Darf ich vorstellen: der String Spider Dob

  • hallo Freunde,


    die Besucher des IHT letztes Wochenende in Reinsehlen haben meinen neuen kleinen 6"ler im Techno-Design ja schon gesehen.


    Der 6" f/8 Spiegel stammt von Lichtenknecker und war ein Geschenk meiner Eltern so um 1970.


    Die Mechanik zum Fernrohr ist damals leider nie fertig geworden.
    (Die Ansprüche an eine "anständige" Montierung waren damals wohl zu hoch.)


    So kam mir vor ein paar Wochen die Idee, mit dem Spiegel einen Dobson zu bauen.
    Die Elemente sind wie bei meinem "Grossen" Stranggussteile aus Aluminium.
    Gerade noch rechtzeitig Freitag Mittag vor der Abfahrt wurden die letzten Details fertig.



    Stilgerecht sind die Höhenräder aus Plexi gedreht.
    Die direkte Auflage des Plexi auf dem eloxierten Alu führte allerdings zum "Haken" während der Nachführung.
    So wurden die Flächen zunächst eingefettet und sollen später mit Teflon belegt werden.


    Der hintere Teil zum Spiegel hin enthält eine 4-Punkt-Vertrebung mit Diagonalversteifung.


    Im oberen Teil wurde eine 3-Punkt Verstrebung gewählt.


    Die Azimutalachse besteht aus einem 16mm Passstift, der in ein mit einer H7-Reibaale passgenau gearbeitetes Locht gesteckt wird.
    Als Gleitfläche dient eine Teflonauflage.


    Der "Hut" besteht besteht nur aus einer Hartkunststoffplatte, an die die Befestigungselemente angeschraubt sind.



    Eine Besonderheit des Dob ist die Drahtspinne.
    Die Drähte wurden aus einer Gitarren-e-Saite hergestellt.
    Der Durchmesser beträgt 0,27mm und die Stabilität ist sehr gut.
    Insgesamt wurden 6 Drähte in 2 Ebenen verwendet.
    Als Besonderheit wird der Fangspiegel (35mm) über die vorderen 3 Drähte justiert.
    (Die Justierschraube ist oben erkennbar.)
    Dies spart Gewicht und hat sich in der Praxis als sehr feinfühlig und bequem erwiesen.




    Der Sinn der Drahtspinne ist ja, die Intensität des gebeugten Lichtes in den Spikes möglichst gering zu halten.
    Die Beobachtungen haben denn auch ergeben, dass nur noch bei den hellsten Sternen (Wega) ein ganz feines 6-Eck sichtbar ist, welches beim ersten Hinsehen überhaupt nicht auffällt.


    Ich leide nun keineswegs an Spinnenphobie.
    Deswegen würde ich dies auch keineswegs als Standardlösung empfehlen.
    Die Mechanik ist sicher schwerer zu bauen, als eine Standardspinne.
    Auch würde bei einem normalen Hut aus Holz die Nachgiebigkeit zu gross sein, um ein richtiges Spannen der Drähte zu ermöglichen.
    Trotzdem halte ich diese Alternative für besser als eine gebogene Spinne, da das Streulicht von vorn herein reduziert wird und nicht einfach im ganzen Bild verschmiert wird.


    Zur Stabilität:
    Beim Gegenschlagen gegen den Tubus erkennt man ein Nachwingen des FS für einige Sekunden. Man erkennt einen Strich, der sich schnell zu einem Punkt zusammen zieht. Das sind wohl Torsionsschwingen des FS.




    Hier sieht man noch einmal die Höhenräder mit 240mm Durchmesser.
    Über die Haltevorrichtungen lässen sich die Höhenräder noch genau an den Schwerpunkt des Tubus anpassen (sowohl in Höhe als auch in Länge).
    Dadurch benötigt man keine Ausgleichsgewichte, um in die Balance zu kommen.
    Nur für die schweren Nagler brauchst's noch ein Gegengewicht.



    Die Spiegelzelle besteht einfach aus einer Aluscheibe mit 3 Stellschrauben, die über Federn nach vorne gedrückt werden.
    Der Spiegel ist über 3 Silikon-Blopps geklebt (wie der FS).


    Der 2"-OAZ nach dem Crayford-Prinzip ist auch selber gebaut.
    Er ist im Ausgenblick vom grossen Bruder ausgeliehen.


    Was mich beim First-Light besonders beeindruckt hat, waren die Weitwinkelbeobachtungen mit dem Zeiss 30mm 84° Oku (von BW).
    Mit der 1/8 Öffnung kommt das Erfle sehr gut klar und man erhält ein 2° Gesichtfeld mit nadelfeinen Sternbildern und einem guten Kontrast (fast APO-like).


    Da im Augenblick keine eindrucksvollen Planeten zu sehen sind (der Uranus in Horizontnähe war schön scheibchenförmig - aber mehr auch nicht), haben wir Doppelsterne ausprobiert.


    Pi Apl mit 6.34m/6.75m und 1,4" Abstand war kein Problem (6mm Radian=200x).
    Bei gutem Seeing und höher am Himmel sollte da noch Einiges mehr drin sein.


    Ich will euch auch nicht vorenthalten, wo ich mir einige Anregungen geholt habe.


    Z.B. Clive Milne:
    http://www.geocities.com/Paris/Cafe/7068/twelve.html


    Ganz unten sind die Bilder für eine Drahtspinne zu sehen.


    Oder der fantastische Bino von Clive Milne mit seiner Drahtspinne:


    http://deepsky.cia.com.au/bino…ive/510mm_binoculars.html


    Nicht zu vergessen der Trilateral von Mel Bartels:


    http://www.efn.org/~mbartels/tm/trilateral/trilateral.html



    Ich hoffe, es gefällt.


    clear skies


    Wolfgang

  • Hallo Theo,


    dein Spiderman-Dob sieht ja richtig space-ig aus [;)]
    Das Design der Höhenräder läßt die Struktur des Dobsons gut herauskommen,
    gut durchdacht.Die Spinne finde ich besonders Teleskoptreffengeeignet:
    Die Drähte kannst du bei Bedarf sogar zum Hartkäseschneiden hernehmen [:o)]


    Im Ernst:Ich finde es ganz erstaunlich was du da realisiert hast!


    Klaren Himmel wünscht dir


    Karsten

  • Moin Wolfgang,


    die Resonanz auf dein Dobson ist in der Tat ziemlich dünn. Meine Anerkennung dazu hab ich dir ja auf dem IHT schon persönlich mitteilen können. Den Mitlesern hier im Forum kann ich bestätigen, dass es sich um eine sehr praxistaugliche Dobsonvariante handelt. Der Dobson ist in keiner Weise flatterig, lässt sich präzise nachführen und schwingt so gut wie nicht nach. Ein wirklich edles Teil hast du da gebaut. Ich hoffe wir sehen uns in der nächsten Neumondzeit wieder.


    Viele Grüße
    Armin

  • Hallo Wolfgang,
    wie lange braucht man zum Spannen und Justieren des Fangspiegels ?
    Das stelle ich mir gar nicht so einfach vor.
    Ist die Spiegelschicht auf dem HS immer noch die erste und wie sieht sie den nach 34 Jahren aus ?
    Viele Grüße
    Jörg

  • hallo Jörg,


    das Justieren des FS über die Drähte geht spitzenmässig.
    Man kann im grunde wesentlich feinfühliger Einstellen als über drei kleine Schräublis an der Fangspiegelhalterung.
    Die Einstellung geht über die drei grossen Flügelmuttern wie auf dem 2. Bild zu sehen ist.


    Das Ablängen und Aufzwirbeln der Drähte verlangt etwas Augenmass.
    Das ist ist aber nur einmal bei der Fertigung zu machen.


    Die Gitarrensaitendrähte sind wahnsinnig stabil und lassen sich schön spannen.


    Die Verspiegelung ist in der Tat immer noch die Erste.
    Der Spiegel lang aber die ganze Zeit gut eingepackt und trocken.
    An einer Stelle am Rand ist ein kleiner "Unterfras" zu sehen.


    Vor einem Jahr hat WR den Spiegel getestet.
    Hier das Urteil:


    - je nach IGramm/conic Konstante spielt der Wert zwischen 0.92 und 0.97 Strehl, bei conic = -1 in beiden Fällen Strehl = 0.920
    - die Kante fällt leicht herunter und verursacht Streulicht
    - der Spiegel ist ganz leicht überkorrigiert und sollte auf der Rückseite kräftig belüftet werden
    - die Spiegelglätte ist vergleichsweise gut


    clear skies


    Wolfgang

  • Hall Wolfgang,


    meinen Glückwunsch zur Fertigstellung deines extravaganten Teleskops. Vergleichbares habe ich bisher noch nicht gesehen, von deinem großen Newton mal abgesehen.


    Vom Bild her hätte ich vermutet, daß die Stabilität im Azimutlager kritisch sein könnte, doch wie Armin schreibt ist dies keineswegs der Fall. Vermutlich hast Du dies durch entsprechende Vorspannung gelöst?


    Wie wirst Du Herr des Streulichts am Hut? Die vom OAZ aus sichtbare FS-Seite schwärzen (und den FS-Halter) reduziert hier weiter Streulicht.


    Viel Spaß mit dem Teleskop und reichlich klare Nächte wünscht Dir


    Achim

  • hallo Achim,


    Das Azimutlager ist ja über einen 16mm Passstift in einer 80mm langen Alubohrung ausgeführt.
    Die Bohrung ist so präzise, dass da nichts wackelt.
    Diese Passung wird bei Dauerbelastung aber wohl ausschlagen, sodass ich noch mal 2 Führungshülsen einsetzen werde.
    Der Widerstand beim Drehen ist eigentlich optimal.
    Man kann gut zenitnah beobachten. Andererseits bleibt der Dob sofort stehen nach dem Drehen und ist nicht windempfindlich o.s.


    Beim Beobachten habe ich bis jetzt ein schwarzen Strumpf rübergezogen.
    Das ist aber doch etwas unpraktisch - vor allem an den Höhenrädern.
    So werde ich unten ein Blendrohr einsetzen (Heizungsfolie mit Schwärzung innen) und oben einen Blendschirm anbringen.
    Der Tubus ist ja 3cm dicker als der Spiegel, sodass ist ich den Blendschirm innen anbringen kann.


    clear skies


    Wolfgang

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