GPU 135/1050 triplet APO: „I took the plunge“

  • Hallo Zusammen,


    „I took the plunge“, d.h. ich habe den Sprung gewagt, könnte man mit Neil English, Autor von „Choosing and using a refracting telescope“ (1) Seite 150 sagen. Ich habe bei Pal Gulay eine 135 mm f 7,7 Optik bestellt. Was ich jetzt seit einigen Wochen auf meinem Tubus montiert habe, muß jedenfalls nach meinem Eindruck eines der besseren, möglicherweise der besten Objektive für die Planeten- und Mondbeobachtung sein. Jedenfalls ist die Optik einmalig.


    Der Reihe nach.


    Ich stand schon länger mit Pal Gulay von GPU Optical, Budapest in Kontakt, dessen ungewöhnliches Angebot ungewöhnlicher Objektive und Teleskope mir aufgefallen waren. Sein Konzept sind ölgefügte Triplets mit oder ohne asphärisch überarbeiteter Frontlinse. Anfang letzten Jahres teilte er mir mit, daß er eine Charge 135/1050 Objektive bauen werde, und ich daher eine gute Gelegenheit hätte, mein bisheriges Objektiv auszutauschen. Im Grunde war mir klar, daß ich am Markt nichts entsprechendes finden würde, fragte aber, da ich ein rein visueller Beobachter bin, nach, ob er mir ein Objektiv bauen könnte, bei dem der Glasweg meine Binos bereits berücksichtigt wäre. Zu meiner Überraschung sagte er zu und meinte, daß das kein Problem für ihn sei, ein Objektiv entsprechend zu konstruieren und zu bauen, wenn er das von Beginn an bei der Serie berücksichtigen könnte. Also sagte ich zu. Im Austausch für die alte Linse, die sich nur noch zum Einschmelzen eignete (ca. 65 % Strehl), würde er mir das Objektiv noch asphärisch von Hand überarbeiten, um das Letzte aus der Optik herauszuholen.


    Pal hielt mich über den Sommer informiert, wie es um die Linse stand. Das Schleifen der Linsen ging sehr rasch. Dann fehlten mal Chemikalien aus der Schweiz zur Vergütung, mal zeigte die Bedampfungsmaschiene einen Fehler an, mal bedrohte er das Personal der Beschichtungsfirma mit dem Tode, wenn sie diese Linse, die ein Einzelstück wäre, ruinierten. Schließlich war die Vergütung fehlerlos aufgebracht aber - Sommerferien in Ungarn, der Bau der Zelle kam nicht weiter. Im Dezember dann nach Tests und Messungen Erleichterung und Versand der Linse. Ich brauchte die Fassung nur aus dem Karton zu nehmen und auf das Gewinde meines Tubus aufzuschrauben – alles passte. Der Trick war, daß wir das Gewinde der alten Fassung genommen hatten und die neue Zelle darauf aufgeschraubt war.


    Mir war klar, daß das etwas ganz besonderes war. Die Optik schimmerte nicht in der Fassung, sondern man muß ganz nahe herangehen, um überhaupt zu sehen, daß da etwas drin ist. Die Vergütung ist allenfalls ein noch gerade erkennbares Grün/Blaugrün und der Übergang der Linsenflächen zum freien Tubus ist weder für die innere noch für die äußere Linsenfläche deutlich. Innerhalb der Optik gibt es naturgemäß keine sichtbaren Übergänge, da alle drei Linsen durch Ölfügung zu einem übergangslosen Block verbunden sind. Alle drei Elemente der Optik sind durch radiale PVC-Schrauben einzeln gesichert. Die Fassung selbst ist zum Tubus selbstverständlich mit Druck- und Zugschrauben justierbar.


    Am künstlichen Stern dann der erste Schock: keine Beugungsringe ... na ja ganz fein verlaufende Reste von dem, was einmal so etwas gewesen sein könnte. Ab dem ersten, noch deutlichen Beugungsring ist Ruhe im Karton.


    Dann der Test mit dem Bino: wie wird es mit der Farbkorrektur sein? Die knifflige Aufgabe bestand darin, bei Konstruktion und Bau der Optik den Glasweg von 100 mm (2) für mein Mark IV Baader Bino zu berücksichtigen, d.h. grün und rotes Licht durften bei dieser Optik ohne Bino nicht dieselbe Schnittweite, d.h. denselben Brennpunkt haben. Am künstlichen Stern mit Bino und dem 2,5 mm Vixen LV Okular dann der zweite Schock: alles weiß, d.h. die Farbkorrektur ist perfekt. Der erste Beugungsring fiel je nach Einblick etwas orange aus, aber das kann auch der dort nicht mehr vollständig vorhandenen Energie zugeschrieben werden, schließlich befindet sich das Meiste davon ja im zentralen Airy-Scheibchen. Pal Gulay meint, daß seine asphärisch überarbeitete Objektive einen Strehl-Wert über 95 % haben können, die 95 % werden von ihm ohne asphärische Überarbeitung garantiert.


    Ich habe kein optisches Labor, aber mit einem UHC-Filter kann man sich einen Eindruck von der Korrektur zwischen Grün und Rot verschaffen. Man kann aufgrund der selektiven Transmission des Filter für diese Farben demonstrieren, wie gut die Farbkorrektur bei Verwendung eines Binos mit Zenitspiegel gelungen ist. Beim Bino durch das 2,5 Vixen LV am künstlichen Stern sind der rote und der grüne Kreis im Fokus exakt gleich groß, die Farben haben also identische Schnittweiten.


    Dann kam am Stern der dritte Schock: im Ronchi-Okular zeigten sich mit Bino erst bei zwei schwarzen Streifen eine leichte Krümmung zwischen den Linien. In der Gebrauchsanleitung von G. Neumann zu seinem Ronchi-Okular (3) heißt es, daß eine gute Optik drei Streifen parallel zeigt, während der Durchschnitt bei fünf liegen würde. Drei schwarze Streifen standen bei mir wie griechische Säulen nebeneinander. Die Optik war also auch in Bezug auf das Bino sphärisch sehr gut korrigiert.


    Bei Jupiter mit durchschnittlichen Seeing: wie eine zart kolorierte, bemalte Porzellankugel. Detailstrukturen im und um den Grossen Roten Fleck. Bänder in Gelb, Rosa und Grau mit blauen Einsprengseln. Schattendurchgänge vom Feinsten.


    Am Mond ein plastischer Wald von Steinen und Gipfeln mit Details an den Rändern der Großen Krater, die bislang im Grau/Weiß untergingen. In den rabenschwarzen Schatten dennoch Details, die im reflektierten Licht auftauchen. Bei der letzten Beobachtung glaubte ich, einen Unterschied zwischen bräunlich/oliven Gesteinen der Mare und blau/grauen Formationen des Geröll der Kraterflanken erkennen zu können. Ich werde das zu wiederholen haben, da ich es letztlich nicht glauben konnte. (4)


    Deepsky fand bislang nur im Saale statt, d.h. aus der Stadt heraus. Dennoch, der Orion-Nebel zeigte eine Zeichnung der Details wie mit einer Nadel gezeichnet. So plastisch hatte ich den „vorderen“ Teil vor dem „hinteren“ Teil noch nicht erlebt. Das Ganze wirkte unwillkürlich dreidimensional wie eine große tiefe Muschel. Dies bei einäugiger Beobachtung mit UHC-Filter (Lumicon, (5)).


    Der Kontakt mit Pal Gulay während des Baus der Linse ist sehr lebhaft. Er erklärt jede Frage und geht jeden Weg, um alle Vorschläge umzusetzen. Sein ungarisches Temperament ist eine echte Bereicherung. Nach vierzehn Tagen nach der Lieferung hatte er meine zweite, kleine Optik – zum Austausch gegen eine von seinen.


    Beste Grüße


    Dietmar



    (1): Neil English, Choosing and using a refracting telescope, Springer (2011)


    (2): Auskunft: Firma Baader Planetarium, Mammendorf


    (3): Gerd Neumann, Ronchi Okular Gebrauchsanleitung (2009)
    (http://www.astromesse.de/AME20…20DE%20V1_1%20%282%29.pdf)


    (4) Anmerkung: Beobachtungen an Jupiter und Mond mit 0,5° Keilprisma zum Ausgleich der atmosphärischen Diffraktion.


    (5) Lumicon UHC Filter, Transmissionskurve: http://www.astrosurf.com/buil/…/curves.htm#Lumicon%20UHC
    Spektrum: http://home.freeuk.com/m.gavin/grism2.htm

  • Hallo Zusammen,


    ich habe nachstehend einmal versucht, die Farbkorrektur im Bino photografisch zu dokumentieren. Beide Aufnahmen sind mit dem GPU 135/1050 Objektiv, Lumicon UHC, 2,5 mm Vixen LV mit einer Astrolumina Alccd 5 T Farbkamera gemacht.


    Oben die Aufnahme durch einen Okularstutzen des Mark IV Binos (beide Farben sind am selben Punkt fokussiert):



    Unten die Aufnahme im direkten Strahlengang, ohne Bino (fokussiert auf Rot, Grün ist defokussiert):



    Aufgrund der unveränderten Belichtungszeit wird hier bei Rot der erste Beugungsring leicht sichtbar, Grün hat keinen scharf fabgebildeten Beugungsring.


    Beste Grüße


    Dietmar

  • Hallo Dietmar,


    Ein tolles Teleskop hat Du da. Ich bin schon auf Deinen ersten Beobachtungsbericht gespannt.


    So ganz schlau werde ich allerdings nicht aus den Bildern. Interpretiere ich sie richtig, dass Rot und Blau nicht auf den selben Fokus fallen? Das wäre ja erst mal nicht so gut. Einen ähnliche Effekt hatte ich an meinem 70/700er Skylux, bevor ich ihn zum PST-Mod umbebaut habe.
    Oder interpretiere ich die Bilder falsch? Liegt das nur am Bino und nicht am Objektiv?


    Bis dann:
    Marcus

    16" f/4 Dobson, 6" f/5 Dobson, C8, 60/360 Apo, 70/700 PST-Mod "Sunlux"


    Zeige mir einen Dobson und ich zeige Dir eine Baustelle

  • Hi Dietmar,


    du hattest mir das ja schon mal per Mail geschrieben, jetzt ist es klar was du dir da angeschafft hast. [:)] <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Die Optik schimmerte nicht in der Fassung, sondern man muß ganz nahe herangehen, um überhaupt zu sehen, daß da etwas drin ist.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">Hm, das ist bei Tak ähnlich. Wie beschrieb Birkmeier das mal? Den ersten Korrektor von Tak in den Händen hätte er ungläubig mit den Fingern reingelangt- weil er nix sah- den Fingerabdruck auf der Linse konnte er dann aber gut sehen. [:D]


    Wünsch dir viel Vergnügen und endlich mal besseres Wetter mit dem Teil.


    Gruß
    Stefan

  • Hallo Marcus,
    hallo Stefan,


    das mit den beiden Foki für Rot und Blau (Grün?) liegt daran, daß ich das Bild jeweils nicht ganz zentrisch aufgenommen habe, d.h. durch das Filter kommt dann eine Trennung zu Stande, die ausreicht, beide Farben getrennt wahrzunehmen. Ich führe das auf einen Effekt der Beschichtung des Filters zurück. Bei zentrischer Positionierung gibt es natürlich einen Fokus. Nur zur Klarstellung: helle Objekte oder Sterne haben natürlich auch keinerlei Farbrand. Hinter dem hell erleuchteten Mondrand fällt man einfach runter, da ist dann gar nichts mehr.


    Tja, mit dem Wetter, das hat so seine zwei Seiten. Wenn es so wäre, wie wir uns das wüschen, käme ich jetzt natürlich gar nicht mehr ins Bett. Diese Optik kann einen um den Schlaf bringen. Ich bin also zur Zeit so gut wie ausgeschlafen.


    Beste Grüße


    Dietmar

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: darksiteseeker</i>
    <br /> Jedenfalls ist die Optik einmalig.


    ...


    Ich stand schon länger mit Pal Gulay von GPU Optical, Budapest in Kontakt, dessen ungewöhnliches Angebot ungewöhnlicher Objektive und Teleskope mir aufgefallen waren. Sein Konzept sind ölgefügte Triplets mit oder ohne asphärisch überarbeiteter Frontlinse. Anfang letzten Jahres teilte er mir mit, daß er eine Charge 135/1050 Objektive bauen werde, und ich daher eine gute Gelegenheit hätte, mein bisheriges Objektiv auszutauschen.


    ..


    Mir war klar, daß das etwas ganz besonderes war. Die Optik schimmerte nicht in der Fassung, sondern man muß ganz nahe herangehen, um überhaupt zu sehen, daß da etwas drin ist. Die Vergütung ist allenfalls ein noch gerade erkennbares Grün/Blaugrün und der Übergang der Linsenflächen zum freien Tubus ist weder für die innere noch für die äußere Linsenfläche deutlich.



    Pal Gulay meint, daß seine asphärisch überarbeitete Objektive einen Strehl-Wert über 95 % haben können, die 95 % werden von ihm ohne asphärische Überarbeitung garantiert.




    Dann kam am Stern der dritte Schock: im Ronchi-Okular zeigten sich mit Bino erst bei zwei schwarzen Streifen eine leichte Krümmung zwischen den Linien. In der Gebrauchsanleitung von G. Neumann zu seinem Ronchi-Okular (3) heißt es, daß eine gute Optik drei Streifen parallel zeigt, während der Durchschnitt bei fünf liegen würde. Drei schwarze Streifen standen bei mir wie griechische Säulen nebeneinander. Die Optik war also auch in Bezug auf das Bino sphärisch sehr gut korrigiert.


    Bei Jupiter mit durchschnittlichen Seeing: wie eine zart kolorierte, bemalte Porzellankugel. Detailstrukturen im und um den Grossen Roten Fleck. Bänder in Gelb, Rosa und Grau mit blauen Einsprengseln. Schattendurchgänge vom Feinsten.




    Deepsky fand bislang nur im Saale statt, d.h. aus der Stadt heraus. Dennoch, der Orion-Nebel zeigte eine Zeichnung der Details wie mit einer Nadel gezeichnet. So plastisch hatte ich den „vorderen“ Teil vor dem „hinteren“ Teil noch nicht erlebt. Das Ganze wirkte unwillkürlich dreidimensional wie eine große tiefe Muschel.


    Der Kontakt mit Pal Gulay während des Baus der Linse ist sehr lebhaft. Er erklärt jede Frage und geht jeden Weg, um alle Vorschläge umzusetzen. Sein ungarisches Temperament ist eine echte Bereicherung. Nach vierzehn Tagen nach der Lieferung hatte er meine zweite, kleine Optik – zum Austausch gegen eine von seinen.


    Beste Grüße


    Dietmar




    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Hallo Dietmar,


    herzlichen Glückwunsch zu deinem neuen Teleskop und vielen Dank für den schönen, ausführlichen Bericht.


    Pal Gulay ist in der Tat eine der besten Adressen, wenn es um individuelle Apos geht. Mittlerweise fertigt er ölgefügte Apo-Linsen auch in Kleinserie, die dann als komplette Refraktoren vertrieben werden. Dein Bericht erinnet mich sehr stark an meine eigenen sehr positiven Erfahrungen mit Pal. Er hat für mein Bino zwei 160 mm f/6.5 Apos gefertigt und ging auch auf so ungewöhnliche Wünsche ein, besonders leichte Linsen zu fertigen (das mittlere Fluoridelement besitzt reduzierte Randdicke, gerade mal so viel, dass die optische Leistung nicht gefährdet wird und dies ist gelungen (Strehl besser als 0.98). Wie du schreibst ist M42 in einem tollen Refraktor (in großen Spiegeln natürlich auch) sehr eindrucksvoll, selbst bei Beobachtung aus der Stadt. Vor vier Wochen sah ich vom Balkon in Berlin durch besagtes Bino sogar einen leicht rötlichen Schimmer um die Trapez-Region, unter dunklem Landhimmel hatte ich diesen Schimmer auch schon gesehen, doch aus der Stadt noch nicht.
    Neben Mond und Planeten bereiten besonders auch offene Haufen und Sternfelder, selbst bei der Beobatung, aus der Stadt eine schönen Anblick: In diesem Sinn wünsche ich dir viel Spaß mit deinem neuen Teleskop.


    beste Grüße


    Thomas


    p.s. die Optiken von Pal Gulay sind in jeder Hinsicht besonders, sie kühlen extrem schnell aus und auch die Vergütung ist wie du schreibst exzellent

  • Hallo zusammen nochmals,


    da mich inzwischen entsprechende e-mails erreichten: ich habe keine Vertretung für GPU Opticals. Wegen Preisen, Lieferzeiten oder Zahlungsbedingungen wendet Euch bitte direkt dorthin. Ich kann nur zu den Lieferzeiten sagen, daß Pal Gulay eine Optik erst dann ausliefert, wenn sie fertig ist. Das kann eine Weile dauern, braucht aber nicht so lange wie bei manchem amerikanischen Anbieter.


    Beste Grüße


    Dietmar

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