DSLR vs CCD - Azimutale Montierung

  • Hallo Liebe Gemeinde


    ich bin noch ein ziemlicher Anfänger in der Astrophotographie, bzw. in der Astronomie allgemein. Mein Fokus lag bislang eher im Bereich Sonne und Mond, dafür habe ich einerseits eine einfache, kompakte Kamera, sowie eine alte Spiegelreflex (welche jedoch langsam den Geist aufgibt), und eine Neximage 5 (welche zumindest für detailierte Mondaufnahmen nicht schlecht geeignet ist und mir für den Anfang sehr viel spass gebracht hat). Grundsätzlich bin ich erstmal damit beschäftigt, am Mond ein wenig Erfahrung zu sammeln mit Astrophotographie und auch einem einigermassen ordentlichen Guiding meiner Azimutalen Montierung (GoTo).
    Auf der anderen Seite schaue ich aber auch immer mal wieder gerne in Richtung Deep Sky, visuel hatte ich schon das eine oder andere Objekt im Fokus, für die Photographie fehlt mir aber sowohl die Ausrüstung wie auch die Erfahrung.


    Meine Idee für die weitere Zukunft, und vor allem auch meine Neugierde, lassen mich aber immer mal wieder zu Deep Sky schielen. Bislang war der Plan, dass ich früher oder später eine neue DSLR kaufen will, im Fokus habe ich die Canon EOS 6D. Leider bin ich mir aber immer noch nicht wirklich sicher darüber, ob einerseits mein Guiding exakt genug ist, auf der anderen Seite aber auch mein Nachthimmel (vorort einer grösseren Stadt in der Schweiz) dunkel genug ist für Deep Sky. Zusätzlich stelle ich mir auch die Frage, ob eine DSLR wirklich das richtige ist, oder ob ich mir auch eine CCD Kamera für den selben Preis holen soll (der Body der Canon kostet ja immerhin CHF 1500.-, rund).


    - Soweit ich das sehe, ist die CCD Photographie eher ein Videographieren, das heisst ja eigentlich, dass die Nachführung nicht so genau arbeiten muss wie bei der Photographie mittels Spiegelreflex, richtig?
    - Auf der anderen Seite sind CCD Kameras relativ teuer, also eher im Bereich gehobenere DSLR?
    - Für ein optimales Ergebnis müsste ich die DSLR ja modifizieren, während die CCD bereits optimiert ist. Jedoch kann man die DSLR ja auch aussherhalb der Astronomie benutzen, die CCD jedoch nicht.
    - Falls CCD, gibt es bereits gute CCD im Bereich um 1500.- CHF? Oder sind das dann eher Schmuckstücke von der Kategorie "nicht das teuerste equipment aber trotzdem das Geld nicht wert?"
    - Kann die Azimutale Montierung über eine Polhöhenwiege adäquat auf eine Parallaktische Montierung umgebaut werden?


    TL;DR:


    - Spiegelreflex kaufen, oder gleich eine CCD in der Preisklasse um 1500.- CHF?
    - Deep Sky, mit CCD oder DSLR, über Azimutale Montierung (Meade LX-90, 8" SC mit f/10) überhaupt möglich?
    - Ambitionen für Deep Sky auf Eis legen, und weiterhin an Mond und Planeten Erfahrungen sammeln?
    - ...oder einfach die Ausrüstung ins Auto packen und an einen weniger Lichtverschmutzten Ort fahren, und da mal weiterschauen?


    Meine Ausrüstung soweit: Meade LX-90 8" SC, GoTo, Laufgewichte am Tubus, Adapter für die DSLR Photographie wären vorhanden. Ich habe am Mond auch schon sehen können, dass über Netzbetrieb und mittels Laptop die Montierung eigentlich schon recht exakt nachfährt. Aber wenn ich das ganze irgendwo mittels Auto aufs Land rausfahre, dann müsste ich wieder Batteriebetrieben arbeiten. Und ich werde das Gefühl nicht los, dass der Motor der Montierung mit Netstrom besser arbeitet als mit Batterie.




    Ich weiss, es gibt diverse Themen betreffend DSLR und CCD Photographie. Aber ich konnte leider keinen Thread finden, in welchem die beiden Techniken gegeneinander verglichen wurden, bitte entschuldigt, falls das hier doch schonmal Thema war [B)]

  • Meine Meinung: Für Astro tut eine umgebaute 1100D für 550 Euro. Durch Kauf einer teuren Cam (DSLR oder CCD) kommst Du nicht aus den Problemen Deines Setups raus. Die sind: Mit der azimutalen Montierung bist Du begrenzt, weil nach sehr kurzen Belichtungszeiten bereits Bildfeldrotation sichtbar ist. Zwar kann die Stackingsoftware die Bilder zurechtrotieren, aber Du kannst eben die Einzelbilder nur sehr kurz belichten. Das kannst Du ja mal probieren, aber dafür reicht eine 1100Da.


    DSLR-Deepskyfotografie im eigentlichen Sinn ist keine Videofotografie. Man braucht Einzelbelichtungszeiten von einigen Minuten und am Gesamtbelichtungszeiten von mindestens 30 Minuten, am besten Stunden.


    Das eingesparte Geld kannst Du in eine Äquatorialwiege + Reducer investieren, oder aber ev. darüber nachdenken, eine HEQ5 und einen 6" f/5 Newton zu erwerben. Vielleicht ist die letztgenannte Kombi (mit 1100D) billiger als der Kauf einer 6D + Zusatzgeraffel für das SCT. Das SCT ist sicherlich sehr gut geeignet für Mond/Planetenfotografie mit Video-CCDs und zum Gucken.


    Du brauchst in jedem Fall einen Reducer, um von den f/10 runterzukommen, und besser einen Off-Axis-Guider und eine Äquatorialwiege. Ich frage mich aber, ob Du stattdessen das beim Kamerakauf Ersparte nicht in eine HEQ5 + 6" Photonewton einsetzen solltest - und das C8 zum Gucken und zum Planetenfotografieren verwendest.


    Hartwig

  • Hi Matthias, <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Soweit ich das sehe, ist die CCD Photographie eher ein Videographieren<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">Da musst du unterscheiden- Planetenfotografie funktionert so, also mit einer kleinen CCD AVIs erzeugen und daraus per SW ein Einzelbild erstellen. Deepsky mit den größeren CCDs funktioniert wie gewohnt, also möglichst langbelichtete Bilder erstellen und davon mehrere vom gleichen Objekt stacken.


    Die EOS 6D dürfte für Deepsky eher untauglich sein. Einmal Vollformatchip, also benötigst du eine Optik die den Chip auch möglichst komplett ausleuchtet. Und dann- was willst du mit den vielen MPixeln?`Das gibt nur gewaltige Datenmengen- die Auflösung begrenzt aber deine Optik vorne dran.


    Zum Rest hat Hartwig ja schon genug erklärt. f/10 ist viel zu langsam, das Set so azimutal kannst mit einer kleinen CCD für Planetenvideos nutzen, mehr geht da nicht.


    Gruß
    Stefan

  • Hallo Hartwig, vielen Dank für Deine, ehrlich gesagt, befürchtete Antwort ;)



    Einen reducer habe ich bereits, und testweise könnte ich auch auf eine DSLR zurückgreifen. Lustigerweise habe ich bereits ein bisschen umgeschaut nach einem alternativen Teleskop plus parallaktische Montierung, aber da fehlt mir im Moment der Platz, ausserdem scheue ich diese Investition, weniger des Geldes wegen, als vielmehr wegen meinem doch beschränkten Beobachtungsstandort (nicht das es mich nicht reizen würde).


    Eine Äquatorialwiege habe ich auch schon in Erwägung gezogen, muss aber ehrlich sagen, dass ich bis jetzt noch keine gefunden habe, bei welcher nicht irgendjemand in nem Review einen Wackeligen Stand oder ähnliches beanstandet hat.


    Eine billigere DSLR wäre aber eine Überlegung Wert, wenn diese ähnliche Ergebnisse erzielen kann, warum 3x mehr ausgeben?


    Eine Frage noch, ist das Problem bei der Bildrotation, dass die Objekte nach einigen Aufnahmen nicht mehr am selben Standort im Bild selber stehen? Ich dachte immer, dass das Problem eher ein verzerren der Objekte darstellt (wie wenn das Bild "verwackelt"). Das heisst, auch eine absolut exakt nachgeführte azimutale Montierung hat nach einigen Minuten diesen Effekt? Das ist natürlich doof...


    /Danke auch an Stefan. Ich werd wohl alleine der Neugierde wegen weiterhin versuchen, auch Deep Sky abzulichten, einfach mit einer sehr niedrigen Erwartungshaltung ;)
    Und der Mond ist ja auch ein schönes Objekt...

  • Hi Matthias,



    Ich hab mal ein Bild aus der Galerie eingehängt- ich denke mal das Arminius nix dagegen hat (http://www.astrotreff.de/objektdetail.asp?file_id=78180)


    Nimm dir einen beliebigen Ausschnitt, leg ein rechteckiges Fenster (sozusagen dein Ausschnitt den du fotografiere willst) drüber und betrachte das Ergebnis über die Zeit. Die Bewegung der Sterne verläuft in jedem Bereich des Ausschnitts anders- genau das passiert wenn du azimutal länger belichtest.


    Gruß
    stefan

  • Hm, ok, jetzt versteh ich das endlich...das heisst, mir bleibt als einzige Deep Sky Objekt der Polarstern ;)


    Dann werd ich meine Suche nach ner Polhöhenwiege nochmals intensivieren. Danke für eure Antworten.


    <s>/ähm, noch eine Frage. Kommt eine azimutale GoTo Montierung mit einer Polhöhenwiege denn überhaupt klar? Ich befürchte, dass der Computer das nicht sieht, dass ich da ne wiege dazwischenklemme...</s>


    /ach mein gott, jetzt versteh ich es. das problem ist, dass das zentrierte objekt bei der azimutalen zwar zentriert bleibt, aber alles drumrum verzerrt wird...und die polhöhenwiege gleicht genau diesen umstand aus?

  • Hallo Sho,


    falls es Dich interessiert, was ich vor einigen Jahren photographisch (CCD Kamera SBIG ST 9E) mit einer azimutalen Montierung (18" Dobson) gemacht habe, kannst Du Dich mal hier durchklicken:


    http://homepages.uni-tuebingen…start/Kinder/Galaxies.htm


    Vielleicht hilft es Dir bei Deiner Zukunftsplanung, wenn Du siehst, was bei mir ging (und was nicht).
    Ich habe damals, obwohl Anfänger, gleich mit 2000mm Brennweite gearbeitet. Das Problem der Bildfelddrehung kann man meines Erachtens in den Griff bekommen. Mein Anfängertum sieht man besonders der Bildverarbeitung an.
    Ich fand das Photographieren faszinierend, jedenfalls eine Zeit lang. Du solltest aber den technischen Aufwand nicht unterschätzen, den man treiben muß, um auf freiem Feld die ganze Elektronik einzurichten und zu betreiben.


    Viele Grüße
    Johannes

  • Hi Matthias,


    wenn du dein azimutal montiertes Teleskop von Ost nach West bewegst und der Sucher (als Marke gedacht) sitzt genau senkrecht oben drauf dann bleibt er auch da, egal wo du die Montierung hinbewegst.


    Parallaktisch montiert dreht sich aber das Teleskop beim Schwenk um die Längsachse des Tubus- der Sucher würde sich hier mitbewegen- genau das ist z.B. der Nachteil eines Newton mit solcher Montierungsart (der OAZ steht in jeder Stellung der Montierung an einer anderen Stelle).


    Azimutal bleibt damit deine Kamera auch immer in der gleichen Position, parallaktisch wird sie mitgedreht da der Tubus durch die Montierung um seine Längsachse gedreht wird.


    Hey Marcus,


    bei f/10 ist halt bei 10-20s noch nicht viel auf dem Chip, jedenfalls nicht bei Deepsky. Das gilt auch für den Beitrag von Johannes- mit f/4,5 hat man die Belichtung um mehr als Faktor 4 fertig gegenüber f/10.


    Gruß
    Stefan

  • Hallo Stefan,
    stimmt schon, ernsthafte Fotografie ist das ja sowieso nicht, eher für Vorführungen und Schnappschüsse ;) Aber zur Not via Reducer, zudem sind selbst die 20-120€ Kameras eben recht empfindlich, natürlich lassen aber Auflösung und Rauschverhältnis zu wünschen übrig...
    z.T. mit 8" SC ~f/10 0,5x Reducer, 20x20s
    http://www.nightskies.net/scop…/video/gallery/index.html


    Mit f/5 bzw. f/3 geht da natürlich mehr, Rohmaterial

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    //Nachtrag: Link vergessen...

  • Hallo Sho,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">/ach mein gott, jetzt versteh ich es. das problem ist, dass das zentrierte objekt bei der azimutalen zwar zentriert bleibt, aber alles drumrum verzerrt wird<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Ja, so ist es. Aber wegen der Bildfelddrehung brauchst Du den Mut nicht sinken zu lassen, auch wenn Du noch keine Polhöhenwiege hast. Die Geschwindigkeit der Drehung variiert je nach Himmelsrichtung nämlich sehr stark. Direkt im Osten und Westen ist sie sogar gleich null, d.h. hier dreht sich nichts. Im Norden und Süden ist sie dagegen höher. Generell steigt sie mit der Höhe des Objektes über Horizont; im Zenit ist sie sehr hoch.

    Also, wenn Du es mit Deiner DSLR und der azimutalen Montierung probieren willst: Such Dir ein Objekt im Osten oder Westen, das nicht zu tief steht (wegen der ungünstigen atmosphärischen Bedingungen in Horizontnähe) und nicht zu hoch (wegen der in Zenitnähe hohen Drehgeschwindigkeit) - also etwa zwischen 45° und 60° Altitude. Die Verwendung Deines reducers wäre dabei sicher sinnvoll.


    Viele Grüße
    Johannes

  • Hm, ok, das klingt ja gar nicht sooo unmöglich, dann werd ich da sicher dran bleiben (sobald das Wetter wieder mitspielt und die Nachbarn ihre Weihnachtsflutlichter vom Balkon genommen haben).

  • Sho,


    nein, das ist keineswegs unmöglich.
    Wenn Du das Phänomen der Bildfeldrotation besser verstehen möchtest, kannst Du hier schauen:
    http://calgary.rasc.ca/field_rotation.htm
    Da bekommt man gute Erklärungen, Animationen und sogar Berechnungen.
    Die Erklärung der Bildfeldrotation über die Strichspuraufnahme, wie sie oben im Thread versucht wurde, ist meines Erachtens nicht richtig.


    Viele Grüße
    Johannes

  • Super, danke für den Link, das ist wirklich sehr ausführlich und gut dargestellt. Schön zu sehen, dass es Bereiche gibt, wo man auch mit azimutaler Montierung doch was machen kann. Dann werd ich da wohl weiterhin ein bisschen was investieren um in Richtung Deep Sky gehen zu können. Schaden wird's sicher nicht, die ganze Ausrüstung (Kamera, Guider etc pp) kann ja auch an parallaktisch montierten Teleskopen benutzt werden, falls ich mal einen Standort finde der für Deep Sky besser geeignet ist als mein jetziger (weniger Lichtverschmutzung) und sich die Anschaffung eines neuen Teleskopes und neuer Montierung lohnt.


    Jedenfalls gibt es hier in der nähe ein Fotogeschäft, welches auch gebrauchte Kameras verkauft, die haben immer mal wieder alte Kameras der 400er, 450er etc Serie im Angebot. Ich denke, ich werde mir erstmal so eine kaufen (die sind vermutlich auch noch günstiger als eine neue 1100D).


    Vielen Dank an alle, die Antworten hier im Thread haben mich, zumindest in der Theorie, echt weiter gebracht!

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