Hallo Freunde der schnellen Newtonteleskope,
Wir hatten hier im Forum hier und da ja immer mal wieder Diskussionen über Sinn und Unsinn von Komakorrektoren bei schnellen Newtons. Zwei Beispiele wären hier und hier. Ich gehöre dabei zu der Gruppe von Beobachtern, die auf punktförmige, komafreie Sternabbildung bis zum Rand eines Weitwinkelokulars wert legen. Deshalb setze ich bei meinem 16" f/4 folgerichtig auch einen Paracorr ein.
Nun habe ich mir vergangene Woche einen neuen Komakorrektor gekauft. Gebraucht natürlich, wie fast immer bei mir.
Ein eher selten verwendetes System und zumindest hier im Forum bislang immer nur am Rande erwähnt. Deshalb habe ich angefangen einen kleinen Bericht über diesen Korrektor zu schreiben.
Dabei wollte ich zur Einleitung ein paar Worte über Spiegelkoma und allgemein über Komakorrektoren schreiben. Aber ehe ich mich versah, war diese Einleitung so lang, dass sie meiner Meinung eher als allgemeine Einführung in das Thema taugt. Deshalb habe ich mich entschlossen, meinen Text über Spiegelkoma und Komakorrektoren als eigenen Thread hier ins Forum zu stellen. Ich denke, das Thema ist interessant genug. Wer weiß, vielleicht passt es sogar in den Wissensspeicher.
Also hier ein paar Worte über Koma und Korrektoren (schöne Alliteration). Diskussion ausdrücklich erwünscht!
Der eigentliche Testbericht folgt später.
Spiegelkoma und visuelle Komakorrektoren
Die Koma ist eine optische Eigenschaft eines Parabolspiegels und sorgt dafür, dass Sterne abseits der optischen Achse nicht mehr punktförmig abgebildet werden. Sie werden etwas in die Breite gezogen und zeigen ein kleines "Schwänzchen" in Richtung Bildfeldrand. Die Abbildung des Sterns hat Ähnlichkeit mit einem kleinen Pilz, deshalb wird auch oft von "Komapilzen" gesprochen. Jeder Parabolspiegel hat Koma und wie sehr sie visuell auffällt ist abhängig vom Öffnungsverhältnis des Spiegels und vom scheinbaren Gesichtsfeld des verwendeten Okulars. Je größer beides ist, um so stärker macht sie sich bemerkbar. Bei sehr langsamen Spiegeln (f/10 und langsamer) kann die Koma kleiner sein als das Beugungsscheibchen der Sterne und somit keine Rolle spielen. Aber andererseits sinkt das Auflösungsvermögen bei schnellen Spiegeln durch die Koma deutlich. So kann ich bei meinem f/4-Dobson mit 82º-Okularen Kugelsternhaufen nur in der inneren Hälfte des Feldes auflösen, weiter außen werden sie durch die Koma zu nebligen Klecksen verschmiert.
Dazu kommt noch, dass durch die Koma der Kontrast am Rand des Gesichtsfeldes sinkt. Das Licht der Sterne, bzw. Himmelsobjekte wird zu deutlich größeren Beugungsfiguren auseinander gezogen, was in sternreichen Gebieten zu einer Aufhellung des Himmelshintergrundes führt.
Man muss dabei deutlich sagen, dass die Koma nicht Zeichen für einen schlecht geschliffenen Spiegel ist, sondern das auch ein perfekt geschliffener Spiegel Koma zeigt.
Ab welchem Öffnungsverhältnis macht sich die Koma bemerkbar? Der erfahrene Beobachter sieht sie ab f/6, ab f/5 wird sie am Rand auffällig. Bei f/4 beeinträchtigt sie unübersehbar die Abbildungsqualität in der äußeren Gesichtsfeldhälfte. Bei noch schnelleren Spiegeln ist eine ästhetische Beobachtung durch die Koma eigentlich nur noch auf der optischen Achse möglich. Bei den weit verbreiteten f/4,5-Spiegeln ist sie deutlich sichtbar, aber wenn man sich nicht daran stört, kann man noch damit leben. Ob und wie stark die Koma wahrgenommen wird, hängt nämlich auch vom Beobachter und seinen Vorlieben ab. Wer Wert auf perfekte Sternabbildung bis zum Rand legt, wird die Koma sehen. Wer ohnehin nur in die Mitte des Gesichtsfeldes schaut, wird von der Koma sicherlich weniger gestört werden.
Unabhängig von der Koma ist die Randunschärfe einfacher Weitwinkelokulare bei schnellen Newtons, z.B. bei Okularen vom Typ Erfle. Diese Okulare zeigen bei einem f/5 oder schneller am Rand unscharfe Sterne, die unabhängig von der Spiegelkoma so abgebildet werden. Gegen diese Randunschärfe helfen dann nur hochwertige Weitwinkelokulare (z.B. von Televue, ES, Pentax, Vixen), die so gut gerechnet und gefertigt sind, dass sie auch bei schnellen Systemen eine randscharfe Abbildung garantieren.
Die Randunschärfe der einfachen Weitwinkelokulare addiert sich in der Wirkung zu der Spiegelkoma, zugleich wird das typische Erscheinungsbild der Koma unscharf und sie ist nicht mehr als solche zu erkennen. Man sieht am Rand sozusagen doppelt unscharf. So kommt es, dass viele Beobachter mit einfachen Okularen die Koma ihres Systems gar nicht sehen, weil sie sie in der Randunschärfe ihrer Okulare nicht als solche erkennen. Mit hochwertigen Okularen sieht man dann auch die Komapilze sprießen... [;)]
Um an schnellen Spiegeln eine perfekte Abbildung mit punktförmigen Sternen bis zum Rand zu erzielen, sind also hochwertige Okulare <b>und</b> ein Komakorrektor notwendig. Ein <b>Komakorrektor (KK)</b> ist eine Zusatzoptik, die kurz vor dem Brennpunkt in den Strahlengang eingefügt wird und die die Spiegelkoma beseitigt. Er sorgt dafür, dass auch die nicht parallel zur optischen Achse einfallenden Lichtstrahlen in einem Punkt gebündelt werden.
KKs sind vor allem aus der Astrofotografie bekannt. Auf Fotos macht sich die Koma deutlich am Rand bemerkbar, bei den relativ niedrigen Abbildungsmaßstäben verglichen zur visuellen Beobachtung reichen für Astrofotografie aber meist einfache zweilinsige Korrektoren aus, wie der MPCC von Baader. Für visuelle Beobachtung mit guten Weitwinkelokularen und bei hohen Vergrößerungen ist dagegen ein hochwertiger vierlinsiger Korrektor notwendig, weil die zweilinsigen KKs ein gewisses Maß an sphärischer Aberration ins Bild einführen, die fotografisch zwar nicht auffällt, sich visuell insbesondere bei hohen Vergrößerungen aber deutlich bemerkbar macht.
Ein hochwertiger, vierlinsiger Komakorrektor für die visuelle Anwendung lohnt sich also nur dann, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
-ein schneller, guter Spiegel,
-hochwertige, randscharf abbildende Okulare,
-ein Beobachter der die Koma sieht und den sie stört.
In diesem Fall ist die Anschaffung eines Komakorrektors sinnvoll und gewinnbringend. Es lohnt sich für Besitzer schneller Spiegel einfach mal auf einem Teleskoptreffen einen Korrektor auszuprobieren. Viele Hobbyastronomen die überzeugt waren, keinen Korrektor zu benötigen, haben ihre Meinung nach einem Probespechteln mit einem KK geändert.
Der Maßstab für Komakorrektoren ist seit Jahren der Paracorr von Televue. Das ist ein vierlinsiger KK, der als aktueller Typ 2 sowohl visuell als auch fotografisch nutzbar ist. Er korrigiert die Koma bei Spiegeln bis f/3 und Gesichtsfelder bis 100° (Ethos). Der alte Paracorr Typ 1 hat bis f/4 und 82° (Nagler) korrigiert, ist aber nur noch gebraucht erhältlich.
Seit kurzem ist auch ein neuer Korrektor von ES auf dem Markt, über den ich bislang aber wenig Praxisberichte gelesen habe. Auch gibt es einen neuen vierlinsige Korrektor von Skywatcher, über dessen visuelle Eignung ich mangels Testberichten noch gar nichts sagen kann.
Und es gibt auch noch komakorrigierende Barlowlinsen von University Optics und APM/Gerd Düring. Da die aber die Brennweite stark verlängern, sind sie kaum als universelle Korrektoren zu bezeichnen.
Wichtig bei Komakorrektoren ist die richtige Position im Strahlengang, für die der KK gerechnet ist. Da der Korrektor aber im OAZ sitzt, variiert je nach Fokusposition die Entfernung Korrektor-Hauptspiegel. Das würde bei falscher Korrektorposition durch die Fokussierung der Okulare zu einer deutlichen Verschlechterung der Bildqualität führen, weil die Koma nicht mehr richtig korrigiert wird.
Beim Paracorr und beim ES wird dies gelöst, indem man den Abstand Okular-Korrektor durch ein verstellbares Oberteil des KKs variieren kann. Bei richtig eingestelltem Oberteil (beim Paracorr "Tunable Top" genannt), bildet das Okular scharf ab, der KK ist in der richtigen Position und das Bild ist auch bei 100º-Okularen und einem schnellen Newton bis zum Rand knackscharf mit punktförmigen Sternen. Der Nachteil ist, dass man den Komakorrektor für jedes Okular mit anders liegendem Fokus neu einstellen muss. Für Okulare des Herstellers sind die entsprechenden Einstellungen des verstellbaren Oberteils angegeben. Für Fremdokulare muss die richtige Einstellung erst durch ausprobieren ermittelt werden. Beim Okularwechsel ist dann jedes mal auch eine neue Einstellung am Korrektor nötig.
Man kann das umgehen, indem man seine Okulare mit Verlängerungshülsen, Stoppringen sowie fest installierten 2"/1,15"-Reduzierungen parfokal macht. Dann haben alle die gleiche Fokusposition und die Einstellung des Komakorrektors muss nicht mehr geändert werden.
Klingt kompliziert, ist in der Praxis aber weniger aufwendig und einfacher als bei jedem Okularwechsel der Korrektor neu einzustellen.
Sinnvoller und eleganter wäre natürlich eine feste Installation des Komakorrektors an der richtigen Position im Strahlengang unterhalb des OAZ. Dann könnte man jedes beliebige Okular verwenden und hätte bei erreichtem Fokus auch automatisch die optimale Komakorrektur. Dafür müsste der Korrektor in den OAZ oder in den Tubus integriert werden.
Auch diese Möglichkeit gibt es in Form eines speziellen Komakorrektors von Televue und Starlight Instruments namens SIPS. Über diesen Korrektor werde ich demnächst in einem anderen Thread berichten.
Soweit mein kleiner Text über Spiegelkoma und Komakorektoren. Ich hoffe, er gefällt und ist für den einen oder anderen interessant. Wie gesagt, ich bitte um Diskussion, insbesondere falls ich irgendwelche Fehler bei meiner Darstellung gemacht haben sollte. Ich würde diese dann gegebenenfalls korrigieren.
Bis dann:
Marcus