BB: Die Grenzen der Wahrnehmung

  • Hi Leute!


    Am Sonntag zeichnete sich eine wunderbare und klare Nacht ab. Daher machte ich mich mit Kai auf, die klaren und vorallem
    trockenen Nachtstunden zu nutzen.



    Datum: 19-20. März 2012
    Zeit: 23:45 - 04:20 Uhr
    Ort: Hunsrück 610m ü. NN
    Wetter: -3°C
    Seeing: 2
    Grenzgröße: ~6.9m, ~21.60m/sas (SQM-L)
    Geräte: 10" f/5 Dobson, 5" Newton, 10x50 Fernglas



    Erst um viertel vor 12 erreichten wir unseren Stammplatz auf dem Berg. Der Himmel war bereits tiefdunkel. Nach einer viertel Stunde standen die Teleskope und waren soweit justiert, dass es ans Beobachten gehen konnte.


    Unser erstes Objekt waren die hellen Galaxien um den Großen Wagen herum: M81/82, M94, M51, M97/108, etc etc.


    Messier 51 offenbarte später eine sehr gut sichtbare Spirale mit einigen Knoten und Strukturen! Herrlich ausladend
    erkannte man auch eine schwache Staubstruktur um den kleinen Begleiter herum.
    M97 zeigte bei genauem Hinsehen zwei dunklere Augenhöhlen, während M108 im Zentrum etwas strukturiert war.




    Ab ging es in den Virgo-Haufen. Nach grober Orientierung zielte ich erst mit der Absicht, M99 zu beobachten, in das Galaxiengewimmel. Doch das Gewimmel war so groß, dass ich mich nicht überwinden konnte, die Karte zur Hand zu nehmen und jede
    einzelne Galaxie zu identifizieren. Schon in der Übersichtsvergrößerung fallen einem mehrere Nebel im Gesichtfeld auf. Schwenkt man
    nun etwas umher, dauert es nicht lange, bis man die Orientierung vollendens verliert.


    Das Leo-Triplett zeigte ebenfalls tolle Strukturen: M65 zeigte ein Staubband und erinnert etwas an eine schwache Andromedagalaxie.
    M66 zeigte neben dem zentralen, leicht schief orientierten Balken ihre Spiralarme, welche Lust aufs Zeichnen macht.



    Nun wollte ich mich aber nochmal den Doppelquasar QSO 0957+561 wagen. In der letzten Beobachtungsnacht war der Tau ein KO-Kriterium.
    Doch dieses Mal sind die Bedinungen entschieden besser: Absolut trocken, kein Tau. Der Himmel ist nochmals dunkler und transparenter als zuvor. Das Seeing dazu ist ebenfalls passabel.


    Versuch No2 QSO 0957+561:


    Das Aufsuchen ging diesmal sehr schnell vonstatten. NGC 3079 ist schnell gefunden. Es präsentiert sich eine schöne, langgezogene, ebenfalls strukturierte Galaxie. Der kleine Nachbar NGC 3073 war ebenfalls gut zu erkennen. Auch die Nachbargalaxie, welche auf
    den wohlklingenden Namen "MCG9-17-9" hörte, war mit 14.9m durchaus noch wahrnehmbar.


    Doch nun sollte es dem Quasar an den Kragen gehen.
    Die Feldsterne um den Quasar herum waren dieses Mal besser zu erkennen. Trotzdem war es extrem schwer, sich anhand von indirekt aufblitzenden Sternen zu orientieren! Die Umgebungssterne, welche ich zum Starhopping nutzte, waren gerade einmal 13-16mag hell.
    Jedoch spielt der Quasar mit seinen 17.1 bzw. 17.3m in einer anderen Liga.
    Auch nach langem Augenverbiegen war vom Quasar keine Spur zu erkennen. Die schwächsten Punkte, die an meiner Wahrnehmungsgrenze lagen, dürften so um 16mag liegen.
    Schade, den Quasar habe ich jedenfalls nicht gesehen.


    Mich würde mal interessieren, wieviel Öffnung für ihn bisher mindestens notwendig sind? Ich habe schon von 14.5" gelesen. Hat es schonmal jemand mit weniger Öffnung geschafft?



    Als Trostobjekt suchten wir uns den hellsten Quasar, 3C-273, heraus. Mit der Karte aus dem Stropek habe ich es nicht geschafft, ihn zu finden! Erst mein alter Karkoschka brachte mich an die richtige Stelle!


    Nach der Identifizierung war er dann auch recht einfach direkt zu beobachten. 2.5mrd Lichtjahre, das ist auch eine Hausnummer!


    Doch zeichnen wollte ich trotzdem: Dieses Mal stand die Galaxiengruppe Hickson 58 auf der Liste.
    Die im Löwe stehende Gruppe umfasst 5 Galaxien von 13.9mag bis 15.4mag.
    Die gesuchte Stelle wurde schnell gefunden. Bei genauem Hinsehen waren die beiden hellsten Galaxien der Gruppe sofort
    unter einem helleren Stern zu erkennen. Ich orientierte mich an einem großen Dreieck, in dem die Gruppe saß.
    Komponente C war ebenfalls relativ sicher zu erkennen. Die letzten zwei Galaxien bereiteten mir große Schwierigkeiten.
    Komponente D war mit 14.8m deutlich heller als E mit 15.4m. D blinkte nach einiger Zeit immer mal wieder an der richtigen Stelle auf. Doch bei E war ich mir selbst nicht sicher. Ich meinte, öfters an der richtigen Stelle etwas zu sehen. Doch das könnte auch Einbildung gewesen sein. Deshalb sah ich nur die ersten 4 Galaxien sicher:



    Für mich jedenfalls wieder eine Grenzbeobachtung! Vielleicht wage ich mich nochmals dran, wenn der Himmel wirklich perfekt ist.



    Gegen Ende hin waren meine Finger dann Eiszapfen und es stellte sich auch etwas Müdigkeit ein, sodass wir langsam begannen, zusammenzupacken.
    Saturn zeigte seine Cassiniteilung und 4! Monde. Das Seeing scheint nicht schlecht zu sein.


    Nicht unkommentiert will ich unsere "Halbzeit" lassen: Kai hat doch tatsächlich eine komplette Outdoor-Ausrüstung dabei und kocht und gegen 1 Uhr einen Texastopf, der bei minus Temperaturen einfach genial war! [:d]



    Alles in allem eine schöne Bebachtungsnacht, die uns einige Überraschungen bescherte.



    Hoffe, der Bericht hat Euch etwas gefallen!



    Viele Grüße,
    Nils

  • So na endlich,
    ich möchte natürlich auch diese, für mich, überaus erfolgreiche Nacht kommentieren.


    Ich muss schon sagen, dass es sich wirklich lohnt so weit rauszufahren, der Himmel dort ist wirklich toll.


    Durch den superklaren Himmel kam ich ungefähr auf knapp über 6mag mit bloßem Auge, erst das zweite mal überhaupt.


    Da wir nur zu zweit waren konnte wir etliche für mich neue Objekte "abarbeiten". [:D]


    Es gab auch Detailverbesserungen an anderen Objekten. M51 zeigte zum ersten mal überhaupt Ansätze von Spiralarmen, und das bei meinen Augen.


    Mit M97, kam ein weiterer Nebel zu meinen bisher beoabchteten Objekten hinzu, der sehr gut zu sehen war.


    Und mit 3C 273 habe ich tatsächlich, wenn auch mit einiger Mühe, einen Quasar beobachtet.


    Außerdem habe ich einige neue Galaxien gesehen, und nicht nur erahnt.


    Saturn zeigte viele Details, die ich von zu Hause eigentlich nicht gewohnt bin. Selbst in meinem kleinen 5" war eine deutliche Farb- und Detailsteigerung erkennbar. 4 Saturnmonde zu sehen ist für mich auch ein tolles Erlebnis.


    Mars enttäuschte mich, wie so oft, nur unglaublich wie hell ein Planet in einem 10" Teleskop werden kann.


    Fast vergessen, mir bereiten die einfachen Einsteigerobjekte nach wie vor große Freude, so zeigte sich M13 zwar nicht in Einzelsterne aufgelöst, aber schon sehr körnig.


    Ich weiß nicht ob es an dem nahezu perfekten Himmel lag, oder an einer (warum auch immer)leichten Verbesserung meiner Nachtsicht, aber
    diese Nacht wird mir noch lange in Erinnerung bleiben.


    Nils zeigte mir verschiedenste Objekte und ich musste nicht einmal sagen: "Tut mir leid, ich sehe da garnichts".


    Es wäre echt toll wenn ich nochmal eine solche Nacht erleben dürfte, vllt. mit weiteren für mich unbekannten Objekten.


    Abschließend muss ich aber auch noch sagen, dass mir ebenfalls das Kochen unter dieser Bedingungen großen Spaß gemacht hat.


    Ich hoffe mein Bericht wirkt nicht allzu amateurhaft, ich schreibe halt immer aus der Sichtweise eines begeisterten Gelegenheitsspechtlers!


    CS
    Kai

  • Hi Nils,


    schöner Bericht mit einer interessanten Objektwahl. Den Doppelquasar habe ich auch auf meiner Liste. Die Trennung ist angeblich auch mit 16 Zoll Öffnung alles andere als trivial. Perfektes seeing und eine sehr gute transparenz sollten da schon sein.


    Mit HCG 58 ist dir eine gute Sichtung gelungen. Sportlich die Gruppe mit 10 Zoll zu beobachten.

  • Hallo Nils,
    schade dass wir nicht dabei sein konnten, die Bedingungen klingen ja echt nicht schlecht.
    Der Quasar ist wohl wirklich nicht zu knacken, würde ihn aber dennoch nicht ganz abschreiben Wink Vllt in der perfekten Nacht Wink


    Das Wetter spielt im Moment ja sehr gut mit!

  • Servus Nils.


    Den Doppelquasar habe ich auch schon auf der Liste, aber ich habe den für die Alpen aufgehoben. Ich sehe bei mir, trotz dunklem Landhimmel keine große Chance den mit 12" zu sehen.


    Bei der Hickson Gruppe hast du die ganz schön die Augen verbogen! Meinen Respekt :)


    Viele Grüße
    Gerd

  • Nils, wieder mal eine klasse Nacht mit schönen Beobachtungen!
    Und die Zeichnung ist dit gut gelungen..eine wirkliche Grenzbeobachtung mit 10 Zoll!Gratuliere dazu!


    Deine Bedingungen wieder vom feinsten!
    Lg von Hajü

  • hallo Nils,
    schöner Bericht, ist Dir gut gelungen !


    Den Quasar konnte ich letzte vorletzte bei einem 6.m5 Himmel in meinem 14.5" Dobson bei 284x eindeutig sehen - vielleicht war das die Beoabchtung, auf die Du Dich berufst. Allerdings nur als schwaches Sternchen, das indirekt mehr oder weniger häufig aufblitzte - die Position wurde jedoch hinterher an der Karte verifiziert. Doppelt war allerdings nicht zu sehen.


    CDS


    Stefan

    visuell:

    ICS Dobson 14.5" f/4.7


    fotografisch:

    Lichtenknecker FFC 190/760mm f/4

    Galaxy RC 10" f/8

  • Hallo Nils,


    den Quasar solltest du noch nicht abschreiben.


    Da UMa schon fast im Zenith stand, hab ich gestern ebenfalls spontan versucht, den Doppelquasar zu beobachten.


    Letztes Jahr ist mir dieses schon einmal mit meinem 10" f/4.7 gelungen, aber ich irgendwie kam mir das schon fast absurd vor. Daher habe ich gestern noch einmal drauf gehalten. Ich hab mir ganz bewusst keine Sternkarte angeschaut, sondern erst NGC 3079 aufgesucht und bin zum Trapez gedobst, das ich noch vage in Erinnerung hatte. Da ich nicht mehr wusste, welche Orientierung es aufweist und an welcher Stelle der Quasar liegt, hab ich bei extrem gutem Seeing und dunklem Himmel (fst 6m3) bei 380x eine Zeichnung gemacht und diese später mit einem Bild verglichen.


    Tja, und was soll ich sagen: ich hab den Quasar erwischt. [:)] Zum zweiten Mal nun schon! :)) Möglich war das nur aufgrund der hohen Stellung am Himmel, dem super Seeing und einer Vergrößerung von 380x.


    Mein Fazit: unter sehr guten Bedingungen ist der Doppelquasar auch mit 10" zu machen.


    Viele Grüße,
    Christian

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Mein Fazit: unter sehr guten Bedingungen ist der Doppelquasar auch mit 10" zu machen. <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Hallo Christian,


    wow, ich bin beeindruckt. Und das bei nur 6,3mag. Ich hatte es auch mal mit meinem 12-Zöller versucht, aber da hat wohl das Seeing zugeschlagen. Das Trapez konnte ich noch finden, mehr aber auch nicht.

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