(ALccd-) QHY5L-II - Gain- und Rauschmessung

  • Servus Miteinander,


    ich habe mir am Wochende mal die Arbeit gemacht und die QHY5L-II/ALccd 5L-II (CMOS MT9M034 Chip, daher möglw. auch für die ASI120MM Benutzer interessant) vermessen. Ich bin erst hinterher auf ein-zwei Problemchen gestossen, sobald ich diese Unklarheiten beseitigt habe, werde ich nochmal nachmessen.


    Ziel des Ganzen war einerseits ein paar Unregelmäßigkeiten bei der Langzeitbelichtung zu verstehen, anderseits wollte ich einfach die Gain-, Rausch- und Dunkelstromwerte der Kamera wissen.


    Verwendet habe ich die Herstellersoftware EzPlanetary und nicht die API/WDM Ansteuerung, wie sie zB. Firecapture verwendet. (das hole ich dann auch noch nach, da sich zB. die Gain-Regler unterscheiden: EzPlanetary 1-100%, API: 1-1024).


    Verwendete Treiberversion: V13-01-06


    <b>Aufbau:</b>
    Bias- und Darkbilder wurden mit Plastikkappe und in Alufolie eingehüllt aufgenommen, bei Raumtemperatur ~18° C. Für die Masterbiasbilder wurden je Gainstufe 100 Bilder mit 100 µs "belichtet".


    Flats/Lights wurden mit einer Gleichstromhalogenbirne belichtet, dazwischen ein Mikroskopkondensor und ein Papprahmen mit einigen Papierstreifen zur Belichtungssteuerung. Die Belichtungszeiten der Flats lagen bei 500 µs - 2ms.


    <b>Bias</b>
    Der Chip rühmt sich damit ein (für CMOS) sehr homogenes Bild zu liefern, ganz ohne vertikale Banden gehts aber nicht. (Zur Info: der Chip besitzt über die ganze Breite extra Dunkelpixel, die die Linienmuster im laufenden Betrieb ausgleichen.) Das was übrigbleibt sammelt sich im Masterbias. (FPN: Fixed Pattern Noise/"Offset-Noise")



    <i>Gestrecketes Masterbias: FPN/"Offsetnoise" gut zu sehen</i>


    <b>Gain</b>
    Damit man überhaupt etwas berechnen und vergleichen kann benötigt man die Gain-Werte der Kamera. Gain heißt: Welcher Helligkeitswert wird einer gemessenen Ladung zugeordnet. Dazu nimmt man Flatpaare bei verschiedender Beleuchtung (&gt;&gt; Ausleserauschen) auf und misst die Varainz der Differenz der beiden und trägt sie gegen den Gesamtbelichtungswert (Mittelwert*2) auf. Nach einigen Messungen kann man dann eine Gerade durch die Punkte legen und bekommt mit der Steigung den Gain in Elektronen pro Belichtungswert (e- / ADU)

    <i>Gain/Rauschergebnisse im 12 Bit Modus</i>



    <i>Gainergebnisse für 8 Bit</i>



    <i>Messkurven für g=1,2,5,10%</i>


    <b>12 bit Kamera</b>
    Die 12 bit Daten werden von EzPlanetary in einer 16 bit Fitsdatei ausgeliefert, dabei ist jeder Wert einfach mit einem Faktor 16 versehen. Nur bei niedrigen Gain Werten macht es Sinn diesen Modus überhaupt zu gebrauchen. Mit Betrachtung der Rauschwerte würde ich sagen, daß ab Gain~5-10% kein Verlust mehr im 8-bit Modus auftreten sollte.
    Die "Fullwell"-Kapazität ist für die kleinen CMOS-Pixel erstaunlich hoch. Bei Gain=1% sättigt die Kamera schon bei ~3180 ADU (max. 4095), hier muss man also aufpassen.



    <b>Rauschverhalten und Offsetproblem</b>
    Das Ausleserauschen (stdv(singlebias-masterbias)*gain) bei Gain=1 kann ich noch ruhigen Gewissens vertrauen, bei denen darüber bin ich skeptisch. Grund ist der sehr niedrige Offset der Kamera im normalen Betrieb. Der lässt sich zwar zwischen 0-100 in EzPlanetary einstellen, mein eingestellter Wert lag bei 20 (das ist mir allerdings erst hinterher aufgefallen), Grund dafür ist wohl die 16-bit FITS Umwandlung, die offenbar den Wert 0 nicht kennt und eine 0 als 16 od. 32 ausgibt. Hier werde ich bei Gelegenheit noch die unsicheren Werte mit höherem Offset nachholen. Im 8-Bit Modus sind die Biasbilder auch recht unbrauchbar teilweise mit 0 gesamplet worden. (Was ein Problem erklärt, daß ich immer wieder hatte: Masterbiasbilder allein funktionierten nicht richtig)
    Die Rauschbilder sehen nicht zu 100% homogen aus, eine leichte horizontale Bandenstruktur ist zu erkennen, aber für einen "rolling shutter" Chip nur sehr gering. (Auch hier wird über Schwarzpixel am Rand intern schon korrigiert)



    <i>1:1 Auschnitt Ausleserauschen: Leichte horizontale Bänderung sichtbar, auch in der Histogramverteilung</i>


    <b>Dunkelstrom</b>
    Interessant ist bei so einer CMOS-Kamera natürlich das Verhalten bei Langzeitbelichtungen. Der Hersteller hat hier schon etwas zum Vorgängermodell verbessert (ZWO macht das glaube ich ebenfalls): Das Gehäuse führt Wärme ab, dazu ist ein kleiner Kühlfinger hinten am Chip mit dem Gehäuse verbunden. Desweiteren hat die Kamera einen Langzeitbelichtungsmodus, ich schätze mal hier werden wieder interne Schwarzpixel eingesetzt. Trotzdem sieht das Resultat nach wenigen Sekunden schon etwas "gesalzen" aus und die ersten "warmen" Pixel laufen in eine Sättigung. Mit ordentlichen Darks kann man hier aber sicher noch gute Resulate erzielen, fürs Guiding reichts sowieso.
    Der Langzeitbelichtungsmodus hat noch eine andere "Besonderheit": Der Offset springt plötzlich auf ein deutlich höheres Niveau. Auch das ist für die Bildkorrektur also wichtig: Darks/Flats/Bias Bilder müssen dann auch im LE Modus gemacht werden.



    <i>Dunkelstromreihe für gesamten Sensor und einzelne (ausgewählte) Pixel (Vorsicht, hier sind noch Roh-16bit-Werte angegeben und noch nicht auf 12bit reduziert)</i>



    <i>1:1 Auschnitte der Darks inkl. Histogram</i>


    <b>Muster in gesatcken Bildern</b>
    Schon öfter ist mir aufgefallen, daß gerade bei Mondaufnahmen ein komisches Muster durchkommt. Das lässt sich problemlos mit Bias/Flats beheben. Es sieht ein wenig nach Bayermuster aus und könnte ein Problem des internen Weißabgleichs sein, der irgendwie auch bei der monochromen Variante durchschlägt, wenn man genügend Bilder stackt und entsprechend schärft. Ich werde das Ergebnis hier auch an QHYCCD weitergeben, möglicherweise wissen die näheres. (Möglw. auch nur PRNU: Photo Response Non Uniformity)



    <i>PRNU/Bayermuster? in Mondaufnahmen verschwinden nach Bias+Flat-Korrektur</i>



    <i>1:1 Ausschnitt eines Flats - Histogram gestreckt</i>



    <b>Ergebnis</b>
    <ul>
    <li>Offset-Wert muss unbedingt erhöht werden, möchte man korrekte Biasbilder erzeugen.</li>
    <li>Bias/Flats für schöne Ergebnisse erforderlich oder hohes Aufnahmedrizzling.</li>
    <li>Im unteren Gainbereich machen 12 bit-Aufnahmen Sinn</li>
    <li>Langzeitbelichtungsmodus liefert andere Bilddaten.</li>
    <li>Ausleserauschen ist für einen CMOS-Chip sehr gering und die horizontalen Banden klein.</li>
    </ul>


    <b>Links zum Thema</b>
    Signal to Noise, Craig Stark: http://www.cloudynights.com/item.php?item_id=1966
    Digital Imaging, Molecular Expressions: http://micro.magnet.fsu.edu/primer/digitalimaging/index.html


    <hr noshade size="1">


    Ich hoffe die Ergebnisse sind halbwegs nachvollziehbar und für den ein oder anderen Benutzer ebenso interessant. Wie schon erwähnt gibt's hierzu auf alle Fälle noch einen 2ten Teil. Englische Version inkl. PDF veröffentliche ich die nächsten Tage auf meiner Homepage.


    Grüße
    Korbinian

  • Hallo Korbinian,


    danke sehr für dieses ausführlichen Bericht. Ganz verstanden habe ich ihn noch nicht, ich versuche aber gerade darüber nachzudenken, welche praktischen Konsequenzen ich für die Nutzung meiner Alccd5II (ohne L) ableiten kann. Besonders interessiert mich die Flat-Bias-Korrektur und zwar wie man die praktisch bei Mond- und Planetenvideos einsetzten kann, um ein korrigiertes Ergebnis zu bekommen. Was müsste ich dafür genau machen? Also auf jeden Fall herzlichen Dank nochmals für die Mühe, diesen Bericht zu erstellen. Nebenbei hab ich auch noch eine Anleitung für winJUPOS auf deiner HP gefunden. [:)]



    beste Grüße
    Christian

  • Hallo Korbinian,


    da hast Du Dir echt Mühe gemacht.
    Die Einbrüche im Histogramm sind aber m.E. nicht auf das Banding zurückzuführen. Wenn ich mich nicht irre, sieht man 5 Maxima, die von der Gausskurve eingehüllt werden. Ich vermute, die Bias Korrektur an den einzelnen Zeilen wird nur grob bestimmt (vielleicht nur ein Referenzpixel) und als Ganzzahl vom Linienwert jeweils abgezogen. Beim Stacken kommen dadurch dann wieder Stufen ins Histogramm.
    Wäre schön, die Hersteller würden wenigstens grob verraten, wo wirklich schon was gerechnet wird.
    Schön ist zu sehen, dass man mit hohem gain kaum etwas bzgl. Read Noise gewinnt.


    Gruß
    Norbert

  • Danke euch für die Antworten.


    (==&gt;)Christian:
    1:1 auf deinen Chip lässt sich das natürlich nicht übertragen, aber die Theorie dahinter ist natürlich die Selbe. Der "Bayer-Fehler" oder fehlerhafte RGGB-Offset ist übrigens für die 5-II bekannt (inkl. Lösungsvorschlag: http://qhyccd.com/ccdbbs/index.php?topic=3490.0).


    Flats und Bias-Aufnahmen kann man recht einfach herstellen und am gleichen Setup immer wieder verwenden. Autostakkert 2 kann die Dinger selbst stacken und müssen dann nur immer reingeladen werden werden.
    Bias: Kappe drauf und für den gewünschten Gainwert mind. 50 Bilder bei minimaler Belichtungszeit aufnehmen.
    Flats: Entweder mit Lightbox/EL-Folie vor dem Teleskop oder bei Tag weg von der Sonne ein T-Shirt/weißes Tuch vors Teleskop und bei gewünschtem Gainwert und 1/2 bis 3/4 gefülltem Histogramm wieder mind. 50 Bilder machen. Wichtig ist dabei, daß Filter und Fokuspositionen halbwegs eingehalten werden, insb. wenn Staub auf dem Sensor miteliminiert werden soll.


    (==&gt;)Norbert:
    Ja da hast du wohl recht, das wird mehr ein Samplingeffekt sein, als die Bänderung.
    Ich hab eben mal das Aptina Datenblatt durchgeklickt und der Chip kann schon einiges und treibt einiges an Aufwand: Temperatursensor, komplette Bildstatistik, insbesondere die HDR-Funktion wäre sehr interessant, hätte man auch die Daten dazu, so ist sie eher nutzlos...


    Wenn ich mich nicht verrechnet habe nutzt die Kamera fast 130k Pixel zur internen Datenkorrektur [:0].


    Grüße
    Korbinian


    Edit: Ich habe eben das Linux SDK der Kameras entdeckt und dort die ganzen Registerbefehle gefunden, bzgl. des Herstellers nehm ich alles zurück und behaupte das Gegenteil. Die nächsten Tage hab ich jedenfalls eine spannende Bettlektüre. [:D]

  • Hallo Korbinian,


    danke für die Infos! Den RGGB-Offset habe ich schon mal getestet, leider kommt der nicht in Frage, weil das Datenvolumen verdreifacht wird. Damit geht der Vorteil der geringeren Datenmenge der monochromen Kamera verloren. Für Videos bei hohem Gain nutze ich die Funktion Row Noise Reduction in EZPlanetary. Dadurch vermindern sich zwar die möglichen FPS, aber es kommt ein chaotischeres Rauschen ins Spiel, das ich EBV-technisch viel besser in den Griff kriege. Für Planetenvideos habe ich mit meinem alten 1.7GHz Laptop nun ca. 60FPS zur Verfügung und die Probleme sind so weit reduziert, dass ich nur eine leichte Chip-Struktur bei Schärfen vorfinde, die ich aber leicht durch Rauschfilter beseitigen kann. Die Bilder sind dennoch gut scharf zu rechnen. Diese Struktur sieht genauso aus, wie du sie oben zeigst.


    Also wenn ich es richtig verstanden habe, muss ich ein BIAS erstellen. Wie muss ich dann dieses BIAS vom geschärften Summenbild abziehen bzw. die Korrektur durchführen? Autostakkert hat soweit ich es sehe nur eine Dark-Frame-Korrektur. Wie hast du die Korrektur an dem Mondbild von oben durchgeführt? Das würde mich brennend interessieren. [8)]




    beste Grüße
    Christian

  • Servus Christian,


    Ich glaube das Geheimnis des RGGB-Offsets liegt darin, nach den Einstellungen wieder in den RAW-Modus zu wechseln (der Offset bleibt
    danach erhalten).


    Autostakkert2 kann auch Flats. Bias Frames kannst du in dem Kontext verwenden wie Darks. Am besten zuerst den Masterbias erstellen, weil du den bereits als Dark/Bias angeben solltest, um das Flat zu berechnen.
    (Ich habe vor einiger Zeit eine Sonnenaufnahme filmisch dokumentiert, inkl. der Nachbearbeitung: Youtube Playlist Teil 3 & 4)


    Grüße
    Korbinian

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!