Hin und wieder wird heiß und innig über das Reflexionsvermögen von Spiegeloptiken diskutiert. Fast jeder weiß etwas, aber nix genaues.
Praktisch interessante Fragen sind:
1. Kann man sich auf Herstellerangaben verlassen?
2. Wie gut reflektiert der Spiegel die einzelnen Spektralfarben?
3. Muss ein hochbetagter Spiegel vielleicht neu belegt werden?
Mit der nachfolgend beschriebenen Versuchaufbau kann man schon einiges klären.
Als Lichtquelle verwende ich Hochleistungs - LED mit den Farben rot, grün und blau. Mit Hilfe des Potis wird die el. Versorgung und damit die Lichtleistung der Diode eingestellt. Die Linse sammelt das Licht und schickt ein Bündel über den zu prüfenden Spiegel zur Solarzelle. Die mit dem Digitalmultimeter zu messende elektrische Spannung der mit einem Widerstand belasteten Solarzelle ist naturgemäß abhängig von der auftreffenden Lichtmenge. Durch geeignete Einstellung der Lichtleistung und Wahl des Lastwiderstandes kann man die Messanordnung so einstellen, dass die Spannung annähernd linear mit der auftreffenden Lichtmenge steigt. Wenn man also die Spannung U1 mit Spiegel und ohne Spiegel U2 misst, lässt sich der Reflexionsgrad einfach als Verhältnis U1/U2 berechnen. Zur Messung von U2 wird die Solarzelle in der gestrichelt dargestellten Position ohne Spiegel beleuchtet. Wichtig ist dabei, dass der Abstand- LED- Linse unverändert bleibt. So lange das von der Linse gesammelte Bündel vollständig auf die Solarzelle fällt ist der Abstand Linse- Solarzelle bzw. Linse- Spiegel Solarzelle unkritisch. Die Blende verhindert weitgehend Störsignale durch Streulicht, besonders wenn man eine Solarzelle verwendet, die wesentlich größer ist als der Durchmesser des Lichtbündels.
Die Skizze und das Foto veranschaulichen die Prüfanordnung.
Für die ersten Versuche habe eine vielen Einzelzellen bestehende Solarzelle verwendet. Die ist zwar mit 120x120 mm viel zu groß, lag aber als einzig verfügbare gerade da. Die kreisförmige Öffnung in der Blende misst 15 mm. Wenn man den Lichtfleck etwas kleiner einstellt, dann hat man wenig Probleme mit der Justierung. Der Lastwiderstand hat einen Wert von 39 kOhm. Die Lichtstärke wird mit dem Poti so eingestellt, dass ca. 100 mV Messsignal anliegt. Der LED- Strom beträgt dann je nach Farbart der Diode 5 - 10 mA.
Für unserer Fragestellungen sind Reflexionsgrade im Bereich von ca. 70 % bis nahe 100% interessant. Man kann die Messkette durch einfügen von sauberen planparallelen Glasplatten gut kalibrieren . Dazu reichten kleine Stücke aus 2 - 3 mm dickem Fensterglas oder Bildabdeckungen. Die Reintransmission T einer Scheibe Scheiben beträgt bei grünem Licht ca. 92% wegen der Teilreflexionen auf beiden Seiten. Dieser Wert entspricht etwa dem Reflexionsgrad R besserer Spiegel. Die Absorption derartiger Testscheiben kann man hier vernachlässigen.
Ich habe damit folgende Werte mit grünem Licht gemessen:
1 Scheibe T1 = 91,9%
2 Scheiben hintereinander mit Luftabstand. T2=83,8 %
Der theoretisch Wert für T2 wäre T1² =100 x 0,919² % = 84,5%.
Obige Messwerte wurden aus jeweils 10 Einzelnmessungen gemittelt. Die Werte für T1 lagen zwischen 91,8% und 92,0%. Der Schwankungsbereich von T2 lag zwischen 84,6% und 82,2%. Damit ist die Brauchbarkeit des Versuchsaufbaus als Messanordnung gesichert.
Hier nun eine Tabelle mit Messergebnissen:
Spiegel Reflexionsgrad in % bei
rot grün blau
A 92,2 93,2 89,7
B 85,1 89,8 91,1
C 94,5 95,3 95,0
D 92,6 85,8 85,8
E 90,7 88,4 87,4
F 85,0 87,7 86,8
G 97,4 94,8 88,3
rot = 630 nm, grün = 520 nm, blau = 470 nm
Alle Resultate sind Mittelwerte aus jeweils 5 Einzelmessungen. Die Spiegel A, B und C wurden im direkten Vergleich gemessen. D. h. erste Messung ohne Spiegel, 1. Msg. mit Spiegel A, Msg. ohne Spiegel. 1. Msg. Spiegel B usw.
Beschreibung der Spiegel im einzelnen:
A: ell. Planspiegel 28 mm Alu mit Schutzschicht, vor 3 Jahren bei Fa. Befort / Wetzlar mit Standard Alu + Schutzschicht neu belegt. Bisher nicht im Teleskop eingebaut.
B. ell. Planspiegel 78 mm aus Originalverpackung. Lieferant Teleskop Service Ransburg. Hersteller und Spezifikation noch nicht geklärt.
C:. ell. Planspiegel 54 mm. Lieferant Astrooptik Keller. Hersteller und Spezifikation unbekannt. Der Spiegel wird seit 1 ½ Jahren in meinen Newtons genutzt.
D: 8“ f/5 Parabol. Vor 3 Jahren zusammen mit A bei Befort neu belegt. Standard- Alu + Schutzschicht.
E: Cassegrain- Fangspiegel 81 mm D. für 12- Zoll „Quarzmonster“. Vor 7 Monaten bei Fa. AMP Dünnschichttechnik GmbH / Tornesch mit Standard Alu + Schutzschicht belegt.
F: 10“ f/6 Newton. Parabol. Vor 2 Jahren bei Befort mit Standard- Alu + Schutzschicht belegt.
G: 12“ f / 4,8 „Quarzmonster“. Vor 8 Wochen mit Silber + Spezial- Schutzschicht bei AMP belegt. Diese Art Schutzschicht ist neuartig. Die Dauerbeständigkeit werde ich natürlich durch weitere Messungen prüfen. Nach Angabe von AMP kann der Spiegel genau so problemlos mit dest. Wasser + Pril o. ä gereinigt werden wie Alu+ Schutzschicht.
Die Alterung von Silberspiegeln macht sich insbesondere bei blauem Licht relativ deutlich und schnell bemerkbar. Deshalb wird eine Kontrollmessung nach 1- 2 Monaten aufschlussreich werden.
Alle Spiegel zeigen keine Flecken, Muster oder auffällige Farbtönungen. Der Verschmutzungsgrad ist gering.
Mario II wirrd die Original- Messwerte kritisch unter die KLupe nehmen. Danach kann man etwas zur "Genauigkeit" sagen.
Gruß Kurt
Nachtrag
Nach einigen Tagen heftigster Forschung und Entwicklung kann ich einige praktische Tipps für den Nachbau geben.
Zunächst der überarbeitete Messaufbau nach dem Prinzip der guten Teile. Das soll heißen, jedes entbehrliche Teil ist ein gutes Teil. Nach meiner Meinung bleiben hier keine guten Teile mehr übrig. Dass man die Teile irgendwie befestigen und aufstellen muss, braucht hoffentlich nicht weiter erklärt zu werden. Ich gehe mal davon aus, dass jeder die Messmimik nachbauen kann der weiß was in dem Schema mit „Widerstand“ gemeint ist.
Kommen wir nun zu den einzelnen Bauteilen, die man unvermeidlich braucht:
1. LED = Hochleistungstypen mit ca. 20 mA Stromaufnahme, mindestens eine Farbe.
2. Akku: Nennspannung höher als Betriebsspannung der LED
3. Widerstand: Wert in Ohm = (Akkuspannung- Betriebsspannung LED) / LED- Strom. Muss individuell je nach Art der Diode ausprobiert werden, ist aber nicht kritisch .
4. Sammellinse: ca. 30 mm Brennweite, 15 mm Durchmesser, unkritisch.
5. Mikroamperemeter: Natürlich digital, Auflösung bis 0,1 Mikroampere. Falls nicht verfügbar, kann man die Messzelle mit einem Widerstand abschließen und Spannung mit mV- Meter messen. Wie Ullrich in der Diskussion erklärt hat, sollte der Spannungswert bei max. Signal ca. 50mV betragen. Der passende Widerstandswert hängt logischerweise vom Max Strom der Solarzelle ab
.
6. Solarzellen: Siehe nächstes Bild.
Nr. 1 ist die für die erste Versuchsmessungen verwendete polykristalline Zelle mit Blende in der Mitte. In diesem Falle ist der ausgeleuchtete Flächenanteil viel zu klein, hab ich mittlerweile herausgefunden. Die Zelle spinnt dadurch erheblich in dem sie ein ziemlich wackelndes Signal bei unveränderten Betriebsbedingungen liefert. Dadurch wird die Statistik de Messwerte ziemlich versaut.
Nr. 2 = „Bröselsensor“ war viel, viel besser! Sie ist unabsichtlich aus einer 50x50 mm großen, monokristallinen Zelle entstanden. Die feinen Leiterbahnen kann man gut als Markierungen zur Justage des Lichtspots nutzen. Mit dieser Scherbe hab ich gestern bei 25 Wiederholungen mit Spiegel C bei grünem Licht einen Reflexionsmittelwert von 95,1% mit 0,16% Standard- Abweichung gefunden (Einzeldaten s. in der Diskussion mit Mario II). Mario meint, das sei gut so. Das nächste Bild zeigt den Messaufbau.
Die Zelle lieferte ca. 60 – 70 mikro-A Messsignal. Das folgende Bild ist ein unverfälschtes Portrait der selben in Arbeitstellung.
Nr. 3 ist eine gekapselte monokristalline Zelle mit Miniprismen als Lichtfenster. Sie liefert in dem selben Versuchaufbau und ebenfalls unverändertem LED- Strom ca. 300 mikro-A. Zur Zeit empfindlicher Zeiger Instrumente hätte das Ding womöglich einen Zeigerwickeleffekt (gleichbedeutend mit Zerstörung) bewirkt. 4x mehr als die Bröselzelle kann. Zudem ist sie recht unempfindlich bezüglich der Spot- Justierung. Das Ding kostet nur 2,99€!
Nr 4. ist eine 50x50 mm große amorphe Zelle auf Glasträger. Wenn man die exakt mit dem gleich intensiven und großen Lichtspot (ca. 12 mm Durchmesser) wie Nr. 3 anstrahlt, dann liefert sie mikrige 20 mikro-A. Stellt man sie aber so weit entfernt, wo sich der Spot weit vergrößert hat, dass der fast formatfüllend auf die Zelle fällt, dann steigt der Strom auf ca. 150 mikro-A an.
Nachdem ich so viel erklärt habe, wird wohl jeder genügend gut kombinieren können, wie man denn Reflexion von Hauptspiegeln messen kann. Sicherheitshalber hab ich das auch fotografiert.
Noch etwas zur Nutzanwendung: Vermutlich werden nach Einsatz der Messmethode weniger Spiegel gewaschen werden.
Natürlich lohnt sich die Fortsetzung der Diskiussion über die Nutzanwendung der Statistik zur Beurteilung von Messergebnissen. Ich hoffe auf weitere Beiträge.
Gruß Kurt