Moin!
Auch wenn die Planetensaison bald vorbei ist, so habe ich mir doch noch ein neues Okular für Hochvergrößerung gegönnt. Nach einer ziemlich doofen Woche in der Arbeit lag also am Freitagnachmittag (2. August 2019) ein Päckchen zuhause, große Freude! Aber draußen waren Wolken, viele Wolken, also wohl nix mit Ausprobieren. Und so lief ich alle Viertelstunde auf den Balkon - Wolken. Etwas später dann doch eine Wolkenlücke.
Also gegen 22 Uhr schnell den fertig aufgebauten kleinen TS Apo Photoline 72 mm f/6 (f = 432 mm, mit dem Delite 4 mm also V = 108, AP = 0,7 mm) an seiner Selbstbaueinarmgabel auf dem Fotostativ auf den Südbalkon gestellt (Aufbaudauer etwa 20 Sekunden...) und Planeten geguckt, über die Nachbarhausdächer hinweg, durch die Wolkenlücke hindurch. Das Seeing war erstaunlicherweise eher langsam wabernd und gar nicht mal so übel. Die Größe der Wolkenlücke hat sogar dazu gereicht, auch noch einen Hocker rauszuräumen.
Das Okular (hier mein allererster kurzer Eindruck)
ist hübsch. Erstaunlich groß und erstaunlich schwer und wertig, habe ich von Produktfotos her so nicht erwartet. Gestempelt mit "JAPAN". Standard-M 28,5-1,25"-Filter lassen sich ordentlich einschrauben, TV kann es ja doch.
Einblickverhalten auch mit Brille völlig unproblematisch und bequem, hat was von "Sofa". Bei auf die zurückgeklappte Augenmuschel aufgelegten Brillengläsern knirscht nichts und das ganze GF ist bequem zu überblicken. Bei leichtem Abstand (damit das Teleskop nicht wackelt) geht es auch gerade noch so. Augenabstand ziemlich unkritisch, bei zu großem Abstand läßt sich das GF eben nur nicht mehr komplett überblicken. Keine Blackouts oder so bemerkt. Jupiter direkt außerhalb des GF ergibt einen leichten Schein am GF-Rand, der natürlich aber auch von Dunst oder so herrühren kann. Irgendwelche Reflexe fielen mir nicht auf. Das mit 62° angegebene GF ist am nicht nachgeführten 3" zwar nicht übermäßig luxuriös, aber doch sehr bequem. Das Okular scheint mit der kurzen Brennweite und der Bildfeldwölbung gut zurechtzukommen, ein Nachlassen der Bildschärfe bis Bildmitte bis etwa 60% des GF konnte ich nicht feststellen. Weiter am GF-Rand habe ich bisher nicht ernsthaft beobachtet. Schärfe und Kontrast und Streulichtarmut machen einen äußerst leckeren Eindruck.
Für ein paar Sekunden (!) zum aus-Neugier-ganz-schnell-Vergleich (und nicht zum Okulartest!) das Morpheus 4,5 eingestöpselt - keine ins Auge springenden, heftig auffälligen Unterschiede bemerkt. Wirklich besser oder schlechter kann es das Morpheus aber wohl auch nicht, ist zudem ja auch alles etwas kleiner abgebildet. Daher Vorsicht vor vorschnellen Urteilen.
Jupiter
gerade noch über dem Dachfirst des Nachbarhauses zu sehen. Cremefarben mit ziemlich dunklen, nahezu umbrafarbenen Wolkenbändern.
NEB breit und verwaschen, wuschelig-ausgefranst, mit zwei großen, etwa gleichgroßen, noch dunkleren Knoten/Tupfen eher an äquatornaher Seite des NEB.
SEB etwas heller, ziemlich scharf, von "erscheinender Seite" her deutlich nur etwa halb herumreichend, blickweise als doppeltes Wolkenband erscheidend.
Südlich davon immer wieder blickweise ein schwächeres, sehr schmales scharfes Band, wahrscheinlich ganz herumreichend.
Vier Monde als feine Pünktchen, aber ohne auffällige Beugungsringe.
Die Bildhelligkeit erlaubt sogar noch den sinnvollen Einsatz eines Blaufilters (#80A), der aber diesmal keine besonderen weiteren Erkenntnisse erbringt, dafür aber einen Streulichthof um Jupiter herum.
Saturn
Fernrohr ein paar Meter weitergerückt und durch die Häuserlücke beguckt. Hübsch goldgelb mit leicht senffarbig-schmutzigem Einschlag. Ein Nachbar-Lichtpünktchen (Titan(?), könnte lt. Cartes du Ciel passen) mit im GF.
Cassini-Teilung als sehr viel dunklere Zone im Ring etwas unscharf, aber deutlich zu erkennen, aber eben nicht knackig scharf von den Ringen abgegrenzt. A-Ring etwas dunkler, B-Ring erschien etwas heller, besonders an der Innenseite. Schatten der Planetenkugel auf den Ringen zu erahnen.
Planetenkugel im Süden heller, im Norden dunkler-schmutziger, manchmal etwas nördlich des Äquators ein noch einen Hauch dunkleres, fast olivfarbiges Band blickweise erahnbar, das die dunklere Nordhalbkugel gegen die hellere Südhalbkugel recht deutlich und recht scharf abgrenzt.
Dann gab's wieder Wolken zu begucken. Aber immerhin gut 20 Minuten beobachtende Astronomie. Ich mag den Kleinen. Und auch das Okular, schon jetzt.
Viele Grüße von
Marcus