Fragen zu Montierungsbau / -konstruktion

  • Hallo Ekkehard,


    wieder gebe ich dir prinzpiell recht. Es ist nur so, daß ich an meiner Monti kein Wackeln, das aus Lagerspiel resultiert, feststellen kann. Die auf eine Betonsäule gebrachte Montierung zeigte nach einem Schlag mit der Faust ans obere Ende des ca. 1,2 m langen Tubus nach deutlich weniger als 1 s keine Schwingungen mehr im 240x Okular. Und ein leider (da noch keine passende Elektronik) mit etwas zu hoher Geschwindigkeit durchgeführter Nachführtest zeigte kein Ruckeln oder Zittern noch andere Unregelmäßigkeiten.


    Der praktische Test widerspricht da ein wenig deinen Ausführungen, sorry.


    Das schreibe ich hier nun nicht, um eine Grundsatzdiskussion mit dir zu führen, zu provozieren oder irgendentwas verteidigen zu wollen. Ich kann dich daher wirklich nur ermuntern, mal einen diesbezüglichen Test an meiner Selbstbaumontierung durchzuführen.[:D]


    Natürlich ist es so, daß Rillenkugellager nicht die Traglast von Kegelrollenlagern besitzen. Aber sie reichen auch für fotografische Zwecke völlig aus.


    Meine erste Montierung war eine "Staku"- Montierung nach Plänen von Anton Staus. Sie besaß 35 mm Wellen mi einreihigen Rillenkugellagern. Die Montierung hielt damals schon meinen auch heute noch im Einsatz befindlichen 8"/f6 Newton (Gewicht damals ca. 13 kg, Gegengewichte ca. 9 kg). Das war vor 24 Jahren. Und mit dieser Montierung gelangen mir absolut punktförmig nachgeführte Aufnahmen auf TP hyp. Und nicht eine von Hundert, sondern vielleicht 90 von 100 (der Rest viel Murphy zum Opfer ;o)).


    Ohne also auf theoretische Überlegungen eingehen zu können und auch zu wollen, kann ich deine Meinung bezüglich einer Nichteignung von Rillenkugellagern, die bis hin zur Unmöglichkeit (!?) der Durchführung von fotografischen Aufnahmen mit einer bestimmten, über das Maß von 10% hinausgehenden Last gehen soll, nicht teilen.


    Verstehe mich bitte nicht falsch, ich lese deine Ausführungen mit großem Interesse! Aber wenn aufgrund von zu großem Lagerspiel der Rillenkugellager wegen Überbelastung ich in den letzten beiden Jahrzehnten (wir sind ja in etwa gleich alt [;)]) kaum vernünftig nachgeführte Aufnahmen erhalten hätte, würde ich nicht die dritte Montierung mit eben diesen Lagern bauen.


    Übrigens belichte ich eine Aufnahme nicht nur wie häufig in der heutigen Zeit nur Sekunden oder ein paar Minuten, sondern bis über eine Stunde, da ich auf Film fotografiere. Das sei nur deshalb erwähnt, weil die technischen Anforderungen bei sekunden- oder minutenweise belichteten Aufnahmen nicht besonders hoch sein müssen.


    Noch eins zum Schluß: Vielleicht resultiert unsere wohlwollende kontroverse Diskussion auch aufgrund unterschiedlicher Voraussetzungen hinsichtlich des "How to".


    Wenn jemand eine vollautomatische Montierung mit Goto- Funktion allerhöchster Reproduzierbarkeit hinsichtlich der Position benötigt, kommt um Kegelrollenlager und ganz generell um die Anfertigung von Bauteilen allerhöchster Präzision womöglich nicht herum. Dann funktioniert so eine Montierung auf Knopfdruck und man muß im Grunde gar nicht mehr am Teleskop sein.


    Wer allerdings eine Monti benötigt, um Objekte bpsw. nach Teilkreisen oder auch ohne Hilfsmittel einzustellen und der so wie ich <i>visuell</i> am Off-Axis-Guider nachführt, kommt mit einer Monti dieser hier diskutierten Version vollkommen aus.


    Obwohl mich interessieren würde, ob man nicht doch vielleicht eine Goto-Steuerung verwenden könnte. Na, mal gucken.



    Konstruktive Grüße,


    Ralf

  • Bin auch überzeugt, dass Lagerspiel (mindestens das der Stundenachse)an Tubusschwingungen nicht beteiligt ist:


    Bei der üblichen dt. Montierung erhält doch das ob. Stundenlager die ganze Axial-Komponente aus der geweglichen Gesamtmasse (Tubus+Gegengewicht), also rund 70%. Die verschiebt den Innenring eines Kugellagers ein wenig gegen den äußeren -&gt; Lagerspiel ist weg.
    Das untere Stundenlager hat zwar rad. Spiel, doch weil Belastungsgröße-und richtung stets gleich sind, wird es sich nicht bemerkbar machen.


    Zur Belastbarkeit eines Rillenkugellagers fand ich in
    "Maschinenteile" die ganz einfache Formel ges F=x*Fr+y*Fa ; soll für Genauigkeitslager nicht größer als 0,5 Co sein (Indizes r und a für radial und axial).


    Nimmt man als einfaches Beispiel die bewegl. Masse mit 100 kg an, Abstand Tubusmitte bis ob. Lager/Lagerabstand mit 1:1, so wird (stark gerundet!) Fr=140 kp und Fa=70 kp. Mit den Durchschnittswerten x=1 und y=1,6 wird ges F= 140+1,6*70= 252 kp. Das durch 0,5 ergibt mind. Co= 500 kp.
    Lager 6005 würde genügen, praktisch wirds jedoch eher ein 6209.

  • Hallo Lutz,


    danke für deine zusätzlichen Informationen. Wie weiter oben schon geschrieben, muß man in der Tat ALLE Komponenten einer Montierung in Stabiltätsbetrachtungen einbeziehen. Ich denke die Lager, die in den Stehlagern Verwendung finden (6212) werden den Belastungen genügen.


    Grüße, Ralf

  • Hi Ralf,


    ich schrieb ja schon vor ein paar Postings, daß meine Überzeugung keinesfalls auschließt auch andere Wege zu gehen.


    In der Technik gibt´s immer wieder Überraschungen, da steht man dann vor und trotz aller Theorie und jahrelanger Erfahrung kommt dann "....und daß funktioniert??"


    Ich schrieb auch schon in einem Posing, daß man zur Not Rillenkugellager gegenseitig verspannen kann, wodurch sie zwar nicht steifer werden, jedoch das Lagerspiel "beseitigt" wird.
    Wenn man wie ich dann seit zig Jahen mit Lagerungen zu tun hat, dreht sich einem hierbei der Magen um und man ertappt sich beim Spruch "...denn sie wissen nicht was sie tun!"[xx(]
    Daß es trotzdem funktioniert zeigt deine Monti[:D]


    Ich hatte übrigends heute vormittag mal wieder ´nen Anwendungsingenieur von SKF am Telefon, dem ich die Geschichte hier mal so nebenbei erzählte.
    Der Gute hat noch wesentlich wehementer als ich eine Lagerung mit Rillenkugellagern hierfür abgelehnt - er ist jetzt knapp über 60 und seit 35 Jahen als Ing. bei SKF in der Forschung/Enwicklung, seit ca. 5 Jahren jetzt in der Anwendungstechnik.
    Für mich stellt dieser Mann die Referenz im Wissen um Wälzlagerungen dar - nicht nur um theoretisches.


    Aber wie gesagt...es funktioniert wohl trotzdem.
    Wirklich erstaunlich, daß Du damit solche Langzeitbelichtungen hinbekommst!


    Ich denke, durch die heftige Überdimensionierung der Lager und das Verspannen gegeneinander funktioniert das Werk bei dir.

  • Hallo Ekkehard,
    habe ein Beispiel fürs Magenumdrehen:
    1952 lernte ich in einer Motorradwerkstatt. Die DKW RT 125 hatte als Radlager 6204, die nach 10000 km klapperten. Rütteln am Reifen führte bei pol. Überprüfungen zur Mängelanzeige. Weils keine neuen Lager gab, wurde die Distanzhülse gefühlvoll gekürzt (etwas Spiel musste ja bleiben, wir wussten, was wir taten!), es lief wieder 10000km! Ausfälle gab es deswegen nie.
    es grüßt Lutz

  • Hallo Ekkehard,


    wenn ich mir das Lagerspiel eines einzelnen Kugellagers in den Stehlagern ansehe, wird mir auch übel.


    Aber zusammengebaut in der Montierung (die Stehlager besitzen übrigens sog. Spannhülsen) und im Betrieb ist kein für mich meßbares Spiel festzustellen.


    Um sicher zu gehen, habe ich gestern mit einer 1/100mm Meßuhr nocheinmal alles überprüft. Egal wie ich die Achsen drehe und wo ich messe, kein Zeigerausschlag.


    Diesen Test habe ich sowohl ohne montiertes Teleskop als auch damit durchgeführt. Ich habe am Teleskop gerüttelt und an den Achsen "gezerrt", nichts. Auch der Rundlauf der Achsen ist einwandfrei.


    Ich werde die Monti mal zu einem der nächsten Teleskop-/Amateurtreffen mitschleppen. Dann kann man mal Hand anlegen...


    Es wäre für mich sehr interessant den Umstand zu erklären, warum die von dir anschaulich begründeten Bedenken hinsichtlich der Toleranzen in der Praxis sich so ganz anders darstellen.


    Bis dann und Gruß, Ralf

  • Hallo Ralf,


    ich denke, es ist klar warum Du "kein" Spiel hast.


    Du hast Die Stehlager auf eine Platte montiert.
    Die Stehlager werden in der Höhe - Fuss bis Mitte Lager - nicht gerade mit geringen Toleranzen gefertigt.
    Ein halber Millimeter kann da locker drinsitzen.
    Ist für diese Bauart auch vollkommen OK!
    Wenn Du die Lager nun auf die Platte schraubst, werden sie gegeneinander verspannt.
    Die Verspannung wird aber nicht zu groß, da die Lagereinsätze im Gehäuse pendeln können.


    Falls ein reiner Versatz der Lagerachsen vorhanden sein solte und die Pendelung sehr leicht geht, würde dir das Lagerspel trotzdem sauer aufstoßen.
    Das wiederum kann man mindern, indem etwas axial vorgespannt wird.


    Meistens pendeln Lager dieses Kalibers allerdings so schwer, daß immer eine gewisse Verspannung übigbleibt.


    Das ist die ganze Zauberei!


    P.S. Bist Du auf dem ATB oder IHT - falls Wetter?

  • Hallo Ekkehard,


    das scheint mir eine plausible Erklärung zu sein. Dann kann man also sagen, daß diese Lager in einem gewissen Sinne "vorgespannt" sind... [;)]


    IHT? Gut, daß du das erwähnst! Ich plane da vorbeizuschneien. Ob ich über Nacht bleibe, kann ich noch nicht sagen, aber da sieht man von der Montierung ja auch nichts.


    Wo kommst du denn her? Ich aus Hamburg.



    Falls wir uns nicht mehr hören (ich gehe nämlich gleich in Urlaub und bin dann offline, am 23. wieder da) wünsche ich dir und all den anderen Mitlesern dieses und der anderen Threads zu diesem Thema erstmal schöne Sommertage!


    Gruß und CS, Ralf

  • Hallo Marc!


    Als ich angefangen habe meine Montierung zu bauen hattest du aber etwas andere Maße genannt. Ich habe meinen 8" Newton (f/5) auf 30er Wellen gelagert, wie du das vorgeschlagen hattest. Das geht SEHR gut und ich denke, dass die Montierung auch einen 10"er noch gut tragen wird. das du hier soo große Achsdurchmesser nennst verstehe ich nicht.


    Ich denke im Allgemeinen, dass mann die Montierung so bauen sollte, das selbst bei den größten (oder den kleinsten) Achsdurchmesern keine großen Hebelarme entstehen. Dann kann die Montierung klein und leicht gehalten werden, aber trotzdem mit großer Tragkraft glänzen. ICh habe zwar keine besondere Ahnung vom Maschineenbau.. aber ich denke mit dieser Feststellung liege ich richtig (und war auch sicher nicht der erste der drauf gekommen ist [:D][;)] )


    also NIX FÜR Ungut! Baut weiter so es macht Spaß sich die vielen tollen Ideen anzuschauen!


    mfG Michael

  • Hallo,


    Die Diskussion über die geeigneten Lager hat mich sehr interessiert, und ohne jetzt jemandem seine Entscheidung der Lagerwahl in irgendeiner Art zu bewerten habe ich mich dann doch für Kegelrollenlager entschieden (Allein deswegen, weil meine Montierung ja zu photographischen Zwecken eingesetzt werden soll). Auch, obwohl es mir viel vorkommt, werde ich wahrscheinlich 60mm Wellen einplanen... (muss mich allerdings erst mal erkundigen wie teuer diese werden). Ich schätze mal Edelstahl ist zumindest für die Wellen das Optimum?


    Jetzt habe ich aber noch eine andere Frage:


    Gibt es irgendwelche Argumente wo man das Schneckenrad anbringen sollte? Ich habe schon mehrere Selbstbaumontierungen gesehen und die Anbringung scheint mir eher nach Gründen der Praktikabilität zu verlaufen!? Ist es wirklich egal auf welcher Seite das Schneckenrad angebracht wird, oder gibt es dabei schon etwas zu beachten?


    Grüße,
    Hannes

  • Hallo Hannes,


    hmmmm...aus statischen Gründen würde ich den Aufbau der OTE 150 bevorzugen.
    Link zur OTE 150-Beschreibung: http://www.teleskop-service.de/OTE/ote150.htm


    Um so kürzer der Abstand (Hebelarm) zwischen dem Lager und der Last, umso steifer ist das Ganze - logo!


    Also ist es insofern besser die Schneckenräder jeweils ans Ende der Wellen zu monieren.


    Ich weiss nicht, was Du an deine Montierung packen willst, aber die OTE 150 hat nur 30er Wellen.
    Ich denke, wenn Du 40er Stahlwellen nimmst reicht es dicke!
    Du kannst die 40er Wellen mit bis zu 16mm hohlbohren, daß schränkt die Stabilität kaum ein, bringt aber Gewichtsmäßig einiges!
    Die Kegelrollenlager sind gegenüber der 60er Welle gut 50% billiger.


    Welchen Stahl Du für die Wellen benutzt ist für deren Stabilität vollkommen uninteressant, da hier nicht die Festigkeit des Materials, sondern nur das sog. E-Modul zählt, welches bei ALLEN Stahlsorten mit unwesendlichen Abweichungen um 210.000 N/mm² liegt.


    Ich würde aus Gründen der Korrosion auch Edelsahl für die Wellen wählen.
    Die Kegelrollenlager würde ich aber in normaler Stahl-Ausführung einsetzen, gut einfetten und das Ganze mit einem Dichtring abdichten - dann passiert da nix.

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