dies an dem folgenden Experiment mit dem eigenen Teleskop sowie der unten eingefügten Fotos verdeutlichen.
Angenommen man könnte mit dem Teleskop genau in Richtung der Rektaszensionsachse nach unten durch die Erde hindurch auf den Südpol schauen: Auch hier würde das Teleskop trotz mitlaufender Nachführung immer genau den Südpol fixieren.
Was würde aber passieren, wenn man jetzt - die Polrichtung extrem verfälschend - das ganze Stativ am Nordende um 90 Grad nach Westen und damit zugleich das Südende nach Osten (im Foto oben markiert durch die beiden roten Pfeile)
Verdrehen..........
und jetzt das Rohr wieder nach Süden ausrichten würde?
Dies wäre die Situation einer extremen azimutalen Verdrehung der Montierung bei gleichbleibender Ausrichtung des Rohres auf den Südpol.
Da die Drehscheibe der Rektaszensionsachse jetzt nach Westen hinunter geneigt ist, würde deren Nachführung das Rohr nun vom Südpol schräg nach unten ablenken. Würden wir von hinten das scheinbar auf den Südpol ausgerichtete Rohr fixieren, so würde ein sich tatsächlich am Südpol befindender Stern scheinbar schräg nach oben wandern. Aufgrund der spiegelbildlichen Darstellung würde er also im Fadenkreuzokular schräg nach unten aus dem Kreuz herauslaufen. Da das Teleskop mit seinem Nordende nach Westen gedreht stünde, müsste also dieses Nordende in östliche Richtung zurück gedreht werden.
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