Hallo Astrofreunde,
die Spikes werden im Newton ja durch gerade Fangspiegelstreben verursacht. Um die Spikes als scharfe dünne Striche um helle Sterne zu erhalten, müssen die Verlängerungen der Fangstreben sich auch noch in einem Punkt treffen.
Die Spikes werden nicht durch die geometrische Abbildung der Optik verursacht sondern sind Beugungseffekte.
Neben der Koma gelten die Spikes als das grosse Manko des Newton-Reflektors.
Immer wieder list man, das durch die Spikes die Wahrnehmung feiner Planetendetails behindert wird und Doppelsternbeobachtungen eigentlich gar nicht sinnvoll möglich sind.
Ich gebe zu: in meinem 18"ler sind die Spikes um helle Sterne eine imposante optische Erscheinung. Man kann übrigens anhand der Spikes wunderbar die Schärfe einstellen. Während helle Sterne aufgrund des Seeings eigentlich immer wabernde Fleckchen sind, erscheinen die Spikes im Fokus wirklich als haarnadelfeine Striche.
Meine Frage war nun: Wie hell sind die Spikes im Verhältnis zur Helligkeit des zentralen Sterns wirklich?
Dazu gibt es zwei Annäherungsmöglickeiten: theoretisch über die Dicke der Fangstreben und praktisch durch Helligkeitsvergleiche.
Zur Theorie:
Als ersten Ansatz kann man die Fläche, die die Fangstreben im Strahlengang einnehmen in Relation setzen zur Fläche des Spiegels, um die Gesamtintensität der Spikes ins Verhältnis zur Sternhelligkeit zu setzen.
Bei mir sind dies bei 0,5mm Fangstreben eine Fläche von 350qmm im Verhältnis zu 151000qmm des Spiegels (minus FS). Das ergibt ein Intensitätsverhältnis von 1:431. Dies sind 6,6 Grössenklassen.
Nun ist ja das Licht der Spikes nicht auf einen Punkt konzentriert, sondern verteilt sich in 4 Strahlen (bei der Standard-Aufhängung). Hier findet also eine weitere Abschwächung statt. Dies ist relativ schwer exakt zu beschreiben, da die Intensität über die Länge des Spikes nicht gleichmässig ist. Ich habe einfach mal ein geschätzte Länge von 2 Bogenminuten zu einem Durchmesser eines sehr hellen seeing-verschmierten Sterns von 3" zugrunde gelegt. Damit komme ich auf eine weitere Abschwächung von 4x120"/3" = 160. Dies entspricht einer weiteren Schwächung von 5,5mag.
Insgesamt liefert diese theoretische Abschätzung also ein imposantes Helligkeitsverhältnis von 12,1mag zwischen der Helligkeit des Zentralsterns zur Flächenhelligkeit der Spikes.
Wie sieht das nun in der Praxis aus?
Dazu kann man entweder direkt die Helligkeit der Spikes mit der Helligkeit von bekannten Objekten in der Nähe des hellen Sterns vergleichen. Das ist in Praxis nicht so ganz einfach, zumal auch das Streulicht um helle Sterne (vor allem durch die Athmosphäre bedingt) das Ergebnis verfälscht.
Ich habe einfach ausprobiert bis zu welches Helligkeit man um Sterne herum überhaupt Spikes erkennen kann. Da bin ich bei meinem 18"ler auf die 6. Grössenklasse gekommen. Darunter sind keine Spikes mehr wahrnehmbar. Nun ist die 6. Grössenklasse immer noch ziemlich hell. Ich habe den Kontrastunterschied zum Hintergrund auf 8m geschätzt.
Der Unterschied sind zwar nicht die theoretischen 12m aber das Intensitätsverhältnis sind immer noch 1:1000!
Wenn man das mal runterrechnet auf die Helligkeiten eines 4" Gerätes, kommt man dazu, das man ab der 2 Grössenklasse keinerlei Spikes mehr sieht. Das geht in Praxis wohl nicht, da man so dünne Streben nicht bauen könnte.
Was sind nun die praktischen Auswirkungen:
1. Bei der Planetenbeobachtung: Wie sich eine Aufhellung im Intensitätsverhältnis von 1:1000 auf die Wahrnehmung der ohnehin sehr kontrastarmen Oberflächenstrukturen auswirken soll, scheint mir vom theoretischen Standpunkt aus kaum erklärlich zu sein. Nun sind die Planeten halt ziemlich hell, sodass es vielleicht eine Art "Ablenkung" der Wahrnehmung von den Oberflächenstrukturen durch die Spikes geben könnte.
2. Bei den Doppelsternen ist die Auswirkung der Spikes nach meinen Erfahrungen auch in der Praxis denkbar gering. Nur bei relativ weiten Doppelsternen mit extremen Helligkeitsunterschieden der Komponenten (>7m) kann man eine Beeinträchtigung erkennen. Fast alle engen Doppelsterne, die ich beobachte, sind ohnehin dunkler als 6m. Da wirken sich die Spikes überhaupt nicht mehr aus.
Zum Schluss noch ein Link zum Superbino von Clive Milne aus Australien:
http://deepsky.cia.com.au/bino…ive/510mm_binoculars.html
Was mir dabei aufgefallen ist, ist das 7. Bild von oben (wo man direkt in die beiden Rohre von vorne reinschaut).
Dort steht, das man mit dem Gerät nur Spikes bis zur 2. Grössenklasse noch sieht. Das klingt fast unglaublich. Dies ist wohl zum einen auf die dünnen Drähte der Fangspiegelhalterung zurück zu führen. Zum anderen treffen sich die Drähte nicht in einem Punkt, sodass man eine gewisse Unschärfe der Spikeabbildung bekommt.
Die Aufhängung mit dem Drähten lässt sich bei dem obigen Link nur schwer erkennen. Besser sieht man die Sache im folgendem Link, wo Clive die Fangspiegelhalterung für den 10" eines Freundes beschreibt:
http://www.geocities.com/Paris/Cafe/7068/twelve.html
Das war jetzt mal ne Menge Text.
Ich hoffe, dass sich trotzdem Leute finden, die das mal durchlesen.
clear skies
Wolfgang