Hallo alle,
seit einiger Zeit besitze ich nun eine Avalon Linear Montierung (meine erste "richtige" Montierung neben der Astrotrac) und möchte hier einmal erste Erfahrungen und ein paar damit gemachte Bilder zeigen. Nutzen kann ich die Montierung momentan nur mit Fotoequipment, da der Liefertermin meines bestellten Refraktors noch einige Monate hin ist.
Somit habe ich vorerst verschiedene Kombinationen von EOS-DSLR + EF 5,6/400, 1,4x Extender und H-Alpha Clip-In Filtern ausprobiert. Das Autoguiding erledigt ein MGEN an einem 60mm-Sucher. Mit dieser geringen Beladung langt schon die nackte 30mm-Gegengewichtsstange mit ihren 2kg Eigengewicht zum Gewichtsausgleich.
Als erstes Objekt (first light der Montierung) musste M13 herhalten mit 400mm + Extender, also einer f8/560mm Kombination. Das ist mit der Astrotrac prinzipiell möglich, aber ohne Guiding schon eine echte Herausforderung. Mit GOTO der Avalon Montierung, Autoguiding, MGEN-Dithering ist das natürlich ganz was anderes. Aufstellen, kurz konfigurieren, laufen lassen, schlafen gehen und morgens das Equipment vom Balkon wieder reintragen. Theoretisch... Aber wenn's so einfach liefe, wäre das auch kein richtiges Hobby ;-)...
Mit dem Einnorden der Montierung fängt es an. Der Hersteller hat zwar eine Wasserwaage im Sockel untergebracht, aber auf der Seite des Polsuchers, also von oben nicht einsehbar und obendrein nicht als Dosenlibelle ausgelegt, d.h. nur die Nivellierung einer Achse ist möglich. Eine Dosenlibelle auf der gegenüberliegenden Seite wäre viel sinniger gewesen, da man diese Stelle bei waagerecht stehender Gegengewichtsstange viel leichter einsehen kann. Als Workaround habe ich mir eine kleine Dosenlibelle besorgt, mit der ich die Ausrichtung nun viel leichter kontrollieren und reproduzieren kann. Softwareunterstützung für das Einnorden ohne Sicht auf Polaris gibt es (noch) nicht. Ausgeliefert wird Version 3.27 der Synscan Handsteuerung, aber ab 3.28 wird es auch eine Polar Alignment Routine geben. Die letzte 3.28(beta-Version) habe ich ausprobiert, war aber nach den ersten Versuchen enttäuscht und bin wieder zurück zu 3.27. Das Alignment mache ich jetzt wieder mit dem Programm DSLR Logger, das ich auch für die Astrotrac-Ausrichtung verwende. Also ist doch wieder ein Computer notwendig, obwohl ich mich davon mit MGEN und der weiteren Verwendung von DSLR unabhängig machen wollte.
Das initiale Synscan Alignment (1-star, 2-star, 3-star) ist definitiv nicht für Leute programmiert wurden, die (z.B. vom Balkon) nur eine eingeschränkte Sicht auf den Nachthimmel haben. Man kann dabei aber Sternnamen lernen... ich hätte nie gedacht, dass es alleine gefühlte Hundert mit "A" beginnende Sternnamen gibt :). Aber mal im Ernst: Ich würde erwarten, dass selbst die einfachste Software zunächst mal Sicherheitszonen abfragt, den sichtbaren Bereich des Nachthimmels (und sich darauf auch mit der Auflistung von Sternnamen beschränkt), die Notwendigkeit des Umschlagens der Montierung erfragt usw.
So habe ich z.B. vom Balkon aus eine Sicht von Südost nach Westen. Ohne Probleme könnte ich im Südosten mit der Kamera auf der linken Seite ein Objekt anfahren und über den Meridiandurchgang bis zum Untergang im Westen verfolgen. Wer die Synscan Software kennt, weiß schon was passiert: ein Goto auf ein Objekt im Südosten führt stumpf zum Umschlagen der Montierung, egal ob notwendig oder nicht. Das nervt mich momentan am meisten. Goto gekauft, aber nur halbseitig nutzbar :). Zwar kann ich Avalon nicht die kleineren Probleme der Synscan Software anlasten, wohl aber, dass in dieser Preisklasse eine doch so einfache Steuerung zum Einsatz kommt.
Nun aber mal zum ersten Bild (Messier 13, in 1:1 Pixel Auflösung):
Ein Fotoobjektiv mit Extender sollte eigentlich noch weiter abgeblendet werden, aber dann wäre ich schon bei f11 angelangt. In Offenblende ist die Qualität aber trotzdem noch ganz OK und nach einer Dekonvolution ist das Endergebnis ganz zufriedenstellend.
Als nächtes musste ein H-Alpha Objekt herhalten. Lange Brennweiten + Schmalbandfilter sind mit der Astrotrac ein Grauen. Das Finden des Objekts, das Fokussieren, das Wiederaufsetzen nach Ablauf der 2h Spindellaufzeit---fast alles ist nun extrem vereinfacht. Endlich sind dank Guiding auch längere Belichtungszeiten möglich, also gleich einmal 20minütige Einzelbelichtungen ausprobiert.
Leider gab es nur noch Eiersterne, was aber weder dem MGEN noch der Montierung angelastet werden kann, denn das Sternenprofil der Aufnahme deckt sich nicht mit dem MGEN-Protokoll. Als Fehlerursache käme entweder der Helical Fokussierer des Suchers in Frage oder aber auch die recht schmale Stativschelle des Objektivs und eine Bewegung desselben. Endgültig bin ich noch nicht dahintergekommen, wo genau das Problem sitzt, aber mit einem Teleskop werde ich mir Off-Axis-Guiding als Lösungsoption offenhalten. Da ich aber schon vieles über den unfixierbaren Helical Auszug als Fehlerursache im Zusammenspiel mit MGEN Guiding gelesen habe, ärgert es ich mich ungemein, dass genau diese Sucher als "besonders geeignet für Autoguiding" in den Shops angeboten werden. Da sollte eher ein Warnhinweis dranstehen, dass genau diese Modelle "sich wegen fehlenden Klemmschrauben des Fokusrings nicht besonders für Autoguiding eignen"!
Eiersterne können aber auch mit Dekonvolution wieder in guten Grenzen "enteiert" werden, also hier wieder ein Resultat (Adlernebel in H-Alpha):
Übergangsweise bleibe ich nun bei 10minütigen Einzelbelichtungen. Den Fokussierer habe ich mit Klebeband fixiert, aber selbst dann ist noch eine leichte Abweichung zwischen dem MGEN Protokoll und den Aufnahmen sichtbar. Im gestackten Endergebnis ist aber nun alles OK.
Schmalband macht nun wieder richtig Spass. Einen hellen Stern mit GOTO anfahren, fokussieren, dann automatisch zum Objekt, Testaufnahmen Feinausrichtung über die Handsteuerung --- das ist im Vergleich zur Astrotrac wie Astrofotografie mit Autopilot!
Edit 08.10.2012: Gestern war nochmals gutes Wetter und ich konnte über 4h an OIII für NGC 6888 nachlegen. Nun fehlt mir noch SII für eine Hubble-Palette. Quick- and Dirty-Zwischenresultat und starker Crop auf den Sichelnebel:
Was ist nun mein vorläufiges Fazit der Avalon Linear Montierung (und dem MGEN Autoguider)?
Mit dem MGEN bin ich hochzufrieden, das Produkt ist durchdacht und praxisgerecht. Den Helical Sucher werde ich entweder mit Klemmschrauben versehen (lassen) oder auf OAG umstellen. Die Avalon Linear Montierung kann ich erst richtig bewerten, wenn ich denn einmal richtig Gewicht draufhatte. Mit dem leichten Fotozeugs kommt die gut klar. Das Guiding erfolgt wie empfohlen bei 0,125x Geschwindigkeit und sanften MGEN-Einstellungen. Die Verwendung der Skyscan Steuerung wird diesem Produkt nicht gerecht, da hätte ich mehr erwartet. Alles in allem läuft es aber höchst zufriedenstellend und stellt eine gewaltige Vereinfachung im Vergleich zur Astrotrac dar!
Grüße
Rüdiger
Edit: Ha/OIII-Pseudo-RGB eingefügt