Ich sitze gemütlich im Bus. Auf einmal driftet der Bus von seiner Spur ab, hebt ab und überschlägt sich dabei in wilden Richtungen, jedoch noch ohne den Boden zu berühren. Der Boden naht - ich sehe mich von außen, wie ich an die Kante des Unterbodens vom Bus trete, um ihm einen entgegengesetzten Spin zu geben und die Rotation zu beruhigen. Ich trete ein zweites Mal gezielt gegen den Bus, sodass er sich kurz vor dem Aufprall auf dem Boden aufrichtet. Der Bus kommt schadlos zur Landung.
3.05 Uhr - ich wache auf, der Wecker klingelt. Superman torkelt zum Balkon und flucht vor sich hin: "WAS ein Scheisshobby, WAS ein Scheiiisshobby!" Der Blick vom Balkon zum Himmel wird mit dem Kommentar - „Scheisse, es ist wirklich richtig klar!“ bedacht.
Ja das böse Sch-Wort… aber das ist O-Ton Leute, was soll ich machen.
Superman macht sich erstmal einen Instantkaffee.
Ich hatte vor, die angesagten klaren Morgenstunden zu nutzen. Schon gegen 2 Uhr wurde ich kurz wach, hab aus dem Fenster geblinzelt und Sterne festgestellt, blieb aber aus Vernunft liegen und schlief nochmal ein.
Vor dem Aufbruch schaute ich noch schnell, wo Caroline´s Haystack liegt, den wollte ich unbedingt ansteuern. Skysafari manövriert mich irgendwo bei ca. 4h Rektaszension und 20 Grad Deklination hin, mitten ins nirgendwo. Ganz woanders! Mist. Was für ein Bock im Programm. Also doch wieder den klassischen Atlas (ISDA) hergenommen und in den Rucksack gestopft.
Gegen 3.45 Uhr schwing ich mich auf´s Radl, mit dem 72 mm Apo aufm Rücken. 10 Minuten später bin ich an meinem Beobachtungsplatz, einem schönen Waldrand mit Aussichtsbänkchen. 5 Minuten später ist aufgebaut. Die Glocke schlägt: jetzt geht’s los. Geplant war zuallererst also „Caroline´s Haystack“, ein reicher offener Sternhaufen, mit aber recht schwachen Mitgliedern. Im 12“er ein wirklich wunderschönes Objekt. Nun mal im kleinen Refraktor. Ich trug das Teleskop kurz ein paar Meter weiter, um dem abschirmenden Waldrand zu entkommen, der Haufen war schon deutlich am Absinken. Im 17er ES LER schon gut zu sehen, aber nur als verwaschenes Fleckchen. Mit dem 8mm Okular wird der Haufen deutlicher und ist bei Abschirmung jeglichen Lichts um das Okular ein netter Anblick, mit noch genug Sehfeld drumrum und glitzernden schwachen Sternchen.
In Gemini wollte ich mal schaun, ob der Medusanebel (Abell 21) im kleinen Refraktor geht. Mit dem OIII und im 17mm Okular (25fach) war an der richtigen Stelle ein deutliches aber schwaches Fleckchen zu sehen, ohne deutliche Form. Mehr Vergrößerung hab ich mir gespart. Ich versprach mir von dem nahen offenen Sternhaufen eine nette Objekt-Kombination, war aber nicht der Hit, der Haufen war eher locker und nicht markant.
OIII drin bedeutete, gleich mal zu IC443 in Gemini schwenken, den ich letztens mit Stefan im 12er drin hatte. Im 72mm Röhrchen nix zu sehen - weder ohne noch mit Filter.
Wollte schon gerade den Filter rausmachen, aber da lauerte ja noch irgendwo der Rosettennebel… also Okular wieder rein, und einmal auf gut Glück quergeschwenkt, schon war er da … auch mal schön, wenn das so klappt. Kenne ich deutlicher vom Berg, aber auch so netter Anblick mit dem zaghaften Nebel um den Sternhaufen. Die Bilder zeigen auch ein paar Zirren, ggf. haben die auch mitgewirkt an der Schwächung. Aber auch ohne Filter war schwach ein Nebelhauch zu erkennen.
Kaum war der Filter draußen, gings erstmal zu den bekannten Highlights, um eine Stunde noch gscheit was zu sehen - der Doppelhaufen im Perseus ist im Winter immer ein Muss in dem Gerät, auch wenn sich das Objekt langsam den Baumwipfeln zuneigt.
Es ist recht windig aus Ost, die Blätter der großen Buche hinter mir rauschen. Obwohl ich nur noch ca. eine halbe Stunde verweilen würde, zog ich mir nochmal einen Fleecepulli drunter und Handschuhe an.
M 41 musste ebenso herhalten wie M35, am allerschönsten aber war das Sternhaufenduo in Puppis. Der lockere Haufenmit den funkelnden hellen Mitgliedern im Kontrast zu dem schwachen großflächigen dichten Gefunkel des Partners. Passen traumhaft bei 25fach ins Sehfeld zusammen. Den PN habe ich nicht gesehen, normal bei sehr guten Bedingungen schon in dem kleinen 72er gut zu sehen, schon beim Drüberschwenken, diesmal nicht. Der Orionnebel zeigt auch im 72er überraschende Details, wenn man richtig vergrößert, das Zentrum zeigt trotz der geringen Öffnung einiges an Struktur.
GONGGG.. Gonggg… gonggg… 5.30 Uhr halt es atmosphärisch über die Landschaft….
Das Zodiakallicht rennt der Lichtglocke von München davon, ich halte diese Flucht noch schnell fest.
In weniger als 10 min ist wieder alles verstaut und ich schwinge mich zurück nach Hause. Meine Füße sind kalt. Noch in langen Wolluntersachen hops ich kurz nach 6 Uhr nochmal ins Bett und mummel mich für eine halbe Stunde nochmal ein. „KikerikräÜäÜä!“ dringts von draußen herein. Mir wird endlich wieder warm und ich schließe noch etwas die Augen. WAS ist das gemütlich.
WAS für ein schönes Hobby.
Um 7 Uhr geht’s ab zur Arbeit. München bietet noch einmal einen tollen Herbsttag, selbst der dichte Berufsverkehr konnte mir den nach diesem Morgen nicht trüben.
CS!
Norman