Fokusdrift mit Bi-Metall-Konstruktion kompensieren

  • Hallo Astro-Freunde,
    vermutlich geht es vielen Hobby-Astrofotografen so wie mir. Nach vielen kleinen Schritten in das Thema Astrofotografie, mit Erfolgen, aber auch Misserfolgen, ist man an einem Punkt angekommen an dem …
    a) Die Optik gut zur Kamera passt,
    b) Probleme mit Taubildung beherrschbar sind,
    c) Die Montierung genau das macht, was man möchte,
    d) Das Autoguiding perfekt funktioniert,
    e) Die Bildkalibrierung verstanden ist.
    Nun denkt man sich: Geschafft. Endlich steht dem stundenlangen Belichten nichts mehr im Wege.
    Pappenstiel: Da lässt man das Setup mal drei Stunden unbeaufsichtigt belichten und stellt dann fest, dass nach ca. 60 Minuten der temperaturbedingte Fokusdrift sichtbar wird.
    Wieder nix mit Plug&Play!
    Frage: Gibt es Versuchte, dem Fokusdrift rein mechanisch auszugleichen. Ich denke da an eine Konstruktion auf Basis eines Bi-Metalls.
    Hintergrund: Den Okularauszug mit einem elektronisch geregelten Fokusmotor auszustatten, ist zwar der gängige Weg, bringt aber wieder viele kleine „Problemchen“ mit sich.
    Beispiel: der Okularauszug an meinem TS-APO65Q wackelt wie ein „Kuhschwanz“, wenn die ihn nicht feststelle. Damit ein Motorfokuser Regeln könnte, müsste ich aber die Feststellschraube geöffnet lassen.
    Viele Grüße
    Martin

  • Hallo Martin,


    zum Thema Bimetall kann ich dir leider nicht weiterhelfen. Die klassische Antwort mit Motor am Fokussierer hast du dir ja bereits selbst gegeben. Ich selbst habe das Thema bei meinen Spieglern mit der richtigen Kombi aus Carbontubus und Spiegelmaterial aus Pyrex bzw. Quartz in den Griff bekommen (dazu gibts hier auch einen allgemeinen aktuellen Thread zu).


    Gegenfrage zum kleinen TS APO, den ich ebenfalls habe: Auch dieser ist bei mir fokusstabil und der OAZ wackelt auch mit CCD und Filterrad dran kein bisschen... Du scheinst da komplett andere Erfahrungen gemacht zu haben?!

  • Hallo Martin,


    dann hat der Auszug 'n Hau ?


    Was soll das Bimetall machen? Den Auszug mit Kamera millimetergenau ausgleichen? Keine Chance wäre meine Einschätzung. Invar wäre da eine Waffe, wie bei vielen Schmidt-kameras früher. Aber ein wie fällt mir da auch nicht ein.


    Jörg

  • Hallo


    Theoretisch könntest du den Tubus aus Stahl machen, am besten Edelstahlmit geringer Ausdehnung und innerhal mit einen kurzen Tubus aus Alu wieder zur Spiegelreflexkamera zurück.
    Aber das Gewicht und die Baulänge machen dem.sicher schnell ein Ende. Ein 150/750 wird so vielleicht 1m lang? Berechnet habe ich das noch nicht.


    Gruß Frank

  • Hallo Martin,


    Wenn der OAZ wackelt wie ein Kuhschwanz ist er entweder schlecht eingestellt, die Kamera zu schwer oder er ist defekt. Da solltest Du zuerst ansetzen.


    Zur Temperaturkompensation mittels Bimetall: das wäre sicherlich möglich. Denkbar wäre eine Kompensation mittels Bimetallrohren nach Art des Riefler-Kompensationspendels (s. Wikipedia). Das wäre aber extrem aufwendig, weil dazu eine komplett neu konstruierte Objektivzelle angefertigt werden müsste. Das erste wäre der Austausch des Tubus durch ein Material mit möglichst niediger Temperaturausdehnung. Keine Ahnung was ein Invarrohr kosten würde, Carbon wäre da vermutlich die günstigere und hinreichende Alternative. Dann muss man eine Materialpaarung finden, die die effektive Länge der Zelle um das gleiche Maß verlängert, das sich der Tubus bei gegebener Temperatursenkung verkürzt. Dafür müssten wie beim Rieflerpendel drei Rohre aus verschiedenen Materialien ineinander gestapelt werden. Bei diesem liegen sie aber einfach aufeinander und halten durch die Schwerkraft und die Masse der Pendellinse zusammen. Bei einem Teleskoptubus müssen sie mechanisch stabil, justierbar und vor allem justierstabil verbunden werden.
    Das ist alles nicht halb so einfach wie es sich anhört und erfordert eine Menge Gehirnschmalz und baulichen Aufwand. Da stellt sich die Frage, ob ein stabiler OAZ mit motorischer Autofokussierung nicht die deutlich einfachere Lösung ist.


    Im übrigen gilt die alte Regel: Astrofotografie geht ins Geld und kostet Nerven. Also fang schon mal an auf einen Feathertouch zu sparen. [;)]


    Bis dann:
    Marcus

    16" f/4 Dobson, 6" f/5 Dobson, C8, 60/360 Apo, 70/700 PST-Mod "Sunlux"


    Zeige mir einen Dobson und ich zeige Dir eine Baustelle

  • Hallo Martin,


    sicherlich eine interessante Idee - aber...


    Um eine einfache Lösung zu bauen, brauchst Du ein Material mit negativem Temperatur-Ausdehnungs-Koeffizienten. Daraus kannst Du dann das Auszugsrohr bauen.


    Alle anderen Lösungen werden auch nicht bei geklemmten Auszug funktionieren [:D]


    Außerdem erinnert mich das unmittelbar an die Geschichte der mechanischen Uhrwerke. Da hat man auch irgendwann mit Bimetal-Unruhn angefangen. Dann kamen noch ein paar Schräubchen, um die Unwucht zu kompensieren und zum Schluss noch ein Tourbillon, um noch mehr Unwucht zu kompensieren.


    Für Mechanik-Begeisterte immer noch das absolute Non-plus-ultra, aber trotzdem schon seit langem ganz einfach durch bessere Werkstoffe abgelöst. In diesem Fall würde ich einen Stepper + Temperaturfühler + Arduino vorziehen...


    Gruß
    Klaus

  • Hallo Martin,


    nachdem man im Web von Deinem Problem mit dem TS so gut wie nix findet denke ich dass Dein OAZ entweder total verstellt ist oder definitiv defekt. Je länger das Rohr um so mehr macht sich die Temperatur durch Ausdehnung des Tubus bemerkbar, das wäre wenn es ein systematischer Fehler der doch eher sehr komparkten Geräte wäre schon längst durch die Foren gezogen da so nicht erwartbar.


    Ich weiß natürlich nicht wo und in welchem Zustand Du an Deinen APO gekommen bist, das wäre aber auf jeden Fall ein Grund einer telefonischen Konsultation mit dem Verkäufer! "Wackelt wie ein Kuhschwanz" ist keine Spezifikation, die an einem Teleskop akzeptabel ist, da muss was ganz grundsätzlich faul sein.


    Wie viele schon schrieben, die gegebene Lösung für eine Optimierung wäre ein motorisierter Fokus, aber das nutzt alles nix wenn die Mechanik des OAZ nicht richtig funktioniert. Dann würde auch eine rein mech. Lösung nicht helfen, ungeachtet des Aufwands so etwas zu entwickeln und zu bauen.


    CS
    Jörg

  • Hallo Frank,
    das Thema „Carbontubus“ in Kombination mit dem richtigen Spiegelmaterial kann tatsächlich beim „Newton“ eine sinnvolle Alternative zum aktiven Nachfokusieren sein.


    Zu Deiner Gegenfrage: Ich habe gestern Abend mal die Fokusierwelle am TS APO abgeschraubt. Darunter kommen zwei Gewindestifte mit Innensechskant zum Vorschein. Diese habe ich nun mal vorsichtig etwas nachgestellt. Tatsächlich wackelt der OAZ nun nicht mehr merklich.


    ----------------


    Hallo Jörg,
    den Werkstoff Invar hatte ich tatsächlich nicht auf dem Schirm. Danke für diese Hinweis. Habe mich gerade mal im Netz schlau gemacht. Invar ist sogar oftmals das Partnermetall bei Bi-Metallen.


    ------------------


    Hallo FrankH,
    ja, in der Theorie wäre eine solche Konstruktion denkbar. Eben aber auch wieder mit vielen Nachteilen behaftet.


    -----------------


    Hallo Marcus,
    ja, der OAZ war tatsächlich nicht mehr korrekt „vorgespannt“. Dieses Problem konnte ich zumindest augenscheinlich lösen. Ich bin auf den ersten Einsatz am Nachhimmel gespannt, wie der OAZ beim Fokusieren reagiert und ob dich die Feststellschraube gelöst lassen kann, beim Belichten.
    Das Kompensationspendel hat mich tatsächlich erst auf die Idee der rein mechanischen Temperaturkompensation gebracht. Aber Du hast natürlich recht: Der Aufwand steht in keinem Verhältnis zu elektronischen Lösung.


    ----------


    Hallo Klaus,
    über die preisgünstige „Stepper + Temperaturfühler + Arduino“-Lösung bin ich auch schon im Netz gestolpert. Das ist vermutlich der einzig richtige Weg.


    -----------------


    Hallo Jörg,
    ja, Du hast absolut Recht. Man sollte das Pferd nicht von hinten aufsatteln. So wie es nun aktuell aussieht, konnte ich das Problem mit dem wackelnden OAZ durch das Nachstellen der Gewindestifte lösen.
    Da die beiden Gewindestifte sich unter der festgeschraubten Fokusierwelleneinheit befinden, war mir bis dato nicht bewusst, dass der OAZ in der Vorspannung justierbar ist. Erst als ich gestern Abend die Fokusierwelleneinheit abgeschraubt habe, kamen die beiden Gewindestifte zum Vorschein. Die Gewindestifte drücken auf jeweils einen Teflon-streifen, der wiederum auf das Aufzugsrohr drückt. Somit wird das Auszugsrohr über diese zwei Punkte gegen einen dritten mit Teflonstreifen versehenen, gegenüberliegenden Lagerpunkt gedrückt.
    So verstehe ich zumindest die Funktion. Eventuell kann jemand die Funktionsweise des OAZ bestätigen.


    Mein Augenmerk geht nun tatsächlich in die Richtung „Stepper + Temperaturfühler + Arduino“-Lösung. Vorausgesetzt, dass der OAZ nun auch am Nachthimmel problemlos funktioniert.


    Viele Grüße und vielen Dank für die zahlreichen Rückmeldungen. Ihr konnten mir sehr weiterhelfen!


    Martin

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!