Digitale Schmidtkamera?

  • Hallo Astrophotographen,


    ich bin nur Sterngucker, kein Fotograph. Aber ich habe eine Frage an euch. Die schönsten Astrophotos die ich kenne, stammen von einer Schmidtkamera. Dieser Bautyp weist sich durch großes Gf und gestochen scharfen, nadelpunktförmigen Sternen bis zum Bildrand hin aus. Als ich die Fotos meines damaligen Sternfreundes Frank Niebling (vor vielen Jahren) sah, staunte ich ungläubig und war hin und weg. Damals war die analoge Fotographie noch Standart, doch heute ist es die digitale F.. Auf die langwierige Arbeit der Justage einer solchen Kamera und das Einlegen/Wechseln des Films will ich nicht weiter eingehen.


    Doch seit einiger Zeit stelle ich mir die Frage, warum ich noch nie von digitalen Schmidtkameras gehört und gelesen habe. Selbst bei Recherchen nach Großteleskopen, bin ich nie auf derartiges gestoßen.
    1.Werden denn keine gekrümmten Chips für Schmidtkameras gebaut und auf dem Markt angeboten?
    2.SBIG bietet wohl mit die höchstwertigsten Astrokameras an, sogar mit Chip-guiding, aber keine Schmidtkamera. Das ist doch eine absolute Marktlücke! Warum füllt die keiner?
    Ist der Chip erst einmal richtig im Sekundärfokus justiert, entfällt jetzt sogar noch das lästige Filmwechseln und die Kabel könnten hinter der Fangspinne nach außen geführt werden.
    3. Ich kann gar nicht glauben, dass es nicht einmal unter den Großteleskopen keine digitale Schmidtkamera gibt.
    4. Lassen sich solche gekrümmten Chips etwa nicht herstellen? Das kann ich nicht glauben!
    5.Hat sich vielleicht schon der ein oder andere mit dem Bau einer solchen Kamera beschäftigt?
    6. Hat von euch schon einmal jemand einen Chiphersteller diesbezüglich kontaktiert?


    Ich bin neugierig, wie ihr darüber denkt, ich meine über so eine echte digitale S.-kamera, nicht etwa pseudoartige Lösungen, wie sie Celestron anbietet.


    Ich danke euch im Voraus für eure Antworten und hoffe auf rege Beteiligung zu diesem Thema.


    Klaren Himmel im kommenden Sommer, es grüßt euch Sternfreund Helmut

  • Hallo Helmut,


    1. Halbleiter, also auch CCD Sensoren, werden immer auf planen Siliziumwafern gefertigt.
    Theoretisch währe es zwar auch denkbar gewölbte Siliziumträger zu verwenden, aber dann müsste man auch alle Produktionsanlagen dafür neu konstruieren. Insbesondere das Belichten der einzelnen Schichten würde auf einer gewölbten Oberfläche eine besondere Herausforderung, die die Konstruktion neuer Belichtungsaparate erfordern würde. Die Herstellung eines gewölbten Sensors wäre daher unbezahlbar.


    Es gibt allerdings einige Großteleskope mit schnellen Öffnungsverhältnis, welche über gewölbte Kameras verfügen. Der Trick bei diesen Kameras ist, dass ein Sensor viel zu klein wäre das gesamte Bildfeld abzudecken, also benötigt man viele Sensoren. Diese werden nun auf einem gewölbten Träger verteilt. Ein einzelner Sensor ist so klein, dass ihm die Bildfeldwölbung nicht auffällt. Das ganze Array ist aber dem Bildfeld entsprechend gewölbt.


    3. Es würde mich wundern, wenn in den bestehenden Großteleskopen der Bauform Schmidt heutzutage noch Filme verwendet werden. CCDs haben eine bessere Quanteneffizienz und sind bequemer zu handhaben. Auch die Beschaffung von Filmmaterial wird zunehmend schwieriger.


    4. Siehe 1, gekrümmte Chips lassen sich nicht herstellen, aber durchaus gekrümmte Arrays aus vielen einzelnen Chips.


    6. Ich träume schon lange von einer selbstgebauten Astrokamera, aber die Beschaffung eines einzelnen CCDs ist nach meinen bisherigen Recherchen nahezu aussichtslos. Die Hersteller bedienen nur Großabnehmer im Consumer Markt, bei einer Abnahme von 10000 Chips aufwärts. Falls jemand eine Quelle für Einzelne CCDs kennt, wäre ich sehr interessiert.


    Viele Grüße,
    Roland

  • Also ES GEHT im Prinzip. Man muss aber auf den planen Chip eine plankonvexe Ebnungslinse basteln.
    Es gab immer mal wieder Pläne, sowas auf Basis einer geschlachteten EOS zu machen, für den Fall der Fälle liegt bei mir im Keller die Schmidtkanmera und hofft auf bessere Zeiten.


    Hartwig

  • Hallo Roland,


    "Nebenan", bei Astronomie.de, gibt es einen Thread zu dem Thema:


    http://forum.astronomie.de/php…reads.php/topics/874810/1


    Die Herstellung einer entsprechenden Korrektoroptik ist wohl möglich, lohnt aber nicht den Aufwand. Dennoch ein interessantes Thema.


    Bis dann:
    Marcus

    16" f/4 Dobson, 6" f/5 Dobson, C8, 60/360 Apo, 70/700 PST-Mod "Sunlux"


    Zeige mir einen Dobson und ich zeige Dir eine Baustelle

  • Hallo Roland!


    Danke für deine umfassende Antwort.
    Gekrümmte Chips wurden also bisher noch nicht hergestellt.
    Die Großteleskope haben also gekrümmte Arrays mit vielen ebenen Chips.


    Hallo Hartwig
    Das mit der Ebnungslinse wußte ich schon, aber das ist, durch die Einführung eines weiteren optischen Elements nur ein gangbarer Kompromiss.


    Grüsse, Helmut

  • Meiner Meinung nach gibts das doch schon: Die Celestron / Hyperstar - Kombination ist doch genau sowas: Der Hauptspiegel ist ein sphärisch wie bei der Schmidtkamera und vor dem Chip kommt der Korrektor der das Bild flach macht. Öffnungsverhältnis f/2 (bzw. f/1,9 beim C14)


    Clear Skies,
    Marcus

  • Lustig. Die meisten Leute wissen nicht (mehr?), was mit Optik möglich ist - alles kann und muß die Elektronik bzw. der Computer richten.


    Die simpelste Ebnungslinse in der Schmidt-Kamera ist eine angepasste Plankonvex-Linse direkt vor dem Film / Chip. SBIG-Kameras sind aber Müll dafür, weil sie viel zu große Gehäuse besitzen. Starlight Xpress oder einige Astrolumina - Cams sind klein genug und bieten nur geringe Obstruktion. In einem geschlossenen Tubus hat die leichte Erwärmung duch den Stromverbrauch auch den weiteren Vorteil, daß die Schmidtplatte nicht sofort beschlägt.
    Warum es keine Schmidt-Großteleskope gibt: weil es keine Chips gibt, die groß genug dafür wären. Und es gibt Spiegelsysteme, die ähnlich hohe Lichtstärken und große Felder haben, aber das Bildfeld _hinter_ dem Tubus und nicht innerhalb besitzen.

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    Lustig. Die meisten Leute wissen nicht (mehr?), was mit Optik möglich ist - alles kann und muß die Elektronik bzw. der Computer richten.
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    Wie Ullrich schon sagt - traurig,traurig, traurig. Obwohl schon im Buch von Kurt Wenske "Spiegeloptik" die Fertigung einer Schmidt-Kamera recht intensiv beschrieben wird. Unter anderem weist er auch auf den Bau einer simplen plankonvexen Bildebnungslinse hin, der Abstand der Planseite zum Chip sollte maximal ein paar Zehntel Millimeter betragen. Das wieder bedeutet, die Bildebnungslinse würde sich in der CCD-Kamera befinden...


    Das eigentliche Problem liegt in der erhöhten Abschattung durch die CCD- Kamera und den Kabeln die nicht so einfach in der Spinne verteckt werden können! Da gehe ich mal davon aus, dass wir hier über Amateurgeräte von einem Spiegeldurchmesser bis 300mm sprechen..?

  • Hallo zusammen,
    bei der Restaurierung des Rostocker Coudes,wurde auch die seit Jahrzehnten, ungenutzte 150mm Zeiss-Schmidtkamera repariert und mit einer CCD-Kamera versehen. Wenn ihr genauere Infos sucht, dann fragt bei unser Sternwarte nach. http://www.astronomieverein.de
    Viele Grüße
    Armin

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