Alte Photoplatten auswerten...aber wie

  • Tach,


    Für ein Projekt benötigt ein Bekannter aus den USA historische Daten. Ich habe ihn mal auf die digitalisierte Sammlung des Heidelberger Observatoriums auf dem Königstuhl hingewiesen. Die haben ein komfortables Abfrageformular und man kann die betreffende Bildausschnitte gleich als FITS Datei runterladen.


    http://dc.zah.uni-heidelberg.d…cans/res/positions/q/form


    So weit, so gut. Aber wie geht's dann am besten weiter? Ich könnte mir vorstellen dass moderne Software wie IRIS oder AIP4win nicht optimal für die Auswertung sind, weil im Gegensatz zu CCDs und DSLRs die ollen Fotoemulsionen alles andere als linear auf Licht reagieren. Schon das Abziehen der Hintergrundhelligkeit sollte so zur Herausforderung werden, und überhaupt wird man mehr Korrekturen einbeziehen müssen.


    Hat das hier schon mal jemand gemacht? Gibt's dafür Software die man ohne abgeschlossenes Astrophysikstudium beherrschen kann?


    CS
    HB

  • Hallo Bikeman,


    einen Artikel zum Thema, wie man Lichtkurven Veränderlicher mittels Aperturphotometrie aus alten Fotoplatten gewinnt bzw. wie gut die Ergebnisse sind, kannst Du hier finden:


    "Stellar Photometry Using Old Photographic Plates"
    http://www.aavso.org/files/web…ions/ejaavso/v32n2/117.ps


    Edit: Es gibt hier noch einen Artikel, der beschreibt, wie sowas mit der Software SExtractor (http://www.astromatic.net/software/sextractor) gemacht wurde. Sollte aber mit IRIS genauso gehen.


    Und: http://www.astromatic.net/forum/showthread.php?tid=639


    Gruß
    Christian

  • Hallo,


    Herzlichen Dank für die Links, das ist genau was ich suchte.


    [quote]was genau soll denn auf den Aufnahmen ausgewertet werden ?[
    Es geht darum die Lichtkurve eines bestimmten Sterns über etliche Jahrzehnte zu erstellen und dann auf evtl. Periodizität zu untersuchen.


    CS
    Heinz

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Frank.V</i>
    <br />Vielleicht kann Sonneberg hier weiterhelfen.


    http://www.stw.tu-ilmenau.de/
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Leider (noch) kein Onlienzugriff, aber ich habe die Kollegen mal angeschrieben, Danke für den Tipp.


    CS
    Heinz

  • Hi


    Ein kleiner Erfahrungsbericht:



    Vielen Dank nochmal für den Hinweis auf SourceEXtractor und das entsprechende Paper.


    Fast schon das Schwierigste war die Installation der Software. Alles was man braucht ist in der Softwaresammlung "Scisoft" der Europäischen Südsternwarte enthalten. Leider hat die Software recht spezielle Anforderungen an ein Linux System, am besten läuft es auf einer inzwischen recht alten Fedora 11 Distribution.


    Schließlich habe ich mir Fedora 11 in einer virtuellen Maschine (VirtualBox) unter Windows installiert.


    Gescannte Fotoplatten im FITS Format gibt es zum Download aus Heidelberg. Als nächstes muss man dann die passenden Parameter für die Software durch Herumprobieren ermitteln. SourceEXtractor ist primär für den Einsatz in automatisierten Verarbeitungspipelines gedacht und hat entsprechend auch keine schöne Klicki-Bunti Benutzeroberfläche. Hier ist das Editieren von Konfigurationsdateien gefragt.


    Da Fotoplatten anders (nicht linear) auf Licht reagieren als CCDs ist die Kalibrierung der Photometriedaten etwas komplizierter.


    Nachdem SourceEXtractor Sterne auf der Aufnahme identifiziert und photometriert hat muss man noch diese Sterne identifizieren und mit Katalogdaten zur Helligkeit im B Band (dort sind die Fotoplatten am empfindlichsten) vergleichen. Hierzu kann man die ebenfalls in Scisoft enthaltenden Programme "Scamp" und "stilts" benutzen.


    Um ein 12 Mega-Pixel Image eines 1 x 1 Grad Ausschnitts zu untersuchen benötigten SourceEXtractor , scamp und stilts zusammen nur etwa eine halbe Minute. Nicht schlecht für die Photometrie an ca 200-300 gefundenen Sternen.


    Heraus kommt eine Kurve wie diese hier:



    Auf der x-Achse ist die Instrument Magnitude aufgetragen, auf der y-Achse die Magnitude im B Band aus dem NOMAD-1 Katalog. Jeder Punkt entspricht einem Stern, den die Software auf der Fotoplatte identifiziert hat und im NOMAD-1 Katalog zuordnen konnte.


    Man erkennt deutlich die Nicht-Linearität des Ansprechverhaltens, die Grenzgröße der Aufnahme von etwa 15 Mag und einige "Ausreißer".


    Diese könnten entweder sein:


    <ul><li>von der Software falsch zugeordnete Sterne, </li>
    <li>oder Sterne, die auf der Fotoplatte so nah zusammen liegen dass sie nicht getrennt werden können, im Katalog aber einzeln geführt werden, oder </li><li>variable Sterne, die zum Zeitpunkt der Aufnahme eine andere Magnitude hatten als im Referenzkatalog</li></ul>


    Per Augenmaß würde ich sagen dass auf diese Weise Messungen an diesen historischen Platten mit einer Genauigkeit von etwa +/- 0.2 mag möglich sind.



    <b>Fazit</b>: Wenn man erstmal die Tücken der IT überwunden hat kann auch der Amateur Photometrie mit öffentlich zugänglichen Scans historischer Plattenarchive durchführen. Zum Beispiel wenn mal wieder das Wetter so bescheiden ist wie hier im Norden/Westen die letzten Wochen :)


    CS
    Heinz

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