Flattner und atmosphärische Dispersion ?

  • Hallo Zusammen,


    eine Frage an die Astrophotografen: gibt es Erfahrungen aus der Verwendung eines Flattners bei der Aufnahme von Planeten, daß damit die getrennte Aufnahme im Roten und im Blauen sowie das nachfolgende Aufkopieren des blauen und des roten Bildes entfallen kann ? Anders gefragt: Korrigiert ein Flattner auch die atmosphärische Dispersion und wenn ja ist das dann unabhängig von der Höhe des Objektes über dem Horizont ?


    Ich frage deshalb, weil die publizerten Diagramme zur Wirkung von Flattnern auf der Achse und im Feld nahelegen, daß ein Flattner divergierende Wellenlängen mit unterschiedlichem Einfallswinkel in oder in die Größenordnung eines Beugungsscheibchens zusammenführt. Dies müsste dann ja auch mit der bereits aufgrund atmosphärischer Dispersion auftretenden Rot/Blau-Verschiebung des Bildes bei unterschiedlicher Höhe über dem Horizont funktionieren.


    Gibt es hierzu Erfahrungen ?


    Beste Grüße


    Dietmar

  • Hallo Dietmar,


    Das kann nicht funktionieren weil die atmosphärische Refraktion und die Bildfeldwölbung zwei vollkommen unterschiedliche Dinge sind.
    Der Flattener ebnet das Bildfeld eines Refraktors, korrigiert aber nicht den Farbfehler. Das Objektiv zeigt je nach Bauart einen starken oder fast keinen Farblängsfehler, hat aber auf jeden Fall eine gewölbte Bildebene. Deshalb sind die Sterne beim fotografieren am Rand unscharf, in der Mitte scharf. Einen Farbfehler der Optik könntest Du höchstens rausfiltern (Fringe Killer & Co.) oder durch ein spezielles optisches Element korrigieren (Chromakorr).


    Aber all das wirkt nur auf Bildfehler der Optik an sich. Die atmosphärische Refraktion ist ein "Farbfehler" der von vorne in die Optik hinein getragen wird und nicht von ihr verursacht wird. Der Farbverlauf ist auch nicht rotationssymmetrisch zur optischen Achse wie Farblängsfehler und Bildfeldwölbung, sondern linear in Verlauf Horizont-Zenit. Da kann ein Flattener überhaupt nichts ausrichten.
    Die Atmoshäre wirkt in erster Näherung wie ein Prisma. Um dieses Fehler zu korrigieren könntest Du höchstens ein gaaanz schwaches Prisma in den Strahlengang einfügen. Aber da die Refraktion auch noch wetterabhängig und elevationsabhängig ist und ihre Stärke obendrein nicht linear verläuft kannst Du das wohl ziemlich vergessen.


    Probiere mal die Funktion "Farblayer zurechtrücken" in Fitswork. Das macht auf jeden Fall weniger Aufwand... [;)]


    Bis dann:
    Marcus

    16" f/4 Dobson, 6" f/5 Dobson, C8, 60/360 Apo, 70/700 PST-Mod "Sunlux"


    Zeige mir einen Dobson und ich zeige Dir eine Baustelle

  • Hallo Marcus,


    Deine Erläuterung, daß die atmosphärische Refraktion nicht rotationssymetrisch sondern linear und senkrecht zum Horizont verläuft, ist natürlich völlig richtig und einleuchtend. Ich hatte gedacht, ein Flattner könnte genau diese Funktion des von Dir beschriebenen schwachen Prismas übernehmen, zumindest in den unteren 180 ° des Bildfeldes. Der Vorteil wäre - im Unterschied zu einem schwachen Keilprisma - daß man den Flattner nicht immer wieder neu parallel zum Horizont ausrichten muß. Ferner stünde durch die unterschiedlich starke Korrektur des Flattners vom Rand bis ins Zentrum eine übergangslose Bandbreite von Korrekturwinkeln zur Verfügung im Unterschied zum einfachen Keilprisma. Vielleicht bin ich da aber über die Funktionsweise eines Flattners nicht ganz richtig informiert. Wenn der Flattner sich ausschließlich auf die Bildfeldwölbung auswirkt, kann das nicht klappen.


    Beste Grüße


    Dietmar

  • Ach so, jetzt begreife ich. Ich war davon ausgegangen, dass Du die Wirkung der Refraktion im gesamten Bildfeld ausgleichen willst.


    Der Gedanke ist auf jeden Fall spannend, aber gerade ein Flattener ist ziemlich farbrein, weil er ja keinen zusätzlichen Farbfehler zufügen soll.
    Für Deine Idee wäre eine einfache chromatische Linse am besten geeignet. Z.B. ein Brillenglas geringer Stärke. Dazu müsstest Du eine Einrichtung haben mit der Du den Chip gezielt aus der Mitte des Strahlenganges heraus bekommst. Aber in dem Maße in dem Du damit den Farbfehler korrigierst handelst Du dir andere Bildfehler der Optik ein (Asti, Koma, Farbquerfehler, etc.) die noch schwerer zu beherrschen sind als die Refraktion.


    Ich bleibe lieber bei Fitswork und versuche den Jupiter im Süden zu erwischen, wenn er am höchsten steht.


    Marcus

    16" f/4 Dobson, 6" f/5 Dobson, C8, 60/360 Apo, 70/700 PST-Mod "Sunlux"


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  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Mettling</i><br />Um dieses Fehler zu korrigieren könntest Du höchstens ein gaaanz schwaches Prisma in den Strahlengang einfügen. Aber da die Refraktion auch noch wetterabhängig und elevationsabhängig ist und ihre Stärke obendrein nicht linear verläuft kannst Du das wohl ziemlich vergessen.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Das gibt's tatsächlich:


    http://www.astro-electronic.de/wedge.htm

  • Das ist ja unglaublich! [:0]
    Mich würde mal interessieren ob so etwas praktisch auch funktioniert (und den Preis und Aufwand wert ist...).


    Marcus

    16" f/4 Dobson, 6" f/5 Dobson, C8, 60/360 Apo, 70/700 PST-Mod "Sunlux"


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  • Hallo Marcus, hallo Torsten,


    tja, ... wenn Ihr diesen Preis seht und die Fummelei mit den beiden Verstellhebeln und noch die beiden Steckaufnahmen oben und unten, versteht Ihr, warum ich mich frage, ob das nicht auch mit einem Flattner zu machen ist. Wenn es denn gehen würde, würde man sich auf der Senkrechten in der unteren Hälfte des Bildfeldes den Grad an Korrektur aussuchen, der gerade passt und abdrücken. Den Vorteil einer solchen Technik sehe ich darin, daß


    - das Nachfokussieren beim Wechsel von Rot zu Blau entfällt
    - der Zeitversatz und damit eine Rotationsunschärfe aufgrund Filterwechsel und Nachfokussieren
    entfällt
    - die gesamte Bilderstrecke denselben Seeingverlauf aufweist


    und damit das gesamte Bildmaterial für die Nachbearbeitung besser, jedenfalls einheitlicher ausfallen dürfte. Aber wenn es nicht funktioniert, funktioniert es eben nicht.


    Beste Grüße


    Dietmar

  • Je länger ich über das Thema nachdenke, um so interessanter finde ich Deinen Ansatz.
    Wenn der Chip auf der optischen Achse bleibt, entfällt das Problem mit den zusätzlichen Bildfehlern. Du müsstest also eine Linse (keinen Flattener) in den Strahlengang bringen, die Du seitlich frei verschieben und dann sauber fixieren kannst. Dann könntest Du den Planeten auf dem Monitor beobachten und die Linse so lange verschieben bis die Refraktion optimal korrigiert ist und sie dann festsetzen.


    Wie eine solche Halterung aussehen könnte, fällt mir im Moment aber nicht ein. Und dann kommt noch dazu, dass ich bei meinem C8 mit der iCam die Refraktion immer erst beim fertig bearbeiteten Bild sehe. Am Monitor oder mit freiem Auge konnte ich sie bisher nicht eindeutig feststellen.


    Aber dennoch eine spannende Idee. Bleib dran.
    Marcus

    16" f/4 Dobson, 6" f/5 Dobson, C8, 60/360 Apo, 70/700 PST-Mod "Sunlux"


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  • Hallo Marcus,
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Mich würde mal interessieren ob so etwas praktisch auch funktioniert<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Ja, das funktioniert sogar bestens und gibt hervorragende Ergebnisse. Ob es das allerdings wert ist, um einen Planeten auch noch bei 10 Grad über Horizont aufnehmen zu können, muss jeder selbst entscheiden. Zudem ist zu beachten, dass Farbkanäle immer und mit jeder Aufnahmetechnik ausgerichtet werden müssen. Darum kommt niemand rum!


    Grüsse
    Jan

  • Hallo Jan,


    endlich einmal jemand mit praktischer Erfahrung auf diesem Gebiet. Nutzt Du Keilprismen mit festem Ablenkungswinkel oder tatsächlich zwei rotierbare Keilprismen ? Verwendest Du speziell das bei Koch angebotene Teil oder hast Du eine andere Lösung ?


    Beste Grüße


    Dietmar

  • Hi!


    ich habe den Korrektor von Koch in der 'älteren' Version und der funzt prima, auch/gerade visuell. Ich fand es erstaunlich was das bringt. Die Abbildung wird richtig deutlich (natürlich abhängig vom Seeing) und die Detailerkennbarkeit steigt sichtlich. Ganz horizontnah bringt der Korrektor aufgrund der Luftunruhe allerdings dann nicht mehr gar so viel [:D]


    Die aktuelle Version hat flachere Prismen und läßt sich daher wohl besser einstellen.
    Einen Haken muß man allerdings erwähnen und das ist der Weg, der zusätzlich benötigt wird. Mit meinem Newton komme ich nicht mehr in den Fokus, an meinen SCs funzt das allerdings prima. Man braucht etwa 5cm zusätzlichen Fokussierweg.


    Viele Grüße
    Andreas

  • Hi Dietmar,


    tut mir leid, ich habe keine eigene Erfahrung mit solchen Korrektoren. Sie werden jedoch in der professionellen Astronomie schon lange standardmässig eingesetzt. Bei Luminanzaufnahmen mit SW-CCD in Höhen bis etwa 30 Grad über Horizont wäre wohl ein Einsatz eines solchen Korrektors sogar für uns Amateure lohnenswert!


    Bei Planeten werden Korrektoren auch bereits erfolgreich verwendet. Die Ergebnisse gerade bei tiefem Stand werden viel besser. Kannst mal googeln mit 'athmosperic dispersion corrector jupiter' und wirst schon fündig ...


    Grüsse
    Jan

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