Hallo zusammen!
Beobachtungstechnisch tut sich ja nicht allzu viel, daher stelle ich mal meinen bescheidenen Bericht hier ein, von der Nacht Freitag zu Samstag.
Ich hoffe, ihr habt trotz der nicht allzu hohen Objektdichte ein wenig Spaß [:)]
<font color="green">Intro</font id="green">
Meine Lieblingsseite meteomedia.de hat mal wieder für meinen Hausberg den Wendelstein auf 1800 m Höhe Gute Bedingungen bei 12 Grad + 40% Luftfeuchte vorhergesagt – und das Wichtigste: einen Sack voll Sonne bzw. Wolkenlosigkeit. Bevor der Mond kommen sollte, waren 2-3 Stunden Deepsky möglich. Bei tollen Bedingungen absolut eine Reise wert!
Also am Freitag megapünktlich in der Arbeit den Stift fallen lassen und ab nach Haus zum Packen. Zu Haus angekommen, sollte in zwei Stunden die Bahn fahren. Ich check noch mal die Bahnverbindungen und allgemein die Lage – Oops! Nix zwei Stunden – EINE! Und der Magen is noch leer, noch kein Beobachtungsplan, NIX.
In der Eile habe ich fast meine lange Hose vergessen – nicht, dass ich die gebraucht hätte auf 1800 m die ganze Nacht über – wozu...
Auch ein neues Utensil ging mit: der DeepSkyAtlas. In der Wendelsteinregion angekommen empfing mich ein verschleierter Himmel, einer von der Sorte, den man nicht sehen will. Egal: lange fahren die Bergbahnen nicht mehr, Hochdrucklage zeichnet sich ab -also ruff da.
<font color="green">Angekommen am Beobachtungsplatz</font id="green">
Um 16 Uhr war ich an meinem Platz nach dem üblichen Gekraxel von 100 Höhenmetern. Der Siff war schwer einzuschätzen, ich blieb aber halbwegs guter Dinge, immerhin klarte der Südhorizont auf und die fernen Bergspitzen wurden schön frei. Also: zur „Not“ volle Breitseite Kugelhaufen guckn. An meinem Platz, wo ich die Isomatte ausbreiten wollte, lagen haufenweise Krümel von den touris, welche sich den tag über die Brotzeiten eingeworfen haben. Das Problem erledigte sich aber bald in Form von einer Dohle, die um meine Füße hüpfte und bestimmt die Hälfte von dem lästigen Gekrümel wegmampfte.
Nun denn, ich baute auf und in Anbetracht der pfriemeligen Fangspiegelhalterung bekam ich die Justage wieder derart gut hin, dass mein Eigenlob welches ich mir jetzt verdrücke vom Meeresboden bis zum Wendelstein hochgestunken hätte
<font color="blue">Dämmerungsanblick</font id="blue">
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<font color="green">Schlecht - gut - äh...JEIN?
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Am Anfang war es windstill. Die Wolken bewegten sich langsam. Die Dämmerung schritt voran und die Wolken auch – würde es rechtzeitig zu einem klaren, tollen Himmel kommen? Die Murmeltierpfiffe blieben dieses mal aus. Vielleicht vertrieben von dem Hubschrauber, der direkt am Wendelstein an der Platform und andersowo oben was hinundherrangiert hat. Bilder hängen im Handy fest, wo ich das Kabel grad nich finde...
Der Himmel schien wolkenlos zu werden, das dunkelgrau an mir vorbei zu ziehen. Tatsächlich, eine große Lücke über Schwan und Leier machte sich breit. Nun gut, fangen wir mit dem exotischen M 57 an. Das Seeing war wie die letzten male ziemlich gut. Die Klarheit allerdings eher Vorstadtniveau. So hieß das Projekt zunächst: Zentralstern im Ringnebel! Es war doch tatsächlich wieder möglich, mit dem 4,7er auf gut 340fach zu gehen und die Sterne dabei feine Punkte blieben... Ich meinte etwas aufblitzen zu sehen. Konzentration, Bild wurde dunkler: Schleierwolken. Region wurde frei. Neuer Versuch, Konzentration, da, vielleicht... Wind kam auf. DANKE! Gerade war ich dabei mich einzusehen und nun kam Wind. Ich kam mir vor wie ein Sehhund, der einen Ring balancieren will, nur dass ich versuche, nicht die Balance sondern den selben Blick zu halten. Ich brach den Versuch genervt ab. Es wurde ein stetiger Wechsel von wolkenfrei und verzirrt. Und alles gepaart mit einer zünftigen Portion Sch...eibenkleisterwind. An schwierige Objekte war bei der schlechten Transparenz und dem Wind nicht zu denken.
<font color="green">Doch noch Neuland?
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Als es aber recht klar war bei der Cassiopeia, probierte ich mich an der IC 10, der irregulären Starburstgalaxie, welche uns am nahsten ist von dieser Sorte. Mithilfe des neuen Atlanten steuerte ich das Zielgebiet an und fand eine Dreicksformation aus Sternen, ein gleichschenkliges Dreieck, dessen symmetrisch verlängerte Gegenkathete zu einem nebligen Wuschel führte. Ich meinte, dies war IC 10. Schwer, eine klare Form auszumachen und recht schwach, gleichzeitig aber nicht zu übersehen. Der Wind umspielte die Anlagen des Wendelsteinobservatoriums und formte ein Pfeifen, wie es ein Expeditionsteilnehmer in der Antarktis nicht besser einfangen könnte. Ich setze mir zur Mütze noch die Kapuze auf. Nun war das Pfeifen auch in der Kapuze. Ich setzte sie wieder ab.
Die Bedingungen wurden wieder schlechter und ich beschloss, aus der Nacht eine Deepskyatlas-Übung zu machen. Einfach mal ein Sternbild nehmen, was grad frei ist und guckn, was es da so gibt. Der Schwan war dran. Hier zeigte sich schnell einer der Vorteile des neuen Atlanten: sehr viele Eigennamen von Objekten sind drin, sodass man auf diese aufmerksam wird. So entdeckte ich einen NGC-Haufen als Ziel, welcher in anderen Atlanten einer von vielen NGCs wäre und ggf. als langweilig empfunden wird. Aber „mein“ Exemplar wies noch den Namen „Foxhead“ auf. Ich probierte den mal. HUI! Was für ein schöner Haufen. Offene Haufen habe ich bisher sehr sehr vernachlässigt zugunsten von Galaxien. Denn offene Haufen sind ja meist was für Ferngläser. Aber NGC 6819 ist echt ein Schätzchen: eine tatsächlich einem Fuchskopf ähnelnde Form, die aus recht vielen eng beieinander liegenden Sternen geformt wird. Selbst im 12er Nagler war der Haufen in seinem Charakter noch sehr schön zu beobachten mit viel Feld drumrum. Ich möchte sagen, dies ist der schönste offene Haufen, den ich je in einem Dobson gesehen habe! Interessant auch ein Haufen, der die Notiz enthielt “mit Loch“.. Jo, war ein Haufen mit Loch in der Mitte, nicht mehr und nicht weniger aber wirklich interessant, mal aufgrund solcher Datenlagen seine Objekte anzusteuern... Wenn ich nicht mit dem Atlas übte, übte der Atlas sich selbst in der Disziplin, „wie oft kann ich mich pro Sekunde vom Wind umblättern lassen, ohne zu zerreißen?“
Der Mond sollte gegen 23 Uhr aufgehen, ich war mir dessen bewusst und war zufrieden mit der Aussicht auf 2-3 Stunden schönem Deepsky und nach einer Mütze Schlaf volle Dröhnung Mond zur Kulm.zeit. Da freute ich mich auch schon drauf – denn bei guter Höhe und interessanter Phase habe ich den Mond noch nicht oft beobachtet in meinem 12er. Das hieße nämlich gewöhnlich extra wegen dem Mond rumschleppen und aufbauen... Da es mit Deepsky nicht weit her war, strich ich pünktlich mit Mondaufgang die Segel- in der Hoffnung, dass die gestrichenen Segel auch dem Wind sagen: Du hast hier nix zu tun – hau ab.
<font color="green">Die Heia</font id="green">
Der Wind drückte derart gegen das Teleskop, dass ich Angst hatte, es wird umgeworfen – also Streulichttuch ab und Teleskop nach unten auf eine Bank geneigt sowie mit dem Okularkoffer (bestimmt 3 kg) per Klettband vergurtet. Vorteil des Streulichtblendenabbaus: die Gegenlichtblende aus Schaumstoff wanderte direkt unter meinen Schlafsack als zusätzliche Polsterung. Das ganze war insgesamt doch gar nicht so ungemütlich, sodass ich es tatsächlich schaffte, halbwegs gut bis halb 4 zu dämmern.
Dann ereilte mich das Granufink-Arzneikürbis-Ding und ich war wach. Trotz warmer Füße (doppelte Socken und Fleecepulli drumrumgewickelt) drückte die Nacht unter freiem Himmel irgendwie auf ihre eigene Weise... Die Wolken waren weitgehend klaren Stellen am Himmel gewichen – logisch, Mond da, Wolken weg. Aber das war ausnahmsweise mal so geplant und positiv! Die Umgebung war hell erleuchtet. Der fast noch halbvolle Mond war umgeben von einem klaren dunklen Schwarz, selbiges gilt für den herrlich strahlenden Jupiter . Ist das toll: Aus dem „Bett“ fallen und direkt ran ans Teleskop! Wenn man das immer so machen könnte... Das Seeing war immer noch gut. Der 4,7mm-Test wurde bravorös bestanden – bis auf...den Wind. Was nützt einem die Schärfe, wenn alles wackelt?? Verflixt noch eins. Ich machs kurz: es blieb den ganzen Morgen über windig. Und zwar so, dass ich zwischendurch Angst hatte, ich hätte am nächsten Morgen ein Blaues Auge vom Okular...
<font color="orange">Das Sonnensystem</font id="orange">
Streulichtschutz war hier aufgrund des Windes wie beschrieben nicht ratsam und bei den Objekten hier wohl nicht so wichtig. Ich hatte allerdings ein Festblendenprinzip aus Pappe gebastelt und bisher immer zur Sicherheit dabei bzw. bis ich es endlich schaffe, das mal qualitätsvoller umzusetzen und fest zu installieren... Kam also zum Einsatz.
Der Mond im 4,7er Ethos ist bei gutem Seeing einfach eine Wucht. Der Rand des vollständig beleuchteten Teils des Mondes zeigte scharfe Zacken – so prägnant habe ich die Gebirge am voll beleuchteten Rand noch nie wahrgenommen. Stark. Ich stelle fest, das Ganze ist auch mit dem 8 mm-Oku zu sehen und danach stelle ich erst mal eine ganze Weile auf dem linken Auge gar nichts mehr fest...
Überhaupt glänzte die Phase gerade mit einer Vielzahl von Showpieces. Die Apenninen genau am Terminator: ich fühlte mich extremst an ein ausgebuddeltes Reptil erinnert, welches gerade von einem Archäologen entdeckt wurde... Blickweise zwischen dem Gewackel waren zahlreiche Strukturen jedweder Art auf engstem Raum zu sehen – ein ganz spannender Wechsel von Domen, Minikratern und Furchen. Jupiter zeigte schon bei 200fach mindestens zwei seiner Monde als deutlich flächenhafte Kugeln, der große Weisse – ähhh. Der große, rote Fleck begann seinen Weg um den Äquator. Im Laufe des Morgens absolvierte er den halben Durchmesser an Strecke. Leider keine Schattenspiele oder dergleichen, alle vier Monde waren zu sehen. Mehrere Bänder waren zu sehen, zuweilen mit einigen Details. Mars kam langsam hoch. Ich hatte das Gefühl, ich spiele das Spiel „Fang den Mars “ Boingboingboing – ich kam mir vor wie in einem Telespiel von früher, wo man irgendwelchen hüpfenden Dingern hinterherklickt. Dieser elendige Wind. Dennoch: auch hier war das 4,7er Ethos ein Gewinn gegenüber 8 mm. Ich erkannte trotz Gehüpfe eine deutliche Polkappe und ein großes Dunkelgebiet. Ich meine sogar, die zweite Polkappe – ganz winzig - gesehen zu haben.
Irgendwann kam die Morgendämmerung und die Verarschung nahm ihren Lauf: der Himmel wurde blauer und blauer, die Bergspitzen klarer und schärfer. Als die Sonne oben war, sah es aus, als hätte es eine bombige Deepskynacht gegeben...
Was solls, das kannte ich schon, wenngleich es dieses mal besonders schlecht war. Aber in Anbetracht der ggf. letzten Bergtour dieses Jahres musste ich es probieren und es hat trotzdem wieder Spaß gemacht. Nächstes mal auch bestimmt wieder mit Murmeltier.
<font color="blue">Morgendlicher Schatten des Wendelstein ins Alpenvorland</font id="blue">
Schöne Grüße
Norman