In 5 Schritten zur Parabel

  • Hallo zusammen,


    an dieser Stelle möchte ich ebenfalls mal wieder ein kleines bisschen was zum Thema Spiegelschleifen beitragen - genauer gesagt zum Thema Parabolisierung. Dieses möchte ich anhand eines 297/1311mm mit f/4.4 ein wenig genauer erläutern.



    Ausgangssituation


    Zuerst sei die Anfangssituation ein wenig beschrieben, nachdem der Spiegel mit einem 270mm Tool auspoliert wurde. Die konische Konstante lag bei cc=-0,051. Die Oberfläche war also noch ziemlich sphärisch mit einem leichten Hang zur Parabel. Noch betrug der Unterschied zur Parabel 1860nm, die im Folgenden weg mussten.



    Da man in dieser Darstellung die Oberflächenfehler nicht sonderlich gut ausmachen kann, habe ich mir die Oberfläche nochmals ausgeben lassen - dieses Mal normiert auf eine Konstante von cc=-0,051. Die Auswertung ist im nächsten Bild dargestellt:



    Man erkennt einen leichten Astigmatismus sowie eine erhabene Zone, die den Strehl auf 0,64 ziehen. Das sind aber alles keine schlimmen Dinge, die man nicht mit ein wenig Arbeit wegbekommen würde.


    Ziel war nun erst einmal, einen höheren Parabolisierungsgrad zu erreichen. Dazu habe ich ein 130mm Tool verwendet. Nun wurde der Spiegel mit mehr oder weniger zentralen W-Strichen bearbeitet. Der seitliche Offset lag bei 90-120mm, der Überhang bei 30mm. Mit dieser Strichführung wurde nun 60min poliert.


    Dabei wurde bewusst eine Stoppuhr verwendet, um später feststellen zu können, welche Fortschritte man bei der Parabolisierung in einer gewissen Zeit macht. Warum das wichtig ist, wird später klar werden.



    Auswertung Session 1


    Nachdem der Spiegel 4 Stunden Zeit hatte, um auszukühlen, wurde er interferometrisch vermessen. Dabei wurden insgesamt 8 Igramme in der 0° und der 90° Stellung aufgenommen und gemittelt. Herausgekommen ist folgende Auswertung bezogen auf eine cc=-1:



    Der Astigmatismus ist nun kaum noch zu erkennen. Dafür steht der Zentralberg deutlich über den Rand. Ich versuche, bei der Parabolisierung den Rand und die Mitte immer gleichmäßig nach unten zu bekommen. Das bedeutete, dass die nächste Session mehr über die Mitte gehen musste. Schauen wir uns noch kurz die Auswertung für eine cc=-0,357 an:



    Die Zone hat sich weiter nach außen geschoben, der Zentralberg ist ebenfalls gut zu erkennen. Anhand dieser Auswertung lässt sich feststellen, dass in 60min die konische Konstante von cc=-0.05 auf cc=-0.36 gefallen ist. Macht also alle 10min eine Differenz von 0,05.

    Mit diesen Informationen wird die nächste Session ebenfalls 60min dauern, die Strichlänge bleibt gleich, allerdings wird ein Zusatzstrich über die Mitte eingeführt, um den Berg ein wenig abzutragen.



    Auswertung Session 2


    Nach der letzten Rechnung hatte ich eine kon. Konstante von cc=-0,67 erwartet, tatsächlich waren es allerdings -0,71. Es ging also ein wenig schneller voran als erwartet. Der Strehlwert ist zum ersten Mal angesprungen und liegt nun bei S=0,056 bezogen auf cc=-1. Das ist natürlich noch zu wenig, um mit dem Spiegel Spaß zu haben.



    Schauen wir uns wiederum die Auswertung bezogen auf cc=-0,711 an:



    Der Zentralberg überragt noch immer einsam die Zone. Es wird wohl so sein, dass man hier mit einem 130mm Tool nichts reißen kann. Ich lasse ihn einfach so wie er ist und kümmere mich später darum. Die Ringzone hat sich weder in ihrer Form noch in ihrer Höhe verändert und wird damit ebenfalls zu einem Fall für das Minitool.


    Da ich mit der nächsten Session 3 den endgültigen Parabolisierungsgrad erreichen und mit cc=-0.97 ein wenig unterkorrigiert bleiben möchte, rechne ich aus, dass ich 45min polieren muss, um dieses Ziel zu erreichen. Die Strichführung bleibt erhalten.



    Auswertung Session 3


    Auch hier hat die Pechhaut wieder ein klein wenig zu gut gepackt, so dass die konische Konstante am Ende der Session bei cc=-1,02 liegt. Immerhin fast eine Punktlandung. Der Spiegel ist aber leicht überkorrigiert. Da der Spiegel allerdings nur 4h auskühlen konnte, hoffe ich, dass die kon. Konstante sich noch ein wenig der -1 annähert. Der Strehl liegt nun bei S=0,67.


    Bezogen auf cc=-1 sieht die Auswertung nun folgendermaßen aus:


    Die Ringzone am Rand hat zwei Berge bekommen. Diese werden nun mit einem 50mm Tool abgetragen. Dabei muss man darauf achten, dass man nicht gleich ein Loch hineinpoliert. Gerade bei Minitools passiert das nämlich recht schnell.


    Ich werde jeden Berg 2:30min lang mit kleinen, kreisenden Bewegungen ohne viel Druck bearbeiten, auch der Zentralberg bekommt ein bisschen was ab. Hier habe ich mich für 1:00min entschieden.



    Auswertung Session 4


    Dieses Mal habe ich den Spiegel über Nacht auskühlen lassen. Je näher man dem Ziel kommt, umso wichtiger ist es, eine genaue Messung zu erhalten. Wiederum wurden 8 Igramme in 2 unterschiedlichen Positionen aufgenommen. Die Auswertung zeigt folgendes:



    Der Strehl ist mittlerweile auf S=0.86 hochgeschnellt. Die Berge auf der Ringzone sind weg. Man sieht, dass die 2:30min für den Berg links unten ein kleines bisschen zu lange waren, hier wären 2:00min besser gewesen. Daran erkennt man, wie effektiv diese kleinen Werkzeuge arbeiten, weshalb sie auch nur mit Bedacht und Fingerspitzengefühl eingesetzt werden sollten.


    Leider wurden meine Hoffnungen nicht erfüllt, dass die konische Konstante sich der -1 annähert. Durch die Bearbeitung des Zentralberges liegt sie nun sogar bei cc=-1,037. Der Strehlwert an sich ist schon recht gut, aber die Überkorrektur stört mich noch.


    Daher wird es eine fünfte Session geben, in welcher ich mich dem unteren Berg nochmal für 1:00min widmen werde und anschließend 5 Runden mit dem 50mm Minitool auf der äußeren Zone drehe. Damit kommt die Mitte im direkten Vergleich zum Rand hoch und die konische Konstante sollte sich der -1 annähern. Den Berg in der Mitte lasse ich unberührt. Soweit die Theorie.



    Auswertung Session 5


    Wieder hatte der Spiegel 15 Stunden Zeit, um auszukühlen. Da es sich hoffentlich um die letzte Messung handelt, wurden insges. 16 Igramme in vier Positionen erstellt und gemittelt. Die Auswertung sieht folgendermaßen aus:



    Der Strehlwert liegt nun bei S=0,924 und die konische Konstante liegt nun wie erwartet bei cc=-0,998. Mit den Werten habe ich diesen 12" Spiegel mit f/4.4 für fertig erklärt. Und so sieht die MTF dazu aus:


    Man könnte nun nochmal den unteren Berg ein wenig bearbeiten und 2 Runden auf der Außenzone drehen, da die Fehler, die den Strehl die letzten paar Punkte herunterziehen, recht einfach zu beheben sind. Aber es muss auch mal genug sein. :)


    Ich hoffe, dass ich ein wenig darlegen konnte, wie man mit dem Einsatz der richtigen Tools und der passenden Strichführung recht schnell zum Ziel kommen kann.


    Viele Grüße,
    Christian

  • Hallo Christian,
    auch von mir Glückwunsch zum fertigen Spiegel und vor allem bei dem "Aufwand". 5 mal poliert und eine fertige Parabel. Da shat bei mir nie klappen wollen. Aber ich hab noch eine 340mm Scheibe irgendwo rumliegen nur ausgeflext. Wenn ich mal mit meinem derzeitigen Projekt fertig bin werd ich nach deiner Anleitung polieren und wehe er ist nicht nach 5 oder 6 Sessions fertig [:D]


    Momentan tue ich mich schwer damit einen sphärischen Spiegel hin zu bekommen, aber ich denke ich habs auch endlich geschafft. Waren aber bestimmt 3-4mal so viele Sessions mit Fullsizetool.
    Deine Dokumentation gefällt mir daher echt gut [:p]
    Kannst du sowas nicht auch für größere Spiegel machen so zwischen 20 und 40" und das in 5-10 Session [:D]


    Gruß, Andreas

  • Hallo Christian,
    Danke für die schöne Dokumentation. In 5 Schritten zur Parabel bei einem 30cm-Spiegel mit f4.4 dürfte Astrotreff-Rekord sein! [:D]


    Frage aus Eigeninteresse: Du hast bei allen Messungen mehr oder weniger Hundekuchen-Oberfläche gemessen. Auch beim "Sterntest" sieht man diesen Hundedessert Extrafokal in den äusseren Ringen ganz gut. Ist dieser Oberflächenfehler real oder ein Messartefakt/Lufteinfluss? Was sagt Herr Foucault?


    Grüsse


    Max

  • Hallo Christian,


    herzlichen Glückwunsch zu dem relativ schnellen Erfolg!


    Ich bin gerade bei der 8. Session mit meinem 404mm f/4 und derzeit bei CC=-0,63 gelandet. Hab bisher die Parabolisierung mit einem annähernd quadratisch bgeschabten Tool 140mm D. durchgezogen. Dh., die polierende Fläche ist ein Quadrat mit ca. 100 mm Kantenlänge.


    Jede Session dauerte ca. 1h. Wenn alles gut geht werde ich wohl noch ca. 5h reine Polierzeit aufwenden müssen. Da mein Rohling aus Sital besteht habe ich keine Probleme mit dem Temperaturausgleich vor der Prüfung. Einjustieren und man kann danach sofort stabile I-Gramme ziehen.


    Eine ausführliche Dokumentation folgt nach der Fertigstellung.


    Gruß Kurt

  • Hallo zusammen!


    (==>)Alex: freut mich, wenn du mit meiner Beschreibung etwas anfangen kannst. Wünsche dir viel Erfolg für deinen 17". [:)]


    (==>)Andreas:


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Kannst du sowas nicht auch für größere Spiegel machen so zwischen 20 und 40" und das in 5-10 Session<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Ist gerade in Arbeit. [:D]


    (==&gt;)Max:


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Frage aus Eigeninteresse: Du hast bei allen Messungen mehr oder weniger Hundekuchen-Oberfläche gemessen. Auch beim "Sterntest" sieht man diesen Hundedessert Extrafokal in den äusseren Ringen ganz gut. Ist dieser Oberflächenfehler real oder ein Messartefakt/Lufteinfluss? Was sagt Herr Foucault?<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Ähm, da muss ich gestehen, dass mein Imeter im Moment sehr staubig ist. Daher sind auch die Interferenzstreifen nicht ganz sauber, weshalb die Oberfläche ein wenig hundekuchenmäßig aussieht. Zum Teil ist das sicherlich aber auch den Luftunruhen geschuldet.


    Foucault sieht normal aus.


    Hätte mich auch gewundert, wenn es anders gewesen wäre - ich parabolisiere immer mit einem gut angepassten Tool, das ich nach 20-25min erneut kaltpresse und mit verdünnter Suspension ca. 15-20 Striche/min poliere.


    (==&gt;)Kurt: bin wie immer sehr auf deine Dokumentation und deine Erfahrungen mit Sital gespannt. [:)]


    Viele Grüße,
    Christian

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!