Stand Optimierung Beitrag 19.10.2019
Nachtrag 7, 8, 9, 10 : textliche Ergänzungen, optimierte Bilder, N11: Animation, N12: Optimierung bestes Bild, N13: Optimierung Bilder vom 30/31.07.2018 N14: neue .gif, Textergänzung bei Brennweiten, N15, N16, N17: Phobosdurchgang s/w; N18 optimierte Bilder und Farbanimation Phobosdurchgang, Textoptimierung; N19 optimierte Bilder; N21 Textergänzungen; N22 weiteres Farbbild vom 03.08.2018
Hallo Planetenfreunde,
wie schon im Beitrag zur Mondfinsternis von Torsten angekündigt, folgt hier nun die Marsrunde unserer "Echs"-kursion nach La Palma. Ziel für diese Marsopposition war, die maximale Auflösung aus der vorhandenen Ausrüstung herauszuholen, was uns auch an vier von 12 Tagen gelungen ist. Eigentlich hätte ich gerne eine umlaufende Karte von Mars erstellt, da ich zum nächsten ähnlich gutem Zeitpunkt zu betagt sein werde, um ein 14" Teleskop mit Montierung auf den Berg zu schleppen. Das war zeitlich nicht möglich. Zudem war Seeing nicht jeden Tag perfekt. In Praxis sind wir an den Valles Marineris hängengeblieben. In deren Nähe durften wir die Entwicklung eines Staubsturmes im Syria Planum beobachten. Das war das erste Mal, dass ich einen lokalen Sturm im Okular deutlich beobachten konnte - bei 600x und gutem seeing war der Sturm ein dominantes, helles Oberflächendetail. In den Videos waren dann nicht nur die großen Schildvulkane zu sehen, sondern auch etliche große und mittlere Krater. Auch ein Phobosdurchgang über die Planetenoberfläche konnte abgelichtet werden. Als ich vor 40 Jahren mit der Planetenbeobachtung angefangen habe, hätte ich solche Beobachtungen mit Amateurausrüstung nicht für möglich gehalten. Die moderne Technik macht das nun mit bezahlbarem eigenem oder mietbarem Equipment möglich. In diesem Beitrag möchte ich nicht nur schöne Bilder zeigen, sondern auch den Weg dazu aufzeichnen und mit eurer Hilfe optimieren. Dazu sind Kommentare zulässig und gewünscht: Wissen, das man für sich selbst behält, ist nutzlos!
Mit Torsten hatte ich einen erfahrenen Mitstreiter, der mich immer wieder motiviert hat, wenn mich die Müdigkeit eingeholt hat und ich nicht mehr wollte, und der mir zudem die Möglichkeit für Erholungspausen in der Nacht gegeben hat. Zudem hat er mit seinem künstlerisches Talent bei der Endpräsentation der fertigen Bilder entscheidend geholfen.
Am Ende unseres Besuches auf La Palma haben wir beide dann lieber die Haus-Echsen von Athos gefüttert als uns den zunehmend stürmischen Wind am Roque de los Muchachos um die Nasen blasen zu lassen. Unsere Sitzungen waren erfolgreich. Trotzdem würde ich das nächste Mal einiges besser machen wollen z.B. bei den Filtern. Es gibt immer etwas zum Verbessern!
Der Beitrag soll folgende Themen beleuchten:
1) Entscheidungsgrundlage: Warum La Palma?
- Wetter, Temperatur und Seeing auf La Palma am Roque de los Muchachos ist gut im Sommer und Frühherbst; die Nächte sind erheblich länger als bei uns wegen Äquatornähe
- leichte Erreichbarkeit La Palma mit Flieger, kein Umsteigen, Zusatzgepäck bezahlbar
- Unterkunft ATHOS Centro Astronómico S.L. wegen Teleskop-/Montierungsverleih, Treffpunkt mit anderen Astronomen und natürlich Kai (und seinen Gallotia galloti palmae, den endemischen Echsen)
- Stand Mars über Horizont >30° über mindestens 2 h (noch südlicher wäre das natürlich noch besser gewesen)
2) idealer Standort für Planetenbeobachtung auf La Palma
- Beobachtungsplatz am Mirador de los Andenes an der LP4 auf 2270 m hat bei uns am besten und an mehreren Tagen funktioniert. Es gibt vermutlich bessere, höhergelegene Plätze, die sind mit Auto nicht oder wenigstens nicht legal erreichbar (Gipfel Roque?). Wir waren hier begrenzt kreativ.
- einige gut erreichbare Plätze wie der Parkplatz des Besucherzentrums der Sternwarten an der LP4 haben sich nicht bewährt, obwohl auf den ersten Blick scheinbar gut geeignet. Für uns dabei unklar, ob das an den jeweiligen Tagesbedingungen, am warmen Asphalt dort, den vielen noch lange warmen Steinmauern oder an den lokalen Windbedingungen lag. Eventuell war das eine Kombination aus allem.
3) das ideale mobile Teleskop für Planetenbeobachtung auf La Palma
- 14" aufwärts darf es für Ehrgeizige auf La Palma / Roque de los Muchachos schon sein, solange Planeten >30° über Horizont stehen
- auf Athos ist der fix montierte 7" Starfire wohl das geeignetste Gerät; man sollte in jedem Fall auf den Roque hochfahren, wenn man das volle Potential von La Palma für Planetenbeobachtung nutzen will
- als Mietgerät für mobilen Einsatz am Gipfel ist das C11 die vorhandene Wahl bei Athos; die sonstigen größeren Geräte sind Leichtbau-Dobsons und wegen dem in Gipfelnähe herrschenden Wind wohl weniger geeignet
4) verwendete Okulare/Barlow/Filter/Webcam/Lapptop
- unsere Okulare: Kellner RKE 12,5mm von Edmund Scientific und alte Plössl 25/16/10,5mm von Clave und TeleVue mit Barlow (2x Clave oder 3x Televue)
- beste Aufnahmeergebnisse mit 3x Barlow Televue 5800 mm Brennweite mit ASI290MM ohne ADC bei 14" Öffnung (= f16; weniger war schlechter und ist dank Helligkeit Mars nicht nötig, noch mehr ist sinnlos und schlecht für ROI und Belichtungszeit, probiert wurde zwischen 3600 bis 6200 mm)
- Baader IR, R, G, B-Filter sind bezahlbar und gut; Baader-IR Passfilter liegt mit 685nm nicht zu tief im IR und erlaubt Belichtungszeiten 1/1000 sec bei f16; Baader-Blaufilter hat guten Lichtdurchlass
- wir hatten auch IR 745 und 805 von Astronomik dabei und probiert; diese bringen bei gutem seeing nichts (schlechtere theoretische Auflösung wegen längerer Wellenlänge, längere Belichtungszeit als mit Rotfilter, insbesondere bei IR 805)
- Rot-Bandfilter anstelle klassischer Mars-IR-Passfilter für minimale Belichzungszeit << 1/1000 sec und maximale Auflösung bei Mars (mit Grünfilter war leider zu wenig Detail zu sehen wegen Dunst auf Mars, Belichtungszeit im Grünkanal zudem länger)
- höchste Auflösung in der besten Nacht im Blaukanal (jedenfalls bei Saturn)! - bei Mars sind die blauen Details Eis und Wolken und damit schlecht vergleichbar mit den Rotkanalbildern; zudem ist notwendige Belichtungszeit im Blaukanal erheblich länger
- unsere Vorzugs-Webcam ist aktuell die ZWO ASI 290 MM - meiner Meinung nach die derzeit beste Lösung im Markt für Planeten (ausreichend lichtstark auch im Blauen, schnell mit USB3.0 bis zu 720 fps). Wir hatten zwei Stück dabei. Das ist ein weiterer Vorteil, wenn man zu zweit ist: Redundanz, falls was ausfällt oder Ärger macht
- wir haben auch mit der populären Farbwebcam ASI 224 MC probiert, mit der Torsten in der Vergangenheit tolle Bilder aufgenommen hat; Ergebnis war schlechter. Der Markt bei den Webcams ist dabei laufend in Bewegung, es kommen ständig bessere Webcams auf den Markt. Schwachpunkt ist derzeit der USB3.0 Anschluss, der Bildübertragungsrate begrenzt.
- Laptop: 3.0 USB, SSD und schnelle, gute Grafikkarte sollten sein. 1 TB fester Speicher sind für gute Bedingungen mindestens notwendig, besser mehr. Wir haben Laptop getauscht, wenn Platte voll mit Daten war. Mein aktueller Laptop ist ein 8 Jahre alter Lenovo ThinkPad Edge E330, der mit SSD, größerem Speicher und Grafikkarte aufgerüstet ist. Für Mars und wegen Böen großem ROI war mein Rechner 15% zu langsam. Da gibt es heute schnellere Rechner, die USB 3.0 voll nutzen können. Dafür ist der alte Rechner energiesparsam, so dass externe Stromversorgung nicht nötig war.
5) Okularauszug/Spiegelzellen/Kollimation/Fokussierung
- OAZ, wenn leistbar: Starlight Feather Touch mit Schrittmotor (ich durfte meinen nicht mitnehmen - ein Fehler, auch wenn der 25 Jahre alte JMI NGF1 2“ brav seinen Dienst verrichtet hat, da sich der Starlight automatisch einrichten läßt. Er fährt bei Filteranwahl in die richtige Position und man muss nur noch leicht korrigieren)
- gut justierbare Spiegelzellen sind ein Muss, im Handel eher selten; bei uns ein Eigenbau aus Stahl mit 27 Pkt-Zelle und 4 Wippen Laterallagerung - Stahl wegen E-Modul und Wärmeausdehnugskoeffizient (wurde im Teleskopbauforum lange diskutiert)
- eine perfekte Grundjustage, eine Neu-Justage vor jeder Sitzung und beim Umschlagen Teleskop ist als selbstverständlich zu betrachten, natürlich mit allem Ballast wie Filterrad etc.. Der OAZ "verbiegt" sich und den Tubus unvermeidlich. Hier war es sehr gut, dass wir zu zweit waren, dann geht Justage einfacher und man hat einen Kritiker, wenn man selbst schlampig wird
- Motorfokus ist sehr hilfreich und absolut anzuraten, eine Nachfokusierung für jeden einzelnen Film sinnvoll, wenigstens für jeden zweiten ein Muss; visuell liegt man häufig leicht anders als dann die Bildbearbeitung zeigt
6) Bildbearbeitung
- schwieriger als für diese guten Verhältnisse gedacht: Der Planetenrand ist meist bereits nach Stackung gestochen scharf. Scharfer Rand verträgt die für Oberflächendetails notwendige Schärfung schlecht.
- Sowohl mit decon als auch mit Giotto Mex Hat Filter lassen sich ähnlich gute Schärfungsergebnisse erzielen. Das Randartefact ist auch ähnlich.
- Einsatz von winjupos zur Derotation der Filme ist bei 14" Auflösung unvermeidlich
- bei unserem hohem gain läßt sich ab ca. 50.000 Bildern gutes, glattes Summenbild erzeugen; dazu benötigt man in Summe mindestens 3 Minuten Aufnahme
- Filmlänge von 60 sec ist für volle Auflösung mit 14" schon fast zu lang, 30 sec sind sinnvoller für gute Derotation
7) Ergebnisse (Bilder)
zu 1)
Unterkunft Athos
Kai war unser liebenswerter Gastgeber. Die eigentlichen Hausherren auf Athos, die endemischen Echsen (Gallotia galloti palmae) wollen gefüttert werden, damit der Wettergott ein Einsehen hat
Probeaufbau des Teleskopes in der ersten La Palma Nacht auf EQ8 Leihmontierung auf einer der Athos Plattformen;
unten auf der Straße ist unser Leihwagen zu sehen, ein Renault Captur (mußte wegen des Namens sein, war aber die größte Fehlentscheidung - Turbobenziner ist drehmomentschwach und durstig)
zu 3)
das Teleskop als Ergebnis von Resteverwertung und Schlachtfest aus mehreren Projekten, Komponenten zum Teil 25 Jahre alt, hat sich erstaunlich gut bewährt
verwendeter Hauptspiegel aus 2014 (Schott Suprax, 38 mm stark) trotz aller Unkenrufe von Orion Optics Uk (OO) - landet vorerst nicht im Altglas
zu 7)
Vorgeschmack vom ersten reinen Planetentag am Berg:
Mars 29.07.2018 UT 00:36,4 mit neu entstehendem Staubsturm
Newton 348/1600 f4.6 verlängert mit 3x Barlow auf 6200 mm
ASI290MM USB3.0
RGB Filter Baader
AutoStakkert 3, Fitswork, Giotto, Fitswork, Photoshop
R(50%)-RGB aus 4 Filmen a 1 min
Beitrag hat noch Luft nach oben....[;)].
N14:
So waren die Verhältnisse in R, G, B zwischen 0:00 bis 1:15 UT:
N5: Optimierung Bild oben
Mars 29.07.2018 UT 00:35 L(R)-RGB
Luft nach oben wird langsam dünn für den 29.07.2018, Steigerung ist noch möglich, aber nicht einfach, deshalb weiter mit anderem Tag...
N18: Ergänzung Ergebnisse von Planetentag zwei und drei
Mars 30.07.2018 UT 02:07 (Maximum Sturm im Syria Planum)
Mars 31.07.2018 UT 00:40
Vierter Planetentag am 01/02. August mit sehr guten Bedingungen für Mars:
Der Aufnahmezeitraum von 01:07 bis 02:00 hat das höchste Potential für bestes Mars-Bild. Sehr gute Filme können über fast 60 min addiert werden.
N14: Animation: Verhältnisse am 02.08.2018 waren nochmal besser als am 26/27.07.2018
Mars 02.08.2018 UT 01:07 bis 01:56
R, G, B Filme hintereinander gereiht, Bilder in Originalgröße und Belichtung, Orientierung wie aufgenommen.
N18
Mars 02.08.2018 UT 01:20 L(RRB)-RGB aus über 200.000 Einzelbildern, decon/wavlet-Schärfung, Endbearbeitung Fitswork
N19: späteres R-RGB aus selber Serie
Mars 02.08.2018 UT 01:34 R-RGB aus 130.000 Einzelbildern von 3 R-Filmen (40% Verwendung), giotto-Schärfung, Endbearbeitung Fitswork
N18: Phobos und Schattendurchgang als RRGB
Mars mit Phobos und Schatten auf der Planetenscheibe unterhalb Mitte 02.07.2018 Animation UT 01:30:10 und UT 01:30:40
weitere Phobos-Animationen und Erklärung dazu im Beitrag auf Seite 6
Aus dem Aufnahmezeitraum weitere Details herauszukitzeln, ist möglich, braucht aber deutlich mehr Aufwand und Zeit.
N22 Farbbild vom letzten brauchbaren Tag:
Mars 03.08.2018 UT 23:34 RRGB
Newton 348/1600 f4.6 verlängert mit 3x Barlow auf 6000 mm
deutlich schlechteres Seeing als an den vorigen Tagen
N7:
Sturmentwicklung im Syria Planum:
- 2018/07/29 UT00:36 (N7)
- 2018/07/30 UT02:11 (N13)
- 2018/07/31 UT00:37 (N13)
- 2018/08/02 UT2:54 (N7)
Farbbilder siehe Beitrag Seite 5 (N13) und 6 (N18).
"Bilder werden ständig durch bessere ersetzt, sobald verfügbar."
Wenigstens ich war überrascht, was sich noch alles an Info heben ließ. Aus zwei guten Beobachtungstagen wurden letztendlich vier. Der Phobosdurchgang wäre uns vermutlich gar nicht aufgefallen ohne die Präsentationen im Forum. Bei den Farbfiltern und zur Aufnahmetechnik kamen viele interessante Anregungen. Beitrag hat sich für mich gelohnt. Herzlichen Dank an alle Beteiligten!
LG
Robert