Ein merkwürdiger Seeingeffekt - oder doch nicht ?

  • Hallo Leute,
    mir ist jetzt zum zweiten Mal ein Phänomen begegnet, das ich noch nicht kannte.
    Bei Aufnahmen im Orion erschienen die Sterne des Trapez leicht länglich, und zwar alle in derselben Richtung. Da denkt man natürlich an ein Problem mit der Optik, nachdem mit der Scharfeinstellung nichts zu ändern ist.
    Die Auflösung des Rätsels zeigte sich mit immer weiterer Verkürzung der Belichtungszeit. Im Bereich weniger Millisekunden konnte ich die Sterne im Livebild kollektiv in gleicher Ausrichtung schwingen sehen.
    Hier ein animiertes GIF davon:


    Es sind 40 Einzelbilder (aus einem avi), je 8 ms belichtet, mit 8 Bildern /s (jedenfalls so in pipp eingestellt). Die Sequenz dauert also 5 Sekunden im GIF und 0,32 Sekunden real. Es ist damit eine Zeitlupe mit dem Faktor 15,6.
    Hat jemand schon mal ähnliches beobachtet ?
    Gruss Lars

  • Das kann passieren. Haengt alles von der Groesse der Turbulenzzellen und der Translationsgeschwindigkeit ab. Ein Luftpaket kann einen temporaeren Astigmatismus erzeugen. Bei kleineren Oeffnungen nimmt die Ordnung der erzeugten Bildfehler ab, und Du bekommst mehr Aberrationen, die man auch bei der Dejustage findet - wie zum Beispiel Astigmatismus. Je groesser die Optik oder je kleiner die Luftpakete, desto mehr wird das Bild eines Einzelsterns in "Speckles" aufgespalten, die den Stern als wabernden Sternhaufen erscheinen lassen.


    Eine andere Moeglichkeit ist Tubusseing. Das ist auch eine relativ langsame Anderung der Deformationen, verglichen mit durchschnittlicher Turbulenz.

  • Hallo Lars,
    zum direkten Phänomen kann ich nichts sage, aber daß das Seeing plötzliche Sprünge macht, hab ich grade gestern abend erlebt. Bei dem superklaren, windstillen Abend, beobachtete ich Merkur mit deutlicher Refraktion. Aber zwischenzeitlich (ca.3 min), verschwanden die Rot-Blausäume und Merkurs Sichel war in 10 Grad Höhe wieder sehr klar und eindrucksvoll zu sehen bei etwa 200 fach.


    Gruß Armin

  • So gleichmäßig hin und her? und dann auch noch genau in der R.A. Achse?
    Das ist für mich kein Seeing, sondern ziemlich eindeutig eine harmonische Schwingung in R.A. Entweder schwingt die Montierung von selbst, oder sie wird durch den Regelkreis der Nachführung zu solchen Schwingungen angeregt.


    Das Seeing hingegen ist dieser regelmäßigen Schwingung überlagert und erzeugt die unregelmäßig teils astigmatisch verzerrten Sternbilder.

  • In einem Büchlein <i>Planetenphotographie</i> von <i>Hugh J. Gramatzki</i> habe ich vor ca. 60 Jahren mal gelesen, wie bei seinen Versuchen die <i>Wechselstromfrequenz</i> die Nachführung zu leichten Schwingungen angeregt bzw. das gesamte Instrument aufgeladen hat. Lösung war dann bessere Erdung des Ganzen.
    Wahrscheinlich blamiere ich mich nun gründlich, weil die heutige Technik ganz anders funktioniert.
    Bitte verzeiht einem rein visuellem Gucker, wenn obiges Geschwätz wertlos ist


    es grüßt Lutz

  • Könnten es Resonanzschwingungen mit ca. 3,1 Hz sein? Motor? Wind? Dafür muss ja einiges zusammenpassen, und daher evtl so selten.


    Gruß,
    Manfred

  • Hallo, erstmal danke an alle für die Rückmeldungen.
    Das mit der Schwingung der Montierung ist wohl die Lösung. Der Refraktor sitzt auf einer GOERZ-Montierung mit einem Synchronantrieb von Zeiss.
    Der Effekt hat sich jetzt bei der Kälte gezeigt und ist nach einer Weile verschwunden. Wahrscheinlich läuft der Antrieb anfänglich mit einem größeren Reibungswiderstand und es entstehen diese Schwingungen. Wenn er warmgelaufen ist wird alles leichtgängiger. In dem GIF zähle ich 8 Schwingungen, und weil das GIF (8 ms x 40 =) 320 ms wiedergibt, sind es (1.000 / 320 x 8 =) 25 Schwingungen in einer realen Sekunde, also die Hälfte der Netzfrequenz.
    Interessant ist eigentlich die Richtung der Schwingung. Im Bild ist Norden links. Die Auslenkung findet schräg zur Ost-West-Richtung statt, mehr in Richtung SO-NW. Das ist annähernd parallel zum Horizont (Orion schon im Südwesten) und passt damit zusammen, daß die rotierenden Teile im Antrieb mit senkrecht stehenden Achsen verbaut sind.
    Armin, habt ihr nicht in Rostock auch so einen Antrieb am Coude ?
    Gruß Lars

  • Hallo Lars,
    ja unser Antrieb könnte der gleiche sein. Da der Coudé aber nur visuell genutzt wird, gibts keinerlei Erfahrungsberichte hinsichtlich eventueller Schwankungen im Antrieb.


    Viele Grüße
    Armin

  • Hallo Lars,


    da lag ich, ähnlich wie Stathis, mit Resonanzen ja nicht so ganz falsch.


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Die Sequenz dauert also 5 Sekunden im GIF und 0,32 Sekunden real.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    "Sequenz" hatte ich mit "Schwingungsdauer" assoziiert, deshalb die falsche Frequenz. Hauptsache aber, du kommst der Ursache für diese Mikroamplituden näher.


    Grüße,
    Manfred

  • Hallo Manfred,
    die Ursache hätte ich nie am Gerät gesucht. Wie am Hinweis von Lutz zu sehen ist, sind die Erkenntnisse zu den Synchronantrieben etwas verschüttet. Kein Wunder bei einer aussterbenden Art ;) Sicher war dort Dämpfung als Lösung gemeint. Das wird wohl kaum machbar sein. Bei einer Amplitude von 4 Bogensekunden entsteht eine Amplitude von nur 0,0155 mm in 80 cm Abstand vom Drehpunkt. Einfacher ist abwarten bis der Antrieb aufgewärmt ist, es kommt ja nur bei starkem Frost vor.
    Danke nochmal an alle und Grüße
    Lars

  • Hallo Kurt,
    das war der AOM 160/1600 (Astro Optik Manufaktur / Astrotheke / Ralf Mündlein, Projekt Doublet-Apo) mit Reducer 0,75 (f 1200) und Kamera ASI290mm (Luminanzfilter).


    österliche Grüße
    Lars

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