Nach euren hilfreichen Tipps schulden wir euch einen Beobachtungsbericht, nicht wahr?
Zum Einsatz kam der neue
10" Dobson sowie unser beeindruckender Glaspark:
25mm und 10mm Super(billig)-Plössl. Yay.
Raus aus Linz! Zu dritt treten wir die Lichtflucht in Richtung Passau an. Einfach grob Nordwest über Landstraßen und Feldwege. Nach gut 50 Minuten lassen wirs gut sein und steigen am Donausüdufer nahe der bekannten Schlögener Schlinge aus dem hoffnungslos überfüllten Kia. Im Südosten glost der Oberösterreichische Zentralraum, in alle anderen Richtungen ist es recht dunkel. Chi und h Persei präsentieren sich als länglicher Nebelfleck, der sich mit etwas Fantasie auch mit bloßem Auge in zwei Kerne trennen lässt. M31 verschwindet knapp nicht, wenn man direkt draufschaut. Milchstraße hübsch und gut strukturiert.
Wir montieren den Dobson am Straßenrand eines einsamen Forstwegs. Das erweist sich in weiterer Folge als problematisch, denn so einsam ist der gar nicht. Im nahen Neukirchen am Walde findet in dieser Nacht ein Massenbesäufnis statt, dessen Opfer die ganze Nacht über in die Umgebung streuen. Fragen werden freundlich beantwortet. ("Wos daatsn ees do?" - "Schaun." - "Aso.")
Hilfsmittel zur Auffindung einzelner Objekte haben wir noch nicht eingekauft. Stattdessen wollen wir Berühmtheiten abklappern, die wir mit vereintem Know-How und einem guten Maß Zweckoptimismus auch unpräpariert aufzufinden hoffen. ("Albireo? A wos, den findt ma scho!") Darüber hinaus habe ich in akribischer Kleinarbeit zwei Skizzen mit mehr oder weniger ambitionierten zusätzlichen Zielen ausgearbeitet, die ich euch nicht vorenthalten will:
Publikationswürdig! (powered by Stellarium)
Justieren können wir noch nicht; ein freundlicher Mitarbeiter in einem Wiener Shop hat uns aber Starthilfe gegeben. ("Des hoit jetzt fiara Zeitl.")
UUUUND LOS.
Zuerst Doppelhaufen im Perseus. Auch in unserem crappy 25mm ein erhebender Anblick. Die Sterne scheinen nicht ganz zufällig verteilt. Im Zentrum des einen Haufens finden sich gleich zwei U-förmige Strukturen. Stört hier Staub den Blick?
Abstecher nach M103, in dem eine orange Sonne besonders auffällt.
Schnell zum großen Wagen, bevor dessen Galaxien noch tiefer zum Horizont sinken. M51 mit Begleiter klar und deutlich, aber Spiralarme? Wir spechteln und spechteln und haben das Gefühl, sie knapp nicht zu sehen. Neues Objekt, neues Spiralarmglück? M101 enttäuscht uns zunächst. ("Do siagst net füü.") Nach ein bisschen Gewöhnung stellt sich aber der M51-Effekt ein: Ein bissssssschen mehr Kontrast und Strukturen wären sichtbar.
Weiterweiter! M81 und M82 können uns nun wirklich begeistern. Hübsch, wie die da rumhängen! M82 sehen wir uns mit dem 10mm genauer an und haben den Eindruck, seltsame, fadenförmige vertikale Strukturen zu sehen. Außerdem wirkt ein Ende heller als das andere.
Nun kommen erstmals meine Skizzen ins Spiel. Der Eulennebel wird problemlos aufgefunden; wir bedauern, keinen Filter zu haben. M108 und M109 werden ebenfalls erlegt. Jetzt aber die erste Herausforderung: NGC2403, siehe Skizze! Ich ziele mit dem Sucher ohne große Hoffnung grob ins Niemandsland zwischen Bär und Fuhrmann und dobse ein bisschen rum. Zu meiner Überraschung dauert es nur Sekunden, bis mir der Nebelfleck ins Auge springt. Messier, du Saftsack, bist blind? Messier-Blindfuchs-Gedächtnis-Galaxie nennen wir das Objekt ab jetzt. Aber gut, man muss für den guten M. Verständnis aufbringen: Diese Himmelsregion verströmt das Flair einer abgesagten Geburtstagsfeier!
Zwischendurch M13, von dem wir uns lange nicht losreißen können. Dutzende, vielleicht hunderte von Einzelsternen zeigt das 10mm. Auch der kleine Bruder M92 gefällt.
Kurz in den Perseus: Die Sterne um Mirfak sind die besseren Plejaden, finden wir. Zwischen Perseus, Giraffe und Fuhrmann fällt mir zufällig ein schöner Doppelstern auf, den ich Klein-Albireo nenne: Wie der große Bruder besteht er aus einer hellen, orangen Sonne und einer dunklen kühl-blauen.
Nu aber: Ringnebel in der Leier. Auffinden gelingt problemlos. Wir staunen und wechseln auf das 10mm. Ringstruktur sehr deutlich, der ungleich helle Rand ebenso. Aber finden wir auch den Hantelnebel? So auf halbem Weg zwischen Atair und Deneb, hab ich mir gemerkt. Hey, den sieht man ja sogar im Sucher! Aber jetzt mal ehrlich, dieses Objekt macht mir irgendwie Angst: Erschreckend groß im Vergleich zum Ringnebel und irgendwie ... geisterhaft.
Cirrusnebel ohne Filter, geht das? Nunja. Ich weiß, wo ich suchen muss und entdecke nahe einem hellen Stern unter den Schwingen des Schwans tatsächlich einen langgestreckten Nebelfetzen. Filter braucht das Land!
Rüber zu M31. "Blöde trübe Lampe" lautet der wenig schmeichelhafte Ersteindruck meiner Kollegin. Aber dann die Überraschung: Bei konsequentem indirekten Sehen werden zwei dunkle Bänder unterhalb des hellen Kerns sichtbar (naja, sagen wir: erahnbar), und zwar in Richtung des kleinen elliptischen Begleiters. Plötzlich will jeder an den Dobson. Kein Zweifel! Man darf sich von der trüben Lampe nicht täuschen lassen und muss in den Randregionen auf die Jagd gehen.
M33 gefällt uns wider Erwarten auch ganz gut. "Ich glaub ich seh Spiralarme", meint ein Kollege. Strukturhalluzinationen nennen wir das ab jetzt ...
Ich übernehme wieder das Ruder und checke die Skizze. Ausgehend vom Pegasus-Viereck hab ich mir mehrere Objekte überlegt. Zuerst M15 - schön! Dann M74 - Fleck! Auf M2 vergesse ich, denn die aus meiner Sicht ambitionierteste Prüfung dieser Nacht wartet: Uranus!
Einmal die Seite des Pegasus nach unten abschlagen ... da muss er irgendwo sein. Nach ein bisschen Rumgedobse sehe ich mir ein Sternchen im 10mm genauer an. Fahl isses und blauweiß. Das könnte er sein! Meine Kollegen können der Jagd nichts abgewinnen. ("Nochmal M31!" - "Nochmal M13" - "Nochmal ... egal was ... bloß nicht dieser beknackte Uranus!") Egal, ich nehme mir Zeit und merke mir die Konstellation der umgebenden Sterne um nachträglich den Beweis erbringen zu können. Und, das sei mir an dieser Stelle gestattet zu erwähnen: SIEG! Er war es!
Zu unserer Bestürzung erkennen wir, dass wir bereits viele Stunden verspechtelt haben. Wenn drei Leute sich ein Teleskop teilen und jeder mal ran möchte, braucht das seine Zeit. M35 und M1 finde ich erst nach einer halben Stunde: Ich hatte mich von zwei roten Sternen narren lassen, die ich für Mars gehalten hatte. Da stimmte dann natürlich die Skizze nicht mehr und ich suchte schlicht an der falschen Stelle. Als Mars dann tatsächlich aufgeht, derzeit Spezi von Castor und Pollux, können wir auch diese Aufgaben bewältigen.
Als wir zusammenpacken, steht schon der halbe Orion über dem Horizont. Jetzt aber noch schnell den Orionnebel probieren! Und obwohl der in Richtung Linz steht, also mitten drin in Dunst und Lichtkleister, erweist sich der Anblick als veritabler Appetitmacher für Herbst und Winter.
Völlig fertig und einigermaßen zerstochen (Scheißviecher!) fallen wir nach abenteuerlicher, weil ans Navi delegierter Heimfahrt durch verschlafene Weiler und Kukuruzfelder in die Betten.