Reibradantrieb nun ferig

  • Hallo,


    nachdem mich ein guter Bekannter aus der ATM-Szene anschrieb und fragte, ob ich die Veröffentlichung meines Reibradantriebes auch im Astrotreff zeigen will, möchte ich dies hiermit tun. Es gibt offensichtlich etliche Leute, die Astronomie.de nicht so oft besuchen.


    Mittlerweile ist mein Reibradantrieb fertig, den ich an der Nirosta-II-Montierung ausprobierte. Letzte Woche konnten erste Tests zur Laufgenauigkeit durchgeführt werden. Es wurde mit dem 8"f/6-Newton und einem 12,5mm Micro Guide getestet, wobei 0,1mm 17" entsprechen. Nachgeführt wurde nach einen Stern in der Nähe des Äquators (Seeing geschätzt 2-3"). Ich war verblüfft über die hohe Präzision der Nachführung. Gewisse Laufungenauigkeiten waren zwar vorhanden, ein Korrigieren innerhalb der Seeing-Toleranz war aber ein Kinderspiel (im Gegensatz zum alten Schneckengetriebe!).
    Hier möchte ich kurz das Funktionsprinzip erklären:

    Durch Anziehen der Schraube "S" wird das in einem Schwalbenschwanz geführte Zugstück "Z" nach hinten gezogen und gleichzeitig das in einer Nut geführte Druckstück "D" nach vorne gedrückt. Im Druckstück "D" befindet sich das Kugellager "K1" welches gegen das Antriebsritzel "A" und dieses wiederum auf das Reibrad drückt. Gleichzeitig werden durch das Gestänge die Kugellager "K2" und "K3" gegen das Reibrad (Durchmesser 168mm) gedrückt. Durch diese Anordnung der drei Kugellager richtet sich die Kraft nur gegen das Reibrad, gegen die Polachse wird kein Druck ausgeübt (wie beim Schneckengetriebe). Die Schraube "S" braucht hierzu nicht mal stark angezogen werden, es könnte gleich gut eine Rändelschraube verwendet werden. Sehr spannend war es, als der erste mechanische Test durchgeführt wurde. Erfreut stellte ich fest, dass sich bei angezogener Schraube "S" das Antriebsritzel "A" relativ einfach mit den Fingern drehen ließ! "H1" ist übrigens nur ein Abstandhalter für das Gestänge.



    Dieses Bild zeigt den fertig montierten Reibradantrieb. Am Antriebsritzel "A" ist das Zahnrad (Durchmesser 70mm) befestigt - dahinter das Untersetzungsgetriebe 1:100 und der Schrittmotor.



    Links der Mitte sieht man die beiden Tellerfedern (aus Edelstahl selbst hergestellt), die das Druckstück "D" federnd halten. Ebenfalls ist zu sehen, dass die Kugellager jeweils doppelt angeordnet sind. Die Schraube "S" wird übrigens nach dem Gebrauch der Montierung wieder entspannt, damit sind Kugellager, Reibrad und Antriebsritzel bei Nichtbenutzen der Montierung keinen Belastungen mehr ausgesetzt.


    Ich denke, dass die nächsten Jahre der Bau von Reibradantrieben zunehmen wird. Er ist bei gewissenhafter Herstellung durchaus einem Präzisionschneckengetriebe ebenbürtig und hat zudem den Vorteil, dass man ihn mit üblichen Werkzeugmaschinen (Drehbank, Fräse) relativ preisgünstig herstellen kann.


    Viele Grüße,
    Herbert
    http://www.zellix.de

  • Hallo Nirosta


    Das hast aber schön gemacht. Sieht wirklich gut aus.


    Wie schaut das Antreibende Rad ( ritzel ) aus? ist das nur ein gehärteter Stift, oder hat der noch irgendeine besondere beschaffenheit?

  • Hallo Herbert,


    sieht sehr sauber und interessant aus, Dein Reibradantrieb.
    Aus welchem Material ist das große Rad, und wie hoch ist die Flächenpressung zwischen den Rädern?
    Hast Du irgendwelche Vorkehrungen getroffen, um zu verhindern das Schmutz durch die Rollen gepreßt wird?
    Bringst Du den Antrieb mit zum ITV? Ich würde ihn gern einmal aus der Nähe betrachten.



    Viele Grüße,


    Ulli

  • Hallo Jogi,
    das Antriebsritzel ist ein gehärteter und genau geschliffener Passstift im Durchmesser 6mm


    Hallo Ulli,
    das Reibrad im Durchmesser 168mm ist aus einer 10er Aluplatte gefertigt, über das ich ein Edelstahlrohr zog. Im Thread von Astronomie.de > Selbstbau, Reparatur > Reibradantrieb fertig ... hat jemand schon die Andruckskraft und Flächenpressung ausgerechnet.
    Bei meinen Messungen habe ich den Kraftmesser am Ende des Schraubenschlüssels angesetzt. Der Schlüssel hat eine Länge von 12cm. Ich wendete eine Kraft von 2 N an, um die Schraube M 5 (Steigung 0,8mm) anzuziehen. Wenn die Rutschkupplung im mittleren Bereich angezogen ist, reicht das Haltemoment völlig aus. Du kannst ja mal durchrechnen, welche Anpresskraft und Flächenpressung du erreichst. Dann vergleiche ich die Rechnung mit der des anderen Threads.


    Ich werde noch ein Gehäuse aus 0,7mm Edelstahl herstellen. Zum ITV möchte ich kommen, warte aber noch die Wetterprognosen ab. In ein paar Tagen wäre das CHAT angesagt, aber die Wetterprognosen schauen da nicht besonders gut aus.


    Viele Grüße, Herbert

  • Hallo Herbert,
    hast du das Edelstahlrohr nach dem Aufziehen noch mal überdreht ?
    Machst du dir keine Sorgen bezüglich der unterschiedlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten von Alu und Edelstahl ?
    Wenn es draußen richtig kalt ist, kann ich mir vorstellen, dass der Edelstahlring locker wird.
    Ich bin mal gespannt auf die zukünftigen Ergebnisse, auf jeden Fall ist dein Antrieb sehr sauber und solide gebaut und gefällt mir sehr gut.
    Viele Grüße
    Jörg

  • Hallo Herbert,


    Interessant, sieht nach relativ viel Arbeit aus![:)]
    Ich nehme an, das der Gleichlauffehler von der genau plangeschliffenen Oberfläche der Reibrades (und natürlich der Ritzels) abhängt. Ebenso vom Durchmesser. Die Frage ist also, wie bekommt mann das am genausten hin?
    Bin auch gespannt wie sich der Alukern der Reibrades mit dem Edelstahlring bewährt.


    Grüße, Henri

  • Ich habe mir das Kustwerk gestern auf dem CHAT ausgiebig angeschaut und war, nachdem ich befriffen hatte, wie es wirklich funktioniert, davon tatal überzeugt.


    Herbert erklärte mir, dass die Aluscheibe für das Reibrad auf Übermaß dedreht ist. Den Edelsstahlring hat er auf Pressung darüber geklopft. Er ist zusätzlich mit UHU-Plus Epoxikleber verklebt. Anschließend wurde das ganze noch mal überdreht. Ich glaube kaum, dass es sich bei Kälte lösen kann.


    Der Klou an der Sache ist, dass die gesamte Reibradmimik schwimmend gelagert ist und somit eventuelle Unwuchten der Lager oder der Welle nicht auf die Mimik übertragen werden. Somit ist der Anpressdruck immer gleich und nur abhängig von der eingestellten Vorspannung mit der Schraube S.

  • Hallo Jörg,
    den Edelstahlring habe ich im Innendurchmesser 0,1mm kleiner gefertigt als die Aluscheibe, das hätte sicher auch ohne UHU-Plus gehalten. Den Ring habe ich nach dem Aufziehen noch mal überdreht. Im dritten Bild oben sieht man, dass die Oberfläche nicht optimal wurde, das kommt von Schwingungen der Drehmaschine. Es ist eben eine Hobbydrehbank und keine professionelle Maschine. Mittlerweile habe ich das Teil noch mal in die Drehmaschine gespannt und die Oberfläche mit meiner selbstgebastelten Präzisionsschleifmaschine (siehe zweite Abbildung von unten auf http://www.zellix.de/drehb.htm) nachgearbeitet. Jetzt dürfte es wohl passen.


    Hallo Henri,
    diese Reibradkonstruktion geistert bei mir schon einige Jahr im Kopf rum, vor einem halben Jahr wagte ich mich dann an das Projekt. Planung und Fertigung dauerten den ganzen letzten Winter. Jeder wird sich vorstellen können, dass der erste Test der Nachführung spannend war. Da kam es dann auf den Tisch, ob das System erfolgreich arbeitet oder die vielen Stunden in der Kellerwerkstatt für die Katz' waren.


    Beim CHAT traf ich jemand, der sich mit Reibradantrieben recht gut auskennt - dieses Prinzip wird z.B. auch in der Messtechnik verwendet. Als Reibpaarung wird dort auch gehärteter Stahl und Edelstahl verwendet, wenn auch mit einer anderen Legierung als ich sie habe. So arg habe ich mich mit der Materialwahl also nicht vertan.


    Gruß, Herbert

  • Hallo Herbert,
    danke für die interessante Diskussion auf dem CHAT. Ich wollte deinen Reibradantrieb auch noch in Augenschein nehmen, bin dann aber am Samsteg lieber vor dem Regen geflüchtet. Das läßt sich hoffentlich nachholen- wegrosten werden die Teile ja wohl nicht so schnell[:D].


    Bei mir steht irgendwann, vermutlich 2007, eine motorisierte Plattform für den momentan im Bau befindlichen 18" Dobson auf dem Programm. Dank dir weiß ich jetzt wenigstens, daß ich lieber kein Hartgummi oder so'n Zeugs für die Reibpaarung nehmen sollte, sondern eine gehärtete Stahlwelle auf einer Edelstahl-Lauffläche.
    Allerdings habe ich keinen geschlossenen Ring, sondern nur zwei Ringsegmente als Laufflächen. Einfach Ring über Alu schrumpfen scheidet also aus.


    Den Anpreßdruck übernimmt beim Dobson die Schwerkraft. Schwimmende Lagerung kann ich mir also sparen, bzw. ist der gesamte obere Teil inkl. Teleskop quasi schwimmend gelagert.


    Zusammen mit einer Autoguiding-tauglichen Feinkorrektur in der DEC-Achse (ich fantasiere derzeit vom Fotografieren mit 460 mm Öffnung bei 2 m Brennweite[:0]) wird das Projekt trotzdem eine anspruchsvolle Sache.
    Ich hoffe, ich kann meine "mechanischen" Ideen mal mit dir diskutieren und die Kommentare eines erfahrenen Praktikers hören.


    Gruß,
    Martin

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!