Guten Morgen zusammen!
<b>das ewige Intro</b>
Ja ist es denn zu fassen, hat´s mal wieder endlich geklappt – eine Tour auf den Berg, meinen Platz am Wendelstein auf 1800m. Schon ein paar Tage bzw. das Wochenende vorher sah es danach aus, als würde in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch eine wolkenlose Nacht möglich. Aber: kein Mensch wusste nun genau, ob es Gewitter geben würde. Schon vergangene Nächte prognostizierte der DAV falsch, wo höchstens kleine Quellbewölkung auftreten sollte – defakto hats gekracht und geschüttet. Aber zum Glück gibt’s ja heutzutage Satellitenfilmchen, die man permanent beobachten und seine Chancen einschätzen kann. Ich wollte es einfach riskieren. Im Gebirge bei Gewitter hocken ist natürlich dämlich. Zur Not würde ich aber an mir bekannten Stellen Unterschlupf finden und unterm Felsen vor Regen geschützt einfach die ganze Nacht hindurch lesen, ein Buch war eingepackt. Man weiß ja nie! Nichts ist schlimmer als Langeweile eine ganze Nacht am Berg. Höchstens Langeweile nachts am Berg mit kalten Füßen.
Jedenfalls ging es wie gewohnt ab in den Zug für eine gute Stunde, bei der Talstation der Bergbahn ein Capri-Eis verarbeitet und ab in die letzte Gondel. Mit dabei ein Mitarbeiter der Sternwarte und drei Studenten, welche die Nacht am 40cm-Teleskop arbeiten durften. Das 2-m-Hauptteleskop ist da der aktuellen Profiforschung vorbehalten. Jedenfalls ergab sich ein netter Plausch, eine tolle Einleitung für die Astronacht. Während der Zugfahrt hatten sich noch einige gewitterverdächtige Wolken gezeigt, welche jedoch vor Ort nicht mehr da waren bzw. verdächtige Wolkenüberbleibsel nach und nach verschwanden. Ich hatte die Hoffnung, noch ferne Gewitter über den Österreicher Alpen zu erleben/ zu fotografieren, aber selbst die Wolken dort verschwanden. Zum Abend verblieben zunächst nur vereinzelt von der Restsonne angeleuchtete Cumili, recht dekorativ gegenüber dem sonst langweiligen Einheitsblau. Ich hatte erfahren, dass die Nacht zuvor das Seeing bei 0,6“ lag. Aubacke! Das ließ hoffen, da die Wetterlage diese Nacht noch ähnlich war. Aber zunächst hieß es - gegen 17.30 Uhr oben angekommen, die Zeit bis zur astronomischen Dämmerung rumzukriegen.
<b>Huddeleien</b>
Die Zeit vergeht schneller als man denkt. Das habe ich schon mehrfach erfahren und bin trotz eines solchen Puffers in Huddeleien geraten, zur besten Zeit beobachtungsbereit zu sein. Unfassbar, ist aber so :-)) So ein Berg ist einfach eine unheimlich tolle Kulisse für´s Sonnen, Gammeln, Essen, Aufbauen, Fotografieren, zack – ist die Nacht da! Immer wieder verblüffend. Das Aufbauen und Justieren ging entgegen meiner Natur fix. So beschäftigte mich zum Beispiel ein Käfer, der ständig und völlig unbeirrt immer wieder in Richtung von einem Kopf flog. Die erste Kopflandung hab ich ihm mit Rausschmiss quittiert, woraufhin er auf toten Mann machte. Als er sich erholt hat, startete er neue Anflugversuche - Ich habs probiert mit Pusten, erst leicht, sodass der Käfer wieder an Distanz gewann aber wie am Gummiband gezogen zurückkehrte, dann stärker, dann in einer Stärke, als würde ich beim Arzt meine Lungenkapazität untersuchen lassen wollen. Irgendwann ergab es sich, dass er auf meiner Isomatte chillte und ich den Burschen mal abgelichtet habe.
Dann durfte er ins Gras von der Matte rutschen. Gemsen kamen wie schon fast gewohnt in der Nähe entlang und holten sich ihr Abendbrot – ah! Das musste ich auch noch machen. Also Gewehr geschnappt und – nee, Quatsch BROTbüchse geschnappt und ein paar Leberwurstbrote mit Gurke vernichtet. Ein Schwarm von Riesenmücken hat meinen Platz als Tanzuplatz auserkoren, ließen mich aber erstaunlicherweise in Ruhe. Vielleicht stand ich genau in der Einflugschneise von Fledermäusen, die die Viecher jagen, denn mir sind jene nämlich um den Kopf geschwirrt. Da würde ich als Mücke nun auch nicht hinfliegen.
Dann kam ein wundervoller Sonnenuntergang der festgehalten werden wollte.
Und dann zeigte sich Saturn genau im Süden. Und eins habe ich bereits festgestellt: die Lichter im Tal standen sehr ruhig. Das kannte ich schon anders. So musste Saturn herhalten für die Rigel-Justierung und wurde sogleich beäugt. Jawoll! DAS nenne ich einen Planeten. DAS nenne ich ein schönes Planetenbild. Obwohl die Luft nicht ganz ruhig war, wo ich nicht genau sagen kann, woher es rührte, war dieser Saturn mein bester seit langem. Am schönsten bei 200fach herum, 340 war schon etwas zu viel. Um mich nicht bücken zu müssen, habe ich den Dobson einfach auf einen Tisch gehievt und beobachtete ganz bequem im Stehen geradeausblickend. So verbrachte ich locker eine halbe Stunde, die schlichtweg perfekte Zeitausnutzung um die Dämmerung und den Monduntergang abzuwarten. Beides fand so ziemlich zu exakt der selben Zeit statt.
<i>Airglow – Beamer Festung Kufstein – Milchstraße – Mond – Dämmerung/München - Dobson- Wintermilchstraße</i>
letztes Pan in groß:
http://www.bilder-upload.eu/sh…ile=fd614d-1437687472.jpg
Man hätte schon locker eine Viertelstunde vor Monduntergang auf schwächste Deespkyobjekte halten können, aber die Szenerie hat mich zu Photos verleiten lassen. Dummerweise habe ich schon wieder nicht bemerkt, dass die Blende nicht richtig offen war, sodass ich mehrere Bilderreihen schießen/ wiederholen musste und so Beobachtungszeit verloren ging... Und warum der Käse nicht scharf geworden ist, keine Ahnung. Jeeeedenfalls gings jetzt los! Endlich. Nach weiß der Geier wie vielen Wochen, Monaten, endlich wieder eine richtige Beobachtungsnacht, noch dazu endlich wieder auf dem Berg.
<b>Die Objekte</b>
Was soll´s denn heute sein? Die Bedingungen habe ich jetzt nicht als überragend erwartet wegen der vorhergesagten Luftfeuchte von um die 60%. Daher habe ich mir keine Funzeln rausgesucht. Ich habe mir überHAUPT nix rausgesucht. Einfach mal wieder nach dem Motto: Atlas auf und mal gucken... Ich war bereit, ein paar Zeichnungen zu machen, wollte aber vornehmlich beobachten. Rotlicht-Lampencheck: leichtes Glimmen, Tendenz nach unten, klarer Fall von unberechenbarer Leuchtdauer. Ja ZEFIX! Da ist man einmal wieder am Berg unter mittlerweile richtig gutem Himmel und die Lampe gibt den Geist auf! Vermutlich aus Versehen einmal verpackterweise an den Schalter gekommen...Sonst hatte ich Ersatzbatterien für die FS-Heizung dabei – natürlich dieses mal ausgepackt. AAAHHH! FS-Heizung! Ich schaute in das Batteriefach, denn die würde ich heute eh nicht brauchen. Verdammt. Auch da rausgenommen. Man soll Batterien bei langer Nichtnutzung ja herausnehmen ne.... DAS hat man nun davon! Aber, man kann aus der Not auch ein Konzept basteln. Wenig Licht= wenig Objekte=mehr Konzentration aufs Objekt. Auch nicht verkehrt!
Aaaber, ganz planlos war ich nun auch nicht – ich hatte planetarische Nebel vornehmlich als Ziel im Visier – nach der Seeingangabe von vorhin praktisch ein absolutes Muss. Denn viele PN brauchen einfach Power. Nach einem erfolglosen Versuch, irgendeine Objektkombination im Adler zu finden, habe ich dort einfach den diversen PN einen Besuch abgestattet – hatte ich so noch nie gemacht... Der Adler ist hierfür ja durchaus bekannt, aber was ich erwähnenswert finde – die Formenvielfalt. Hier gibt’s alles: große schwache ohne Struktur, kleine megahelle die erst ab 500fach Struktur zeigen und mittelgroße, bei denen man sofort den Zentralstern und ein paar Details sieht. ALLES da! Im Endeffekt habe ich jedoch einfach mit dieser unsäglichen Funzelei versucht, möglichst viele neue oder vergessene PN zu besuchen. Ein kleiner Abriss in der Übersicht: <font color="orange">NGC 6781 („Snowglobe Nebulae“)</font id="orange">, ein für mich überraschendes Objekt, da ziemlich groß und mit einer deutlichen Struktur in der Form, dass auf einer Seite der Nebel ausdünnt und in den Raum übergeht. <font color="orange">NGC 6778</font id="orange">war ein schwierigerer Kandidat in Sachen Erfassung von Strukturen. Man sah schon deutlich irgendein Geknäuel, aber wo und wie genau, fand ich jetzt nicht so einfach zu erfassen, selbst bei 340-fach herum. <font color="orange">NGC 6772</font id="orange"> war schlichtweg ein runder Schmadder ohne Details, <font color="orange">NGC 6751 (“Glowing Eye“)</font id="orange"> zeigte sich als klassischer PN mit Zentralstern mit einem unruhigen Ring, dessen Unruhe ich so auf die Schnelle zeichnerisch nicht zu erfassen/ darzustellen wusste, <font color="orange">NGC 6572 („Emerald Nebula“), NGC 6804, NGC 6894</font id="orange"> zeigte einen deutlichen Dounut mit einer sternförmigen Kondensierung auf der einen Seite.. Nachstehend findet ihr mein originales Notizen-Skizzenblatt, dessen Unleserlichkeit nicht zuletzt der schwachen Lampe zu schulden ist. Auf Zeichnungen habe ich in der Kürze der Zeit und der erschwerten Bedingungen wegen mal fast komplett verzichtet. Die mm-Angaben sind die Okularbrennweiten. Statt 550fach ist 500fach richtig...
Das hier im Board erwähnte Necklace-Nebelchen habe ich auch versucht zu finden, aber ist mir nicht gelungen. Was nix heißen soll bezüglich der Sichtbarkeit, denn auch beim Egg-Nebulae hab ich versagt – was ein Ärger! Gerade DEM wollte ich mit der Powermate zuleibe rücken! Irgendwie war da der Wurm drin. Eine Zeichnung möchte ich aber doch liefern, wo ich mir etwas mehr Zeit genommen habe: Der Emerald-Nebula ist schon bemerkenswert – in der Übersicht mit 26 mm einfach ein heller grüner „Stern“. Selbst bei 340fach sieht man noch nicht viel mehr. Ich stellte fest, das Seeing lässt heute einiges zu, so habe ich per Powermate mal 500fach ins Spiel gebracht. Und da zeigten sich nun die deutlichen Ansätze von Strukturen. Ganz dezent zeigten sich auf der einen Seite filamentartige Strukturen, v.a. „unten links“. Ähnlich auch oben links, aber das hat die Bearbeitung leider etwas vernichtet.
Leider sind solche Vergrößerungen eine recht wackelige Angelegenheit. Jedenfalls ist es schlicht verblüffend, wie hell – wirklich hell – der PN bei 500fach noch war. Man konnte den Eindruck gewinnen, der verliert gar nicht an Helligkeit mit der Vergrößerung, was natürlich aber Quatsch ist. Zwischendurch bzw. bei der Halbzeit der Deepsky-Phase kam ein Lüftchen auf, welches so alles andere als problematisch war, aber bei hohen Vergrößerungen ist eben jede leichte Brise DER Gau. So schnappte ich mir das aufgebaute Teleskop und schleppte es im Dunklen ca. 10 m tiefer zu einem windgeschützteren Plätzchen. Genau in diesem Augenblick wo ich da im Gelände mit unergonomischen 21 kg hantiere, zischt genau vor meinen Augen – oder besser IN mein Auge ein Bolide knapp bei Arktur. Das hat richtig geblendet das Teil, da ich exakt dort hingesehen habe bei meinem kleinen Abstieg.
Da ich mir im Atlas mittlerweile alle Superthins markiert hatte, bin ich auch über solche Galaxien gestolpert. Die Bedingungen waren nicht perfekt aber gut, sodass ich drei Exemplare gewagt habe, zwei konnte ich sicher sichten: <font color="orange">UGC 11994</font id="orange"> (14m7), bei einer netten Sterngruppe und mit einem kleinen schwachen Sternchen am Ende der Spindel – indirekt recht einfach sichtbar und <font color="orange">UGC 11093</font id="orange">(13m7), recht einfache Aufhellung aber schwierig zu fassen wegen nahem Sternchen.
<b>Der Rausschmiss</b>
Als Rausschmeisser habe ich noch auf ein paar übliche Verdächtige geschwenkt und sogar auf den Andromedanebel – lang ists her! Ja, es wird wieder Herbst.... bei den Temperaturen kann ich´s kaum erwarten... Übrigens am Berg angenehme 17 Grad herum die Nacht über. Der Deepsky-Atlas in der deluxe-Variante hat wieder seine hygroskopischen Eigenschaften bewiesen, sodass ich viele einzelne Seiten am nächsten Morgen in der Sonne trocknen musste. Ein paar Minütchen aufgeschlagen, schon nass. Ich habe versucht ein wenig zu schlafen, aber erwartungsgemäß wurde es dabei zu frisch. Ich war auch zu faul, einen Schlafsack mitzunehmen. In der Eile des Zusammenpackens habe ich auch nicht im Entferntesten daran gedacht.
Der Morgen ist endgültig gekommen:
<i>Sonnenaufgang über dem Chiemsee</i>
Es wurde selbst auf dem Berg mit Sonnenaufgang schlagartig wärmer. Um 7.30 Uhr fühlte es sich schon wie 25 Grad an. Dabei war es auf dem Berg noch angenehm! Anscheinend Murmeltiertemperatur, denn genau zu der Zeit ging das Gepfeife los. Eigentlich wollte ich noch nicht hinunter in die Hitze (10 Grad mehr als oben), aber ich wollte ins Bett. So dann mit der ersten Gondel wieder hinunter, und mit dem Zug zurück gen München. Die ganze Geschichte ging wieder gut in die Knochen, zumal ich bereits die Nacht zuvor nur 4 Stunden geschlafen hatte... Aber das war´s wieder wert und musste endlich mal wieder sein!
CS!
Norman
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