<i>Als bekehrter Ungläubiger stehe ich vor Euch, Kunde zu tun von meiner Läuterung.</i>
Ja, OK. Ich gebe zu, ich habe eine gewisse Neigung zum Theatralischen.
Wir hatten hier und da schon mal Diskussionen, ob ein visueller Komakorrektor an schnellen Newtons Sinn macht. Konsens war eigentlich immer, dass die Koma bei f/4 zweifellos vorhanden und sichtbar ist, aber nicht jeden stört. Ein Paracorr macht also nur dann Sinn, wenn die vorhandene Koma den Beobachter stört. Wenn nicht, dann nicht.
Das war auch die von mir vertretene Meinung, wobei ich mich immer zu der Gruppe gezählt habe die ohne Korrektor beobachtet. Die Koma hat mich bei meinem 16" f/4-Dobson bislang nie gestört, deshalb war ein Korrektor auch kein Thema.
Wie gesagt: bislang.
Neulich hat ein Nachbar im 1. Stock in einem Zimmer eine Deckenlampe installiert, die seitdem meinen Garten mit gefühlten 200 Watt ausleuchtet. Ich frage mich, was er da oben macht. Gras züchten? Egal.
Seitdem geht bei mir zu hause noch etwas weniger Deepsky. Zum Glück habe ich meinen OIII- und H-Betafilter, aber Galaxien kann ich vergessen. Aber was natürlich immer geht sind Sternhaufen. So habe ich mich in der letzten Zeit im Bereich Cassiopeia/Perseus/Auriga herum getrieben und offene und Kugelsternhaufen abgegrast. Ein paar nette OIII-Regionen habe ich auch beobachtet. Ich bin überrascht, wieviel mit 16" dann doch aus der lichtverseuchten Vorstadt geht.
Aber gerade an offenen Sternhaufen tritt die Koma gnadenlos zutage. x und h Persei passen zusammen ins Gesichtsfeld meines 26mm Nagler. Aber wenn ich den einen zentriere, versackt der andere im komatösen Rand des Gesichtsfeldes. Nehme ich den Bereich zwischen den Haufen in die Mitte, erscheinen sie beide unscharf.
Wenn ich bei 133x mit dem 12mm Nagler Kugelstenhaufen beobachte, kann ich sie nur in der Mitte auflösen. Am Rand des Gesichtsfeldes verschmieren sie zu einem Nebelklecks. Und im 5-8mm Speers Waler kann ich in der Mitte bei indirekter Beobachtung das Gesicht des Eskimonebels erkennen, am Rand keine Chance. Ich muss also ständig nachschubsen.
Tja, was soll ich sagen: die Koma stört mich.
Also musste ein Komakorrektor her!
Da ich drei Nagler habe, macht ein Televue Paracorr am meisten Sinn. Etwas ältere, visuelle werden bei A.de öfter mal angeboten. Ich schaute mich um und konnte recht kurzfristig einen visuellen Paracorr Typ1 (PCV-2000) zu einem guten Preis bekommen. Das ist die alte Bauform mit dem grünen Papagei und ohne die vielen zusätzlichen Schrauben am Kopf. Der Kopf ist aber höhenverstellbar und stabil genug. Ich habe meine Okulare mit Stoppringen und 2"-Hülsen annähernd parfokal gemacht, deshalb brauche ich den Paracorr beim Okularwechsel nicht verstellen.
Und es funktioniert!
Freitag war der Korrektor in der Post und ich habe ihn abends gleich ausprobieren können.
Die Abbildung in den 17mm und 12mm T4 ist absolut randscharf, genauso wie ich es mir vorgestellt hatte. Das 26mm T5 ist etwas kritisch in Bezug auf die richtige Einblickposition. Das Auge muss genau zentrisch und in der richtigen Höhe über der Augenlinse sein, dann ist die Abbildung ebenfalls perfekt, sonst wird sie etwas unscharf am Rand. Aber immer noch deutlich besser als ohne Paracorr. Da wäre eine verstellbare Hülse wie bei den T4 von Vorteil. Auch das Speers Zoom harmoniert sehr gut mit dem Korrektor.
Mit der deutlich verbesserten Randschärfe steigt natürlich auch das Auflösungsvermögen im Feld. Kleine Kugelhaufen kann ich nun auch am Rand auflösen und dadurch beobachten während ich sie einmal durch das gesamte Gesichtsfeld wandern lasse. Ich muss also viel seltener nachschubsen und kann mich mehr auf die Detailbeobachtung konzentrieren. Auch bei PN´s und kleinen Nebeln wie Hubbles Variable Nebula kommt das der Beobachtung sehr zugute. An Planeten konnte ich den Paracorr wegen grottigem Seeing noch nicht testen. Aber ich glaube, er wird mir bei der kommenden Marsoppositon noch gute Dienste leisten.
Alles in allem bin ich mit dem Paracorr sehr zufrieden. Der Gewinn an Auflösungsvermögen ist gewaltig und die Nagler-Okulare machen bei einem f/4-Dobson erst mit einem Komakorrektor richtig Sinn. Ich kann wesentlich entspannter beobachten und muss nicht so oft nachschubsen. Der Anblick in Okular ist viel ästhetischer. Erst jetzt habe ich den "Spacewalk"-Effekt, mit dem die Nagler und Ethos oft beworben werden.
Der Paracorr verlängert die effektive Brennweite um 1,15. Damit steigt die Vergrößerung etwas und die AP´s werden kleiner. Mit dem 26mm Nagler kam ich auf 6,5, jetzt auf 5,7. Die große AP konnte ich nur bei perfekter Dunkeladaption ausnutzen, das ist jetzt auch etwas entspannter.
Die Fokusposition des OAZ wandert um etwa 1,5cm nach innen. Bei mir passt es fast, nur das Speers Zoom kollidiert mit dem Filterwechsler. Ich werde die Stangen noch um 5mm kürzen, dann funktioniert auch das wieder.
Ich kann jedem Benutzer eines schnellen Dobsons wirklich zu einem visuellen Komakorrektor raten. Der Gewinn an Beobachtungsqualität rechtfertigt auch den Preis, denn wenn man hunderte von Euro in hochwertige, randscharfe Okulare investiert hat, sollte man auch noch diesen letzten Schritt zum Paracorr gehen. Erst dann kann man das Potential der Okulare wirklich ausreizen.
Ich bekenne mich hiermit öffentlich als Paracorr-Befürworter:
Marcus