Polierte Spiegelrückseite --> schnellere Abkühlung

  • Hi Emil,


    rel. Feuchte 100%, klar, dann beschlägts auch. Das ist aber (nicht abwertend gemeint!) der Trivialfall, denn dann beschlägt _alles_, ganz egal wie und wie stark es kühlt, sogar in der Luft bilden sich dann Wassertröpfchen.
    Ich habe daher den Verdacht dass Du nicht wirklich bei rel. Feuchte 100% mit dem Dobs draussen bist, denn dann kann man eigentlich kaum noch beobachten weil man im "Nebel" sitzt. Es kann viel mehr sein dass das Hygrometer selbst aufgrund oben beschriebenen Prozesses durch Kondenswasser nass wird (es kühlt schliesslich ja auch ab), und dann zeigt es natürlich "100%", obwohl die Umgebungsluft als ganzes weit drunter liegt...


    Viele Grüsse,
    DK


    P.S.: Haarespaltenderweise müsste man ja eigentlich immer sagen es beschlägt jeder Gegenstand _nur_ dann wenn die dünne Luftschicht die direkt an ihm liegt rel. Feuchte 100% erreicht (-> bei gleichbleibendem Wassergehalt der Luft steigt die rel. Feuchte mit sinkender Temperatur. Genau so funktioniert ja das Beschlagen). Das passiert aber halt auch wenn die Luftfeuchte der Umgebungsluft insgesamt viel geringer ist...

  • Hallo Dominik,
    es ist tatsächlich so, dass der Zeiger häufig "spinnt" in der feuchten Nacht auch wegen der Kondensationswärme, welcher das Gerätchen ausgesetzt ist. Das folgende hat keinen Zusammenhang mit dem Thread, aber ich sags gleichwohl:
    Sobald die Feuchtigkeit über etwa 80% ist, bist du immer beim Beobachten im Nebel. Feinste Tröpfchen beschlagen alle Spiegel und vor allem die Okulare und Filter. Das führt zu "flauen,matschigen Bildern im Okular.Welch ein Unterschied, wenn man in der trockenen Provence beobachtet! Es kann direkt an den Galaxien fokussiert werden.Eine furztrockene Umgebung und Atmosphäre ist sehr sehr wichtig. fast so wichtig wie die Dunkelheit.


    Gruss Emil

  • Hi Emil,


    völligste Zustimmung! Auch für Profi-Observatorien ist "trockene Luft" ein ganz wichtiges Kriterium, die Transparenz leidet -ganz unabhängig von beschlagenen Spiegeln- unter der Luftfeuchte doch merklich. Viel mehr noch natürlich im Infraroten, Wasser ist ein extrem starker IR - Absorber. Einer der "trockensten" Standorte in Kontinentaleuropa ist übrigens Euer Gornergrat in .ch ;)


    Dominik

  • Hallo Dominik,
    der Gornergrat ist gut,weiss ich aus Erfahrung.Die Gletscher binden die Feuchtigkeit.Aber leider ist es so, dass die trockenen Orte in den Bergen auch touristisch begehrt sind und man hat viel lokale Lichtverschmutzung. Aus diesem Grund bevorzugen einige Beobachter trotzdem die feuchten Regenzonen.(Napfgebiet, Glarnerland)


    gruss Emil

  • Leute, ihr habt es geschafft, meinen Ergeiz vollends zu entfachen


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Emil Nietlispach</i>
    <br />Ein Spiegel von <b>bestimmter </b>Grösse liege im Vacuum und sei dem kalten Universum ausgesetzt. Er habe 1000Grad. Wie sieht die zeitliche Auskühlung aus,bis er 0 Kelvin hat. ... Wie sieht die Kurve dann aus im Bereich von 15- 5 Grad.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Diesen idealisierten Fall kann man für dünne Spiegel (Wärmeleitung im inneren vernachlässigt) näherungsweise recht einfach rechnen:
    Ein 400x25 mm f/5 Borofloat Spiegel hat eine Masse m= 6,25 kg. Borofloat hat eine spez. Wärmekapazität cp= 0,83 kJ/kg K. Um ihn von 15 auf 5°C abzukühlen muss man folgende Wärmemenge Q abführen:


    Q= cp * m * Delta T = 52 kJ


    Bei reiner Strahlung gegen den Weltraum (Stefan-Boltzmann-Gesetz für graue Strahler) ist die Strahlungsleitung P:


    P= epsilon * sigma * A * T^4 = 95 W


    Dabei ist der Emissionsgrad von unverspiegeltem Glas epsilon = ca. 0,93 (ob poliert oder rau ist fast egal), die strahlende Oberfläche A (Vorder+ Rückseite+ Rand)= 0,28 m^2 und die mittlere absolute Temperatur T= 283 K


    Die Abkühlung von 15 auf 5°C dauert somit:
    t= Q/P = 547 s = 9 Minuten


    Ist eine Seite verspiegelt (Reflektionsgrad R für Infrarot = 0,95) ist der Emissionsgrad für diese Seite 1-R= 0,05. Es strahlt somit fast nur noch die Rückseite und es dauert dadurch fast doppelt so lange.


    Im Großen und ganzen herrscht Konsens, einige Begründungen in den letzten Postings gefallen mir aber immer noch nicht:


    - Rettungsfolie bringt sehr viel, dafür dass sie so dünn ist. Abgesehen vom Strahlungsschutz vermindert sie auch noch den Windchill (Konvektion). Das reicht natürlich trotzdem nicht, um einen 37°C warmen Körper längere Zeit gegen die kalte Umgebung ausreichend zu schützen.


    - Bei geringen Temperaturunterschieden hat die Wärmeabfuhr durch freie Konvektion und Abstrahlung unverspiegelter Flächen ähnliche Größenordnungen und beileibe nicht das Verhältnis 99:1. Genau rechnen lässt sich die freie Konvektion aufgrund der komplexen Strömung und Geometrie nur sehr schwer (Stichworte Prandtl- Nußelt und Grashofzahl). Anhaltswerte für Wärmeübergangskoeffizienten sind ca. 3-5 W/m^2 K, siehe bereits verlinkte Grundlagen von Wärme- und Stoffübertragung in Tabelle auf Seite 6.


    - Der Austrocknungseffekt entlang es Tubus ist bei dem Durchmesser zu Länge Verhältnis von üblichen Teleskoptuben vernachlässigbar gering. Den wahren Grund für das schnellere Beschlagen des Fangspiegels habe ich auf S. 3 bereits beschrieben.


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Nun ist es aber so dass beim Newton Haupt- und Fangspiegel in etwa den gleichen "Ausschnitt" kalten Himmel zum Abstrahlen sehen (der HS durch den Tubus aufwärts, der FS eben gespiegelt im HS).
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Dominik, du vernachlässigst die Rückseite des Fangspiegels, bzw. dessen Halterung + Spinne, die in großem Raumwinkel vorne am Tubus und hohem Emissionsgrad fröhlich in den Himmel strahlen, somit unter die Lufttemperatur abkühlen und ihrerseits den Fangspiegel runterkühlen. Das ist <b>DER</b> Grund, warum er relativ schnell zuraut.


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Dein Punkt 2.) stimmt rein theoretisch dennoch, ich würde halt aber nicht erwarten dass es viel bringt, zumal bei vielen Newtons die Rückseite des Fangspiegels auch keinen kalten Himmel zu sehen bekommt, sondern ja (zum guten Teil) an der Halterung anliegt.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Trotzdem kühlt der Fanngspiegel ab, da er im fast direktem Kontakt und Strahlungsauatausch mit der Halterung steht. Matallisch blanke oder Alu kaschierte Fangspiegelhalter würden schon die Abstrahlung vermindern, aber wer will schon solch reflektierendes Zeugs in direkter Sicht vom Okular haben. Dann lieber eine kleine Fangspiegelheizung und das Problem ist erledigt.


    p.s. (==&gt;) Thomas,
    interessant, dass der Skin Effekt auch auf Reflextion anwendbar ist.


    In schönes Experiment mit unserem Sternfreund und Giotto Programmierer Georg Dittié zu der Geschichte:
    Warum tauen Autoscheiben zu

  • Hi Stathis,


    ich schrieb ja oben auch schon dass Rettungsfolie sich schon "lohnt" dabeizuhaben, wegen des geringen Gewichtes und Packmaßes. Meine schöne Highloft-Fleecejacke erreicht aber eben ein Vielfaches an Kälteschutzwirkung. Das ist doch eigentlich auch ein simpel - Beleg dafür dass Konvektion wichtiger ist als Strahlung, oder? Denn Fleece schützt nicht gegen Abstrahlung, seine IR Emissivität muss ja sehr hoch sein, dafür aber gegen Konvektion. Bei der Folie ist es genau andersrum, und wie gesagt, die Schutzwirkung beider ist absolut gesehen drastisch unterschiedlich gut.
    Ob nun ~30° warmer DK im -30° kalten Hochgebirge steht, oder 20° warmer Spiegel auf -50° Himmel schaut, die Temperaturbereiche sind vergleichbar. Gut, man kann nun sagen den Idealfall absolut freier Konvektion hat man ja nicht, entweder sie wird durch Wind (bei DK aufm Berg), aber vielleicht auch durch den Lüfter (am Spiegel) gepushed. Und das gewaltig, siehe auf die Gabel mit dem heissen Essen pusten.


    Was den Fangspiegel angeht, ich sage ja auch nicht dass die Lufttrocknung die Hauptwirkung der Taukappe ist, aber da ist der Effekt völlig unvermeidlich, denn die Innenwand des Tubus/ der Taukappe wird regelmässig feucht, und dieses Wasser fehlt der Luft.


    Bezogen auf die Rückseite des Fangspiegels, das stimmt sicher dass die Halterung selbst strahlungskühlt und dann per Wärmeleitung (noch ein Effekt...) den FS kühlt. Dagegen könnte doch prinzipiell helfen (was z.B. bei Fertigdobsons oft so und so der Fall ist), den FS mit Silikon flächig an den Halter zu kleben (naja, andererseits, verstellbar muss er sein, und soll verspannungsfrei bleiben... [;)]).


    Viele Grüsse,
    DK

  • Hallo DK, noch wach?


    Deine schöne Highloft-Fleecejacke schüzt deshalb so viel besser vor Kälte, weil sie eine dicke Schicht aus schlecht wärmeleitendem Material um deinen körper legt --&gt; geringe Wärmeleitung... und da hätten wir den dritten Vorgang zur Wärmeübertragung. Die Wärmeleitung der dünnen Rettungsfolie wird um die 1.000 mal höher sein, brrrr.


    Die Konvektion (Wärmeströmung durch Stofftransport) unterbindet die Jacke nur dann effektiv, wenn sie zudem noch eine Windstopperfunktion hat. Das kann die Rettungsfolie aber genau so gut, da total winddicht.

  • Hi Stathis,


    kurz wach, ja. Also direkte Wärmeleitung spielt beim frierenden DK glaube ich kaum eine Rolle, Luft ist einer der schlechtesten Wärmeleiter überhaupt (~26 Milliwatt pro m und Kelvin, Wolle (speziell Fleece finde ich grade nicht) ist sogar Faktor 1,5 besser...). Wichtig finde ich aber wirklich die Frage ob die freie Konvektion überhaupt ein sinnvoller Maßstab ist. Wie gesagt, bei der heissen Lasagne auf der Gabel sieht man ja dass draufpusten (also nicht freie Konvektion, sondern Lüfter) das allereffektivste ist. Und auch im Gebirge ist der wind chill meist viel schlimmer als die Kälte an sich, da hast Du recht. Von daher ist die "dicke schlecht wärmeleitende Schicht" die der Fleece um mich legt ja eigentlich die Luft selbst, die er dann am wegkonvektieren hindert obwohl ich sie aufwärme. Wird aber der Wind zu stark dann wird (je nach Fleece, meiner ist unbesiegbar [;)] ) irgendwann diese Luftschicht doch weggeblasen ("erzwungene Konvektion"), und man kühlt effektiv aus.


    Viele Grüsse,
    DK

  • Hallo Stathis,
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Bei geringen Temperaturunterschieden hat die Wärmeabfuhr durch freie Konvektion und Abstrahlung unverspiegelter Flächen ähnliche Größenordnungen und beileibe nicht das Verhältnis 99:1<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    irgendwie habe ich da Schwierigkeiten: Nach deiner Rechnung kühlt die unverspiegelte Scheibe binnen 9Min von 15° auf 5°ab durch Emission.Extrapoliert würde das bedeuten, dass der Spiegel in weiteren 30 Min. auf -25° wäre. Das passiert aber nicht, weil er durch Konvektion umgekehrt wieder erwärmt wird bzw. immer nur wenige ° unter die Umgebungstemperatur sacken kann. Daraus folgt, dass die Konvektion oder von mir aus auch Wärmeleitung total die dominierende Kraft ist. Ich will mich dabei nicht auf 1:99 versteifen,aber in ähnlicher Grössenordnung sind sie nicht. Wenn dem so wäre, könnte die Umgebungsluft das weitere Absinken der Spiegeltemperatur unter die Umgebungstemperatur nicht verhindern. Du hättest immer Schlieren vor dem Spiegel beim Beobachten. Nur wenige Minuten, wenn die Spiegeltemperatur gerade der Umgebungsluft entspräche blieben für die Beobachtung, dann würde der Spiegel weiter absinken und erst völlig unterkühlt ins Gleichgewicht kommen.


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">- Rettungsfolie bringt sehr viel, dafür dass sie so dünn ist. Abgesehen vom Strahlungsschutz vermindert sie auch noch den Windchill (Konvektion). Das reicht natürlich trotzdem nicht, um einen 37°C warmen Körper längere Zeit gegen die kalte Umgebung ausreichend zu schützen.


    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">Sie bringt sehr wenig,auch keinen Windchill: Wickle dich ohne Kleider jetzt im Februar in eine Folie und ....gute Nacht. Im Schlafsack dagegen bleibt es wunderbar warm.Was zeigt, dass der Abstrahlungsschutz wenig nützt, weil die Abstrahlung klein ist im Verhältnis zum Wärmeverlust durch Wärmeleitung.


    Gruss Emil

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Emil Nietlispach</i>
    <br />Nach deiner Rechnung kühlt die unverspiegelte Scheibe binnen 9Min von 15° auf 5°ab durch Emission.Extrapoliert würde das bedeuten, dass der Spiegel in weiteren 30 Min. auf -25° wäre. Das passiert aber nicht, weil er durch Konvektion umgekehrt wieder erwärmt wird bzw. immer nur wenige ° unter die Umgebungstemperatur sacken kann. <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Hallo Emil,


    meine Rechnung gilt für dein oben aufgeführtes idealisiertes Beispiel "nackter Spiegel im Weltreaum schwebend" - nix mit Konvektion!
    Ich dachte, ich könnte durch expizites Ausrechnen dieses hypothetischen Falls zum Verständnis beitragen, diese Mühe war anscheinend erfolglos. Natürlich kühlt ein real existierender Spiegel nicht binnen weiterer 30 Minuten auf -25°C ab. Er wird ja von Luft umspühlt, von unten und den Seiten durch Boden und Teleskopteile angestrahlt und ist zum Himmel hin auch noch verspiegelt.

  • Hallo Thomas,
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"> Zitat:Naja, bis -50 Grad kommt er nicht, denn dann wird er von der Konvektion "geheizt".


    nicht ganz, viel mehr "Heizung" kommt durch die Kondensationswärme des Wassers zustande!
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote"> Ja wichtiger Punkt! Wenn der Spiegel "zu" ist, ist es vorbei.


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Noch ein Wort zur Schichtdicke, die eine reflektierende Schicht haben muß.
    Das kann man einfach mit der Formel für den Skin-Effekt abschätzen.
    Die Eindringtiefe für die Infrarotstrahlung (10µm) beträgt demnach etwa 20nm.
    Viel dicker muß die Schicht nicht sein!<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Danke! Dieses Puzzlesteinchen fehlte noch. Es gibt doch für alles eine Erklärung[:)]


    cs Kai

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