Sonne, Jupiter und ein UFO

  • Hallo allesamt,


    am Nachmittag (12:00 bis 16:30 MESZ) des 22.08. habe ich das Teleskop mal wieder auf die Sonne zur visuellen Beobachtung gerichtet. In den zeitweise doch großen Wolkenlücken bot sich so ein prächtiger Blick auf die beiden schön strukturierten Fleckengruppen 661/652 und 663, die bei 200x durch den 114/900 Netwon mit ND5 Baader AstroSolar-Folie einen beeindruckenden Anblick boten. Trotz teilweise recht böigem Wind war die Luft dabei insgesamt so ruhig, dass bis etwa 13:00h die Granulation vernünftig wahrnehmen konnte. Dabei hat mich übrigens angenehm überrascht, wieviel sich Beobachtungserfahrung auf den visuellen Eindruck auswirkt. Zwar betrachte ich bereits seit ca. 10 Jahren den (Sternen)Himmel, doch erst Anfang diesen Jahres habe ich meinen alten 50/500 Kaufhausrefraktor, den ich jetzt nur noch zur Sonnenprojektion zwecks Vorführung einsetze, durch ein 114/900 Newton ersetzt: mein erstes "richtiges Teleskop". Nach etwa fünf Monaten regelmäßiger Beobachtung fiel mit gestern dann überraschend auf, dass ich schon bei 25-facher Vergrößerung feststellen konnte, dass die Sonnenoberfläche nicht homogen sondern leicht körnig wirkte, und ich komplexe, aufgehellte Strukturen um die Fleckengruppen ausmachen konnte. Beim Durchsehen meiner Aufzeichungen vergangener (Sonnen)Beobachtungen fügte sich diese Erkenntnis in die Reihe einer kontinuirlichen Steigerung der Beobachtungsleistung ein. Da freut man sich gleich doppelt auf die nächste DeepSky-Tour...


    Aber zurück zum Thema:
    Gegen 13:00h beschloss ich, den Jupiter am Tageshimmel aufzusuchen, um mal zu schauen, ob man den zur Zeit -1.7m hellen Planeten im Blau des Himmels ausmachen kann. Also die geozentrische Koordinaten für meinen Beobachtungsort von Sonne und Jupiter aus <i>Cartes du Ciel</i> abgeschriben und mit Sonnenfilter auf die Sonne geschwenkt, diese im 25mm Kellner zentiert und scharfgestellt. Dann die Teilkreise auf die Sonnenkoordinaten gestellt. Zunächst DA, dann bei laufender Nachführung RA. Darufhin die RA-Klemmung gelöst und den RA-Wert von Jupiter eingestellt. Geklemmt und bei laufender Nachführung den DA-Wert eingestellt. Ein Blick durchs Okular zeigte, nachdem der Sonnenfilter vom Tubus genommen wurde, einen schönen blauen Himmel: von Jupiter nicht die Spur.
    Da meine Montierung alles andere als stabil und exakt ist, wunderte mich das nicht allzusehr, und ich begann die Umgebung um die Jupiterkoordinaten streifenweise in DA und RA abzufahren: nichts! Ich habe die ganze Prozedur mehrfach wiederholt, das Ergebnis blieb aber immer das gleiche. Ich bin mir aber völlig sicher, die korrekten Koordinaten verwendet zu haben, und auch in die richtige Richtung geschwenkt zu haben. Auch die Versuche Jupiter mit Kompass und Felstecher nach azimutalen Koordinaten aufzufinden scheiterten. Dabei hatte ich jedoch ziemliche Angst, beim Suchen zu weit nach Süden zu blicken und dann die volle Sonnendröhnung durch ein 8x40 Fernglas abzubekommen. Ergebnis: kein Jupiter.
    Daher meine erste Frage: Habe ich mich nur zu dumm angestellt, bzw. kann es sein, dass meine Montierung so schlechte Teilkreise hat, dass ich einfach die falsche Stelle abgesucht habe und Jupiter vielleicht 2° daneben lag, oder ist Jupiter mit -1,7m zu dunkel für den hellen Tageshimmel?


    Die Daten in Kurzform.
    Zeit: 22.08.2004 12:00h bis 16:30h (MESZ)
    Ort: Meine Dachterasse in Remscheid Lüttringhausen (GPS: 51°13'08"N 07°13'01"E)
    Teleskop: 114/900 Reflektor nach Newton von Teleskop-Service auf EQ2, motorische RA Nachführung
    Okular: Kellner 25mm, Plössl 9mm
    Zubehör: 2x Barlow von TS
    Koordinaten: Sonne: RA 10h07m, DA +11°34'
    Jupiter: RA 11h35m, DA +03°50'



    Was mich allerdings völlig verblüffte war folgendes:
    Etwa gegen 13:30h unternahm ich wieder einen Versuch und bemerkte im Okular an der eingestellten Position von Jupiter ein rötliches, sich bewegendes Objekt. Als ich das Objekt zuerst wahrnahm, wähnte ich Jupiter schon gefunden, doch machte mich die schnelle Eigenbewegung des Objekts sofort stutzig. In RA erfolgte nur eine leichte Bewegung, die sich einfach durch leichtes Drehen (etwas mehr als Sterngeschwindigkeit) der ausgekuppelten RA-Achse kompensieren ließ. Ich weiß leider nicht mehr in welche Richtung diese Bewegung erfolgte. Die Eigenbewegung in DA nach Süden war jedoch so groß, dass ich kaum schnell genug an der Welle drehen konnte und das Objekt trotz Nachführung nach etwa 4° aus dem Gesichtsfeld verlor. Das Objekt selbst war nicht ganz klar zu erkennen, weil es leicht unscharf erschien. Es wieß jedoch eine orange-rote Farbe ähnlich der von frisch gebürstetem Kupfer auf und schien die Form einer langgezogenen Raute mit ungefährer Elongation von 1:2 zu haben. Die scheinbare Helligkeit kann ich leider überhaupt nicht einordnen, da mir am Tageshimmel jeder Bezug fehlt. Das Objekt war jedoch, nachdem man es einmal ins Auge gefasst hat, gut vom hellblauen Himmel zu unterscheiden und schien seine Helligkeit während der Beobachtung nicht zu verändern.
    Das es ein Flugzeug war schließe ich auf Grund von Form und Größe/Entfernung aus. Ich dachte an einen Satteliten, konnte dies bis jetzt aber nicht verifizieren, weil weder auf http://www.heavens-above.com noch auf http://www.calsky.de Sattelitenpassagen während der Tagesphase angezeigt werden. Ich habe mir auch die aktuelle <i>visual.tle</i> für <i>Cartes du Ciel</i> heruntergeladen und alle Passagen zwischen 13:00 und 14:00 am 22.08. ausgeben lassen: es liegt aber keine auch nur in der ungefähren Nähe der Jupiterkoordinaten.
    Weil das Objekt leicht unscharf war, vermute ich, dass es bedeutend näher als die Sonne war und glaube daher an ein Phänomen in der Atmospäre; da es aber mit bloßem Auge nicht zu sehen war und von seiner Form zu stark abwich, zweifele ich aber Flugzeug gesehen zu haben. Mein Beushc auf http://gep.alien.de/ifo.htm brachte aber auch keine neuen Erkenntnisse, da die Form nicht zu einem (Heißluft)-Ballon passt und die gerade Bewegungslinie des Objekts ein windgetriebenes Gerät meines Erachtens nach ausschließt.


    Wenn mir jemand von Euch bei der Klärung meiner ersten UFO-Sichtung, die ich bis jetzt nicht selbst auflösen konnte, behilflich sein könnte, würde ich mich sehr freuen. Vielleicht habt Ihr ja auch den einen oder anderen Tip für mich, von wegen Planeten am Tage. Nachts finde ich mit Karte, Telrad, Sucher und abschließendem Starhopping mitlerweile fast alles, was die Optik hergibt, aber am Tag bringe ich es auf nicht viel mehr als die Sonne...


    Viele Grüße, clear skies und UFO-frei Nächte
    wünscht Euch Patrick

  • Hallo Patrick,
    ich denke im 114 Newton sollte Jupi am Tage gehen. In meinem 101 Refraktor habe ich Jupi mehrfach gefunden.
    Bis du beim 25 Keller mit 36facher Vergrößerung geblieben? Dann war die Vergrößerung zu schwach. Ich suche Jupiter bei ca. 100facher Vergrößerung, andernfalls hebt sich Jupi bei mir nicht vom Himmel ab. Dann ist das Suchen allerdings richtig schwer. Bis zu 2 Stunden und mehrfachen Anläufen von der Sonne habe ich bei gut eingenordeter Montierung schon gebraucht.

  • Hallo Wolfgang,


    ja ich bin bei 36x geblieben, weil ich ein möglichst großes Geschtsfeld haben wollte, um Jupiter weniger leicht zu verfehlen. Aber ich werde es an dem nächsten schönen Tag, an dem ich (viel) Zeit übrig habe, mal bei 100x im 9mm Okular probieren und dann die ganze Gegend um Jupiter abgrasen.
    Meine Montierung ist halbwegs genau eingenordet, jedoch nicht gescheinert, weil ich sie bei meinem Wetter nicht unbeaufsichtigt draußen lassen kann und ich keine Lust hatte an der Sonne und ihren Flecken zu scheinern... [;)]


    Auf alle Fälle vielen Dank für den Tipp mit der Vergrößerung!
    Viele Grüße, Patrick

  • Hi Ödipus,


    an Deinem Bericht freut mich besonders, wie Du Deine steigende Beobachtungsleistung konstatierst! Endlich mal wiede r jemand, der nicht nach sechs Wochen seinen 4,5er ins Eck stellt und nach einem 8er oder 10er hechelt! Ja, Du wirst Dich auch bei deep sky wundern, was so ein 4,5er alles zeigen kann, die Teile sind ihr Geld mehr als wert!
    Viel Spaß also noch mit dem 114er.


    Markus



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    Quidquid agis, agas prudenter et respice finem!
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    DANUBIA-OBSERVATORIUM


    Markus A. R. Langlotz
    Vilsweg 2b
    D-93073 Neutraubling


    Die Astroseite: http://www.N-T-L.de
    Die Starfinderseite: http://starfinder.N-T-L.de
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