Ausgehungert nach 6 Mon. Wolken (langer Bericht)

  • Nach einer in meinen 30 Deep-Sky-Jahren wirklich einmaligen Durststrecke aufgrund des miserablen Wetters (6 Monate ohne Chance auf Beobachtungen) tat sich gestern Abend der Himmel auf und versprach klar zu bleiben. Ich war derart ausgehungert nach den Sternen, dass spätes Dämmerungs-Ende und frühes Aufstehen am Morgen mich nicht abhalten konnten rauszufahren.
    Bei der Anfahrt zu meinem besten Beobachtungsplatz dann die böse Überraschung: die Straße, die auf den Berg führt, ist gesperrt. Also umdisponieren und zum zweitbesten Platz fahren, der auch nicht schlecht ist, aber nur eine beschränkte Südhorizont-Sicht hat.
    Das Aufbauen ging sehr schnell, und so war ich deutlich vor Monduntergang fertig zum ersten Spechteln in diesem Jahr.
    Trotzdem die südliche Milchstraße mich wieder stark anzog, wollte ich doch noch einen Besuch bei den vielen Galaxien des scheidenden Frühlings-Himmels machen.
    - Erstes Objekt: NGC 4414. Die Galaxie selbst ist ziemlich hell, recht groß, sehr länglich geformt und besitzt einen hellen Kern. Das Besondere: am 07.06. wurde in den Außenbereichen eine Supernova entdeckt. Und tatsächlich: bei höherer Vergrößerung fällt eine sternförmige Aufhellung im schwachen Halo, das den Kern umgibt, auf. Bei 350x ist sie deutlich zu sehen. Die angegebene Helligkeit von 13.0 mag kann ich jedoch nicht bestätigen, ich schätze sie wenigstens eine halbe Größenklasse schwächer. Für meinen 14.5“ aber trotzdem kein Problem.
    - Ein Blick in die Uranometria offenbart: in der Gegend am Himmel hab ich noch viele Objekte nicht besucht. Und deshalb hüpfe ich weiter von Galaxie zu Galaxie: NGC 4495, 4514, 4525 (die irgendwie körnig aussieht), 4585. Alle sehr schwach, aber trotzdem eindeutig zu sehen.
    - Weiter zu NGC 4735 und 4738, die ein nettes Paar bilden. 4738 ist dabei heller, recht klein, aber deutlich länglich, und steht dicht neben einem Stern 14 mag. Sie bildet ein hübsches Dreieck mit 2 helleren Sternen, die dann direkt auf 4735 zeigen. Weiter östlich steht dann die helle NGC 4793, die aufgrund des hellen Sterns daneben schnell zu finden ist.
    - die nächste Gruppe: NGC 4922, IC 843, IC 4088. Alle drei Galaxien stehen auf einer Linie, südlich davon ein heller Stern. NGC 4922 zeigt deutliche Helligkeitsunterschiede im Halo, hat ein helles sternförmiges Zentrum und steht dicht neben einem Stern 11m. IC 4088 ist deutlich länglich.
    - Mittlerweile geht nun schon zum dritten Mal das Außenlicht am Bauernhof an, der etwa 500m von mir weg ist. Wahrscheinlich streicht da die Katze ums Haus. Leider blendet es doch etwas zu viel.
    - Weiteres munteres Galaxien-Hüpfen: NGC 4966, 4952, 4949 (die schwer zu sehen ist), 4971, 4983, 5000 (Schnapszahl-Objekt).
    - NGC 5004: wieder eine Dreiergruppe. Die Hauptgalaxie ist schwach, hat aber einen hellen Kern, und steht zwischen zwei hellen Sternen 8-9mag. Südlich davon ist die längliche NGC 5004A zu sehen, dicht neben einem Stern 10 mag. Nordwestlich steht dann IC 4210, die in der Uranometria als NGC 5004B bezeichnet ist. Diese ist die schwächste des Trios.
    - Über NGC 5032 gehe ich noch zu NGC 5005: auch hier gibt es eine aktuelle Supernova, die allerdings schwache 15.5 mag haben soll. Bei hoher Vergrößerung ist eine Aufhellung nahe des Zentrums zu erkennen, die bei 350x sternförmig bleibt. Da das Ganze aber wirklich nahe der Mittel-Aufhellung der Galaxie ist, verbuche ich dies als „sehr unsicher“.
    - Dann ein Schwenk zu Komet Panstarrs: den hatte ich einmal am Abend, und dann auch mit bloßem Auge gesehen. Jetzt steht er nahe Beta UMi, und ist im Teleskop immer noch einfach zu sehen. Der Schweif scheint weiterhin breit aufgefächert, wenn auch visuell schwer abzugrenzen vom Hintergrund. Der Komet selbst dürfte etwa 9mag haben.
    - Wieder geht das Licht am Bauernhof an. Langsam nervt die Katze.
    - Dann einige schwache Galaxien, die im Kleinen Wagen stehen, aber unspektakulär sind: NGC 5836, 5819, 5412, 5344, 5340, 5262, 53232, alle ziemlich schwach. Das Rumsuchen mit dem Dobson und Schwenken geht viel besser als früher mit der parallaktischen Montierung, da alle Galaxien sehr polnah stehen. Aber die Orientierung ist weiterhin schwierig. Man kann im Okular quasi zusehen, wie sich die Erddrehung auf die Ausrichtung der Himmelsrichtungen im Gesichtsfeld auswirken.
    - Beim Suchen der nächsten Galaxie fällt mir auf einmal auf, dass der Hintergrund richtig „matschig“ wird, und irgendwie der Kontrast verlorengeht. Ein Blick an den Himmel: oha, da schiebt sich eine größere Wolkendecke heran. Diese schluckt in wenigen Minuten fast alle Sterne, sodass nur mehr ein schneller Blick auf den Cirrus-Nebel möglich ist, bevor der Himmel komplett absäuft. Aber es ist jetzt vielleicht der richtige Zeitpunkt, um abzubauen und ins Bett zu gehen: 01.30 Uhr, der Wecker klingelt in gut 4 Stunden.
    Fazit: schöne Nacht, gutes Seeing, kein Tau, kaum Wind, und angenehme 12°C.
    Wenn nur die Katze endlich ihre Maus fangen würde…


    CDS


    Stefan

    visuell:

    ICS Dobson 14.5" f/4.7


    fotografisch:

    Lichtenknecker FFC 190/760mm f/4

    Galaxy RC 10" f/8

  • Hallo Stefan,


    Ein interessanter Bericht, den ich, ebenso ausgehungert durch mangende Möglichkeiten, mit viel Freude gelesen habe.
    Mein letztes Spechteln war auf La Palma, wo nur eine halbe Nacht gut war. Bei dir wurde es ja auch nach Mitternacht matschig.
    Ein langer Bericht wurde es also eigentlich nicht. Länger wäre besser gewesen... ich hätte ihn bestimmt auch gelesen!
    cs
    Timm
    P.S. In knapp drei Wochen komme ich endlich auch wieder zum richtigen Spechteln: 10 Tage beim Hottie in Vryburg/ Südafrika!

  • Hallo Stefan,


    Gratulation zu deinen Sichtungen, 6 Monate sind echt hart und das auch noch Wetterbedingt hier bei mir in Mitteldeutschland ist man auch nicht
    von wolkenlosen himmel verwöhnt aber trotzdem gab es dieses Jahr bei uns schon 10 Chancen Nachts rauszufahren. Nach so langer zeit wäre wahrscheinlich dort hin gefahren wo schönes Wetter ist egal wieviel Stunden ich mit dem Auto fahren müsste und dann irgendwo neben einem Acker geparkt.
    Aber ich nehme mal das du aufgrund deiner 30 jährigen erfahrung nicht jede x-beliebige Nacht genutzt hast.


    Dachte eigentlich das mittlerweile die "weißen Nächte" ganz Deutschland erreicht hat und Galaxien man da schlecht beobachten kann.
    Hoffe das ich die nächsten Nächte auch mal wieder rausfahren kann auf meiner Liste sind eher Kugel und offene Sternhaufen sowie die hellsten PN`s, mal schauen ob dann auch Galaxien funktionieren.


    Liebe Grüße
    Mathias

  • servus Matthias,


    ich wohne und beobachte so weit südlich in Deutschland, dass ich von den Weißen Nächten nicht betroffen bin. Zwar sind auch am Alpenrand die Nächte im Juni kurz, aber auch jetzt sind da immere noch 2-3 Stunden Dunkelheit drin, die man auch für schwache Objekte nutzen kann.
    Nochmals zum Wetter: es war wirklich nichts zu wollen in den letzten 6 Monaten. Lediglich eine Nacht war gut, die hab ich zum fotografieren genutzt. Aufgrund der Schneelage waren aber die abgelegenen dunklen Beobachtungsplätze nicht zugänglich -> kein Blick durchs Fernrohr.
    Mal sehen, was der Sommer so bringt.


    CDS Stefan

    visuell:

    ICS Dobson 14.5" f/4.7


    fotografisch:

    Lichtenknecker FFC 190/760mm f/4

    Galaxy RC 10" f/8

  • Hi Stefan,


    machst Du Witze 1:30 war schon Schluß? Nach so einer Latte von Objekten? Das liest sich eher wie ein März Spechtelnacht Bericht.
    Ich kriege vielleicht 4-6 Sachen hin in einer Stunde, aber das liegt vielleicht auch an der parallaktischen Monti. Ist wirklich ungeschickt um den Zenit und Pol herum. Andererseits finde ich
    manche Objekte nur durch die Koordinaten. Aber da fehlt mir noch das innere Goto.


    Die Virgin/Berenice Galaxen-Tour 2013 ist bei mir leider auch ausgefallen, also Glückwunsch!


    Walter

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